Was ist dran an Medienberichten über eine „Drogen- und Sex-Orgie“ im Vatikan?

VATIKANSTADT – Eine „Drogen-Schwulen-Orgie“ im Vatikan? Mehrere Medien haben darüber berichtet, dass die vatikanische Polizei in einem Gebäude der Glaubenskongregation bei einer Razzia eine solche vorgefunden haben soll. Aber was steckt hinter diesen Meldungen?

Die Zeitung „Il Fatto Quotidiano“ berichtete, dass es sich um die Wohnung eines Sekretärs von Kardinal Francesco Coccopalmerio handeln soll, dem prominenten Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte.

Wie daraufhin mehrere Medien unter Berufung auf die italienische Zeitung meldeten, sollen vatikanische Gendarmen das Apartment gestürmt haben, welches sich im gleichen Gebäude wie die Glaubenskongregation befindet.

Der Bericht erklärt weiter, dass die Wohnung in einem Bereich ist, der für ranghohe Kurienmitglieder reserviert sei. Aus deren Kreisen habe es Beschwerden darüber gegeben, dass ein steter Strom junger männlicher Besucher zu lauten Partys in diese Wohnung fließe; diese Beschwerden führten letztlich zur Razzia der Polizei, so der Artikel von Francesco Antonio Grana.

Der Beschuldigte, ein italienischer Priester, habe mittlerweile eine Behandlung wegen Kokainmissbrauchs in einem Krankenhaus erhalten und sei in ein Kloster auf dem Land gebracht worden, schreibt der Autor der italienischen Zeitung. Und weiter: Papst Franziskus, dessen Residenz in Sancta Martha wenige hundert Meter entfernt ist, sei über die Razzia und die Festnahme informiert gewesen, so Grana in dem Artikel. Das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, habe zudem einen Eingang, den Schweizergardisten und vatikanische Polizei nicht kontrollieren können, weil er auf italienischem Staatsgebiet liege.

Grana schreibt auch, dass Kardinal Coccopalmerio sich vergeblich darum bemüht habe, dass sein Sekretär zum Bischof geweiht werde.

Der Bericht wurde von Medien in verschiedenen Sprachen weltweit aufgegriffen.

Was hinter diesen Schlagzeilen und Artikeln steckt, hat der Vatikanist des „National Catholic Register“, Edward Pentin, recherchiert. Pentin schreibt, dass der Vatikan sich nicht offiziell zum Fall äußere: Laura Signore, Sekretärin von Polizeikommandant Domenico Giani, habe mitgeteilt, dass der Polizeichef „wie üblich“ kein Statement abgebe oder Interview geben werde.

Der Artikel der italienischen Zeitung habe jedoch „schwerwiegende Mängel“, was den Wahrheitsgehalt betreffe; Pentin solle sich an das Presse-Amt melden.

Keine Bestätigung vom Vatikan

Vatikan-Sprecher Greg Burke habe klargestellt, dass er nicht die Berichte von einer Orgie bestätigen werde, so Pentin weiter. Wie mit der Geschichte weiter umgegangen wird, nachdem nun weltweit säkulare Medien darüber berichtet haben, sei noch nicht klar.

Auch eine Email an Kardinal Coccopalmerio sei bis dato ohne Antwort geblieben, schreibt Pentin.

Der Vatikanist berichtet, er habe daraufhin die Mobilnummer des Sekretärs angerufen, gegen den die Anschuldigungen erhoben wurden. Dieser habe jedoch nur gemurmelt, dass er nichts sage, und aufgelegt.

Von einem führenden Mitglied der Kurie, berichtet Pentin jedoch, habe er allerdings die Auskunft erhalten, dass nicht nur mehrere Quellen bestätigen, dass die Geschichte wahr sei. Das Ausmaß homosexueller Aktivitäten im Vatikan sei im Jahr 2017 – trotz der Bemühungen Benedikts XVI. nach dem Vatileaks-Skandal 2012 – größer denn je, so Pentin.

Haltung des Papstes

Auf seiner Rückreise von Rio de Janeiro nach Rom im Jahr 2013 hatte Papst Franziskus Bezug auf eine „Homo-Lobby“ im Vatikan genommen und gesagt: „Man schreibt viel über die ‘Homo-Lobby’. Ich habe noch keinen getroffen, der mir einen vatikanischen Personalausweis zeigen kann, auf dem ‘schwul’ steht. Es wird gesagt, dass es sie gibt“ – und für ihn seien alle Formen von Lobbies ein schweres Problem.

Auch der enge Papst-Vertraute, Kardinal Oscar Maradiaga, hat über eine „Homo-Lobby“ im Vatikan gesprochen und gesagt, Franziskus nehme sich dieser Herausforderung an.

Der Kommandeur der Schweizergarde von 2002 bis 2008, Elmar Mäder, sagte gegenüber der „Schweiz am Sonntag“ vergangenes Jahr: „Die Behauptung, es gäbe ein Homosexuellen-Netzwerk, kann ich nicht widerlegen“ – seine Erfahrungen sprächen für die Existenz eines solchen.

Wie Papst Franziskus wiederholt betont hat, sollte im Umgang mit Homosexualität aus katholischer Sicht gelten, was der Katechismus lehrt: Das sündhafte Verhalten ist falsch – die Person aber zu achten und bekehren:

„Wenn eine Person homosexuell ist und den Herrn sucht und guten Willen hat – wer bin ich, dass ich über sie urteile?“ – so Franziskus wörtlich, und weiter: Der Katechismus erkläre das auf sehr schöne Weise, „dass man diese Personen deswegen nicht an den Rand drängen darf. Sie sollen in die Gesellschaft integriert werden“. (CNA Deutsch)

Kommandant Anrig: „Benedikt schätzte den Dienst der Schweizergarde sehr“

AnrigSie zählt zu den engsten Weggefährten der Päpste: Die Schweizergarde. Sie ist auch Papst Benedikt XVI. während seines achtjährigen Pontifikats auf Schritt und Tritt gefolgt, hat ihn beschützt und auch viele persönliche Momente mit ihm geteilt. Es ist das erste Mal in der über 500-jährigen Geschichte der Schweizergarde, dass ein Papst seinen Rücktritt bekannt gibt. Ein besonderes Novum, wie der Kommandant Daniel Anrig im Gespräch mit unserem Kollegen Mario Galgano sagt.
„Letztlich ist der Rücktritt des Heiligen Vaters Benedikt XVI. für uns ein Schritt in die Sedisvakanz. Ab diesem Moment stehen wir zur Verfügung des Kardinalskollegiums und ab der Wahl des neuen Papstes werden wir wieder ganz dem neuen Nachfolger Petri zur Verfügung stehen.“
Wie steht es denn dann mit der persönlichen Sicherheit von Benedikt XVI. ab Eintritt der Sedisvakanz?
„Wir als Päpstliche Schweizergarde heben dann die Wache auf, weil wir für den Schutz des amtierenden Papstes hier im Vatikan und Castelgandolfo zuständig sind. Ab 20 Uhr wird die Wache in Castelgandolfo aufgehoben, das bedeutet, dass ab dann die vatikanische Polizei für seine Sicherheit zuständig ist.“
Was bedeutet die Sedisvakanz für euren Dienst? Gibt es besondere Aufgaben für euch?
„Die Päpstliche Schweizergarde hat die Aufgabe, während der Sedisvakanz dem Camerlengo (Kardinal Tarcisio Bertone, Anmerk. d. Red.), dem Chef des Kardinalskollegiums, für die Papstwahl zur Verfügung zu stehen. Wir haben dazu ebenfalls unseren Eid geschworen. Das gilt bis zur Wahl des neuen Papstes. Das bedeutet, dass wir bei der Papstwahl einen diskreten Sicherheitsdienst zu gewährleisten haben.“
Und fallen während des Konklaves auch besondere Aufgaben für euch an?
„Die Päpstliche Schweizergarde steht dem Kardinalskollegium zur Verfügung, das betrifft beispielsweise die Sicherheit bei der Unterkunft und rund um die Sixtinischen Kapelle.“
Sie haben während des achtjährigen Pontifikats Benedikts über vier Jahre lang als Kommandant gedient und waren immer an seiner Seite. Wie haben Sie ihn erlebt?
„Benedikt XVI. ist sicher für uns Katholiken – und ich denke für alle Christen – ein Vorbild auf der Suche nach der Wahrheit. Seine Predigten und Ansprachen zeugten immer wieder von seiner Sensibilität, sich nach dem Wort Gottes auszurichten.“
Die Schweizergarde besteht ja vorwiegend aus jungen Männern. Wie war diese Beziehung?
„Die Päpstliche Schweizergarde hat das Privileg, aus der Schweiz Leute zu rekrutieren, die bereit sind, einerseits einen Militärdienst auszuführen, und andererseits offen für die Botschaft der Kirche sind. Man spürte, dass der Heilige Vater diese Begegnung mit den jungen Schweizer Männern immer geschätzt hat, sei es während des Dienstes, aber insbesondere auch bei Abschieden der einzelnen Gardisten.“
Wie haben Sie Benedikt XVI. persönlich in den vergangenen Wochen und vor allem Tagen erlebt?
„Benedikt XVI. ist ganz klar ein Mann der Bescheidenheit, ein vorbildlicher Mann für uns alle, und man spürte diese Sympathie, die das Volk – die Pilger – ihm entgegen brachten. Das alles hat ihn sehr bewegt. Das konnte man in seiner Nähe ganz besonders wahrnehmen.“
Was wünschen Sie ihm persönlich?
„Ich denke, dass ich im Namen aller Gardisten sagen kann, dass wir ihn im Gebet begleiten. Möge der Herrgott ihn segnen für die Zeit nach dem Verlassen des Stuhles Petri.“ (rv)