Urbi et Orbi: Frieden – das ist die Herrschaft Gottes

„Liebe Brüder und Schwestern, frohe Weihnachten!“ Vom Balkon der Peters-Basilika spendete der Papst auch in diesem Jahr den traditionellen Segen für „die Stadt und die Welt“, „Urbi et Orbi“. Und einmal mehr stand in der Ansprache des Papstes davor der Kontrast zwischen der Feier des Kommens des Friedensfürsten und dem Blick auf die Wirklichkeit der Welt im Fokus.

Das ist die Herrschaft Gottes

„Die Herrschaft dieses Kindes, des Sohnes Gottes und Marias, ist nicht eine Herrschaft dieser Welt, die sich auf Stärke und Reichtum gründet. Sie ist die Herrschaft der Liebe“, legte der Papst die Weihnachtsbotschaft aus. „Sie ist die Macht, die Himmel und Erde erschaffen hat, die jedem Geschöpf Leben gibt: den Mineralen, den Pflanzen, den Tieren. Sie ist die Kraft, durch die Mann und Frau gegenseitig angezogen werden und durch die sie ein Fleisch werden, eine einzige Existenz. Sie ist die Macht, die das Leben erneuert, Schuld vergibt, Feinde versöhnt, das Böse in Gutes verwandelt. Das ist die Herrschaft Gottes.“

Die Verkündigung dieser Herrschaft, die in einem kleinen Kind gekommen sei, wolle der gesamten Welt allen Menschen verkündet werden, „besonders jene, die vom Krieg und von erbitterten Konflikten verwundet sind und die Sehnsucht nach Frieden viel stärker empfinden.“ Der Papst schloss der Ansprache seine Friedenswünsche für viele der Gegenden der Welt an, wo ein friedliches Zusammenleben in weiter Ferne ist.

„Friede den Männern und Frauen im gemarterten Syrien, wo allzu viel Blut vergossen wurde. Vor allem in der Stadt Aleppo, die in den letzten Wochen Schauplatz einer der grauenhaftesten Schlachten war, ist es umso dringlicher, dass für die erschöpfte Zivilbevölkerung Hilfe und Beistand gewährleistet wird und die Menschenrechte geachtet werden.“ Es sei an der Zeit, dass die Waffen endgültig schwiegen, der Papst rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich aktiv einzusetzen.

Heiliges Land und Nigeria, Ukraine und Venezuela

Immer direkt zu Beginn der Ansprache wird traditionell das Heilige Land genannt, Ort der Geburt Jesu Christi, so auch an diesem Sonntag. „Israelis und Palästinenser mögen den Mut und die Entschlossenheit haben, eine neue Seite der Geschichte zu schreiben“. Der Papst wünschte den vielen Regionen Afrikas den Frieden, besonders nannte er Nigeria und die Kindersoldaten dort, Süd-Sudan und die Demokratische Republik Kongo. Die gleichen Wünsche hatte er für den Irak, für Libyen und Jemen.

Europa wurde ebenfalls genannt: „Friede den Frauen und Männern, die noch immer an den Folgen des Konflikts in der östlichen Ukraine leiden, wo es dringend einer gemeinsamen Willensanstrengung bedarf, um der Bevölkerung Erleichterung zu verschaffen und die übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen“, damit sprach der Papst die immer noch nicht erfüllten Bedingungen des Friedens von Minsk an.

Für den Norden Lateinamerikas betete der Papst als nächstes, in Kolumbien gibt es erste Schritte für „einen neuen und mutigen Weg des Dialogs und der Versöhnung“, dasselbe wünschte er auch Venezuela.

Myanmar möge das friedliche Zusammenleben stärken, wünschte der Papst, und die koreanische Halbinsel „ein erneutes Klima der Zusammenarbeit“ erleben, das die Spannungen überwindet.

Frieden den Opfern von Terror

Der Papst sprach aber nicht nur Länder an: „Friede denen, die einen geliebten Menschen verloren haben durch grausame Terrorakte, die im Herzen vieler Länder und Städte Angst und Tod gesät haben. Friede – nicht in Worten, sondern praktisch und konkret – unseren im Stich gelassenen und ausgeschlossenen Brüdern und Schwestern, denen, die Hunger leiden, wie auch den Opfern von Gewalt. Friede den Vertriebenen, den Migranten und den Flüchtlingen sowie allen, die heutzutage Objekt des Menschenhandels sind. Friede den Völkern, die wegen der wirtschaftlichen Ambitionen weniger und wegen der habgierigen Gefräßigkeit des versklavenden Götzen Geld Leid tragen. Friede allen, die vom sozialen und wirtschaftlichen Elend gezeichnet sind, und denen, die an den Folgen der Erdbeben oder anderer Naturkatastrophen leiden.“

Ganz besonders nannte der Papst zum Abschluss die Kinder, besonder diejenigen, deren Kindheit durch Hunger und Krieg oder den Egoismus der Erwachsenen geprägt sei. „Friede auf Erden allen Menschen guten Willens, die unauffällig und geduldig ihrer täglichen Beschäftigung nachgehen, in der Familie und in der Gesellschaft, um eine humanere und gerechtere Welt zu schaffen. Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt: Es ist der ‚Fürst des Friedens’. Nehmen wir ihn auf!“ Anschließend betete der Papst mit den mehreren Zehntausend Gläubigen und Pilgern auf dem Petersplatz das Angelusgebet – eine Neuerung bei dieser kleinen Liturgie – und erteilte den Segen Urbi et Orbi. (rv)