Nach IS-Drohung gegen Papst und neuem Terror: Europas Kirchen verschärfen Sicherheit

VATIKANSTADT – Vor dem Hintergrund aktueller Drohungen des Islamischen Staates (IS) gegen Papst Franziskus und dem neuen islamistischen Terror in Europa haben zahlreiche Kirchen ihre Sicherheitsvorkehrungen drastisch verschärft. Die Schweizergarde ist ihrem Kommandant zufolge „bereit“.

Der vermummte Kämpfer hat ein Foto des Papstes in der Hand. Er hält es in die Kamera, dann zerstört er das Bild und droht, dass der IS nach Rom komme. Die Video-Aufnahmen stammen weder aus dem Irak noch Syrien: Sie wurden in der geschändeten und niedergebrannten Kathedrale der philippinischen Großstadt Marawi gefilmt.

Dschihadisten der mit dem IS verbündeten Maute-Gruppe eroberten in der letzten Woche des Monats Mai vorübergehend die 200.000-Einwohner-Stadt auf Mindanao. Mehrere Christen wurden ermordet, Kirchen und christliche Gebäude verunstaltet und zerstört. Philippinische Soldaten lieferten sich wochenlange Kämpfe mit den verschanzten IS-Verbündeten. Bis heute sind der Generalvikar und weitere Katholiken in der Hand der Islamisten. Wie CNA berichtete, wird befürchtet, dass die Terroristen ihre Geiseln offenbar als Schutzschilde und Selbstmordattentäter missbrauchen.

Unter dem Titel „Inside the Caliphate – #3“ (auf Deutsch: „Im Kalifat – Teil 3“) zeigt das neue Video neben Bildern toter Soldaten mehrere Szenen der Zerstörung der Kirche. Ein Kruzifix und Statuen von Heiligen und der Muttergottes werden darin zerstört. „Wir werden noch mehr Rache verüben“, heißt es, und immer wieder: „Wir werden in Rom sein, inshallah“ – dann zeigt der Sprecher mit seiner Langfeuerwaffe auf das Bildes des Papstes. Auch ein Foto von Papst emeritus Benedikt XVI. wird zerrissen. Der Film wurde am 20. August von einer der Propaganda-Einrichtungen der Islamisten verbreitet, dem „Al Hayat Media Center“.

Die spanischsprachige Seite von CNA, ACI Prensa, hat das Video veröffentlicht (Warnung: Enthält Bilder von Toten und der Schändung christlicher Gegenstände).

Sie wollen nach Rom

Der Papst und die Kirche mag mit den säkularen Mächten, die im Irak und Syrien gegen den IS Krieg führen, in grundsätzlichen Fragen nicht übereinstimmen: Für die Islamisten ist Rom – als wichtiges Symbol der Christenheit und Ort der Gräber der Apostelfürsten Petrus und Paulus – seit Jahren im Visier.

Im Oktober 2014 teilte der IS in seinem Magazin „Dabiq“ mit, dass er Krieg „gegen alle Christen“ führe, und diesen kämpfen werde, bis die schwarze Flagge selbst über dem Vatikan wehe. Wenn die jetzige IS-Generation das Ziel nicht erreiche, so „Dabiq“ weiter, dann werde es den Kindern oder Enkeln gelingen. Sie würden die Kinder der Christen auf dem Sklavenmarkt verkaufen.

Im August 2016 verkündete „Dabiq“ erneut, dass der IS Christen hasst und töten will, und sein Krieg ein Religionskrieg sei. Einen Monat später – September 2016 – kam zu „Dabiq“ ein neues Medium hinzu: Dieses IS-Magazin heißt „Rumiyah“ – Arabisch für Rom.

„Die Schweizergarde ist bereit“

Kein Wunder, dass bereits vor Jahren die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Vatikan und in ganz Rom dramatisch verschärft wurden. Ein Pilger der 1990er Jahre würde staunen, wie die Ewige Stadt heute geschützt ist. Von patrouillierende Polizisten über Straßen, die für den Autoverkehr gesperrt sind, bis hin zu durchsichtigen Müllsäcken an den öffentlichen Eimern: die Szenerie rund um den Petersdom und die anderen Wahrzeichen hat sich deutlich geändert.

Auch hinter den Kulissen wurde kräftig gearbeitet. Ein Anschlag sei möglicherweise nur eine Frage der Zeit, so Schweizergarde-Kommandant Christoph Graf laut „Lai Croix“ vergangene Woche bei einer Tagung in Solothurn. Doch man sei vorbereitet, so Graf: Die Gardisten seien alles andere als nur fotogene Ordnungshüter. Mit modernster militärischer Technik ausgestattet und ausgebildet, seien sie einsatzbereit.

Tatsächlich wurde die Ausbildungszeit der Gardisten in der Schweiz kürzlich von zwei auf vier Monate verdoppelt. Im Tessin vertiefen die Leibwächter des Papstes nun ihre Fähigkeiten in Schutz- und Sicherheitstechnik, der Nutzung von Feuerwaffen und Erster Hilfe.

Barcelona, Köln, Venedig: Kontrollen, Barrikaden, Überwachung

Nach dem Terror in Barcelona und Cambrils am 17. August mit rund 20 Toten und über 130 Verletzten – sowie neuen Angriffen diese Woche, unter anderem in Belgien – wurden vielerorts Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft.

Einer der in Spanien festgenommenen Verdächtigen gestand, dass Barcelonas Kirche der Heiligen Familie, die „Sagrada Familia“, Ziel eines größeren Anschlags war. Gegenüber CNA bestätigte ein Sprecher der Basilika, dass die Sagrada Familia bereits bestehende Sicherheitsmaßnahmen prüft und verschärft. Mit den Sicherheitskräften arbeite man ohnehin bereits täglich zusammen. Doch seit dem Anschlag entwickle man mit der Polizei zusammen weitere Verbesserungen.

Einzelheiten wollte der Sprecher aus Sicherheitsgründen nicht schildern. Klar ist, dass im Umfeld der Kirche bereits eine verstärkte Polizeipräsenz im Einsatz ist – sowohl in Uniform als auch verdeckt.

„Die Sicherheitsmaßnahme sind extrem“, so der Sprecher zu CNA, aber „wir werden sehen, welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden können“. Es gehe darum, Kontrolle zuhaben.

Das gleiche gilt für andere Länder in Westeuropa, darunter Deutschland. Nach der gezielten Ermordung unschuldiger Menschen durch Islamisten mithilfe von LKWs und Lieferwägen in Nizza, Berlin, London und andernorts sind ohnehin an vielen Plätzen Barrikaden aus Beton, Stahl und Wassertanks errichtet worden. Kontrollen wurden verschärft, Überwachung ausgebaut. Nach Barcelona werden diese Maßnahmen vielerorts verschärft – auch und gerade vor Gotteshäusern und anderen christlichen Wahrzeichen.

Am Kölner Dom, einem der bekanntesten Gebäude Deutschlands, hat man im Zuge des Terrors in Barcelona hunderte Kilogramm schwere historische Steine strategisch deponiert. „So schützt der Dom gewissermaßen selbst seine Besucher“, zitierte „RP Online“ den Kölner Polizeipräsidenten, Uwe Jacob. Damit Einsatzkräfte und Lieferwagen durchkommen, soll zudem eine „mobile Sperre“ in Form eines Polizei-Fahrzeugs im Dienst sein, hieß es weiter.

Nicht mit seiner Barrikaden- sondern seiner Wortwahl erregte nun Venedigs Bürgermeister Aufsehen: Wer auf dem berühmten Markusplatz „Allahu Akbar“ schreie, werde erschossen, verkündete Luigi Brugnaro laut Medienberichten: „Wenn irgendjemand ‚Allahu akbar‘ schreiend auf den Markusplatz rennt, schießen wir ihn nieder. Vor einem Jahr sagte ich, nach vier Schritten. Jetzt nach drei“, so der Bürgermeister Berichten von „Focus“, „Independent“ und weiteren Medien zufolge.

Elise Harris und ACI Prensa trugen zur Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)