Kardinalskollegium: Neue Kardinäle 2018? (Update)

 

Mitte des Jahres sinkt die Zahl der wahlberechtigten Kardinäle auf 114 Purpurträger. Gemäß der apostolischen Konstitution „Universi Dominici Gregis“ von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahr 1996 sollte das Kardinalskollegium 120 Papstwähler haben.

Entwicklung der letzten 40 Jahr

Seit dem Pontifikatsbeginn von Johannes Paul II. ist die Anzahl der Kardinäle stetig angestiegen. In den letzten 40 Jahren verzeichnete das Kollegium einen Anstieg von über 70 Prozent. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. Die Zusammensetzung des Kollegiums ist immer „internationaler“ geworden.

Jeweilige Jahresdurchschnittswerte

Jeweilige Jahresdurchschnittswerte

Derzeit stammen die Kardinäle aus 83 Ländern der Welt. Die Entwicklung wird aber nicht von allen Beobachtern positiv eingeschätzt. Der Anteil der über 80-jährigen, nicht mehr wahlberechtigten Kardinälen, hat in den letzten 40 Jahren extrem zugenommen. Waren es 1978 noch 14 so sind es heute 98 Kardinäle. Dieser große Zuwachs kommt zum einen durch die gestiegene Lebenserwartung und zum anderen durch die Tatsache, dass bei fast jeder Kardinalsernennung auch verdiente Kirchenmänner mit über 80 Lebensjahren durch den jeweiligen Papst mit dem Kardinalspurpur geehrt wurden. Das Kollegium ist dadurch stark überaltert und die Anzahl der Wahlberechtigten und Nichtwahlberechtigten gleicht sich immer mehr an.

In der Leitung der katholischen Kirche wird der Papst primär durch die unter 80-jährigen Kardinäle unterstützt. Nur sie haben das Recht an einer künftigen Papstwahl teilnehmen zu dürfen. Mit Erreichen des 80. Lebensjahres verlieren sie ihr Amt in der römischen Kurie, ebenso verlieren sie die Mitgliedschaften in den jeweiligen Dikasterien des Vatikans.

Das Kardinalskollegium 2018

Mit dem heutigen Tag umfasst das Kardinalskollegium:

  • 118 wahlberechtigte Kardinäle (unter 80 Lebensjahren)
  • 98 nicht wahlberechtigte Kardinäle (über 80 Lebensjahren)

Ihren 80 Geburtstag begehen in den folgenden Monaten:

  • 06. März: Kardinal Coccopalmerio
  • 17. März: Kardinal O´Brien, Keith *
  • 29. März: Kardinal Monteiro de Castro
  • 01. April: Kardinal Nguyén Ván Nhon
  • 08. Juni: Kardinal Amato

(* = Kardinal O´Brien, Keith ist 2015 zurückgetreten und hat seither kein Wahlrecht mehr.)

Somit sinkt die Gesamtanzahl auf 114 Wahlberechtigte und die Nichtwahlberechtigten steigen auf 102 Kardinäle an. Diese Größenordnung von 114 war in den letzten Jahrzehnten immer ein Grund durch Kreierungen des Papstes die Wahlberechtigten wieder auf eine Zahl von um 120 Papstwähler anzuheben. Zumal im Jahr 2019 ein weiterer Verlust (10 Kardinäle) durch die Altersgrenze erfolgen wird. Todesfälle sind hier zwangsläufig nicht vorher zu sehen. Alleine im Jahr 2017 verstarben 16 Kardinäle, von denen ein Kardinal unter 80 Jahren alt war.

Es ist durchaus möglich das Papst Franziskus im Juni in einem Kardinalskonsistorium neue Kardinäle kreiert. Bis zum Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013, konnte man einigermaßen genau abschätzen, welche Kirchenmänner für eine Ernennung infrage kamen. Die Kardinalstraditionen der Diözesen der Weltkirche waren hier ein Anhalt für künftige Kardinalserhebungen. Nicht so im Pontifikat von Papst Franziskus. Er hat mit dieser Tradition klar gebrochen und setzt vollkommen andere Maßstäbe für seine Kreierungen an.

„Somit kann man künftige Kandidaten für den Kardinalsstand nur schwer beziehungsweise gar nicht vorhersagen“.

Bei Konsistorien in den letzten beiden Jahren kreierte Franziskus jeweils so viele Kardinäle, dass die Anzahl der Wahlberechtigten auf 121 angehoben wurde. Nimmt man diese Zielgröße als Vorgabe, so darf man sieben neue Kardinäle im Konsistorium erwarten. Allerdings nur, wenn der Papst bereits im Frühjahr 2019 wieder neue Kardinäle kreiert, da im kommenden Jahr sogar 10 Kardinäle die Altersgrenze überschreiten werden.

Die Römische Kurie

Hier könnte eine Kreierung möglich sein.

  • Pro-Präfekt der Glaubenskongregation: Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer S.J.

Patriarchaten und Großerzbischöfe (Unierte Kirchen)

Im Bereich der Patriarchen und Großerzbischöfe warten derzeit vier Würdenträger auf eine Kardinalserhebung. Bei den orientalischen Patriarchen kann man von einer Kardinalstradition eigentlich noch nicht sprechen. Entgegen der Verfahrensweise bei den Erzbistümern mit Kardinalstradition hat man in der Vergangenheit bei der Nachfolge der orientalischen Patriarchaten den Tod des Vorgängers abgewartet, ehe man den Kardinalshut vergab. Eine Kreierung ist hier eher unwahrscheinlich.

  • Chaldäisch-Katholische Kirche: Patriarch von Babylon Louis Raphaël I Sako
  • Koptisch-Katholische Kirche: Patriarch von Alexandrien Ibrahim Isaac Sidrak
  • Syrisch-Katholische Kirche: Patriarch von Antiochien für Syrien Ignatius Joseph III. Younan
  • Griechisch-Katholische Kirche (Ukraine): Großerzbischof von Kiew und Halytsch Sviatoslav Shevchuk

Erzbistümer – Afrika

In Afrika steht nur ein Erzbischof in der Kardinalstradition und dieser wartet seit 2005 auf den Purpur. Vermutlich steht das Erzbistum Antananarivo bei Franziskus nicht weit oben auf der Agenda.

  • Madagaskar: Erzbischof von Antananarivo Odon Marie Arséne Razanakolona

Erzbistümer – Asien

Bei den asiatischen Erzbistümern gibt es zwei Kandidaten, einer ist der Bischof von Hong Kong. Die Beziehungen des Heiligen Stuhls mit der Volksrepublik China sind seit einigen Wochen stark in der Kritik der Öffentlichkeit. Die Erhebung des Bischofs von Hong Kong ist sehr unwahrscheinlich. Ebenso wird wohl der Erzbischof von Tokio leer ausgehen.

  • China: Bischof von Hong Kong Michael Yeoung Ming-cheung
  • Japan: Erzbischof von Tokio Tarcisius Isao Kikuchi, S.V.D.

Erzbistümer – Europa

In Europa sind 13 Traditionsbistümer nicht mit einem Kardinal besetzt. Am auffälligsten ist hier die Situation in Italien, hier sind fünf Erzbistümer ohne Kardinal gefolgt von Frankreich mit zwei fehlenden Kardinälen. Durchaus möglich das bei einem Konsistorium Frankreich und Italien mit je einem Kardinal bedacht werden.

  • Deutschland: Erzbischof von Berlin Heiner Koch
  • Frankreich: Erzbischof von Marseille Georges Paul Pontier
  • Frankreich: Erzbischof von Paris Michel Aupetit
  • Italien: Erzbischof von Bologna Matteo Maria Zuppi
  • Italien: Erzbischof von Mailand Mario Enrico Delpini
  • Italien: Erzbischof von Palermo Corrado Lorefice
  • Italien: Erzbischof von Turin Cesare Nosiglia
  • Italien: Patriarch von Venedig Francesco Moraglia
  • Irland: Erzbischof von Armagh Eamon Martin
  • Spanien: Erzbischof von Toledo Braulio Rodriguez Plaza
  • Polen: Erzbischof von Breslau Józef Piotr Kupny
  • Polen: Erzbischof von Krakau Marek Jeedraszewski
  • Ukraine: Erzbischof von Lviv Mieczylaw Mokrzycki

Erzbistümer – Lateinamerika

Franziskus hat bisher seinen Heimatkontinent recht gut bedacht. Hier warten zwei Erzbischöfe auf eine Kardinalsernennung. Die Randgebiete der Welt liegen dem Papst besondern am Herzen. Hier ist eine Kreierung denkbar. Lateinamerika würde gegenüber Europa gestärkt werden.

  • Brasilien: Erzbischof von Sao Salvador da Bahia Murilo Sebastiao Ramos Krieger S.C.I.
  • Ekuador: Erzbischof von Quito Fausto Gabriel Trávez Trávez O.F.M.

Erzbistümer – Nordamerika

Die Erzbistümer der USA wurden 2016 mit drei Kardinälen bedacht. Das Episkopat in Amerika ist derzeit mit einigen Entwicklungen des Pontifikats von Franziskus scheinbar unzufrieden. Nordamerika könnte leer ausgehen.

  • USA: Erzbischof von Baltimore William Edward Lori
  • USA: Erzbischof von Detroit Allen Henry Vigneron
  • USA: Erzbischof von Los Angeles Jóse Horacio Gómez
  • USA. Erzbischof von Philadelphia Charles Joseph Chaput O.F.M. Cap.
  • Kanada: Erzbischof von Montréal Christian Lépine

Erzbistümer – Ozeanien

Hier ist das Erzbistum von Sydney noch ohne Kardinal. Eine Erhebung aber eher unwahrscheinlich.

  • Australien: Erzbischof von Sydney Anthony Colin Fisher

Fazit

Alle genannten Diözesen stehen zwar in der Kardinalstradition, ob der Papst aber hier Erhebungen vornehmen wird, weiß niemand. In der Regierungszeit von Franziskus wurden viele in der Kardinalstradition stehende Bischöfe übergangen. Einige warten seit Jahren auf das Kardinalsbirett. Die Zahlen zeigen klar, wie sich der Traditionsbruch des Papstes in den einzelnen Kontinenten darstellt.

Betrachtet man die Dikasterienleiter in der römischen Kurie, so ist festzustellen, dass in diesem Jahr noch zwei Kardinäle die Altersgrenze von 80 Jahren erreichen und somit automatisch aus ihrem Amt ausscheiden:

  • Präsident des päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten: Kardinal Francesco Coccopalmerio
  • Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse: Kardinal Angelo Amato S.D.B.

Hinzu kommen noch jene Kardinäle in leitender Funktion des Vatikans, die ihren Rücktritt mit Erreichen des 75. Lebensjahres (gemäß Pastor Bonus) zwar beim Papst eingereicht hatten, aber dieser Rücktritt durch Franziskus noch nicht angenommen wurde. In den nächsten Monaten könnten hier also noch Veränderungen in den Dikasterien erfolgen und bisher unbekannte Kirchenmänner aus der Weltkirche berufen werden.

Letztlich bleibt es abzuwarten, welche Kreierungen Papst Franziskus vornehmen wird. Wie bei den letzten vier Kardinalskonsistorien wird Franziskus für die eine oder andere Überraschung sorgen. (vh)

Franziskus und die Berufung eines neuen Kardinalprotodiakons?

Kardinal Martino  Kardinal LevadaAm letzten Donnerstag berief Papst Franziskus einen neuen Kardinalprotodiakon. Eigentlich war diese Personalentscheidung seit Oktober 2013 überfällig. Bereits am 21. Oktober des letzten Jahres hatten sieben Kardinaldiakone eine Amtszeit von zehn Jahren erreicht und somit die „optatio“ in den Stand der Kardinalpriester bzw. Kardinalpriester (pro hac vice) aufzusteigen. Zu diesen Kardinaldiakonen gehörte auch der bisherige Kardinalprotodiakon, Jean-Louis Pierre Kardinal Tauran, somit war zu vermuten, dass für Tauran ein Nachfolger durch den Papst bestimmt werden würde. Unter Papst Benedikt XVI. wurde diese Zehnjahresregel eingehalten und rechtzeitig ein Nachfolger für den Kardinalprotodiakon berufen. Franziskus hat mit dieser Tradition nicht nur gebrochen, sondern beruft einen Nachfolger, der eigentlich kein Nachfolger sein dürfte. Der nun berufene Kardinal Martino hat ebenfalls seine zehnjährige Amtszeit als Kardinaldiakon erfüllt, somit ebenfalls das Recht auf eine „optatio“ beim Papst. Doch Papst Franziskus scheint hier andere Vorstellungen zu haben und verwehrt vorerst Martino den Aufstieg in die Rangordnung der Kardinalpriester und bestimmt ihn stattdessen zum Kardinalprotodiakon. Die Aufgaben eines Kardinalprotodiakons beschränken sich im Wesentlichen nur auf drei Tätigkeiten.

  1. Die Bekanntgabe eines neu gewählten Papstes von der Loggia der Peterskirche.
  2. Bei der Amtseinführung des Papstes, ihm das päpstliche Pallium umzulegen.
  3. In Stellvertretung des Papstes den neuen Metropoliten das Pallium umzulegen bzw. die Übergabe des Palliums an Prokuratoren.

Nachdem Kardinal Martino (81) bereits im Jahr 2012 das 80. Lebensjahr erreicht hatte, darf er an einem künftigen Konklave nicht mehr teilnehmen. Deshalb hat Franziskus mit seiner Bekanntgabe zum Kardinalprotodiakon im Falle eines künftigen Konklaves, statt seiner, William Joseph Kardinal Levada bestimmt. Der US-Kardinal Levada war 2005 bis 2012 Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan. Die katholische Nachrichtenagentur kath.net bezeichnet am 13. Juni in dem Artikel „Martino neuer Kardinal-Protodiakon“ Levada als Stellvertreter des Kardinalprotodiakons. Ein Stellvertreter für dieses Amt ist nirgends vorgesehen, weder im Kirchenrecht (CIC) noch in der Papstwahlordnung „Universi Dominici Gregis“ von 1996 und somit auch keine Erklärung für diese päpstliche Personalmaßnahme.

Stellt sich ernsthaft die Frage, ob man diese Personalie als „Überraschung“ oder „Unsinn“ bezeichnen muss. Franziskus muss wissen, dass der Kardinalprotodiakon nicht nur das „Habemus Papam“ nach erfolgter Papstwahl zu verkünden hat, sondern auch Aufgaben im Konklave wahrzunehmen hat. Warum dann also einen über 80-jährigen Nachfolger bestimmen? Warum nicht gleich den eigentlich heranstehenden „primus inter pares“ der Kardinaldiakone, Kardinal Levada für diese Aufgabe bestimmen?

Eigenartig war auch die Bekanntgabe des neuen Kardinalprotodiakons. Üblicherweise wird eine derartige Entscheidung des Papstes in einem Bulletin des Presseamtes des Vatikans veröffentlicht. Das ist bis zum heutigen Tag jedoch unterblieben, lediglich Radio Vatikan hat am 12. Juni in einem Artikel mit der Überschrift „Konsistorium: Interne Kardinalsbeförderungen“ auf diese Veränderung im Kardinalskollegium hingewiesen.

Franziskus hat sich acht Monate Zeit für die Nachfolgeregelung des Kardinalprotodiakons gelassen. An dieser Stelle darf angemerkt werden, dass die Ämter Kardinaldekan und Kardinalsubdekan weitaus länger überfällig sind. Der Kardinaldekan, Kardinal Sodano ist heute 86 Jahre und sein Stellvertreter Kardinal Etchegaray sogar 91 Jahre alt. Beide durften beim letzten Konklave nicht mehr teilnehmen und mussten durch den italienischen Kardinal Re vertreten werden. Auch der Camerlengo der Apostolischen Kammer, Kardinal Bertone, erreicht noch dieses Jahr die Altersgrenze von 80 Jahren und fällt aus der Teilnehmergruppe der wahlberechtigten Kardinäle heraus.

Papst Franziskus bricht mit so mancher Tradition. Das ist nichts Neues. Kritiker bescheinigen ihm gerne, lieber dagegen zu sein, als sich an jahrhundertealte Traditionen zu binden. Gute Entscheidungen brauchen manchmal ihre Zeit, doch im Fall des Kardinalprotodiakons sind acht Monate einfach zu lange und das Ergebnis ist unlogisch. Bleibt noch abzuwarten, wann Franziskus Entscheidungen zu den Ämtern des Dekans und Subdekans des Kardinalskollegiums zu treffen gedenkt. (vh)

Das Konklave: Die Bestimmungen zur Papstwahl

Hinter verschlossenen Türen – cum clave: Es ist ein geheimnisvolles Prozedere, an dessen Ende ein neuer Papst steht. Die Türen zur Sixtinischen Kapelle werden versiegelt und so dringt nichts heraus von dem, was da geschieht.

Bewegte Geschichte

Man kann das Jahr 1059 als Geburtsjahr dieser Weise der Papstbestimmung angeben: Um die Besetzung des Bischofsstuhls von Rom dem Kaiser und stadtrömischen Patrizierfamilien zu entwinden, bestimmen die Päpste eine klar umgrenzte Gruppe von Wählern: Die Kardinäle. Die Wahlorte sind noch nicht festgelegt, schnell zeigt sich aber eine Tendenz zur Abgeschiedenheit, was ebenfalls den Wunsch zeigt, ohne Einfluss von Mächtigen von außen wählen zu können. Modell gestanden hat das Mönchtum, die kirchliche Institution mit der meisten Erfahrung mit Wahlprozessen.
Seitdem hat sich das Konklave immer wieder verändert und durch die Erfahrungen einzelner Wahlen aber auch von sich verändernden Zeiten Anpassungen erfahren.

Universi Dominici Gregis

Das gilt auch für die jüngere Zeit: Fast jeder Papst des 20. Jahrhunderts hat die Wahlregeln des Konklave geändert, so auch Johannes Paul II.. Auf ihn geht die apostolische Konstitution Universi Dominici Gregis (UDG) zurück, er veröffentlichte sie 1996 im 18. Jahr seines Pontifikates, also nach reichlich Überlegung und Abwägung. Bei einigen Veränderungen sind dies die Regeln, nach denen auch in diesem Jahr das Konklave abgehalten wird.
Der Kanon des Kirchenrechtes, der 13 Jahre vor UDG veröffentlicht wurde, gibt einen Rahmen für die Veränderungen vor. Aber wie der Papst selber im Vorwort schreibt, ist es auch das „Bewusstsein der veränderten Situation, in der die Kirche lebt“. Johannes Paul hatte selber zwei Konklave mitgemacht, auch diese Erfahrungen werden eingeflossen sein. Man kann also aus der Formulierung im Vorwort annehmen, dass der Papst annimmt, dass die Regeln Anwendungen des Kirchenrechtes an die „Situation, in der die Kirche lebt“ sein sollen, es darf also weitere Änderungen geben und es hat sie auch gegeben, Benedikt XVI. hat selber eine Änderung eingeführt, zu der wir später kommen werden. Das alles fällt unter die Änderungen „in Übereinstimmung mit dem Wandel der Zeit“.
Interessant ist eine Bemerkung im Text: UDG spricht davon, dass der Bischofsstuhl von Rom quavis ragione unbesetzt sein könnte, also „aus welchem Grund auch immer“. Die Nr. 77 spricht sogar ausdrücklich davon. Johannes Paul scheint also selbst auch schon an andere Gründe als den Tod eines Papstes für ein Konklave gedacht zu haben, sie zumindest nicht ausgeschlossen zu haben.

Die Wähler

UDG begründet das Wahlrecht für die Kardinäle mit Blick sowohl auf Rom als auch auf die Weltkirche: Das Erzbistum Rom und die gesamte Kirche sind in den Kardinälen repräsentiert.
Berühmt geworden ist die Zahl von 120 Kardinälen, die nicht überschritten werden dürfe. Da der Papst selber zwei mal gegen diese Höchstzahl verstoßen hat, ist sie in der Folgezeit vor allem als Richtschnur, wenn auch als sehr ernst zu nehmende, betrachtet worden. UDG selber sagt, dass 120 „heute“ ein guter Ausdruck der Repräsentativität. Das kann sich in Zukunft ändern, scheint der Text zu implizieren.
Die Höchstzahl selber stammt noch von Papst Paul VI.. Er hatte zwei Begrenzungen der Wähler eingeführt, die Johannes Paul bestätigt. Zum einen sollen es 120 sein, zum anderen verlieren sie mit Erreichen von 80 Jahren ihr Wahlrecht, ausschlaggebend ist der Tag der Beginn der Sedisvakanz.

Der Ort

Die Sixtinische Kapelle wird von Johannes Paul II. als Ort für die Wahl festgelegt. Als Grund gibt die Konstitution an, man wolle das „Bewusstsein für die Gegenwart Gottes“ nähren, sie legt also ein hohes Gewicht auf den spirituellen Gehalt des Wahlvorgangs. In der Vergangenheit hatte die Regel gegolten, dass das Konklave am Sterbeort des Papstes abzuhalten sei, eine Regelung, die bei der Reisetätigkeit der Päpste seit Paul VI. Probleme hätte schaffen können. Früher wollte man durch diese Festlegung die Wähler vor dem Zwang eines Fürsten oder Landes schützen, der einen Ort aufzwingen wollte. Nun brauchte man einen festen Ort, der die Päpste reisen lassen konnte. Das Konklave erhält damit einen entschieden sakralen Charakter, weg von der Vorstellung einer Art politischen Senates.

Das Wählen

Johannes Paul II. streicht auch einige Wahlformen aus der Ordnung. Er lässt nur noch Abstimmungen gelten, nicht mehr die Akklamation oder den Wahlkompromiss. Unter Akklamation versteht man die spontane und vom Heiligen Geist inspirierte Zustimmung aller ohne Wahlvorgang. Der so genannte Wahlkompromiss sah vor, dass bei einer blockierten Wahl eine Gruppe von Kardinälen bestimmt wird, die für alle den neuen Papst bestimmen. Der Grund für die Streichungen: Die Verantwortung des einzelnen Wählers soll ernst genommen werden und nicht hinter zu vielen Regeln oder im allgemeinen Überschwang der Akklamation untergehen.
Johannes Paul II. macht das Konklave für die Wähler ebenfalls erträglicher, er lässt das Hospiz Santa Marta als Übernachtungsort zu. Er führt auch eine Änderung des Wahlmodus von qualifizierter (also zweidrittel) zu absoluter (also einfacher) Mehrheit ein, aber diese Änderung macht Benedikt XVI. wieder rückgängig. Heute gilt, dass bei jedem Wahlgang die Zweidrittelmehrheit erreicht werden muss.

Cum Clave

Bestätigt wird ausdrücklich und immer wieder der Kontakt mit außen. Zunächst war das gar nicht zur Geheimhaltung gedacht, sondern um den Kardinälen die Möglichkeit zu nehmen, ihre Geschäfte weiter zu führen. Erst in moderner Zeit sollte der Einfluss fremder Mächte auf die Wahl ausgeschlossen werden, heute sind dies weniger die Fürsten als mehr der Druck durch Medien oder andere Formen des Einflusses. Es soll den während eines Konklaves lancierten Geschichten in den Medien die Möglichkeit genommen werden, Einfluss auszuüben.

Der Übergang

Bereits Paul VI. hatte den Verlust aller Leitungsämter in der Kurie bei Beginn der Sedisvakanz eingeführt, um dem jeweiligen Nachfolger freie Hand zu lassen; Johannes Paul modifizierte das leicht, so dass es nun lediglich die Vikare für Rom und den Vatikanstaat, der Camerlengo und der Großpönitentiar sind, die als Behördenleiter ihre Ämter behalten.

Anders als 2005 werden 50 der Kardinäle schon einmal an einem Konklave teilgenommen haben. 2005 waren es nur zwei: William Wakefield Baum aus Washington, USA, und Joseph Ratzinger.
(rv)