Weltverfolgungsindex: Christenverfolgung steigt

Christenverfolgung

In die Kirche gehen, beten, sich taufen lassen, kirchlich heiraten, eine christliche Beerdigung oder einfach Weihnachten feiern. Das ist für Christen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz Normalität, das gehört zur Ausübung unserer Religionsfreiheit. Der aktuelle Weltverfolgungsindex 2015, der von der Kerkesheimer Hilfsorganisation Open Doors an diesem Mittwoch veröffentlicht wurde, nennt 50 Länder in einer Rangliste, in welchen Christen verfolgt werden und ihre Religion nicht frei ausüben können. Der Leiter von Open Doors Deutschland, Markus Rode bestätigt im Interview einen allgemeinen Anstieg der Verfolgungen, vor allem im Mittleren Osten, Afrika und Asien.

Christ sein war noch nie so gefährlich wie heute. Ein Satz, den wir immer wieder hören, können wir diesen Satz anhand des aktuellen Indexes bestätigen?

„Man muss leider den Satz so stehen lassen, denn die weltweite Christenverfolgung hat gerade in den letzten Jahren noch einmal an Dynamik gewonnen, hat nochmals zugenommen und das ist das, was wir auch in dem Weltverfolgungsindex erkennen auch an den Punktzahlen, die letztendlich für die Intensität der Verfolgung stehen und auch die Rangfolge der Länder definieren, in denen die Verfolgung am härtesten ist.“

Platz Eins der fünfzig Länder ist Nordkorea, Platz 50 Kuwait – dazwischen finden wir vor allem asiatische, afrikanische Länder und den Nahen Osten. Die Intensität der Verfolgung hat sich erhöht, das erkennt man an der Punkteanzahl, erklärt Markus Rode. Es brauche mittlerweile 48,5 Punkte der Zählung, um überhaupt auf die Liste der Länder mit verfolgten Christen zu kommen, das sei ein Anstieg von vier Punkten gegenüber der letzten Statistik. Viele denken sofort an den Irak, Platz Eins bleibt aber Nordkorea.

„In Nordkorea kann man als Christ nur im Untergrund überleben, weil dort Christen systematisch ausgerottet werden sollen. Sie werden von einer Gehheimpolizei gesucht und die Christen, die man ausfindig gemacht hat, die sind in Arbeitslagern oder hingerichtet worden. Derzeit gibt es circa 70.000 Christen in Arbeitslagern, die bis zum Tode gequält werden. Also hier gibt es kaum eine Überlebenschance für einen Christen, der bekannt wird.“

Gründe für die Verfolgungen in den fünfzig Ländern gibt es viele, in Nordkorea ist es die kommunistische Unterdrückung oder auch diktatorische Paranoia, wie Markus Rode sagt. Ein Grund der dieses Jahr als verstärkte Haupttriebkraft gelte, sei der islamische Extremismus. Die zunehmende Islamisierung der christlichen Minderheiten gäbe es vor allem im Irak und im Nahen Osten dank der Eroberungsfeldzüge der IS. Davon zeuge die aktuelle Situation in der christenfreien Stadt Mosul, dort gebe es keine Gottesdienste mehr. Die größte Zunahme an Gewalt werde aber in Afrika verzeichnet, denn dort habe sich die Situation drastisch verschlechtert. Neben den afrikanischen Staaten Somalia, Eritrea, Nigeria unter den ersten zehn Ländern ist nun auch der Sudan aufgeführt.

„Die Position des Sudans begründet sich darauf, dass es 2011 eine Trennung gegeben hat, zwischen dem überwiegend christlichen Südsudan und dem Norden. Der Sudan als extrem muslimisches Land steht mit einer deutlichen muslimischen Bevölkerungsmehrheit und dort werden die wenigen Christen, die im Sudan sind unterdrückt und werden nach der Scharia verurteilt, vor allem wenn es um Konvertiten handelt.“

Die schlimmsten zehn Länder, in welchen die Christen verfolgt werden, sind also Nordkorea, Somalia, Irak, Syrien, Afghanistan, Sudan, Iran, Pakistan, Eritrea und Nigeria. Trotz der Schwierigkeit, einzelne Geschichten, Schicksale und Verfolgungen, Gefühle in Zahlen und Statistiken zu verpacken, versucht die Hilfsorganisation Open Doors dies seit 1970 mit ihrem Index. Unabhängige Wissenschaftler werten dazu Fragebögen aus, die Christen in den jeweiligen Ländern beantworten. Die Anzahl der Befragten hängt auch von der Anzahl der Christen ab in den Ländern und die Fragen decken unterschiedliche Bereich ab – sei es nun das Kirchliche Leben, das Leben im Staat, das Soziale Leben oder das Privatleben.

„Wir fragen unter anderem: Kann ein Christ in seiner Familie überhaupt seinen Glauben leben oder den Glauben wechseln. Gibt es da überhaupt Religionsfreiheit, wird er vom Staat verfolgt. Ist er ausgegrenzt, dass er zum Beispiel als Christ nicht mehr am Dorfbrunnen Wasser schöpfen darf?“

Das Ergebnis dieser Fragen: mehr als 100 Millionen Christen werden wegen ihres Glaubens oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit verfolgt und Markus Rode konnte leider keine Verbesserung der Situation verzeichnen, dennoch warnt er vor einer Instrumentalisierung dieser Daten. Ziel der Veröffentlichung der Daten soll eine Solidarisierung sein mit verfolgten Christen, aber keine Instrumentalisierung für Hassparolen. (rv)