Italien/Deutschland: Hier Mafia, dort Nazis…

Ein deutscher Papst in der jüdischen Synagoge? Muttersöhnchen in Deutschland, Rassismus in Italien? „Mit bequemen Erklärungen gibt sich wahrer Journalismus nicht zufrieden. Er versucht die Wirklichkeit mit Wissensgier und Unvoreingenommenheit aufzuklären. Auch das bedeutet Pressefreiheit.“ Daran hat der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Italien jetzt erinnert. Michael Steiner stellte zusammen mit Vertretern der Goethe-Institute in Italien sowie Journalisten und Künstlern das deutsch-italienische Journalismusprojekt „Va bene?!“ in Rom vor. Anne Preckel war dabei.
Die Initiative „Va bene?!“ will mit Vorurteilen aufräumen und zur Verbesserung des deutsch-italienischen Verhältnisses beitragen. Da gebe es durchaus noch Bedarf, meint der Botschafter.
„Sicherlich gibt es eine Tendenz zu Vorurteilen – die Zeitungen etwa haben kein Geld mehr, sie haben weniger Korrespondenten im jeweils anderen Land und neigen zu Vereinfachungen. Wenn wir die Berichterstattung sehen, dann macht sie sich fest an Stereotypen: Nazi-Themen sind in der italienischen Presse weiterhin en vogue, die Mafia usw. umgekehrt in der deutschen Presse. Diese Themen liegen ja nicht immer ganz daneben, aber sie bringen eine falsche Gewichtung: Sie transportieren schiefe Relationen in die Köpfe der Leser. Es ist zudem nicht nur ein Problem der Journalisten und Medien, es ist auch die mangelnde Anstrengungsbereitschaft der Menschen, die überfordert sind und so viele Informationen haben, dass sie leicht der Gefahr erliegen, das Einfache zu konsumieren.“
Im Rahmen von „Va bene?!“ finden in den nächsten zwei Jahren zahlreiche Veranstaltungen in beiden Ländern statt: Redaktionen tauschen Journalisten aus und es gibt Nachwuchswettbewerbe. In den Artikeln geht man den angeblich so „typischen“ nationalen Eigenheiten nach. Grundton ist meistens der Humor – so werden die deutsch-italienischen Beziehungen etwa auch von Karikaturisten beider Länder mit spitzer Feder aufs Korn genommen. „Wir sind Papst, aber Weltmeister wären wir lieber“, persifliert ein deutscher Zeichner zum Beispiel das ach so profane Verhältnis seiner Landsmänner zu „ihrem“ Papst. Über den „Benedikt-Effekt“ hat der Botschafter dagegen Positives zu berichten. Steiner:
„Das kann man feststellen an den Besucherströmen. Es gibt natürlich aus der politischen Klasse, aber nicht nur, sondern auch von den Gläubigen in Deutschland eine unglaubliche Zunahme des Interesses und auch des Besuchsverkehrs speziell aus Deutschland. Eben aufgrund der Tatsache, dass es ein deutscher Papst ist – da hat sich schon etwas getan. Aber die Kirche kann natürlich nur schwer an gegen diese Überreizung und Vereinfachungen, die wir erleben. Wenn du ein zu großes Angebot hast, brauchst du Kategorien, um auszuwählen, und die können sehr gefährlich sein. Das sind oft falsche Kategorien, die die Wahrheit aus dem Blick verlieren.“
Erste Ergebnisse von „Va bene?!“ können schon jetzt auf der Internetseite www.goethe.de/vabene verfolgt werden. Schön wäre eine größere Zusammenarbeit mit dem italienischen Fernsehen gewesen, gaben Botschafter Steiner und auch die Direktorin des Goethe-Institutes Rom zu. Schließlich habe dieses Massenmedium gerade in Italien enormen Einfluss. Für die Politsatire, halten Karikaturisten dagegen, habe das Internet im Stiefelstaat aber inzwischen größeres Gewicht. Das meint der Zeichner und Herausgeber der italienischen Satire-Zeitschrift „Mamma“:
„Wenn jemand in Italien etwas Freieres, Kritischeres sehen will, geht er ins Internet und schaut nicht gerade fern. Meiner Meinung nach sieht man nicht mal in den Zeitungen wirklich beißende Satire. Das Netz wird also auch für die Satire immer wichtiger.“
Die Früchte der Initiative „Va bene?!“ sind in Ausstellungen, Diskussionen und Workshops in diesem Jahr in Rom und im nächsten Jahr in Berlin zu kosten. (rv)