Kardinal Pell vor dem Melbourne Magistrates Court

Am Mittwoch dieser Woche muss sich Kardinal Pell (76) vor dem „Melbourne Magistrates Court“ des sexuellen Missbrauchs verantworten. Die australischen Behörden haben bisher noch nicht bekanntgegeben, was Pell im Detail vorgeworfen wird. Lediglich in den Medien erschienen in den letzten Wochen und Monaten verschiedene Vorwürfe zu seiner Person aus der Zeit als Priester in der Gemeinde Ballarat (1976-1980) und als Erzbischof in Melbourne (1996 – 2001). Der Kardinal hat diese Vorwürfe strikt zurückgewiesen und angekündigt seine Unschuld vor Gericht nachzuweisen. Noch Ende Juni sagte Pell: „Ich bin unschuldig. Die ganze Vorstellung von sexuellem Missbrauch ist abscheulich für mich“. Aus Gesundheitsgründen wurde Kardinal Pell im letzten Jahr von drei Polizeibeamten im Vatikan zu den Vorwürfen vernommen.

Die Ermittlungsergebnisse der Victoria Police sind offenbar so schwerwiegend, dass es nun zu einem ersten „Hearing“ am Mittwoch kommt. Australische Medien rechnen damit, dass die Anhörung nach wenigen Minuten vorüber sein wird und die Gerichtstermine bekannt gegeben werden. Ebenso berichten sie, dass der hochrangige katholische Kleriker gezwungen ist, seine anfallenden Gebühren des Rechtsstreits aus der eigenen Tasche zu bezahlen, nachdem der Vatikan bestätigt hatte, die gesetzlichen Kosten des 76-Jährigen nicht zu übernehmen. Ein zu erwartendes Verfahren dürfte aber lange dauern. Das Australische Recht billigt der Staatsanwaltschaft im Falle sexuellen Missbrauchs eine dreimonatige Ermittlungszeit zu.

Pell hat mehrere Anwälte an seiner Seite. Zu ihnen gehört einer der Top-Strafverteidiger Australiens, Robert Richter, QC (71). Die Melbourner Presse bezeichnet ihn als „The Red Baron“ und „Rolls Royce der Strafverteidiger“ munkelt allerdings auch, dass sein Tagessatz bei etwa $ 11.000 liegen soll.

Kardinal Pell sieht sich in diesen Tagen einer umfangreichen Medienpräsents gegenüber. Medien und Missbrauchsopfer werden Morgen im Melbourne Magistrates Court vertreten sein. Die Anhörung beginnt um 10.00 Uhr. Australische Medien werden über das Verfahren genauso berichten wie die New York Times, Washington Post und andere Weltzeitungen neben TV-Sendern wir CNN, NBC, BBC und Al Jazeera.

Der Beklagte könnte sich zwar durch einen Anwalt am Mittwoch vertreten lassen, laut australischen Medien will Pell jedoch selbst erscheinen. Eine Gerichtssprecherin des Court ließ verlauten, dass Pell behandelt wird wie jeder Andere auch, er muss das Gerichtsgebäude durch den Haupteingang betreten und wird von Sicherheitskräften gescannt. Über weitergehende Sicherheits- und Schutzmaßnahmen der Victoria Police vor Ort erteilte man keine Auskünfte.

Das ein hoher Würdenträger des Vatikans, einer der ranghöchsten Kardinäle der Kurie, über lange Zeit hinweg sein Amt im Pontifikat von Papst Franziskus ausführen konnte, war für die Missbrauchsopfer ein regelrechter Affront, anderseits konnte man ihm bis heute keine Straftaten nachweisen. Die Zukunft wird sicherlich die Wahrheit ans Tageslicht bringen, solange gilt auch ein Kardinal als unschuldig. (vh)

Erzbischof Wesolowski im Vatikan gestorben

VatikanplatzDer wegen sexuellen Missbrauchs angeklagte ehemalige Vatikanbotschafter der Dominikanischen Republik, Józef Wesolowski, ist am Freitagmorgen im Vatikan verstorben. Das teilte der Vatikan am Freitag mit. Demnach starb der polnische Bischof vermutlich eines natürlichen Todes. Eine Autopsie, die noch am Freitag durchgeführt werden soll, wird die genauen Umstände klären. Der Papst wurde bereits über den Tod des ehemaligen Vatikan-Botschafters informiert.

Wesolowski war zur Eröffnung seines Prozesses vor dem Gericht des Vatikanstaats am 11. Juli nicht erschienen. Der Vatikan teilte damals mit, der Angeklagte sei am Vortag nach gesundheitlichen Beschwerden auf die Intensivstation eines römischen Krankenhauses gebracht worden. Der Prozess wurde daraufhin nach wenigen Minuten auf unbestimmte Zeit vertagt. Ende Juli wurde Wesolowski dann aus dem Krankenhaus entlassen und kehrte in den Vatikan zurück.

Der Staatsanwalt des Vatikanstaats, Gian Piero Milano, warf Wesolowski vor, in der Dominikanischen Republik mehrere Jungen im Alter von 13 bis 16 Jahren sexuell missbraucht zu haben. Zudem soll Wesolowski eine „enorme Menge“ kinderpornografischen Materials besessen haben. Es war das erste Mal, dass ein vormals ranghoher kirchlicher Würdeträger wegen sexuellen Missbrauchs vor einem Gericht des Vatikanstaats stand. Wesolowoski drohte eine mehrjährige Haftstrafe.

Nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe war Wesolowski im August 2013 von seinem Posten als Papstbotschafter in der Dominikanischen Republik abberufen worden. Nach einer ersten gerichtlichen Anhörung im Vatikan wurde er im September 2014 auf persönliche Anordnung von Papst Franziskus unter Hausarrest gestellt, im Dezember 2014 nach Ablauf der zulässigen Höchstdauer jedoch wieder daraus entlassen. Er musste sich vo da an im Vatikan aufhalten. Im Juni 2014 war Wesolowski bereits in einem erstinstanzlichen Urteil aus dem Priesterstand entlassen wurden. Dagegen legte er damals Einspruch ein. (rv)

Vatikan: Kirche will mit Zivilbehörden zusammenarbeiten

Die am Donnerstag veröffentlichten Normen der Glaubenskongregation ermöglichen eine umfassendere Verfolgung einschlägiger Straftaten innerhalb der katholischen Kirche. Der Vatikan hat damit die Kirchengesetze zur Ahndung sexuellen Missbrauchs durch Geistliche verschärft und erweitert. Vatikansprecher Federico Lombardi präzisiert, dass die Verankerung einer Anzeigepflicht gegenüber staatlichen Stellen bei Missbrauchsfällen im Kirchenrecht nicht möglich sei. Diese Frage falle allein in die Kompetenz staatlicher Gesetzgebung, sagte Lombardi weiter.
 „Wo das nationale staatliche Recht eine Anzeige vorschreibt, ist aber auch die Kirche an diese Vorgabe gebunden. Wo dies nicht der Fall ist, kann die Kirche eine solche jedoch nicht selbst festschreiben. Die Kirche ist jedoch in jedem Fall um eine Zusammenarbeit mit der staatlichen Justiz bemüht.“
Der zuständige Kirchenanwalt der Glaubenskongregation, Charles Scicluna, erläuterte, dass die nun vorgestellten Normen inhaltlich weitgehend der bisher geübten Praxis entsprächen.
„Die Änderungen und Präzisierungen sollen in erster Linie größere Klarheit über die Rechtslage schaffen. Es handelt sich also um eine juristisch-technische Konsolidierung. Das Vorgehen der Glaubenskongregation beruht fortan nicht mehr auf päpstlichen Vollmachten, sondern auf Kirchengesetzen. Die nun veröffentlichten Normen sind ein Zeichen für den großen Ernst, mit dem sich die Kirche der Herausforderung durch sexuellen Missbrauch stellt.“ (rv)