Aus der Synodenaula: Wiederverheiratete Geschiedene und die Kommunion

Bischofssynode2Pater Bernd Hagenkord bietet einen Blick hinter die Kulissen der Bischofssynode und der diskutierten Themen von Mittwochabend und Donnerstagvormittag. Aus der Synodenaula für Radio Vatikan:

„Pastoral-schwierige Situationen“ – Unter dieser Überschrift finden sich all die Fragen aus der Praxis, die bereits im Vorfeld der Versammlung der Bischofssynode, wie auch in den Medien besondere Aufmerksamkeit gefunden haben und weiterhin finden. Das Vorbereitungsdokument Instrumentum Laboris nennt in diesem Kapitel die wiederverheirateten Geschiedenen und ihr Zugang zu den Sakramenten, nichteheliche Lebensgemeinschaften, ledige Mütter, dann aber auch die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Die Liste der Wortmeldungen war so lang, dass sowohl der Mittwochnachmittag als auch der Donnerstagvormittag diesem Feld gewidmet waren.

Wiederverheiratete Geschiedene
Bereits bei der Kardinalsversammlung im Februar dieses Jahres hatte auf Bitten des Papstes Kardinal Walter Kasper einen Vortrag gehalten, in dem er die Frage nach der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten aufgeworfen hatte. Hierbei geht es um Vergebung und die Botschaft des Evangeliums, aber auch um die Glaubwürdigkeit dessen, wofür die Kirche einsteht.

Viele Beiträge bezogen sich auf diese Problematik, der wiederverheirateten Geschiedenen. Es gab kaum einen Beitrag an diesem Donnerstagmorgen, der nicht auf irgendeine Weise Bezug darauf nahm. Einige Wortmeldungen bezogen sich direkt auf die von Kardinal Kasper gestellte Frage. Spirituelle Kommunion, also das Mitfeiern der Messe ohne den Empfang der Eucharistie, wurde debattiert, und verschiedene pastorale Konzepte der Begleitung angesprochen und empfohlen, vor allem dort, wo sich Betroffene untereinander helfen und begegnen können. Immer wieder wurden auf andere kulturelle und religiöse Kontexte hingewiesen, auf Ökumene vor allem mit der Orthodoxie, auf interreligiöses Zeugnis und traditionelle vorchristliche Kulturen und ihr Eheverständnis. Andere Religionen erwarten von Christen Klarheit.
Es gab aber auch bemerkbare Ablehnung im Zuge des heutigen Treffens: Die Medizin sei schlimmer als die Krankheit, sagte ein Synodenteilnehmer. Ein Thema, das offen ist und offen bleibt; allein das ist schon ein Erfolg der Synode, wie es ein Teilnehmer formulierte.

Ehenichtigkeitsverfahren
Eine sehr technische Frage, denn sie betrifft nicht immer einfach zu verstehende kirchenrechtliche Fragen, ist das Ehenichtigkeitsverfahren. Von vielen wurde das Verfahren als zu kompliziert wahrgenommen, zu umständlich und lang. Die Vorschläge zur Änderung reichten von der Einführung schnellerer mündlicher Verfahren bis hin zum Wegfall der zweiten Instanz. Bislang braucht eine Ehenichtigkeit zwei übereinstimmende Urteile. Man könnte auch mehr Richter beschäftigen, etwa qualifizierte Laien und vieler mehr. Dagegen standen aber Argumente, dass gerade die Komplexität sicher stelle, dass es nicht zu einer verkappten „katholischen Scheidung“ komme und dass nach der Wahrheit, nicht nach schnellen Lösungen gesucht werde, immerhin ginge es um ein Sakrament. Papst Franziskus hatte direkt vor der Synode eine Kommission einberufen, die genau diese Fragen studieren soll. Dafür bietet die Synodenversammlung viel Material.

Neben den Themen des Ehenichtigkeitsverfahren und der wiederverheirateten Geschiedenen wurden Themen aufgegriffen, wie die immer wieder debattierten Polygamie, die Frage nach dem langen Zusammenleben vor der Ehe oder nach einer Pastoral für die Väter, nach gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und deren gesetzlicher Anerkennung .

Im Zuge der heutigen Versammlung wurden auch die dahinter liegenden Haltungen deutlicher: Man dürfe nicht in einen Legalismus verfallen, hieß es immer wieder. Teilweise wurden pastorale Erfahrungen als Argumente genützt, oft waren die Beiträge aber auch sehr technisch, vor allem wenn es um einzelne Canones des Kirchenrechtes ging. Aber genau hier entscheidet sich ja meistens die Praxis.

Armut
Immer wieder sehr deutlich und mit viel Engagement wurde die Frage der Armut genannt. Pastoral schwierige Situationen entstünden manchmal erst durch Armut, Ausbeutung, Migration und Ausbeutung. Eines der wichtigsten Themen der vergangenen Tage kehrte somit auch in diesen Generalversammlungen wieder.

Ein weites Feld, das engagiert debattiert wurde. Verstärkt lösen sich nun vor allem in der offenen Debatte die Beiträge vom Text und reagieren auf Vorredner. Die Diskussion wird offener, vor allem in der letzten Stunde am Abend, in der ohne vorbereitete Rednerliste auf Wortmeldung hin gesprochen wird. Es wurde kontrovers debattiert, ohne Polemik und respektvoll, aber durchaus klar und deutlich. Ein Zeichen dafür, dass die Aufforderung des Papstes, offen zu sprechen, als auch die Vertraulichkeit der Text-Beiträge Früchte trägt. Gleichzeitig wird aber schon jetzt klar, dass es keine schnelle Lösung für all diese Fragen geben wird, sondern dass die Kirche sicherlich das kommende Jahr brauchen wird, um all das in Breite und Tiefe aufzugreifen. Wie gesagt, dass die Frage gestellt und offen ist, ist schon ein gutes Ergebnis. (rv)

Debatte über Ehe und Familie

HochzeitIn den italienischen Medien ist eine Debatte über die Themen der bevorstehenden Bischofssynode im Gang. Im Oktober tritt im Vatikan eine Synode zum Thema Ehe und Familie zusammen, ein Jahr darauf – im Oktober 2015 – sollen auf einer weiteren Synode auch konkrete Schlußfolgerungen gezogen werden. Die Debatte in italienischen Medien, an der sich auch Kardinäle beteiligen, dreht sich vor allem um die Frage, ob Menschen, die nach einer Scheidung wieder heiraten, zur Kommunion zugelassen werden dürfen. Das ist ihnen nach jetzigem Kirchenrecht verwehrt. Ein Nein zur Wiederzulassung sagen nach Medienberichten fünf Kardinäle in einem Buch, das am 1. Oktober in Italien und den USA veröffentlicht wird: Es sind die Kardinäle Gerhard Ludwig Müller, Raymond Leo Burke, Walter Brandmüller, Velasio De Paolis und Carlo Caffarra. Müller ist Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation.

Der frühere Präsident des vatikanischen Ökumene-Rats, Kardinal Walter Kasper, mahnt in der Tageszeitung „Il Mattino“, es dürfe auf der Synode keinen „ideologischen Krieg“ geben. Kasper wörtlich: „Die Lehre der Kirche steht gar nicht zur Debatte, aber sie lässt sich vertiefen, sie ist nicht abgeschlossen.“ Es gehe um die „Anwendung der Lehre auf komplizierte Situationen“. „Zielscheibe von Polemiken“ sei gar nicht er, sondern letztlich Papst Franziskus. Kardinal Kasper hofft, „dass die Synode zu einem ernsthaften und ruhigen Meinungs- und Gedankenaustausch führen wird“. (rv)

D: Zollitsch würdigt Kasper

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Donnerstag das altersbedingte Rücktrittsgesuch von Kurienkardinal Walter Kasper angenommen. Neun Jahre war Kardinal Kasper Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen. Anlässlich des Rücktritts würdigt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, Kardinal Kasper mit einer langen Erklärung. (rv)

Hier finden Sie den vollen Wortlaut des Textes.

„Für Walter Kardinal Kasper ist der Begriff Dialog weder eine leere Worthülse noch eine realitätsferne Utopie. Dialog ist bei ihm lebendige Wirklichkeit. Wie kaum ein anderer hat sich Kardinal Kasper in den vergangenen Jahren um den Dialog der Kirche in der Ökumene und mit den Juden verdient gemacht. Ja, Walter Kardinal Kasper ist Garant eines gelebten Dialogs.
Wer Kardinal Kasper kennt, weiß, dass es ihm aus seinem Glauben heraus ganz zentral um die Menschen geht. Der große Gelehrte der Katholischen Theologie hatte gerade in seiner Zeit als Universitätsprofessor stets den Anspruch, die ganze Glaubenswahrheit den Studierenden verständlich zu vermitteln. Seine eindringliche und einfühlsame Sprache, sein stetes Suchen nach einer Antwort auf aktuelle theologische Fragen, sein Mut, komplexe Zusammenhänge der Theologie Stück für Stück nachvollziehbar aufzuschlüsseln, zeichnen Kardinal Kasper aus. Als er 1989 Nachfolger von Bischof Georg Moser im Bistum Rottenburg-Stuttgart wurde, erlebte die Diözese einen sehr weltverbundenen Professor auf dem Bischofsstuhl. Das hat viele Menschen beeindruckt, den Walter Kasper ist immer sich selbst treu geblieben, ganz nach seinem Wahlspruch: „Wahrheit in Nächstenliebe" (Veritatem in caritate).
Das theologische Wirken und umsichtige Handeln in seiner Diözese Rottenburg-Stuttgart war selbstverständlich auch dem Heiligen Stuhl nicht verborgen geblieben. So war es verständlich, dass Papst Johannes Paul II. gerade Walter Kasper zu sich rief, um ihm dort 1999 die wichtige Aufgabe des Sekretärs des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen zu übertragen. Mit Walter Kasper kam ein Dogmatiker aus dem Stammland der Reformation in den Vatikan, der seine vielfältigen Erfahrungen – auch auf dem Gebiet der Ökumene in Deutschland – in die Arbeit der Universalkirche einfließen lassen konnte. Nur zwei Jahre nach seiner Ernennung übertrug der Papst Walter Kasper die Leitung des Päpstlichen Rates und zeichnete ihn mit der Kardinalswürde aus. Papst Benedikt XVI. hat Kardinal Kasper schon wenige Tage nach seiner Wahl im Amt bestätigt.
Mit Kardinal Kasper hat die Ökumene der Weltkirche über viele Jahre ein geschätztes Gesicht erhalten. Es war eindrucksvoll, wenn er von den nicht an zwei Händen abzuzählenden aktuellen Dialogen des Heiligen Stuhls mit anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften berichtete. So wie er sich bei diesen Gemeinschaften als Bruder unter Brüdern aufgehoben fühlte, so war er in der Welt unterwegs. Kardinal Kasper hat in den Jahren seines römischen Wirkens mehrfach die Welt umrundet, im Dienste der Ökumene. Seine Gesprächspartner würdigen ihn als eine Person, der eine „Ökumene des Herzens" ausstrahle. Ich möchte hinzufügen: Das ökumenische Gespräch, die Versöhnung zwischen den Konfessionen ist Walter Kaspers Herzensanliegen. Gerade für Papst Johannes Paul II. hat er viele Wege bereitet, die Papst Benedikt XVI. in Kontinuität übernommen hat. Dabei denke ich vor allem an seine äußerst erfolgreichen Annnäherungen an die griechisch-orthodoxe Kirche, an die Patriarchate der Armenier in Etchmiadzin und Sis und nicht zuletzt an seinen vorsichtigen, mutigen und von tiefer Überzeugung der notwendigen Aussöhnung getragenen Dialog mit der russisch-orthodoxen Kirche von Moskau. Bei aller Internationalität hielt Walter Kasper immer die Erinnerung an die Reformation wach. Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland war und ist er ein gern gesehener Gesprächspartner dem gegenüber man den Mut hat, ihm Sorgen anzuvertrauen.
Der Name Walter Kasper ist aber auch unverbrüchlich mit der Aussöhnung mit dem Judentum verbunden. Die Beziehungen zum Judentum sind im Vatikan dem Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen zugeordnet. Kardinal Kasper hat das Wort geprägt, dass es im Aussöhnungsprozess, den die katholische Kirche mit dem Judentum durch das Zweite Vatikanische Konzil angestoßen hat, keine Wende von der Wende geben dürfe. Die katholische Kirche ist – und daran hat Walter Kasper in seinen römischen Jahren unermüdlich und äußerst verdienstvoll, ja selbstlos gearbeitet – unwiderruflich zum Dialog mit dem Judentum verpflichtet. So wurde Kardinal Kasper für den Vatikan der wichtigste Vermittler auf diesem manchmal nicht einfachen Weg. Rabbinerkonferenzen weltweit, Jüdische Gesellschaften und Stiftungen und vor allem das Oberrabbinat von Jerusalem sehen in Kardinal Kasper die lebendige Brücke in den Vatikan. Das Wirken von Kardinal Kasper kann man nur so zusammenfassen: Er war und ist Brückenbauer im besten Sinne des Wortes. Dialog ist für Walter Kasper zur Lebensaufgabe geworden.
Die Kirche in Deutschland und die Weltkirche sind Walter Kardinal Kasper zu tiefem Dank und hohem Respekt für seine Arbeit verpflichtet. Mit seinem heutigen Rücktritt hinterlässt er eine Lücke und ein Erbe. Dieses Erbe ist der Mutterboden für die weiteren theologischen Dialoggespräche in der Ökumene und mit dem Judentum. Ich wünsche mir sehr, dass dieser Boden weiter gut bestellt wird. Wahrheit in Nächstenliebe hat Walter Kasper tatsächlich und in tiefster Überzeugung gelebt."
(dbk)