Nuntius in Norwegen: „Das ist Wahnsinn“

Schüsse und eine Explosion in Oslo, ungefähr neunzig Tote: Norwegen steht unter Schock. Der Täter soll nach ersten Informationen ein „christlicher Fundamentalist" und Rechtsextremist sein. So reagiert Erzbischof Emil Paul Tscherrig, der Päpstliche Nuntius für die nordischen Länder, der in der Nähe von Stockholm residiert:

„Wir sind alle sehr betroffen über diese zwei furchtbaren Attentate, und dass es vor allem unter jungen Leuten so viele Tote gegeben hat. Wir kondolieren allen betroffenen Familien. Für Norwegen ist das, wie mir viele sagen, das größte Unglück seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Tatsächlich ist es unglaublich: so ein friedliches Land mit einer so demokratischen, freien Gesellschaft… das, was jetzt geschehen ist, bedeutet natürlich einen schweren Schlag für die Bevölkerung."

Christlicher Fundamentalismus? Hass auf den Islam? Viele fragen jetzt nach den Motiven des Attentäters von Oslo. Der Vatikan-Erzbischof meint dazu:

„Es ist ein Wahnsinn – all diese Dinge bedeuten einen menschlichen Wahnsinn, der sich kaum erklären lässt. Ganz gleich, ob dafür politische oder persönliche Gründe oder was auch immer angegeben werden. Es ist immer etwas Unglaubliches und gehört letztlich immer in die Kategorie Wahnsinn."

Die katholische Kirche ist nur eine kleine Minderheit in Norwegen; sie stellt gerade einmal anderthalb Prozent der Bevölkerung. Die überwältigende Mehrheit der Norweger (85 Prozent) ist lutherisch, und König Harald V. ist Kirchenoberhaupt.

„Die katholische Gemeinschaft betet, vor allem bei den bevorstehenden Sonntagsmessen, für die Opfer. Die ganze Lage ist noch sehr im Fluss; die Polizei ermittelt, alle sind schockiert, man kann im Moment noch nicht viel mehr sagen als das."

Der Anschlag in der norwegischen Hauptstadt verwüstete eine Straße im Regierungsviertel; in der Nähe liegt die katholische Kathedrale St. Olaf. Sie trug nach ersten Angaben des Bistums aber keine Schäden davon. (rv)

Norwegen: Missbrauchsfall „ordnungsgemäß“ bearbeitet

Der Vatikan hat die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Bischof von Trondheim bestätigt. Der aus Deutschland stammende Georg Müller war wegen des Missbrauchs an einem minderjährigen Ministranten bereits im vergangenen Jahr zurückgetreten. Der Missbrauch habe sich Anfang der neunziger Jahre ereignet und sei der Kirche im Januar 2009 bekannt geworden, schreibt Vatikansprecher Federico Lombardi in einem Kommuniqué, das an diesem Mittwoch veröffentlicht wurde. Der Fall sei im Auftrag der Glaubenskongregation von der Nuntiatur in Stockholm schnell aufgenommen und untersucht worden, so Lombardi weiter. Im Anschluss an die Entpflichtung von seinen Ämtern im Juni 2009 habe sich Müller einer Therapie unterzogen und sei nicht mehr pastoral tätig gewesen. – Nach norwegischem Strafrecht ist der Fall verjährt. Das heute volljährige Opfer wollte bisher anonym bleiben. Es handelt sich um den ersten bekannten Missbrauchsfall in der katholischen Kirche in Norwegen. (rv)