Gegen Weltlichkeit und „Spiritualität light“: Franziskus‘ Predigt in Chrisammesse

cna_Chrisam_FranziskusVATIKANSTADT – Ein starker Kontrast zwischen der „Scham und Würde“ des Christen auf der einen Seite und der Weltlichkeit auf der anderen: „Begegegnung und Vergebung“ waren Thema der Predigt von Papst Franziskus in der Chrisammesse am heutigen Gründonnerstag im Petersdom. Der Heilige Vater sagte, dass Gott die Barmherzigkeit sei, nicht komplizierte Theologien.

CNA dokumentiert den vollen Wortlaut der Predigt der Chrisammesse:

Als nach der Lektüre einer Prophetie des Jesaja aus dem Munde Jesu die Worte zu hören waren: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“ (Lk 4,21), hätte in der Synagoge von Nazareth eigentlich ein Beifall losbrechen müssen. Und dann hätten sie vor Freude weinen können, wie das Volk weinte, als Nehemia und der Priester Esra das Buch des Gesetzes vorlasen, das sie beim Wiederaufbau der Mauern entdeckt hatten (vgl. Neh 8,9). Doch die Evangelien berichten uns, dass unter den Landsleuten Jesu ganz andere Gefühle aufkamen: Sie trieben ihn fort und verschlossen ihm ihr Herz. Anfangs hatte „seine Rede bei allen Beifall [gefunden]; sie staunten darüber, wie begnadet er redete“ (Lk 4,22), doch dann verbreitete sich eine heimtückische Frage: „Ist das nicht der Sohn Josefs, [des Zimmermanns]? “ (ebd.) Und schließlich „gerieten sie alle in Wut“ (Lk 4,28). Sie wollten ihn vom Felsen hinabstürzen… So erfüllte sich, was der greise Simeon der Mutter Jesu geweissagt hatte: „Er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird“ (Lk 2,34). Jesus bewirkt mit seinen Worten und seinen Gesten, dass offenbar wird, was jeder Mensch in seinem Herzen trägt.

Und dort, wo der Herr das Evangelium der bedingungslosen Barmherzigkeit des Vaters gegenüber den Ärmsten, den am weitesten Entfernten und den am meisten Unterdrückten verkündet, genau dort sind wir aufgerufen, uns zu entscheiden, „den guten Kampf des Glaubens“ (1Tim 6,12) zu kämpfen. Der Kampf des Herrn richtet sich nicht gegen die Menschen, sondern gegen den Dämon (vgl. Eph 6,12), den Feind der Menschheit. Aber der Herr geht „mitten durch die Menge [derer] hindurch“ (Lk 4,30), die ihn aufhalten wollen und setzt seinen Weg fort. Jesus kämpft nicht, um einen Raum der Macht zu festigen. Wenn er Umzäunungen niederreißt und Sicherheiten zur Diskussion stellt, dann tut er das, um eine Bresche zu öffnen für den Strom der Barmherzigkeit, den er gemeinsam mit dem Vater und dem Heiligen Geist auf die Erde gießen möchte. Eine Barmherzigkeit, die vom Guten zum Besseren fortschreitet, die etwas Neues verkündet und bringt, die heilt, befreit und ein Gnadenjahr des Herrn ausruft.

Die Barmherzigkeit unseres Gottes ist grenzenlos und unsagbar erhaben. Und die Dynamik dieses Geheimnisses drücken wir aus als eine „immer noch größere“ Barmherzigkeit, als eine Barmherzigkeit auf dem Weg, eine Barmherzigkeit, die jeden Tag nach der Möglichkeit sucht, einen Schritt voranzukommen, einen kleinen Schritt durch das Niemandsland dorthin, wo Gleichgültigkeit und Gewalt herrschten.

Das war die Dynamik des Samariters, der „barmherzig […] gehandelt hat“ (Lk 10,37): Er hatte Mitleid, ging zu dem Verletzten hin, verband seine Wunden, brachte ihn in die Herberge, blieb in der Nacht dort und versprach, bei seiner Rückkehr eventuell noch anfallende Mehrkosten zu begleichen. Das ist die Dynamik der Barmherzigkeit, die eine kleine Geste mit der anderen verbindet und, ohne irgendeine Schwachheit zu beleidigen, sich in ihrer Hilfe und ihrer Liebe immer ein bisschen weiter ausstreckt. Jeder von uns kann, wenn er mit dem gütigen Blick Gottes das eigene Leben betrachtet, eine Gedächtnisübung machen und entdecken, wie der Herr uns gegenüber Barmherzigkeit hat walten lassen, wie er viel barmherziger war, als wir glaubten. Und so können wir Mut fassen ihn zu bitten, noch einen weiteren kleinen Schritt zu tun, dass er sich in Zukunft als noch viel barmherziger erweisen möge. „Erweise uns, Herr, deine Huld“ (Ps 85,8). Diese in sich widersprüchliche Art, zu einem immer noch barmherzigeren Gott zu beten, hilft, jene engen Schablonen zu durchbrechen, in die wir den Überfluss seines Herzens so oft einzwängen. Es tut uns gut, aus unseren Einzäunungen hinauszutreten, denn es ist dem Herzen Gottes eigen, von Erbarmen überzulaufen, im Ausgießen seiner Zärtlichkeit überzuströmen, so dass immer etwas übrig bleibt. Denn es ist dem Herrn lieber, dass etwas verloren geht, als dass ein Tropfen fehlt; es ist ihm lieber, dass viele Samen von den Vögeln gefressen werden, als dass bei der Aussaat auch nur ein einziges Samenkorn fehlt, da alle die Fähigkeit haben, reiche Frucht zu tragen: dreißigfach, sechzigfach und bis zu hundertfach.

Als Priester sind wir Zeugen und Ausspender dieser immer noch größeren Barmherzigkeit unseres Vaters; wir haben die sanfte und Trost bringende Aufgabe, sie zu verkörpern – wie Jesus, der „umherzog, Gutes tat und alle heilte“ (Apg 10,38) –, und dies in tausenderlei Art, damit sie alle erreiche. Wir können dazu beitragen, sie zu „inkulturieren“, damit jeder Mensch sie in seinem eigenen Leben empfängt und persönlich erfährt, so dass er sie verstehen und kreativ so in die Praxis umsetzen kann, wie es der besonderen Eigenart seines Volkes und seiner Familie und auch seiner Person entspricht.

Heute, an diesem Gründonnerstag des Jubiläumsjahres der Barmherzigkeit, möchte ich über zwei Bereiche sprechen, in denen der Herr sein Erbarmen im Übermaß walten lässt. Da er es ist, der uns das Beispiel gibt, müssen auch wir keine Angst haben zu übertreiben. Ein Bereich ist der der Begegnung; der andere ist der seiner Vergebung, die uns beschämt und uns Würde verleiht.

Der erste Bereich, in dem wir sehen, dass Gott eine immer noch größere Barmherzigkeit im Übermaß walten lässt, ist der Bereich der Begegnung. Er schenkt sich ganz und gar und zwar so, dass er in jeder Begegnung unmittelbar dazu übergeht, ein Fest zu feiern. Im Gleichnis vom barmherzigen Vater verblüfft uns dieser Mann, der tief bewegt seinem Sohn entgegenläuft, um ihm um den Hals zu fallen; wir sind verblüfft, wenn wir sehen, wie er ihn umarmt, ihn küsst und dafür sorgt, dass ihm der Ring an den Finger gesteckt wird, der ihm das Gefühl der Ebenbürtigkeit vermittelt, und die Sandalen angezogen werden, die ihn als Sohn kennzeichnen und nicht als Untergebenen; wenn wir dann sehen, wie er alle in Bewegung bringt und beauftragt, ein Fest zu organisieren. Wenn wir – immer neu staunend – dieses Übermaß der Freude des Vaters betrachten, dem die Rückkehr seines Sohnes erlaubt, rückhaltlos und ohne auf Distanz zu bleiben seiner Liebe freien Lauf zu lassen, dann dürfen wir keine Angst haben, in unserer Danksagung zu übertreiben. Die richtige Haltung können wir von jenem armen Aussätzigen übernehmen: Als er sieht, dass er geheilt ist, verlässt er seine neun Gefährten, die gehen, um den Auftrag Jesu zu erfüllen, und kehrt zurück, um sich dem Herrn zu Füßen zu werfen und mit lauter Stimme Gott zu loben und ihm zu danken.

Die Barmherzigkeit stellt alles wieder her und versetzt die Menschen in ihre ursprüngliche Würde zurück. Darum ist die überströmende Danksagung die richtige Antwort: Man muss sofort zum Fest schreiten, das entsprechende Gewand anziehen, den Groll des älteren Sohnes hinter sich lassen, sich freuen und feiern… Denn nur so, wenn man sich voll und ganz in diese Feststimmung begibt, kann man sich danach gründlich besinnen, kann man um Vergebung bitten und deutlicher sehen, wie man das angerichtete Übel wiedergutmachen kann. Es kann uns gut tun, uns zu fragen: Nachdem ich gebeichtet habe, feiere ich da? Oder gehe ich schnell zu anderen Dingen über – wie wenn wir nach dem Arztbesuch sehen, dass die Analysen nicht allzu schlecht ausgefallen sind, diese in ihren Umschlag zurückstecken und uns anderen Dingen zuwenden? Und wenn ich ein Almosen gebe, lasse ich dem, der es empfängt, die Zeit, seinen Dank auszudrücken, feiere ich sein Lächeln und jenen Segen, den die Armen uns spenden, oder fahre ich eilig mit meinen Angelegenheiten fort, nachdem ich „eine Münze habe fallen lassen“?

Der andere Bereich, in dem wir sehen, dass Gott eine immer noch größere Barmherzigkeit im Übermaß walten lässt, ist die Vergebung selbst. Er erlässt nicht nur unermessliche Schulden – wie dem Diener, der ihn anfleht und sich dann seinem Gefährten gegenüber als kleinlich erweist –, sondern er lässt uns von der zutiefst beschämenden Schande unmittelbar zur größten Würde übergehen, ohne Zwischenstufen. Der Herr lässt zu, dass die Sünderin, der vergeben wurde, ihm in einer familiären Vertrautheit mit ihren Tränen die Füße wäscht. Kaum gesteht Simon Petrus ihm seine Sünde und bittet ihn, auf Abstand von ihm zu gehen, schon erhebt Jesus ihn zum Menschenfischer. Wir hingegen neigen dazu, die beiden Haltungen voneinander zu trennen: Wenn wir uns der Sünde schämen, verbergen wir uns und lassen den Kopf hängen wie Adam und Eva, und wenn wir zu irgendeiner Würde erhoben worden sind, versuchen wir, die Sünden zu verbergen, und es gefällt uns, uns sehen zu lassen, uns gleichsam ins Rampenlicht zu stellen.

Unsere Antwort auf die überreiche Vergebung des Herrn müsste darin bestehen, immer in jener heilsamen Spannung zu bleiben zwischen einer würdevollen Beschämung und einer Würde, die sich zu schämen weiß – der Haltung dessen, der von sich aus danach trachtet, sich zu demütigen und zu erniedrigen, der aber fähig ist anzunehmen, dass der Herr ihn zum Wohl seiner Aufgabe erhöht, ohne deswegen persönliche Genugtuung zu empfinden. Das Vorbild, das vom Evangelium gewürdigt wird und das uns dienlich sein kann, wenn wir beichten, ist das des Petrus: Er lässt sich ausführlich über seine Liebe befragen und bekräftigt zugleich seine Bereitschaft zu dem Dienst, die Schafe zu weiden, die der Herr ihm anvertraut.

Um tiefer einzudringen in diese „Würde, die sich zu schämen weiß“ und die uns davor bewahrt, uns für mehr oder für weniger zu halten als das, was wir aus Gnade sind, kann es uns helfen zu sehen, wie der Abschnitt aus dem Buch Jesaja weitergeht, den der Herr heute in seiner Synagoge von Nazareth vorliest. Der Prophet sagt dort: „Ihr alle aber werdet „Priester des Herrn“ genannt, man sagt zu euch „Diener unseres Gottes“ (61,6). Das arme, hungrige Volk in Kriegsgefangenschaft, ohne Zukunft, ein ausgesonderter Rest – dieses Volk ist es, das der Herr in ein priesterliches Volk verwandelt.

Als Priester identifizieren wir uns mit jenem ausgesonderten Volk, das der Herr rettet, und wir erinnern uns daran, dass es unzählige Mengen armer, ungebildeter, gefangener Menschen gibt, die sich in jener Situation befinden, weil andere sie unterdrücken. Aber wir erinnern auch daran, dass jeder von uns weiß, in welchem Maß wir oft blind sind und ohne das schöne Licht des Glaubens – nicht etwa weil wir nicht das Evangelium zur Hand hätten, sondern wegen eines Übermaßes an komplizierten Theologien. Wir spüren, dass unsere Seele dahinschwindet vor Durst nach Spiritualität, aber nicht aus Mangel an „lebendigem Wasser“ – das wir nur schlückchenweise trinken –, sondern aus einem Übermaß an Formen „prickelnder“ Spiritualität, an Spiritualitäten mit dem Prädikat „light“. Wir fühlen uns auch als Gefangene, nicht – wie viele Völker – umgeben von unübersteigbaren Mauern aus Stein oder von Drahtzäunen aus Stahl, sondern von einer virtuellen Weltlichkeit, die man mit einem einfachen „mouse click“ öffnen und schließen kann. Wir sind unterdrückt, aber nicht von Drohungen und Fußtritten wie viele arme Menschen, sondern vom Reiz tausender Konsumangebote, die wir nicht abschütteln können, um frei auf den Wegen zu gehen, die uns zur Liebe führen – Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern, zur Herde des Herrn, zu den Schafen, die auf die Stimme ihres Hirten warten.

Und Jesus kommt, um uns zu befreien, uns herauszuholen, um uns von Armen und Blinden, von Gefangenen und Unterdrückten zu verwandeln in Ausspender von Barmherzigkeit und Trost. Und mit den Worten des Propheten Ezechiel an das Volk, das sich zur Dirne gemacht und seinen Herrn schwer verraten hatte, sagt er uns: „Ich will meines Bundes gedenken, den ich mit dir in deiner Jugend geschlossen habe […] Du sollst dich an dein Verhalten erinnern und dich schämen, wenn ich deine älteren und jüngeren Schwestern nehme und sie dir zu Töchtern gebe, aber nicht deshalb, weil du den Bund gehalten hättest. Ich selbst gehe einen Bund mit dir ein, damit du erkennst, dass ich der Herr bin. Dann sollst du dich erinnern, sollst dich schämen und vor Scham nicht mehr wagen, den Mund zu öffnen, weil ich dir alles vergebe, was du getan hast – Spruch Gottes, des Herrn.“ (Ez 16, 60-63).

In diesem Jubiläumsjahr feiern wir mit all der Dankbarkeit, zu der unser Herz fähig ist, unseren himmlischen Vater und bitten ihn, dass er „immer an sein Erbarmen denke“. Mit der Würde, die sich zu schämen weiß, nehmen wir die Barmherzigkeit im verwundeten Leib unseres Herrn Jesus Christus an und bitten ihn, uns von jeder Sünde reinzuwaschen und von allem Bösen zu befreien. Und mit der Gnade des Heiligen Geistes setzen wir uns ein, die Barmherzigkeit Gottes an alle Menschen weiterzugeben, indem wir die Werke tun, die der Geist in jedem Einzelnen anregt, zum gemeinsamen Wohl des gesamten gläubigen Gottesvolkes. (CNA Deutsch)

Papst feiert Chrisammesse – „Viele Menschen heute glaubensmüde“

Benedikt XVI. sieht bei vielen Christen heute eine Selbstgenügsamkeit: die Illusion, ohne Gott auszukommen. „Sind wir – das Volk Gottes – nicht weithin zu einem Volk des Unglaubens und der Ferne von Gott geworden?" Das fragte er in seiner Predigt bei der Chrisammesse im Petersdom. Umgeben von Tausenden von Priestern, beklagte der Papst, „dass der Westen, die Kernlande der Christenheit ihres Glaubens müde sind". Doch gebe es auch heute leuchtende Beispiele des Glaubens, etwa Johannes Paul II., der in zehn Tagen selig gesprochen wird.
Weiß, die Farbe der Messgewänder, dominierte im Petersdom an diesem Gründonnerstag-Morgen: Mehrere tausend Priester nahmen mit Benedikt XVI. und den Mitarbeitern der Kurie an der Chrisam-Messe teil. Die Messe heißt so, weil in ihrem Verlauf die Salböle geweiht werden, die dann im übrigen Kirchenjahr bei verschiedenen Weihehandlungen benutzt werden – bei Taufe und Firmung beispielsweise. Der Gründonnerstag ist der Geburtstag der Eucharistie und darum für Priester ein besonderer Tag: Im Pontifikat von Johannes Paul II. gab es deswegen an jedem Gründonnerstag einen Brief des Papstes an die Priester, ein Brauch, den Benedikt XVI. allerdings nicht fortgeführt hat. In St. Peter wiederholten die Geistlichen an diesem Morgen das Versprechen, das sie bei ihrer Priesterweihe abgelegt hatten. Was den Papst betrifft: Der kann dieses Jahr sein 60. Weihejubiläum feiern.
„Bitten wir den Herrn, dass wir nicht nur Christen heißen, sondern es sind": Dieser Satz gab in der Predigt des Papstes den Ton vor. „Gott sucht nach mir – will ich ihn erkennen? Von ihm gekannt, von ihm gefunden werden?", fragte Benedikt XVI. Und weiter: „Die Unruhe nach Gott, das Unterwegssein nach ihm, um ihn besser zu kennen, um ihn besser zu lieben, darf in uns nicht erlöschen!" Der Papst erinnerte an das berühmte Diktum des heiligen Augustinus: „Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir". Und er fragte:
„Ja, der Mensch ist unruhig, weil alles Endliche zu wenig ist. Aber sind wir wirklich unruhig auf ihn hin? Haben wir uns nicht mit seiner Abwesenheit abgefunden und suchen uns selbst zu genügen? Lassen wir solche Verkleinerungen unseres Menschseins nicht zu!"
Der Mensch sei von seinem Wesen her „ein Wesen in Beziehung", sinnierte der Papst weiter: Wenn aber die „Grundbeziehung, die Beziehung zu Gott" gestört sei, dann sei „auch alles andere mit gestört". „Wenn unser Verhältnis zu Gott gestört ist, wenn die grundlegende Richtung unseres Seins verfehlt ist, dann können wir auch nicht wirklich an Leib und Seele gesund werden!"
„Von Anfang an ist in der Kirche die Berufung des Heilens gereift, die sorgende Liebe um Menschen, die an Leib und Seele bedrängt sind. Dies ist auch der Anlass, einmal den Schwestern und Brüdern zu danken, die über die weite Welt hin heilende Liebe zu den Menschen bringen, ohne nach Stand oder Konfession zu fragen. Von Elisabeth von Thüringen, Vinzenz von Paul, Louise de Marillac, Camillus von Lellis bis zu Mutter Teresa – um nur einige Namen zu nennen – geht eine Lichtspur von Menschen durch die Welt, die von Jesu Liebe zu den Leidenden und Kranken herkommt. Dafür danken wir in dieser Stunde dem Herrn."
Die Christen seien, so fuhr Benedikt XVI. fort, ein „priesterliches Volk für die Welt". Sie sollten „für die Welt den lebendigen Gott sichtbar machen, ihn bezeugen, zu ihm hinführen". Aber wenn sie von diesem gemeinsamen Auftrag sprächen, den sie als Getaufte haben, „dann ist es kein Grund, uns zu rühmen", so der Papst. Dieser Auftrag sei nämlich nicht nur eine freudige, sondern auch eine „beunruhigende Frage an uns":
„Sind wir wirklich Gottes Heiligtum in der Welt und für die Welt? Öffnen wir den Menschen den Zugang zu Gott oder verbergen wir ihn eher? Sind wir – das Volk Gottes – nicht weithin zu einem Volk des Unglaubens und der Ferne von Gott geworden? Ist es nicht so, dass der Westen, die Kernlande der Christenheit ihres Glaubens müde sind und, ihrer eigenen Geschichte und Kultur überdrüssig, den Glauben an Jesus Christus nicht mehr kennen wollen? Wir haben Grund, in dieser Stunde zu Gott zu rufen: Lass uns nicht zu einem Nichtvolk werden! Lass uns dich neu erkennen!"
Bei „aller Scham ob unseres Versagens" dürfe man aber auch nicht vergessen, „dass es auch heute leuchtende Beispiele des Glaubens gibt", so der Papst wörtlich. Auch heute gebe es Menschen, die „durch ihr Glauben und ihre Liebe der Welt Hoffnung schenken".
„Wenn am kommenden 1. Mai Papst Johannes Paul II. seliggesprochen wird, denken wir voller Dankbarkeit an ihn als einen der großen Zeugen Gottes und Jesu Christi in unserer Zeit, als einen vom Heiligen Geist erfüllten Menschen. Mit ihm denken wir an die große Zahl derer, die er selig- und heiliggesprochen hat und die uns die Gewissheit schenken, dass Gottes Verheißung und sein Auftrag auch heute nicht ins Leere fallen."
Am späten Nachmittag beginnt das so genannte Österliche Triduum: die Feier der drei Tage von Leid und Auferstehung Jesu, Höhepunkt des Kirchenjahres. Benedikt XVI. feiert in seiner Bischofskirche, der römischen Basilika San Giovanni in Laterano, den so genannten Abendmahlsgottesdienst: „in coena domini", am Tisch des Herrn. Die Feier erinnert an das Letzte Abendmahl Jesu vor seiner Passion, an die Einsetzung der Eucharistie sowie an die Einsetzung des Priesteramts. Dabei wäscht der Papst zwölf Priestern die Füße. Wir werden diese und die kommenden Feiern in Rom live mit deutschem Kommentar übertragen – auch über Partnersender. Im Internet können Sie unsere Übertragung in sehr guter technischer Qualität auf unserer Homepage mitverfolgen. (rv)