Konsistorium: Rote Hüte, neue Formen

22 Geistliche empfangen nächsten Samstag bei einem öffentlichen Konsistorium in Rom die Kardinalswürde. In der Fachsprache: Der Papst kreiert neue Kardinäle. Das Konsistorium ist keine Eucharistiefeier, sondern ein eigener liturgischer Ritus, besonders feierlich, das ja, aber eben keine Messe. Diesen Ritus zur Kardinalskreierung hat Papst Benedikt nun etwas vereinfacht. Der Kirchenhistoriker Ulrich Nersinger greift zurück in die Geschichte:

„Früher war die Erhebung eines Geistlichen in den Kardinalsstand eine farbenprächtige Angelegenheit, aber auch eine sehr komplizierte. Es war so breitgefächert: die Übergabe des Hutes, wir hatten früher auch den breitrandigen Kardinalshut, Birett, Pileolus, und einige andere Insignien – die Überreichung war aufgeteilt auf verschiedene Gelegenheiten."

Das war Form Nummer eins. Nun Form Nummer zwei: Nach dem II. Vatikanischen Konzil gab es schon einmal eine Vereinfachung bei der Kardinalserhebung. Nersinger:

„Man ist zu der Form gekommen, dass man – bis in die jüngste Vergangenheit – in einem Konsistorium die Kreierung vornahm, das heißt im Wesentlichen, der Heilige Vater hat die Namen der neuen Kardinäle verkündet, ihnen dann das rote Birett aufgesetzt und ihnen die Titelkirche oder Diakonie zugewiesen; und ihnen dann meistens am nächsten Tag in einer Eucharistiefeier den Kardinalsring überreicht."

Jetzt, und das ist Form Nummer drei, erfolgt die Überreichung des Kardinalsrings ebenfalls im Konsistorium und nicht erst in der Messe danach. Das ist der Hauptänderungspunkt der Feier. Für Außenstehende mag das wenig der Rede wert sein. Doch der Kardinalsring ist ein Objekt mit besonders hoher Symbolkraft.

„Der Ring galt immer als ein besonderes Zeichen der Bindung, denn Eheleute binden sich ja auch durch einen Ring. Man wollte auch durch den Ring nochmals unterstreichen die enge Bindung, die der neue Kardinal mit dem Heiligen Vater und der Kirche eingeht."

Das Anstecken der Ringe in der Messe: Das erinnert tatsächlich an eine Hochzeit, an das Sakrament der Ehe. Genau diesen Eindruck der Sakramentalität will der Vatikan vermeiden. Denn die Kardinalserhebung ist kein Sakrament, ist weder eine Ehe noch eine Priesterweihe. Bis hinein in katholische Kreise konnte aber zuletzt dieser Eindruck entstehen. Um dem Missverständnis vorzubeugen, weist selbst das liturgische Büchlein für das bevorstehende Konsistorium neue Gebete auf – neue alte Gebete, wohlgemerkt, sie stammen aus dem ersten Jahrtausend. Auch sie weisen darauf hin, dass diese Feier keine Weihehandlung ist.

„Es sind Gebete, die unterstreichen, welche Aufgabe die Kardinäle haben und wie sie auch ihr Amt verstehen sollten: Als Berater des Papstes, die in enger Bindung zu ihm stehen, eine Bindung, die ganz einzigartig ist. Die Kardinäle werden ja vom Papst kreiert, das heißt: geschaffen. Sie sind seine persönlichen Geschöpfe. Und sie sollen sehr eng zum Papst und zur Kirche stehen. Das soll deutlich werden. Und dass es ein Amt ist, das nicht durch eine sakramentale Handlung vermittelt wird."

Vor dem Konsistorium lädt der Papst alle Kardinäle, auch die neu erhobenen, zu einem Tag des Nachdenkens und des Gebets. Auf der Tagesordnung stehen dabei Gespräche über Neuevangelisierung und Mission. Kardinäle sind ja von ihrer ursprünglichen Funktion her Berater des Papstes. Zum Reflexionstag bemerkt Nersinger:

„Ich glaube, das ist ein Rückgriff auf eine ganz alte Zeit, zurück in die Anfänge der Konsistorien."

Zur Erinnerung: Das Amt des Kardinals entstand im 11. Jahrhundert.

„Die Konsistorien waren ja Beratungen mit dem Papst und sind im Lauf der Zeit – etwa im 16. Jahrhundert – zu rein formalen Ereignissen geworden. Früher war es so, dass der Papst alle wichtigen kommenden oder schon geschehenen Ereignisse mit seinen engsten Ratgebern besprach, um einen Meinungsaustausch bat. Ganz am Anfang war das eine wirkliche Abstimmung. Das ist mit der Zeit etwas verschwunden, und das will man nun wieder stärker hervorheben. Das ist eine gute und vernünftige Idee, da ja das Kardinalskollegium auch die Weltkirche repräsentiert."

Ein altes Element der ursprünglichen Konsistorien mit der Abstimmung wird am kommenden Samstag wieder zum Tragen kommen. Ulrich Nersinger:

„Am Ende der Kardinalskreierung wird der Papst gebeten werden, Entscheide über künftige Heiligsprechungen anzukündigen, und da hat er auch die Kardinäle um ihre Meinung gefragt."

22 neue Kardinäle wird es ab Samstag in der katholischen Kirche geben, auch zwei Deutsche sind darunter, der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki, mit 55 Jahren der jüngste aller Kardinäle, und der 83-jährige Jesuit Karl Josef Becker.

Das Konsistorium beginnt am Samstag um 10:30 Uhr, Radio Vatikan überträgt die Feier live und mit deutschem Kommentar. (rv)