Vatikan/China: Diplomatische Beziehungen zu welchem Preis?

Quelle: South China Morning Post (Screenshot am 02. Februar)

Im Jahr 1951 hatte die Regierung in Peking die Beziehungen zum Vatikan abgebrochen. Seitdem hat die kommunistische Partei Kirchen geschlossen und Geistliche eingesperrt. Katholiken dürfen in der Volksrepublik China ihre Religion nur in sanktionierten Kirchen des Regimes ausüben. Diese stehen nicht unter der Kontrolle des Vatikans und nur von Peking ernannte Bischöfe sind zugelassen. Da diese durch Peking geweihten Bischöfe kirchenrechtlich faktisch automatisch exkommuniziert wurden, hatte der Vatikan sie nicht anerkannt. Rechtmäßige Bischöfe der katholischen Kirche können bisher nur im Untergrund arbeiten und sind dem Regime in Peking ein Dorn im Auge.

Kard. Zen Ze-kiun

Durch die Tatsache, dass der emeritierte Erzbischof von Hongkong, Kardinal Zen Ze-kiun in den letzten Tagen den Heiligen Stuhl massiv öffentlich angegriffen hatte, sind Details bekannt geworden, die den Vatikan in seiner Vorgehensweise in kein gutes Licht rücken.

Heute wurden durch die Zeitung „South China Morning Post“ weitere Einzelheiten bekannt. Unter der Überschrift „Peking hat „unermüdliche Anstrengungen“ unternommen, um die Beziehungen zum Vatikan zu verbessern“ ist zu lesen:

„Peking sagte am Freitag, es habe „unermüdliche Anstrengungen“ unternommen, um die Beziehungen zum Vatikan zu verbessern, nachdem die beiden Seiten innerhalb weniger Monate einen Vertrag über die Ernennung von Bischöfen unterzeichnet hätten. Chinas Außenministerium sagte in einer Erklärung, dass die Kommunikation zwischen den beiden Seiten „reibungslos und effektiv“ gewesen sei. … Im Rahmen des Abkommens wird der Vatikan bei den Verhandlungen über die Ernennung von Bischöfen ein Mitspracherecht haben“.

Ferner berichtet die Zeitung:

„Liu Guopeng, ein Experte für Religionswissenschaft an der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, sagte, dass die Antwort des Außenministeriums darauf hindeute, dass Peking eine Einigung erzielt habe, wahrscheinlich über die Ordinierung von Bischöfen, mit der es zufrieden sei“.

„Wenn sich herausstellt, dass es wahr ist, wird Peking das größte Hindernis für die formelle Herstellung von Verbindungen zwischen China und dem Vatikan beseitigen“, sagte Liu und fügte hinzu, dass die Kommentare Pekings Wunsch widerspiegelten, Taiwan weiter zu isolieren. Der Vatikan ist der einzige europäische Staat, der formelle diplomatische Beziehungen mit der selbst verwalteten Insel unterhält. Ein Priester einer katholischen Untergrundkirche auf dem Festland sagte, ein Abkommen zwischen dem Vatikan und Peking sei für die Katholiken in China inakzeptabel“.

„Es bricht uns das Herz, dass loyale und standhafte Bischöfe durch exkommunizierte und illegale ersetzt werden – es ist einfach zu schwer zu akzeptieren“, sagte der Priester, der um Anonymität bat. Er bezog sich auf Huang Bingzhang, der 2011 vom Heiligen Stuhl exkommuniziert wurde, nachdem er ohne Genehmigung geweiht worden war, und ein Mitglied des chinesischen Parlaments ist. Er wird Berichten zufolge Zhuang ersetzen“.

Die durch „South China Morning Post“ veröffentlichen Einzelheiten scheint das Abkommen zwischen China und dem Heiligen Stuhl kurz vor dem Abschluss zu stehen, lediglich die Frage der Bischofsernennungen scheint noch ein Problem zu sein. Und genau dieses Problem der Bischofsernennungen will der Heilige Stuhl durch die „freiwilligen Rücktritte“ der rechtmäßigen Bischöfe in China erzwingen.

Kardinal Parolin

Das Bekanntwerden der Details des Abkommens mit China kann dem Vatikan nicht gefallen haben. Das beweist auch ein Interview des Kardinalstaatssekretärs Parolin in der Zeitung „La Stampa“ vom Mittwoch, in dem er herablassend, zwar ohne einen Namen zu nennen, aber doch klar an die Adresse von Kardinal Zen Ze-kiun gerichtet sagt:

„Ich glaube, dass es keinen persönlichen Standpunkt gibt, von dem aus jemand exklusiv beurteilen könnte, was gut ist für die Katholiken in China. Wir brauchen mehr Demut und einen Geist des Glaubens – auch mehr Vorsicht und Mäßigung, um nicht in Polemik zu verfallen, die Gemeinschaft verletzt und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft blockiert“.

Mitspracherecht bei der Bischofsernennung (?)

In der Verlautbarung des chinesischen Außenministeriums ist die Rede von „einem Mitspracherecht“ bei der Bischofsernennung. Man darf gespannt sein, wie das im Detail aussehen wird. Nach derzeitigem kanonischem Recht ist so etwas eigentlich unmöglich. Der Codex des kanonischen Rechtes sagt:

Can. 377 – § 5:

„In Zukunft werden weltliche Autoritäten keine Rechte und Privilegien in Bezug auf Wahl, Nomination, Präsentation oder Designation von Bischöfen eingeräumt“.

Der Fall Bischof Peter Zhuang Jianjian von Shantou

Betrachtet man die Rücktrittsforderung beispielsweise von Bischof Peter Zhuang Jianjian von Shantou, sieht die Sache allerdings anders aus. Zhuang wurde aufgefordert, in den Ruhestand zu gehen, um den Weg freizumachen für ein regimetreues Mitglied der „patriotischen Vereinigung“, zudem ein nicht gültig geweihter und somit exkommunizierter Bischof. Zhuang hatte den Antrag des Heiligen Stuhls zweimal abgelehnt.

Dass Bischöfe der Untergrundkirche in China noch mit hohem Alter im Amt sind, ist hier nichts Ungewöhnliches. Allerdings kann Papst Franziskus Bischof Zhuang durchaus aufgrund seines Alters zum Rücktritt auffordern.

Can 401 – § 1:

„Ein Diözesanbischof, der das fünfundsiebzigste Lebensjahr vollendet hat, wird gebeten, seinen Amtsverzicht dem Papst anzubieten, der nach Abwägung aller Umstände entscheiden wird“.

Nach dem Kirchenrecht ist Bischof Zhuang somit längst überfällig. Seine Weigerung resultiert anderseits aus der Tatsache, Platz für einen unrechtmäßigen exkommunizierten Anwärter zu machen. Moralisch und gegenüber seinen Gläubigen zeigt Zhuang viel Mut und Rückgrat.

Der Vatikan und Papst Franziskus gehen in dem China-Abkommen einen sehr zweifelhaften Weg und wie in „Amoris laetitia“ auch, werden bestehende Grundsätze der römisch katholischen Kirche einfach übergangen. (vh)

China: Opfert der Vatikan katholische Bischöfe der kommunistischen Regierung?

Quelle: AsiaNews (Screenshot am 23. Januar)

Der Vatikan unterhält schon seit Jahrzehnten keine diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China. Besonders die Bischofsernennungen waren in der Vergangenheit stets ein besonderes Ärgernis. Durch Rom ernannte Bischöfe konnten nur im Untergrund arbeiten – im Gegensatz zu den durch die kommunistische Regierung Pekings ernannten Bischöfe. Diese wiederum wurden häufig durch den Heiligen Stuhl nicht anerkannt und exkommuniziert.

Heute veröffentlichte das mediale Organ des Vatikans, vatican.news, eine schier unglaubliche Meldung basierend auf einem Artikel der Nachrichtenagentur AsiaNews, die zum päpstlichen Institut für Auslandsmission in Mailand gehört, unter der Überschrift „China: Vor einem Abkommen mit dem Heiligen Stuhl?“:

„Der Heilige Stuhl soll sogenannte Untergrundbischöfe in China gebeten haben, sich zugunsten sogenannter offizieller Bischöfe zurückzuziehen. …

Sie deutet die Demarche des Vatikans als Hinweis auf ein möglicherweise in die Nähe rückendes Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China. Nach AsiaNews-Angaben hat sich im Dezember eine Vatikandelegation in Peking mit Bischof Peter Zhuang Jianjian von Shantou getroffen. Dabei habe sie ihn bereits zum zweiten Mal gebeten, zugunsten von Joseph Huang Bingzhang zurückzutreten. Dieser ist im Unterschied zu Jianjian bisher nicht offiziell vom Vatikan anerkannt. Der jetzt 88-jährige Jianjian ist nach den Angaben der Agentur 2006 mit Erlaubnis des Papstes geheim zum Bischof geweiht worden.

Nach Darstellung von AsiaNews ist die Causa Jianjian kein Einzelfall. Insgesamt gebe es derzeit sieben Bischöfe, die von der Pekinger Regierung ernannt, vom Vatikan aber nicht anerkannt seien. Umgekehrt spricht AsiaNews von etwa zwanzig sogenannten Untergrundbischöfen, die zwar mit Erlaubnis Roms geweiht, vom Regime aber nicht anerkannt seien“.

Das der Vatikan mit unliebsamen Geschehnissen nur zögerlich oder gar nicht an die Öffentlichkeit geht ist bekannt. In diesem Fall, der bereits durch die internationalen Medien publiziert wird, zitiert vatican.news lediglich AsiaNews und enthält sich vorerst einer eigenen Darstellung.

Wenn die Informationen der Nachrichtenagentur AsiaNews der Wahrheit entsprechen, muss sich der Heilige Stuhl einige Fragen gefallen lassen. Um ein Abkommen mit der kommunistischen Regierung der Volksrepublik China zu erreichen, werden offenbar durch Rom ernannte und geweihte Bischöfe in China zum Rücktritt aufgefordert.

Das Papst Franziskus sich stark in Politik einmischt und Regierungen in aller Welt nach seinen eigenen Vorstellungen versucht zu beeinflussen, ist lange bekannt. Das er jetzt aber eigene Bischöfe opfert um diplomatische Beziehungen zu einem kommunistischen Staat aufzubauen ist wohl einzigartig in der Neuzeit der katholischen Kirche. Der chinesische Kardinal Zen Ze-kiun, bis 2009 Bischof von Hongkong, hat schon vor langer Zeit den Heiligen Stuhl davor gewarnt, sich auf Kompromisse einzulassen. (vh)