Ukraine: Großerzbischof schreibt an Europas Bischöfen

Großerzbischof Schewtschuk In einem ausführlichen Brief an die katholischen Bischöfe Europas weist das Oberhaupt der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche Vorwürfe von sich, dass die ukrainische Kirche in den militärischen Konflikt der Ostukraine involviert sei. Kritisch äußert sich der Großerzbischof von Kiew, Swjatoslaw Schewtschuk, in seinem Schreiben gegenüber der russisch-orthodoxen Kirche, die „einer Propaganda der russischen Politik immer ähnlicher“ werde.

In dem Schreiben nimmt Großerzbischof Schewtschuk Bezug auf ein Schriftstück aus Moskau und der russisch-orthodoxen Kirche, welches die griechisch-katholische Kirche als die Verantwortlichen für die aktuelle Ukraine-Krise deklariert und ihnen vorwarf, gewalttätig gegenüber der orthodoxen Geistlichen und Gläubigen zu sein. Bei den Kämpfen in der Ostukraine seien mehrere Geistliche ums Leben gekommen sowie Kirchen und Klöster zerstört, doch anstatt für Frieden zu sorgen, würde Moskau laut Schewtschuk reine „Diffamierung“ der griechisch-katholische Kirche und auch anderer Konfessionen betreiben. Diese Fehlinformationen würde die ukrainische Kirche noch mehr in Gefahr bringen vor der den militanten Separatisten, die sich als „Kämpfer des orthodoxen Russlands“ sähen, so der Großerzbischof.

Rückblickend fasst Schewtschuk in dem Brief an die europäischen Bischöfe alle Ereignisse der letzten Monate zusammen, die zu der Eskalation der Situation in der Ost-Ukraine führten. Derzeit befinde sich das Land „im Krieg“, die Ukraine sei einer Destabilisierung ausgesetzt, die von der internationalen Gemeinschaft akzeptiert werde. Terroristische Aktivitäten in den Regionen von Donezk und Lugansk demonstrieren dies. Ein tragischer Beweis für das Leiden in der Ukraine sei der Abschuss der Malaysischen Fluglinie gewesen, der somit auch ein Schlag gegen die internationale Gemeinschaft war. Alle Kirchen haben, laut Schewtschuk, immer dieselbe Meinung vertreten und hätten sich gemeinsam gegen dem Regime von Viktor Janukowitsch ausgesprochen, gegen die Annektierung der Krim und gegen eine Spaltung des Landes. Einige Kirchen des Landes und religiösen Gemeinschaften dienten als „Zielscheibe der Diskriminierung“ und wurden „öffentlicher Gewalt“ ausgesetzt.

Die Minderheit der muslimischen Tartaren seien die größten Opfer der Annektierung der Krim gewesen, sie seien täglich Gefahren ausgesetzt und einige Vertreter der Krim-Tataren mussten ins Exil flüchten. Auch römisch-katholische, griechisch-katholische und orthodoxe Pfarreien des Kiewer Patriarchats sowie auch die jüdische Gemeinde auf der Krim wurden bedroht, erläutert Großerzbischof Schewtschuk. Seit April und Ausrufung der selbst-ernannten Republiken von Donezk und Lugansk, die von Russland geführt und finanziert werde, seien die terroristischen Aktivitäten im Gange. Okkupierung von Behörden, Polizei- und Militärstationen und der Terror gegen die Bevölkerung waren die Folge, so Schewtschuk. Ungefähr tausend Menschen, auch Journalisten und Beobachter der Vereinten Nationen, wurden entführt, einige von ihnen gequält und getötet. Heute gäbe es mehr als tausend zivile Opfer.

Insgesamt wurden drei katholische Geistliche entführt – Pawel Witek, Wiktor Wasovic und Tykhon Kulbaka. Letzter wurde für mehr als 10 Tage in Gefangenschaft gehalten.

Die Behausung des griechisch-katholischen Bischofs in Donezk wurde ausgeraubt, sein Auto beschlagnahmt sowie auch ein Mini-Van der Caritas. Der Hof der griechisch-katholischen Kathedrale in Donezk wurde mit Raketen der Separatisten angegriffen und infolgedessen beschädigt. Die griechisch-katholischen Geistlichen wurden, laut Beschreibungen von Schewtschuk, gezwungen die Umgebung von Donezk zu verlassen und einige bewaffnete Separatisten seien in die Kirche eingedrungen und hätten so das Heiligtum entweiht.

Der Großerzbischof machte in seinem Schreiben auch auf den aktuellen Fall aufmerksam, ein uniertes Frauenkloster der Stadt besetzt. Bereits im Juli hatten alle Ordensfrauen das Kloster aus Sicherheitsgründen verlassen. Protestanten mussten laut dem Großbischof das größte Leid ertragen: die Söhne des Hirtens Alexander Pavlenkio und zwei Diakonen der evangelischen Gemeinde „Metamorphose“ wurden während eines Gebetstreffens entführt und tagelang gefoltert. Ihre Körper wurden in einem Graben in Slowiansk gefunden.

Zusammenfassend erwähnt der Großerzbischof in seinem Schreiben, dass die aktuelle Tragödie alle ethnischen und religiösen Gruppen der Ukraine betreffen. Er bittet um eine kritische Betrachtung der Nachrichten aus russischen Medien über die Lage in der Ostukraine. (rv)