Päpste auf Kuba – ein Rückblick

KubaZur Vorgeschichte des historischen Übereinkommens zwischen Washington und Havanna gehören die Papstreisen nach Kuba. 1998 kam Johannes Paul II. auf die Insel, 2005 reiste Benedikt XVI. nach Havanna. Ein kleiner Rückblick.

Januar 1998: „Winds of change“ auf der Zuckerinsel. Als Johannes Paul II. auf dem Platz der Revolution die Messe feiert, kommt ein kleiner Sturm auf – ganz wörtlich. „Dieser Wind von heute ist sehr bedeutsam, denn er symbolisiert den Heiligen Geist“, improvisiert der Papst. Und er ruft auf lateinisch: „Der Geist weht, wo er will, und er will Kuba!“

Fidel Castro, damals noch in Amt und Würden, sitzt in der ersten Reihe, neben ihm der kolumbianische Schriftsteller Gabriel Garcia Marquez. Zehntausende können die Messe auf Kuba am Fernsehen miterleben, eine Premiere für die Kubaner. In Washington sitzt auch der amtierende US-Präsident Bill Clinton vor dem TV-Gerät.

„Kuba hat eine christliche Seele, und darum hat es auch eine universelle Berufung“, sagt Johannes Paul. Und dann, immer wieder von Beifall und Sprechchören unterbrochen, die programmatischen Sätze: „Kuba ist berufen, die Isolierung zu überwinden. Es muss sich der Welt öffnen, und die Welt muss sich Kuba annähern – seinem Volk, seinen Kindern… Das ist der Moment, neue Wege zu gehen, die diese Zeiten der Erneuerung von uns verlangen!“

Neue Wege, neue Zeiten – die Worte des Papstes bleiben zunächst folgenlos. Die USA heben ihr jahrzehntealtes Embargo gegen Kuba nicht auf. Doch die Gegner des Embargos können sich von nun an auf den Papst berufen.

Frühjahr 2012: Diesmal ist es Benedikt XVI., der die Insel besucht. Seine vorletzte Auslandsreise als Papst. Empfangen wird er von Präsident Raul Castro; Bruder Fidel ist mittlerweile Pensionär. Der deutsche Papst spricht den Kubanern Mut zu:

„Die gegenwärtige Stunde erfordert dringend, dass im menschlichen, im nationalen und internationalen Zusammenleben unbewegliche Positionen und einseitige Sichtweisen aufgegeben werden, die dazu tendieren, die Verständigung zu erschweren und die Bemühung zur Zusammenarbeit wirkungslos zu machen.“

Auch hier bohrt wieder ein Papst das dicke Brett der Isolierung Kubas. Doch auch von Freiheit spricht Benedikt, von einer „echten Erneuerung des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens“ auf Kuba.

„Niemand sollte durch die Einschränkung seiner Grundfreiheiten daran gehindert werden, an dieser spannenden Aufgabe teilzunehmen, und keiner fühle sich ausgeschlossen durch Nachlässigkeit oder Mangel an materiellen Ressourcen – eine Situation, die sich verschärft, wenn von außen auferlegte restriktive wirtschaftliche Maßnahmen schwer auf der Bevölkerung lasten.“

Diese Worte sind seit Mittwochabend Geschichte. (rv)

Papstkenner: Rückblick auf fünf Jahre „Pontifikat Benedikt“

An diesem Montag feiert die Weltkirche den fünften Jahrestag des Pontifikats von Benedikt XVI. Roman Angulanza, pensionierter Direktor des katholischen Bildungswerkes in Salzburg, kennt den Papst über ein halbes Jahrhundert. Er gehört zum Schülerkreis von Joseph Ratzinger, der die jährlichen Treffen mit seinen früheren Studenten auch als Papst in Castel Gandolfo weiterführt. Schritte auf dem Weg der Ökumene, wichtige Papstreisen oder Benedikts Umgang mit heiklen Themen wie Missbrauch und Piusbrüdern – im Interview mit Radio Vatikan lässt Angulanza fünf bewegte Jahre „Pontifikat Benedikt“ Revue passieren. Lesen Sie hier den zweiten Teil zum Thema.
So wie Benedikt XVI. bei der ersten Bischofssynode nach seiner Wahl zum Papst neue Kommunikationsregeln propagierte, so schlug er auch im interreligiösen Dialog einen neuen Ton an. Im Gedächtnis blieb vor allem die Regensburger Rede vom 12. September 2006. Diese warf nicht nur in der muslimischen Gemeinschaft Fragen auf. Benedikts provokantes Zitat zum Verhältnis von Religion und Gewalt im Islam hat den Dialog mit den Muslimen jedoch gerade erst in Gang gebracht, so Angulanza.
„Es haben sich ja unmittelbar nach der Rede 138 hochrangige Vertreter des Islams gemeldet. Sie haben einen sehr respektvollen Brief an den Papst gerichtet. Damit hat dann ein fruchtbarer Dialog begonnen. Ein Jahr später waren diese hochrangigen Gelehrten dann bei uns im Schülerkreis und führten einen sehr höflichen Dialog ohne Feindseligkeiten mit ihm. Da wurden vor allem die Gemeinsamkeiten der beiden Religionen herausgearbeitet. Daraufhin ist es zur Gründung eines katholisch-muslimischen Forums gekommen und das hat wiederum bewirkt, dass in einzelnen muslimischen Staaten dann auch erlaubt worden ist, Kirchen zu bauen.“
Dialog mit dem Islam „auf hohem Niveau“
An das Verbindende der beiden Religionen erinnerte der Papst auch im Rahmen seiner Heilig-Land-Reise im Mai 2009. In einer Ansprache vor Moslems und Diplomaten im jordanischen Amman warnte er vor Religionsmissbrauch und rief zum Schutz religiöser Minderheiten auf. Dabei wählte Benedikt XVI. einen respektvollen Ton, knüpfte selbst an jenen Dialog an, der seit der Regensburger Rede begonnen hatte. Das habe wohl auch mit Benedikts guter Kenntnis des Islams zu tun. Angulanza:
„Beim ersten Treffen im Schülerkreis, nachdem er Papst geworden war, hatten wir das Thema Islam. Das haben wir breit abgehandelt, mit hervorragenden Fachleuten zum Thema. Dort hat sich gezeigt, dass er selbst sehr viel weiß und sehr gut Bescheid weiß. Es hat ja auch die türkischen Medien sehr beeindruckt, als er in der Blauen Moschee still gebetet hat, das war sehr eindrucksvoll. Gerade die muslimischen Intellektuellen sehen, dass der Papst dem Islam mit großer Hochachtung begegnet.“
Das Aufheben der Exkommunikation von vier traditionalistischen Piusbischöfen im Januar 2009, darunter auch die des Holocaust-Leugners Richard Williamson, sorgte vor allem in Deutschland für Unmut. Diese Geste setzte – wie auch das Vorantreiben der Seligsprechung von Papst Pius XII. – den Beziehungen zum Judentum einen Stich. Auch deshalb wurde Benedikts Heilig-Land-Reise im Mai 2009 von der jüdischen Weltgemeinschaft mit Argusaugen beobachtet: Was würde er zum Holocaust sagen?
„Er hat deutlich unterschieden: Am Flughafen hat er erst einmal ganz deutlich die Fakten benannt. Er hat das in aller Schärfe getan und das Verbrechen angeprangert, das Ausmaß, dass es sich nie mehr wiederholen darf, dass die hässliche Fratze des Antisemitismus – immer noch existierend in der Welt – weiterhin bekämpft werden muss. Das hat er sehr deutlich gesagt. Aber dann hat man auf Schritt und Tritt immer nur beobachtet: Sagt er noch etwas, sagt er noch etwas? In Yad Vashem war es für ihn eine Stunde der Besinnung, da ging es um andere Dinge, als immer dasselbe zu wiederholen. Ich glaube, man nimmt einfach nicht ernst, was er gesagt hat und erwartet sich immer Wiederholungen.“
Es war keine „volle Rehabilitierung“
Mit seinem Besuch in der römischen Synagoge im Januar 2010 konsolidierte der Papst die katholisch-jüdischen Beziehungen, dennoch war bei der Visite das Unbehagen über die geplante Seligsprechung von Pius XII. und die ausgestreckte Papsthand zu den Piusbrüdern spürbar. In der Debatte um die Traditionalisten habe der Vatikan Kommunikationsfehler begangen, räumt Papstkenner Angulanza ein. So sei die Rücknahme der Exkommunikation in der Öffentlichkeit als „volle Rehabilitierung“ verstanden worden.
„Das ist ja überall falsch interpretiert worden: Rücknahme der Exkommunikation heißt ja, dass sie beichten gehen können und die Krankenölungen empfangen und solche Dinge. Das hat man so interpretiert, dass es eine volle Rehabilitation o.ä. sei. Es ist also ganz falsch vermittelt worden, Kommunikationskanäle sind nicht genutzt worden, man hätte zum Beispiel eine Pressekonferenz machen müssen und dann als Journalist die Frage stellen können: Was bedeutet das überhaupt?“
Das Bemühen um Einheit mit dem „rechten Rand“ der Kirche habe sich nicht erst bei Benedikt gezeigt, stellt Papstkenner Angulanza weiter fest. Die Aufhebung der Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe sei schon lange geplant gewesen.
„Es gab ja schon einen einstimmigen Beschluss unter Johannes Paul II., dass die Exkommunikation auf Bitten der Pius-Brüder aufgehoben wird. Dieser Beschluss bestand bereits, nur ist es aufgrund der Krankheit von Johannes Paul II. nicht mehr dazu gekommen. In jüngerer Zeit haben dann wieder zwei Gremien einen Beschluss gefasst und sind an Papst Benedikt selbst herangetreten.“ (rv)