Nach IS-Drohung gegen Papst und neuem Terror: Europas Kirchen verschärfen Sicherheit

VATIKANSTADT – Vor dem Hintergrund aktueller Drohungen des Islamischen Staates (IS) gegen Papst Franziskus und dem neuen islamistischen Terror in Europa haben zahlreiche Kirchen ihre Sicherheitsvorkehrungen drastisch verschärft. Die Schweizergarde ist ihrem Kommandant zufolge „bereit“.

Der vermummte Kämpfer hat ein Foto des Papstes in der Hand. Er hält es in die Kamera, dann zerstört er das Bild und droht, dass der IS nach Rom komme. Die Video-Aufnahmen stammen weder aus dem Irak noch Syrien: Sie wurden in der geschändeten und niedergebrannten Kathedrale der philippinischen Großstadt Marawi gefilmt.

Dschihadisten der mit dem IS verbündeten Maute-Gruppe eroberten in der letzten Woche des Monats Mai vorübergehend die 200.000-Einwohner-Stadt auf Mindanao. Mehrere Christen wurden ermordet, Kirchen und christliche Gebäude verunstaltet und zerstört. Philippinische Soldaten lieferten sich wochenlange Kämpfe mit den verschanzten IS-Verbündeten. Bis heute sind der Generalvikar und weitere Katholiken in der Hand der Islamisten. Wie CNA berichtete, wird befürchtet, dass die Terroristen ihre Geiseln offenbar als Schutzschilde und Selbstmordattentäter missbrauchen.

Unter dem Titel „Inside the Caliphate – #3“ (auf Deutsch: „Im Kalifat – Teil 3“) zeigt das neue Video neben Bildern toter Soldaten mehrere Szenen der Zerstörung der Kirche. Ein Kruzifix und Statuen von Heiligen und der Muttergottes werden darin zerstört. „Wir werden noch mehr Rache verüben“, heißt es, und immer wieder: „Wir werden in Rom sein, inshallah“ – dann zeigt der Sprecher mit seiner Langfeuerwaffe auf das Bildes des Papstes. Auch ein Foto von Papst emeritus Benedikt XVI. wird zerrissen. Der Film wurde am 20. August von einer der Propaganda-Einrichtungen der Islamisten verbreitet, dem „Al Hayat Media Center“.

Die spanischsprachige Seite von CNA, ACI Prensa, hat das Video veröffentlicht (Warnung: Enthält Bilder von Toten und der Schändung christlicher Gegenstände).

Sie wollen nach Rom

Der Papst und die Kirche mag mit den säkularen Mächten, die im Irak und Syrien gegen den IS Krieg führen, in grundsätzlichen Fragen nicht übereinstimmen: Für die Islamisten ist Rom – als wichtiges Symbol der Christenheit und Ort der Gräber der Apostelfürsten Petrus und Paulus – seit Jahren im Visier.

Im Oktober 2014 teilte der IS in seinem Magazin „Dabiq“ mit, dass er Krieg „gegen alle Christen“ führe, und diesen kämpfen werde, bis die schwarze Flagge selbst über dem Vatikan wehe. Wenn die jetzige IS-Generation das Ziel nicht erreiche, so „Dabiq“ weiter, dann werde es den Kindern oder Enkeln gelingen. Sie würden die Kinder der Christen auf dem Sklavenmarkt verkaufen.

Im August 2016 verkündete „Dabiq“ erneut, dass der IS Christen hasst und töten will, und sein Krieg ein Religionskrieg sei. Einen Monat später – September 2016 – kam zu „Dabiq“ ein neues Medium hinzu: Dieses IS-Magazin heißt „Rumiyah“ – Arabisch für Rom.

„Die Schweizergarde ist bereit“

Kein Wunder, dass bereits vor Jahren die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Vatikan und in ganz Rom dramatisch verschärft wurden. Ein Pilger der 1990er Jahre würde staunen, wie die Ewige Stadt heute geschützt ist. Von patrouillierende Polizisten über Straßen, die für den Autoverkehr gesperrt sind, bis hin zu durchsichtigen Müllsäcken an den öffentlichen Eimern: die Szenerie rund um den Petersdom und die anderen Wahrzeichen hat sich deutlich geändert.

Auch hinter den Kulissen wurde kräftig gearbeitet. Ein Anschlag sei möglicherweise nur eine Frage der Zeit, so Schweizergarde-Kommandant Christoph Graf laut „Lai Croix“ vergangene Woche bei einer Tagung in Solothurn. Doch man sei vorbereitet, so Graf: Die Gardisten seien alles andere als nur fotogene Ordnungshüter. Mit modernster militärischer Technik ausgestattet und ausgebildet, seien sie einsatzbereit.

Tatsächlich wurde die Ausbildungszeit der Gardisten in der Schweiz kürzlich von zwei auf vier Monate verdoppelt. Im Tessin vertiefen die Leibwächter des Papstes nun ihre Fähigkeiten in Schutz- und Sicherheitstechnik, der Nutzung von Feuerwaffen und Erster Hilfe.

Barcelona, Köln, Venedig: Kontrollen, Barrikaden, Überwachung

Nach dem Terror in Barcelona und Cambrils am 17. August mit rund 20 Toten und über 130 Verletzten – sowie neuen Angriffen diese Woche, unter anderem in Belgien – wurden vielerorts Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft.

Einer der in Spanien festgenommenen Verdächtigen gestand, dass Barcelonas Kirche der Heiligen Familie, die „Sagrada Familia“, Ziel eines größeren Anschlags war. Gegenüber CNA bestätigte ein Sprecher der Basilika, dass die Sagrada Familia bereits bestehende Sicherheitsmaßnahmen prüft und verschärft. Mit den Sicherheitskräften arbeite man ohnehin bereits täglich zusammen. Doch seit dem Anschlag entwickle man mit der Polizei zusammen weitere Verbesserungen.

Einzelheiten wollte der Sprecher aus Sicherheitsgründen nicht schildern. Klar ist, dass im Umfeld der Kirche bereits eine verstärkte Polizeipräsenz im Einsatz ist – sowohl in Uniform als auch verdeckt.

„Die Sicherheitsmaßnahme sind extrem“, so der Sprecher zu CNA, aber „wir werden sehen, welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden können“. Es gehe darum, Kontrolle zuhaben.

Das gleiche gilt für andere Länder in Westeuropa, darunter Deutschland. Nach der gezielten Ermordung unschuldiger Menschen durch Islamisten mithilfe von LKWs und Lieferwägen in Nizza, Berlin, London und andernorts sind ohnehin an vielen Plätzen Barrikaden aus Beton, Stahl und Wassertanks errichtet worden. Kontrollen wurden verschärft, Überwachung ausgebaut. Nach Barcelona werden diese Maßnahmen vielerorts verschärft – auch und gerade vor Gotteshäusern und anderen christlichen Wahrzeichen.

Am Kölner Dom, einem der bekanntesten Gebäude Deutschlands, hat man im Zuge des Terrors in Barcelona hunderte Kilogramm schwere historische Steine strategisch deponiert. „So schützt der Dom gewissermaßen selbst seine Besucher“, zitierte „RP Online“ den Kölner Polizeipräsidenten, Uwe Jacob. Damit Einsatzkräfte und Lieferwagen durchkommen, soll zudem eine „mobile Sperre“ in Form eines Polizei-Fahrzeugs im Dienst sein, hieß es weiter.

Nicht mit seiner Barrikaden- sondern seiner Wortwahl erregte nun Venedigs Bürgermeister Aufsehen: Wer auf dem berühmten Markusplatz „Allahu Akbar“ schreie, werde erschossen, verkündete Luigi Brugnaro laut Medienberichten: „Wenn irgendjemand ‚Allahu akbar‘ schreiend auf den Markusplatz rennt, schießen wir ihn nieder. Vor einem Jahr sagte ich, nach vier Schritten. Jetzt nach drei“, so der Bürgermeister Berichten von „Focus“, „Independent“ und weiteren Medien zufolge.

Elise Harris und ACI Prensa trugen zur Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)

Warnung: „Islamischer Staat will Christen aus Ägypten vertreiben – wie im Irak und Syrien“

KAIRO -Nach dem Terroranschlag am Freitag, dem 26. Mai, bei dem 29 koptischen Christen getötet wurden, hat der Sprecher der katholischen Kirche in Ägypten, Pater Rafic Greiche, erklärt, dass der Islamische Staat beabsichtige, die Christen des Landes zu vertreiben, wie es auch schon im Irak passiert sei.

„Die Terroristen haben sich als langfristiges Ziel gesetzt, die Christen aus Ägypten zu vertreiben, so wie sie es im Irak getan haben, in dem der IS als erstes nach der Einnahme Mossuls alle Christen vertrieben hatte“, sagte der Priester am 27. Mai zur vatikanischen Nachrichtenagentur „Fides“ .

Die gleiche Situation, beklagte er, gab es zuvor in Syrien und im Sudan. „Und jetzt versuchen sie es in Ägypten, wo die erste christliche Gemeinde des Mittleren Ostens lebt und auch die größte islamische Gemeinde der arabischen Welt“, warnte er.

„Ich glaube ferner, dass die Terroristen versuchen, die ägyptische Bevölkerung zu spalten und Zwietracht zwischen Christen und Muslimen zu säen. Bislang hatten sie keinen Erfolg damit und in der Tat ist die Bevölkerung geeint in der Ablehnung von Gewalt“.

Über den Auslöser des Angriffs auf koptische Christen am 26. Mai, der von einem Dutzend Dschihadisten in der Stadt al-Minya (in Mittelägypten) verübt worden war, sagt Pater Greiche, er könnte „eine Antwort auf die Rede des ägyptischen Präsident Abd al-Fattah as-Sisi sein, die er auf der Konferenz der USA und der arabischen islamischen Welt letzte Woche in Saudi-Arabien gehalten hatte.“

„Es war eine sehr heftige und ehrliche Rede gegen den Fundamentalismus und Radikalismus gewesen“, erklärte er.

Laut Angaben der lokalen Presse endete am Sonntag, dem 21. Mai, der Gipfel des Golf-Kooperationsrates und des amerikanischen Präsidenten Donald Trump mit der Unterzeichnung eines entsprechenden Dokumentes, das von „55 Oberhäuptern und Vertretern der arabischen und islamischen Länder sowie den Vereinigten Staaten“ approbiert worden war und das von den Medien als „Wendepunkt in den Beziehungen“ qualifiziert wurde.

„Man muss den gemäßigten religiösen Dialog fördern, nicht nur in Ägypten, sondern auch in Europa. In den europäischen Moscheen gibt es Imame, die radikale und aufrührerische Reden halten“, betonte er.

„Sie können uns außerdem dabei helfen, dass unsere Bevölkerung eine bessere Erziehung zukommt“, so der Priester. (CNA Deutsch)

 

Mali: Islamistische Gruppen fusionieren

Einige sahen es kommen, nun ist es soweit: In Mali ist es zu einer Fusion von drei islamistischen Terrorgruppen gekommen, die fortan gemeinsam arbeiten wollen und Al Kaida die Treue geschworen haben. Am vergangenen Donnerstag haben die Gruppen Ansar Dine, al-Mourabitoun und Al Kaida im islamischen Maghreb die „Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime“ gegründet. Ihr Anführer ist der Tuaregrebell Iyad Ag Ghali; er hatte die Terrororganisation Ansar Dine mitbegründet.

Schlechte Nachricht für ein Land, das seit dem Friedensabkommen von 2015 Schwierigkeiten hat, eine Regierung zu etablieren und Frieden zu garantieren. Einer der wichtigsten und personalaufwändigsten Einsätze der Bundeswehr findet derzeit in der Region statt – die zu einem Großteil in der nördlichen Provinz Gao stationierte MINUSMA-Operation sieht den Einsatz von bis zu 1000 deutschen Soldaten vor, um die Friedenssicherung im Land zu unterstützen. An diesem Montag sollte nun ein weiterer Meilenstein im Friedensprozess stattfinden: eine Übergangregierung sollte in der wichtigen, ebenfalls nördlich gelegenen Region Timbuktu ihre Arbeit aufnehmen; die regionale Hauptstadt ist von schweren Armeefahrzeugen umringt, um Anschläge zu verhindern. Doch bis zur Stunde kommt es in Timbuktu dennoch zu Zusammenstößen und Feuergefechten, die eine Einsetzung der Regierung bislang verhindern. In der Region lodern trotz des Friedensabkommens und der internationalen Präsenz immer wieder Konflikte zwischen Tuareg und Regierungstruppen, auch sind dort die drei Terrororganisationen, die nun unter einem gemeinsamen Namen firmieren, besonders aktiv.

Luigi Serra ist der ehemalige Präsident der Fakultät für arabisch-islamische Studien im Mittelmeerraum an der neapolitanischen Universität Orientale. Er erklärt im Interview mit Radio Vatikan: „Das ist eine Allianz, die nicht überraschend kommt, aber brandgefährlich ist. Denn es handelt sich hier nicht um Friedensaktivisten, sondern um eine Allianz zwischen Dschihadisten und Terroristen. Die Gefahr besteht, dass auch Boko Haram sich anschließen könnte, um das Land noch weiter zu destabilisieren. Sicher ist, dass die geopolitischen, sozialen und wirtschaftlichen Szenarien in Mali und auch in den angrenzenden Gebieten des Niger und Tschad durch dieses Abkommen in diesem konkreten Moment alarmiert sind.“

Auffallend ist der Zeitpunkt der Allianz zwischen den Terrororganisationen. Denn diese kommt nun gerade in einem Moment, in dem Regierungstruppen und ehemalige Tuareg-Separatisten im Norden des Landes gemeinsam patrouillieren – eine weitere Übereinkunft des Friedensabkommens von 2015. Das sieht auch Serra so: „Dieser Beginn der gemeinsamen Patrouillen könnte einen Schritt bedeutet haben, der darauf zielt, dem Territorium eine Form der Reglementierung, der Sicherheit zu geben. Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu den Zielen und den Systemen des Kampfes der Dschihadisten.“

Eine Antwort auf diese aus den Augen der Terroristen konkrete Gefahr konnte nicht lange auf sich warten lassen. Doch wie uneins sich die ethnische Gruppe der Tuareg untereinander letztlich ist, zeigt auch die Tatsache, dass einige von ihnen sich dem Regierungsbündnis angeschlossen haben, andere wiederum der terroristischen Allianz, in der Hoffnung, die verlorenen Gebiete wieder unter Kontrolle bringen zu können. Wie tragfähig nun auch der Zusammenschluss der ehemals konkurrierenden terroristischen Vereinigungen tatsächlich sein wird, das kann nur die Zukunft zeigen.

Hintergrund

Bereits am vergangenen 18. Februar hätte die Regionalregierung Timbuktus eingesetzt werden sollen, doch einige Unterzeichner des Friedensabkommens hatten ihr Veto eingelegt. Noch bis zu diesem Montag kam es in Timbuktu zu Protesten von Gegnern des designierten Regionalpräsidenten Boubacar Ould Hamadi. Er ist Mitglied der Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad, einer ehemaligen Tuareg-Rebellentruppe, die im Jahr 2012 das Territorium zu einem unabhängigen Separatstaat ausgerufen hatte. Im Jahr 2013 wurde der selbst ernannte Staat wieder malischem Gebiet einverleibt, die Zusammenstöße zwischen Rebellen und Regierungstruppen blieben. Im Jahr 2015 wurde ein Friedensabkommen zwischen den Streitpartnern geschlossen. Das Abkommen sieht vor, dass die Regionen Malis bis zu den Wahlen durch Übergangsregierungen geführt werden. Während dies in anderen Regionen bereits der Fall ist, konnte die staatliche Gewalt in der Region von Timbuktu noch nicht wieder etabliert werden, was den islamistischen und separatistischen Terrororganisationen vor Ort in die Hände gespielt hat. (rv)

Aleppos Katholiken fasten und beten für den Frieden

cna_GrabeskircheALEPPO – Während Rebellengruppen sich weiter mit der Regierung Assad einen blutigen Kampf um die Herrschaft über Syriens größte Stadt liefern, beten und fasten die Christen Aleppos dafür, dass der Frieden einkehrt.

„Wir wissen nicht, was passieren wird. Wir haben allen Priestern gesagt, und auch den Menschen, dass wir fasten und beten wollen für die nächsten 72 Stunden, damit der Wille, Frieden zu schließen sich durchsetzt, und er sich durchsetzt gegen den Willen, Krieg zu führen“, sagte Pfarrer Ibrahim in Aleppo gegenüber Radio Vatikan am 9. August.

Rebellengruppen haben erklärt, den Belagerungsring von Regierungstruppen um die Stadt durchbrochen zu haben. Rund 250.000 Menschen leben in der betroffenen Region, in der sich in letzter Zeit die Kämpfe an Heftigkeit zugenommen zu haben.

Pfarrer Ibrahim sagte, die Situation sei sehr schwierig, „denn die Bombenangriffe, die nachts heftiger werden, gehen weiter, doch nun fallen auch Raketen auf die westliche Seite der Stadt, in der wir leben“.

Die Einwohner Aleppos, fuhr er fort, „haben Angst, es gibt weder Strom noch Wasser“, zudem sei „alles teuer, und kürzlich wurden zwei Viertel evakuiert, und viele Menschen schlafen auf der Straße oder in Zelten“.

Der Priester macht keinen Hehl aus seinen Zweifeln an dem humanitären Waffenstillstand, den die Vereinten Nationen ausgerufen haben. Die Ankunft neuer Truppen verspreche vielmehr „einen totalen Krieg“, sagte der Geistliche.

„Die Armee will die Stadtteile zurückerobern, die sie in den vergangenen Tagen verloren hat, während diese militärischen Gruppen sich darauf vorbereiten, weiter gegen Hamdaniya vorzurücken und den gesamten Westteilt der Stadt.

Die Kirche kümmere sich weiter in dieser Situation um die Bevölkerung, sagte Pater Ibrahim. „Es ist ein Wunder“, dass sie weiterhin „tausenden bedürftigen Familien“ Lebensmittelpakete verteilen könnten. „Es ist ein Wunder und göttliche Vorsehung, dass wir alles kaufen konnten, bevor die Hauptstraße Aleppos geschlossen wurde“, sagte der Priester.

Der Geistliche betonte, dass er die Kämpfer gegen Assads Truppen nicht als „Rebellen“ bezeichne, „denn heute sehen wir klar und deutlich, dass innerhalb der Stadt Dschihadisten die Kontrolle über diese militärischen Gruppen ergreifen, die sehr, sehr unterschiedlich sind“.

Es gibt mehrere Rebellen-Koalitionen in Aleppo. Die größte ist die „Eroberungsarmee“, zu der auch Jabhat Fateh al-Sham gehört, die Nachfolge-Organisaton der Al-Nusra Front.

Der syrische Bürgerkrieg begann im März 2011 mit Demonstrationen gegen Assad. Der Krieg hat bislang über 280.000 Menschen das Leben gekostet, und 4,8 Millionen zu Flüchtlingen gemacht. Weitere 8 Millionen Syrer, so die Schätzungen, sind Binnenvertriebene.

Zu den Kriegsparteien gehören neben dem syrischen Regime unterschiedliche Rebellengruppen; darunter Moderate wie die „Freie Syrische Armee“ (FSA), Islamisten wie die genannte „Eroberungsarmee“ und der Islamische Staat (IS) sowie außerdem kurdische Separatisten. (CNA Deutsch)

Syrien/Irak: Vier Forderungen an die EU

Ignatius Joseph III. Younan Als „Blutbad des Jahrhunderts“ hat der ranghöchste syrische Bischof die Verfolgung der Christen und anderer religiöser Minderheiten im Irak bezeichnet. Ignace Youssef III Younan, Patriarch von Antiochien der Syrer, richtete namentlich an Europa einen neuerlichen Appell, die ethnisch-religiöse „Säuberung“ durch die Dschihadisten des „Islamischen Staates“ zu beenden und den Christen im Irak zu Hilfe zu kommen. Gegenüber der französischen Zeitung „Ouest France“ formulierte der Patriarch vier Dringlichkeiten. Zunächst müsse Europa Waffenlieferungen an Terroristen in Syrien und im Irak stoppen, indem es aufhört, angeblich gemäßigte Oppositionsgruppen in Syrien mit Waffen zu versorgen. Von der UNO müsse Europa eine sofortige Sitzung des Sicherheitsrates einfordern, der Maßnahmen zur Unterstützung der Minderheiten im Irak trifft und eine bindende Resolution erlässt, damit die Vertriebenen in Sicherheit wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Schließlich rief der libanesische Patriarch Europa dazu auf, die humanitäre Versorgung der Notleidenden im Irak und in den Nachbarländern zu verdoppeln. (rv)

Vatikan: Anklageschrift gegen islamistischen Terror im Irak

Kardinal Tauran Die Vatikanbehörde, die für den Dialog mit den Muslimen zuständig ist, hat sich erstmals zur Errichtung des „Kalifates“ durch die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ geäußert. Mit äußerster Entschiedenheit weist der von Kardinal Jean-Louis Tauran geleitete Päpstliche Rat für den interreligiösen Dialog die Praktiken des „Islamischen Staates“ zurück. Die „religiösen Verantwortlichen, besonders die muslimischen“, werden zu einer „klaren und mutigen Stellungnahme“ zu den Vorgängen im Irak aufgefordert. Das „Kalifat“ ist Ende Juni 2014 ausgerufen worden.

Die Erklärung aus dem Vatikan, die an diesem Dienstag veröffentlich wurde, listet zahlreiche und „unsägliche kriminelle Handlungen“ durch die Dschihadisten des „Islamischen Staates“ auf: Massaker an Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit, die „grauenhafte Praxis der Enthauptung, der Kreuzigung und des Aufhängens von Leichen an öffentlichen Plätzen“, die erzwungene Wahl für Christen und Jesiden, zu konvertieren, eine bestimmte Steuer zu zahlen oder zu flüchten; die Vertreibung „zehntausender Menschen“, darunter Kinder, Alte, Schwangere und Kranke; die Entführung christlicher und jesidischer Frauen und Mädchen „als Kriegsbeute“; die Auferlegung der „barbarischen Praxis“ der Genitalverstümmelung an Frauen; die Zerstörung christlicher und muslimischer Kultorte; die Besetzung und Entweihung von Kirchen und Klöstern; die Zerstörung christlicher und anderer religiöser Symbole; und schließlich die „niederträchtige Gewalt mit dem Ziel, die Menschen zu terrorisieren und sie zu zwingen, sich auszuliefern oder zu flüchten“.

„Kein Grund“, erst recht kein religiöser, könne „eine solche Barbarei rechtfertigen“, heißt es weiter in der ungewöhnlich deutlich formulierten Mitteilung aus dem Vatikan. Christen und Muslime hätten über Jahrhunderte nebeneinander gelebt, „mit Höhen und Tiefen“, aber sie hätten eine Zivilisation geschafften, „auf die sie stolz sind“. Auf dieser Grundlage habe sich nicht zuletzt der christlich-muslimische Dialog in den vergangenen Jahren entwickelt.

Angesichts der dramatischen Lage der Christen, Jesiden und anderen Religionsgemeinschaften im Irak brauche es eine einstimmige Verurteilung der Vorgänge im „Kalifat“, heißt es in der Mitteilung aus dem Vatikan weiter. Religionsvertreter, „besonders muslimische“, Exponenten des interreligiösen Dialogs und „alle Menschen guten Willens“ müssten „einmütig und ohne Zweideutigkeiten“ die Verbrechen der islamistischen Terrorgruppe im Irak verurteilen und ihre Berufung auf religiöse Motive zurückweisen. Auf dem Spiel stehe geradewegs die Glaubwürdigkeit der Religionen, ihrer Anhänger und ihrer Oberhäupter. Der Vatikan verweist auch darauf, dass die Mehrheit der islamischen Institutionen in Religion und Politik die Wiedererrichtung des Kalifats durch die Dschihadisten der Organisation „Islamischer Staat“ ablehne.

Die Religionsvertreter müssten auch ihren Einfluss bei den Regierungen geltend machen, damit die Verbrechen aufhören, die Täter bestraft werden und ein Rechtsstaat in dem Krisengebiet entstehe, damit die Vertriebenen zurückkehren können. Auch einen neuerlichen Appell gegen den Waffenhandel beinhaltet die Erklärung des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog: „Die religiösen Führer werden nicht verabsäumen zu unterstreichen, dass die Unterstützung, Finanzierung und Bewaffnung des Terrorismus moralisch verwerflich sind.“ Die Erklärung endet mit dem Appell von Papst Franziskus von Ende Juli: „Der Gott des Friedens erwecke in allen ein echtes Verlangen nach Dialog und Versöhnung. Gewalt besiegt man nie mit Gewalt. Gewalt besiegt man mit dem Frieden!“ (rv)

Syrien: „Sie spielten mit den geköpften Schädeln“

ChristenverfolgungDas katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ hat ausgerechnet, dass jeder zehnte Christ auf der Welt verfolgt wird. Um auf dieses Problem hinzuweisen, organisiert das Hilfswerk in Frankreich seit zehn Jahren eine sogenannten „Nacht der Zeugen“. Es handelt sich um eine mehrtägige Veranstaltung, die in mehreren französischen Städten durchgeführt wird. In der Pariser Kathedrale Notre-Dame sprach am Wochenende die syrische Ordensfrau Raghida. Sie ist Pädagogin und arbeitet an einer Schule des griechisch-katholischen Patriarchats in Damaskus, doch seit dem Krieg lebt sie in Paris. Ihre sechs Brüder und Schwestern leben jedoch noch in Syrien. Uns gegenüber erläutert sie:

„In den Städten und Dörfern, die von Dschihadisten besetzt sind, können die Christen zwischen zwei Optionen wählen: Entweder sie treten zum Islam über, oder sie werden getötet. Es gibt dann noch die sogenannte Steuer der Ungläubigen: Damit finanzieren sich diese muslimische Extremistengruppen. Die Tötung der Christen ist ein unmenschliches Martyrium.“

In der Ortschaft Maalula, unlängst bekannt geworden durch die zeitweise Entführung von mehreren orthodoxen Nonnen, seien zwei Jugendliche gekreuzigt worden, erklärt Schwester Raghida. Die zwei jungen Männer hätten sich beim Einmarsch der Rebellen geweigert, das islamische Glaubensbekenntnis zu sprechen, und seien darum vor den Augen ihrer Väter gekreuzigt worden, „so wie Jesus“.

„In einem anderen Dorf wurden Christen geköpft, und die Überlebenden mussten mitansehen, wie die Extremisten mit den Schädeln Fußball spielten. Solche grausige Bilder sorgen für Angst und Schrecken bei Christen, aber auch bei Muslimen. Doch trotz all dieser schrecklichen Ereignisse gibt es noch etliche Christen, die ihr Land nicht verlassen und sogar so mutig sind, an Gottesdiensten teilzunehmen.“

Seit drei Jahren herrschen Krieg und Chaos in Syrien. Die UNO geht von über 140.000 Todesopfern und über neun Millionen Flüchtlingen oder Vertriebenen in Syrien und in den Nachbarländern aus. (rv)