Erzbischof Müller beklagt Pogromstimmung gegen Priester

Erzbischof MüllerDer Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, sieht eine Pogromstimmung gegen die katholische Kirche entstehen. Das sagte er im Gespräch mit der Tageszeitung „Die Welt“. Müllers Aussage stieß u.a. bei der deutschen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf Kritik. Wörtlich zitiert „Die Welt“ den früheren Regensburger Bischof in ihrer Samstagsausgabe mit den Worten: „Gezielte Diskreditierungs-Kampagnen gegen die katholische Kirche in Nordamerika und auch bei uns in Europa haben erreicht, dass Geistliche in manchen Bereichen schon jetzt ganz öffentlich angepöbelt werden. Hier wächst eine künstlich erzeugte Wut, die gelegentlich schon heute an eine Pogromstimmung erinnert.“ In Blogs und „auch im Fernsehen“, so Müller weiter, würden „Attacken gegen die katholische Kirche geritten, deren Rüstzeug zurückgeht auf den Kampf der totalitären Ideologien gegen das Christentum“.

Die FDP-Politikerin Leutheusser-Schnarrenberger erklärte dazu in der „Welt am Sonntag“, Vergleiche mit dem Holocaust seien „geschmacklos, wenn es um unterschiedliche Auffassungen in unserer Gesellschaft zu aktuellen Fragen wie auch der Rolle der Ehe, Familie und eingetragenen Lebenspartnerschaften geht“. Die katholische Kirche müsse sich drängenden Problemen stellen und könne sich nicht durch „Verweis auf vermeintliche Sonderstellung ihrer Verantwortung entziehen“. Zuvor hatte sich bereits der „Humanistische Verband Deutschlands“ (HVD) empört über die Wortwahl von Erzbischof Müller gezeigt. Leutheusser-Schnarrenberger ist Mitglied im HVD-Beirat. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth nannte Müllers Äußerung am Sonntag „absolut inakzeptabel“.

Kritik am Dialogprozess

In dem Interview kritisierte Müller auch den Dialogprozess innerhalb der deutschen Kirche. Wörtlich meinte er: „Dialogprozess ist gut. Aber man muss auch über das Wesentliche reden und nicht die gleichen Probleme immer wieder neu auftischen.“ Als Beispiel für immer wieder neu aufgetischte Probleme nannte Müller „die Forderung nach einem sakramentalen Weiheamt für die Frau. Es ist nicht möglich. Nicht weil die Frauen weniger wert wären, sondern weil es in der Natur des Weihesakramentes liegt, dass Christus in ihm repräsentiert wird als Bräutigam im Verhältnis zur Braut“.

Auch eine Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Partnerschaften sei „für die katholische Kirche nicht möglich. Solche Partnerschaften sind grundsätzlich in keiner Weise mit den Ehen gleichzustellen.“ Einen Reformstau in der katholischen Kirche sieht Müller nur insofern, als „man die wesentlichen Themen nicht anpackt: die Teilhabe an den Sakramenten, die Kenntnis des Glaubens“. Das Wort Reform dürfe „nicht beschlagnahmt werden, um die eigentliche Erneuerung in Christus zu bremsen“.

Mit Blick auf die Auseinandersetzungen der Kurie mit den Piusbrüdern sagte Müller, dass die Geduld des Vatikans mit den abtrünnigen Traditionalisten nicht endlos sei: „Die Glaubenskongregation hat der Priesterbruderschaft die Dogmatische Präambel vorgelegt. Daraufhin ist bis jetzt keine Antwort erfolgt. Wir warten aber nicht endlos.“ (rv)