Unser Buchtipp: Konklave. Die Geheimnisse der Papstwahl

Auf dem Buchumschlag thront eine Tiara, die letzte, die ein Papst von Anfang bis Ende getragen hat. Klassisch im Aufbau zeigt die Dreifachkrone Papst Johannes XXIII. viel vom Selbstverständnis der Päpste. Das war davor aber nicht immer so. Und auch danach hat sich so einiges getan, von Johannes bis Franziskus gab es eine reiche Entwicklung.

Was das Papstamt ist, was es sein will und welche theologischen Ansprüche es erhebt, drückt sich nirgendwo so deutlich aus wie in der Art und Weise, wie jemand Papst wird. Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat ein Buch darüber geschrieben, Konklave heißt es, was nicht ganz korrekt ist, denn Papstwahlen nach diesem Prozedere gibt es erst seit 1.000 Jahren. Aber da die verschlossenen Türen und die Geheimnisse da herum heute das Interessante ausmachen, ist der Titel wahrscheinlich richtig.

Es gibt wenig, was man nicht erfährt in diesem Buch. Es ist ein historischer Durchlauf durch die Papstgeschichte, gleichzeitig aber arbeitet sich Wolf auch thematisch an einzelnen Bereichen ab. Man findet man in dem Buch alles, was man wissen muss. Und man wird außerdem auch noch unterhalten, denn das Buch ist alles andere als trocken geschrieben.

Zwei Hauptlinien ziehen sich durch das Buch. Zum einen betont Wolf den Wandel, den dieses Amt im Laufe seiner Zeit unterlaufen hat. Wenn wir heute von „Papst“ sprechen, haben wir ein Bild im Kopf, das über den Großteil der Kirchengeschichte keinerlei Wirklichkeit hatte. Es ist spannend zu lesen, wie zu verschiedenen Zeiten unter verschiedenen Herausforderungen sich Papstamt gestaltet hat. Manchmal gerät dem Autor das etwas zu „heutig“, er legt gerne heutige Maßstäbe an, um die Vergangenheit zu beleuchten. Das wirkt manchmal störend. Aber insgesamt gerät die Beschreibung dieses dauernden Wandels sehr anschaulich und nachvollziehbar, vor allem weil sie mit allerlei Geschichten versehen ist.

Die zweite Hauptlinie ist die Weise, wie Wolf immer wieder darauf zurück kommt, wie das Amt entstanden ist, das wir heute kennen. Dass wir Konklave heute fast schon als Gottesdienst sehen, mit Geheimnis, mit Ritualen, in der Kapelle und so weiter, ist noch gar nicht so alt, Wolf untersucht, wie es seit der Wahl Papst Johannes Paul II. so geworden ist. Nicht mehr Krönung und Fischerring, sondern das geheimnisvolle Geschehen in der Sixtina, das dem Heiligen Geist Raum geben soll, machen heute den Papst aus. So versteht man viel besser, was diese Wahl – das Konklave – heute ist. Und auch, was das Papstamt heute im Selbstverständnis sein will.

Hubert Wolf: Konklave. Die Geheimnisse der Papstwahl. Das Buch ist im Verlag C.H. Beck erschienen und kostet etwa 20 Euro. (rv)

Buchtipp: Campo Santo Teutonico

Wer aus Ländern deutscher Sprache nach Rom kommt und sich, pilgernd oder nicht, dem Vatikan nähert, steuert bei der Gelegenheit gerne auch den Campo Santo Teutonico an. „Deutscher Friedhof“ heißt das übersetzt, und selbst wenn hier auch ein Priesterkolleg und das römische Institut der Görres-Gesellschaft sitzen, so ist doch der Gottesacker der Mittelpunkt dieses Ortes. Der Friedhof der Deutschen im Vatikan ist malerisch, Palmen und Efeu grünen um die Wette, und die Kuppel des Petersdoms ist zum anfassen nahe. Verantwortlich für den Friedhof und die angrenzende Kirche zeichnet die hier ansässige Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Muttergottes.

Endlich liegt nun auch ansprechender Bild- und Textband zum Campo Santo Teutonico vor, Untertitel: Eine deutschsprachige Exklave im Vatikan. Die einzelnen Kapitel geben Aufschluss über Lage, Name, Gründung des Campo Santo, der ins 8. Jahrhundert zurückreicht; über die Erzbruderschaft, die Kirche, den Friedhof, das Kolleg und das historische Forschungsinstitut, dem seit kurzem eine Papst-Benedikt-Bibliothek angegliedert ist. Das letzte Kapitel widmet sich dem Campo Santo Teutonico als Ort der Begegnung, denn an diesem deutschen Ort im Vatikan wird natürlich nicht nur zur letzten Ruhe gebettet, sondern rundherum auch viel gelebt, gefeiert und diskutiert.

Die Texte des Bandes stammen zum Großteil von Albrecht Weiland, Leiter des Verlags Schnell&Steiner, der seinerzeit schon die Doktorarbeit dem Campo Santo widmete.

RV: Wenn wir zurückblicken auf die 1.200-jährige Geschichte dieser Institution: was ist aus heutiger Warte das, was Sie am meisten überrascht, was uns am meisten herausfordert an dieser Geschichte?

Weiland: „Der rote Faden, der sich von Anfang an bis heute durch die Geschichte zieht, ist die Sorge für Pilger und Landsleute: Sie in Rom zu begleiten, ihnen zu helfen, wenn sie krank werden, und ihnen ein ordentliches Begräbnis zu verschaffen, wenn sie sterben. Dieser Faden geht durch die ganze Zeit seit der Gründung unter Karl dem Großen bis zur heutigen Zeit.“

RV: „Wobei das Ganze heute andere Formen angenommen hat als in früheren Jahrhunderten – da gab es immer Epochen, einzelne Schübe, wie muss man sich das vorstellen etwa zur Zeit der Gründung? Aus welcher Notwendigkeit heraus entstand das, was hier heute ist?

Weiland: „Der Campo Santo Teutonico wie er sich heute darstellt, seine Geschichte, auf die Zeit des 80. Jahrhunderts zurückführen kann, sehe ich im Kontext der Pilgerfahrten, die man zum Grab des Heiligen Petrus machte aus dem ganzen Reich. Und es ist ja klar, wenn ich mich in die Fremde begebe, ist es immer eine Hilfe, wenn ich dort Landsleute treffe, die meine Sprache sprechen, an die ich mich vertrauensvoll wenden kann, die mich auch unterstützen können. Deshalb haben sich unterschiedliche Landsmannschaften, Vertreter unterschiedlicher Regionen Europas, um Sankt Peter herum angesiedelt, um dort ihre Landsleute zu betreuen, wenn sie nach Rom zur Pilgerschaft kamen.“

RV: Wann war die größte Zeit für den Campo Santo im Lauf seiner Geschichte?

Weiland: „Eine schwierige Frage. Der Campo Santo hat viele Höhepunkte erlebt. Eine Blütezeit war sicher die Gründung der Bruderschaft, wo mit großem Elan man daran ging, die Institution zu festigen, sich sofort eine große Kirche zu gönnen für den Gottesdienst, da hat man keine Mittel gescheut, auch wenn es dann stockte, man hat versucht, aus der Heimat Gelder zu bekommen, was man auch erreichte, und hat dann diesen Ort gestaltet. Man hat ein großes Gemeinschaftsbewusstsein gepflegt, sich gegenseitig gestützt, man hat dann wenn es zum Ende des Lebens zuging, dieser Institution Vermögen vermacht, um sie zu stärken, und mit diesem Vermögen konnte die Bruderschaft wieder Gutes tun, sowohl im Sozial-Karitativen wie auch im Religiös-Baulichen, da wurden Altarstiftungen gemacht, Reliquiare gestiftet, es wurde Kunst gestiftet – es war eine gegenseitige Angelegenheit.

RV: Welche Neuerungen waren im Lauf der Jahrhunderte zu beobachten?

Weiland: „Die Bruderschaft hat sich immer wieder zu religiösen Neuerungen bereit gefunden. Zum Beispiel die Kreuzwegandachten: Die Bruderschaft ist wahrscheinlich eine der ersten gewesen, die in Rom einen monumentalen Kreuzweg errichtet hat, der zweite monumentale, mit Edikola gebaut Kreuzweg nach dem Kolosseum. Und Sie dürfen nicht vergessen, damals hat man auch im Kolosseum den Ort gesehen von Christenverfolgung, mit Christenblut, und ich vermute, dass in diesem Kontext, wo wir heute den richtigen und gesicherten Nachweis haben, dass hier (am Circus des Nero, auf dessen Grund der Campo Santo steht, Anm.) Christen den Märtyrertod erlitten haben, dass in diesem Kontext das Bestreben war, in diesem Kontext einen ebenso großen schönen und prächtigen Kreuzweg zu errichten.“

RV: Die Bruderschaft hatte seit ihrer Gründung von Anfang an auch Frauen in ihren Reihen, war das denn im 15. Jahrhundert etwas Besonderes, dass auch Frauen dabei waren?

Weiland: „Das kann ich nicht sagen, weil ich die anderen römischen Bruderschaften nicht kenne, ich kann mir aber vorstellen, dass das schon etwas Besonderes gewesen ist, vor allen Dingen, weil die Bruderschaft immer Wert darauf gelegt hat, eine Laienbruderschaft zu sein. Zwar hat sie bis in die höchsten Reihen hinein Kardinäle und andere hohe Geistliche als Mitglieder gehabt, aber das Heft in der Hand hatte die Laiengemeinschaft. Und da haben die Frauen zwar auch eine Rolle gespielt, aber nicht die, die sie heute ist. Man kann ja nicht die Zeit, die Epochen ungeschehen machen. Aber sie waren von Anfang an dabei, und das war schon bemerkenswert. Und dass die Bruderschaft sich so entwickelt hat, dass wir heute in den Statuten überhaupt keinen Unterschied machen, ob ein Vorstandsmitglied Mann oder Frau ist, das halte ich für eine wichtige Leistung, eine Entwicklung, die folgerichtig ist, die aber die Bruderschaft aus voller Überzeugung trägt.“

Der Campo Santo Teutonico, Eine deutschsprachige Exklave im Vatikan. Schnell&Steiner / Kunstverlag Josef Fink. Das Buch kostet etwa 25 Euro. (rv)

Buchtipp: Politik und Religion bei Dante

DanteDante Alighieri (1265-1321) gehört zu den Säulen der italienischen Literatur und gleichzeitig bieten seine Werke – nicht nur die berühmte „Göttliche Komödie“ – einen tiefen Einblick in das Glaubensleben der Menschen im 13. Jahrhundert. Im vergangenen Jahr feierte Italien seinen 750. Geburtstag, Würdigungen gab es sogar von Papst Franziskus. Trotz der langen Zeit, die seit ihrer Abfassung vergangen ist, haben Dantes Werke heute noch sehr viel zu sagen und zwar sowohl im politischen als auch im religiösen Bereich. Das kann man im neuen Buch des italienischen Politikwissenschaftlers Pietro Luca Azzaro nachlesen. Das Werk mit dem Titel „Politik und Religion bei Dante“ ist nun im Herder-Verlag auf Deutsch erschienen. Der italienische Autor zeigt auf, dass die heutigen Herausforderungen im Hinblick auf das, was Europa ausmacht, bereits zu Dantes Zeiten aktuell waren. Das führt dazu, dass auch die Lösungen, die in Dantes Werken aufgezeigt werden, zukunftsweisend sein könnten und auf das vorausweisen, was auf uns in den nächsten Jahrzehnten zukommen wird. Religion und Politik werden nicht als Gegensätze, sondern als gegenseitige Bereicherungen betrachtet. Das, so die These des Autors, sei ein großes Anliegen Dantes gewesen.

Als „Propheten der Hoffnung“ hatte Papst Franziskus vor einem Jahr Dante Alighieri beschrieben und dazu ermuntert, die Werke des italienischen Autors zu lesen. Franziskus verwies auf die große Hochachtung, die seine Vorgänger Dante entgegengebracht hätten. Zum Beispiel widmete Benedikt XV. (1914-1922) dem Dichter aus Florenz zum 600. Todestag eine eigene Enzyklika. Paul VI. veröffentlichte vor 50 Jahren ein Apostolisches Schreiben über Dante. Und auch Franziskus selbst zitierte Dante in seiner ersten Enzyklika „Lumen fidei“. Übrigens: Der emeritierte Papst Benedikt XVI. habe Azzaro, so berichtet der Herder-Verlag, zu seinem Werk über Dante Alighieri gratuliert.

Zum Mitschreiben: Pietro Luca Azzaro, Politik und Religion bei Dante. Herder-Verlag, ca. 25 Euro. (rv)

Buchtipp: Attentat auf den Glauben – das Martyrium des Óscar A. Romero

Attentat auf den Glauben _NersingerUlrich Nersinger: Attentat auf den Glauben – das Martyrium des Óscar A. Romero. Ein Gespräch mit dem Autor.

Über einen prominenten neuen Seligen der Kirche hat der Historiker und Journalist Ulrich Nersinger ein Buch vorgelegt: Erzbischof Oscar Arnulfo Romero von San Salvador ist ein Märtyrer der katholischen Kirche. Er starb am 24. März 1980 am Altar beim Feiern der Messe durch den Schuss eines Auftragsmörders. Romero stand der Theologie der Befreiung nahe. Er hatte sich im Sinn des Evangeliums für Gerechtigkeit eingesetzt und war daher mit der salvadorianischen Militärdiktatur in Konflikt geraten. Papst Franziskus sprach Erzbischof Romero ihn am 23. Mai 2015 in San Salvador selig.

RV: Warum gab es so viel Polemik um diese Seligsprechung?

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es im Grund bei fast allen Selig- und Heiligsprechungen der letzten Zeit zu Polemiken kam. Natürlich bei Romero besonders. Es hängt damit zusammen, dass man sich mit dem eigentlichen Geschehen bei einer Heiligsprechung nicht beschäftigt und bestimmte Personen von bestimmten Seiten für sich vereinnahmen will. Da versucht die Kirche einen Riegel vorzuschieben, denn sie will die künftigen Seligen und Heiligen im Kontext des Glaubens sehen und nicht in irgendeiner Richtung oder einer Politik vereinnahmt wissen.“

RV: Kurz ein Blick auf die Biografie: Warum gilt Romero er auf gewisse Weise als politischer Seliger?

„Weil es auch mit der Politik sehr eng verbunden ist. Was wichtig ist, um Romero wirklich zu erkennen, ist ihn sich anzuschauen: Was hat er geschrieben, was hat er gesagt, wie hat er gehandelt. Das ist viel zu wenig gemacht worden. Wir haben einige Begriffe, die – ich sage es salopp – hingeknallt werde, aber man hat sich nicht mit der Person selber im klassischen Sin beschäftigt. Wenn man sich mit ihm beschäftigt, merkt man, dass alle die Kategorien rechts links eigentlich lächerlich sind, sondern dass man alles aus dem Glauben heraus beachten muss.“

RV: Warum hakte das Seligsprechungsverfahren, bis Franziskus wieder Schwung hineinbrachte?

„Es war eigentlich schon Papst Benedikt XVI., der das gelöst hat, im Zusammenspiel mit Kardinal Gerhard Ludwig Müller von der Glaubenskongregation. Beide sind Theologen und haben gesehen, wie die theologische Dimension beim Martyrium und speziell bei Romero ist. Sie waren überzeugt davon, dass es eine wichtige Causa ist, die vorangetrieben werden muss.“

RV: Was lehrt uns Romero, ist es ein klassischer Märtyrer?

„Ich würde sagen ja. Denn es zeigt sich, dass er alle Entscheidungen, die er getroffen hat, nicht aus einer politischen Haltung heraus, sondern aus dem Glauben heraus gemacht hat. Solche Entscheidungen sind sehr wichtig, gerade in unserer Zeit: Sie zeigen, dass, wenn ich als Christ etwas mache, ich das aus meiner Überzeugung heraus vollziehe, und das konsequent vollziehe. Das macht Romero als Vorbild ideal für uns.“

RV: Warum gilt das Martyrium in der katholischen Kirche als Hochform und Grundgestalt der christlichen Heiligkeit?

„Wenn wir in die Zeit der Evangelium zurückgehen, sehen wir, dass eigentlich Christus das Urbild der Märtyrer ist, der für die Überzeugung Gottes Bekenntnis bis zum Tode ablegt. Man kann das Martyrium nur begreifen von Christus selber her und dann von den Christen her, die in aller Konsequenz, bis zum Vergießen des eigenen Blutes, nachgefolgt sind.“

RV: Vergießen des eigenen Blutes: Wie zeitgemäß ist das Martyrium heute?

„Wenn wir einen Blick werfen auf die aktuellen Ereignisse im Nahen Osten, sehen wir, wir wichtig die Beschäftigung mit dem Martyrium ist. Wir erfahren dauernd hautnah, wie gefährlich es geworden ist, für den Glauben einzustehen – dass das aber eben auch eine Hoffnung und eine Stärkung für uns alle ist.“

Ulrich Nersinger: Attentat auf den Glauben – das Martyrium des Óscar A. Romero. Bernardus-Verlag 2015. Rund 15 Euro.

Der Autor spricht am 22. März 2016 um 19.30 Uhr im Domforum in Köln über das Martyrium des seligen Erzbischofs Óscar A. Romero. (rv)

Unser Buchtipp: Die Arche Petrinser Buchtipp: Die Arche Petri

Die Arche PetriDass der Kleinstaat Vatikan mit seinen Gärten reich an Blumen und Pflanzen ist, sollte nicht überraschen. Weniger bekannt ist die Präsenz von Tieren rund um den Petersdom. Der deutsche Historiker Ulrich Nersinger hat sich umgeschaut und ein Buch über die Fauna hinter den Mauern geschrieben: „Die Arche Petri: Von großen und kleinen Tieren im Vatikan“. Unsere Frage an den Autor: Gibt es auch Haustiere im Vatikan? „Haustiere gibt es wenige, aber es gibt doch einige Besonderheiten, so zum Beispiel die Vogelwelt. Der frühere Laienverantwortliche im Vatikan, Marchese Sacchetti, war ein großer Vogelliebhaber und konnte feststellen, dass in keinem römischen Park so viele Vogelarten vorhanden waren, wie in den vatikanischen Gärten. Haustiere haben wir eigentlich relativ wenig. Ich glaube, im Governatorat werden eigentlich die Hunde verzeichnet, das ist also minimal, fast zu vernachlässigen: Katzen werden nicht so oft registriert, sind aber auch vorhanden und es gibt natürlich vor allem eines: was die Päpste an sich vermutlich gerne mochten, das waren Zierfische, auch in ihrer Wohnung.“

Aber auch größere Zootiere haben den Vatikan bisher bewohnt. Bekannt ist der Elefant Hanno. Das war um 1514. „Das war ein Geschenk von der iberischen Halbinsel für den Papst, denn der Papst [Alexander VI.] hatte in dieser Zeit ja in Südamerika die Grenzlinie festgelegt, zwischen dem Einflussbereich Spaniens und dem Portugals. Der Papst hatte eine richtige kleine Liebesbeziehung zu diesem Elefanten und man hat gesagt, als der Elefant dann doch nach relativ kurzer Zeit starb, der Papst sei in eine richtige Trauer, ja fast in eine Depression gefallen.“

Aber nicht nur positive Geschichten mit Tieren gibt es zu verzeichnen: ein kleiner Käfer sorgte vor wenigen Jahren für einiges Aufsehen im Vatikan. „Als der Besuch des US-Präsident George W. Bush in dem Vatikan anstand, hatte Benedikt XVI. gesagt: ,Ich empfange den US-amerikanischen Präsidenten nicht im Apostolischen Palast, sondern in den vatikanischen Gärten.´ Und natürlich war es üblich, dass bei solchen Gelegenheiten dann der US-amerikanische Geheimdienst, der Secret Service, die Wege alle sichert und vorher sich genau anschaut. Auf einmal wurden die Secret Service-Agenten sehr nervös, weil sie an manchen Bäumen etwas blinken sahen und informierten auch ihre Oberen, bis ihnen dann die vatikanische Gendarmerie erklären konnte, dass dieses Blinkende, was sie sahen, Radiofrequenzchips waren, die gemeinsam mit Duftfallen eben den größten Feind des Vatikans und der päpstlichen Gärten, den Rüsselkäfer, abhalten sollen.“

Ulrich Nersinger: Die Arche Petri Von großen und kleinen Tieren im Vatikan. Erschienen im August 2015 beim Petra Verlag. Preis 8,90 Euro. (rv)

Buchtipp: „Bozzetto“

BozzettoEine Rezension von Mario Galgano.

Spätestens seit Dan Brown gibt es eine neue Romangattung: Thriller im Vatikan, könnte man es nennen. Da wird Wahres und Fiktives gemischt und historische Dokumente als „Beweismittel“ benützt. Der Schweizer Hermann Alexander Beyeler hat mit Gerd J. Schneeweis einen solchen Roman verfasst mit dem Titel „Bozzetto“. Da geht es um den Entwurf Michelangelos des Jüngsten Gerichts für die Sixtinische Kapelle. Rund um diesen „Bozzetto“ – auf Italienisch bedeutet das eben Entwurf – dreht sich der Roman, der rund 600 Seiten lang ist. Roter Faden des Werkes ist ein angeblicher Fluch, den dieser Michelangelo-Entwurf auf sich haben soll. Dieser Fluch beginne 1543, als Michelangelo mit seiner Arbeit am „Jüngsten Gericht“ für die Sixtinische Kapelle beginnt. Sein Entwurf enthält bereits alle Elemente des später weltberühmten Freskos. Zwölf Jahre bleibt die Holztafel in den Archiven des Vatikan, bis Kardinal Farnese sie verschenkt – an Vittoria Colonna, Michelangelos angebliche ehemalige Geliebte und Muse. Von da an wechselt der „Bozzetto“ über die Jahrhunderte immer wieder seinen Besitzer – mächtige Königinnen und Könige, Großinquisitoren, Revolutionäre – bis er 1944 in Paris in die Hände der Nazis fällt. Ihnen, wie allen anderen, die sich die Macht des „Bozzetto“ zu dunklen Zwecken aneignen wollten, bringt er Unglück, Tod, Verderbnis. Wer Thriller-Romane mag, wird an dieser Lektüre Freude haben.

Hermann Alexander Beyeler/Gerd J. Schneeweis: Bozzetto. Roman. Erschienen im Verlag weissbooks.w. (rv)

Buchtipp: Ulrich Nersinger, Der unbekannte Vatikan

Der unbekannte Vatikan Ulrich Nersinger, Der unbekannte Vatikan. Eine Besprechung von Gudrun Sailer.

Der deutsche Historiker und Journalist Ulrich Nersinger hat ein neues Buch über den kleinsten Staat der Welt vorgelegt: „Der unbekannte Vatikan“ heißt es, und wie nur wenigen anderen Autoren wurde Nersinger die Ehre zuteil, sein Werk dem Papst persönlich überreichen zu dürfen. Am vergangenen Mittwoch nach der Generalaudienz war es soweit. „Wird gelesen!“, antwortete der Papst auf Deutsch dem hocherfreuten Autor, der danach in unsere Redaktion kam und über sein neuestes Werk sprach.

„Es tauchen ja immer wieder Fragen zum Vatikan auf, aber oft sind die Antworten nicht befriedigend, weil sie mit Fachwörtern versehen sind, die man nicht kennt. Das Buch will versuchen, den Vatikan verständlich darzulegen.“

In 13 Kapiteln geht Ulrich Nersinger dem Innenleben des Vatikanstaates und des Heiligen Stuhles nach. Er schreibt über die historischen Anfänge, das Petrusgrab, über den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhles, die Kardinäle, die Liturgien und Zeremonien der Päpste, das Audienzwesen bis hin zur Feuerwehr, der Schweizergarde und den vatikanischen Münzen und Briefmarken. Als Historiker ist dem aus Eschweiler bei Aachen stammenden Nersinger besonders an den Längsschnitten durch die Zeit gelegen.

„Die Geschichte ist der Lehrmeister, der uns nahebringt, was die Substanz dieser Dinge ist. Das wird heute zu wenig gesehen – man muss einen Blick zurückwerfen und bekommt dann die Antworten für die Zukunft.“

So manche Geste und Entscheidung von Papst Franziskus erstaunt den Historiker schon deshalb nicht, weil er Ähnliches aus der Geschichte bereits kennt. Dass Franziskus darauf verzichtet hat, im Apostolischen Palast zu leben, und stattdessen im vatikanischen Gästehaus Santa Marta dauerhaft Quartier bezogen hat, ist sogar eine vergleichsweise unbedeutende Meldeangelegenheit, bedenkt man, wo überall Päpste in den vergangenen 2000 Jahren schon residierten.

„In den ersten Jahrhunderten war die Residenz, die Wohnung des Papstes, beim Lateran, bei der Bischofskirche der Päpste. Dann war sie für die sogenannte Babylonische Gefangenschaft in Avignon in Südfrankreich, und auch danach ist man zwar in den Vatikan gezogen, hat aber dennoch manchmal außerhalb gewohnt, in Viterbo und anderen Städten rings um Rom herum. Auch als der Hauptwohnsitz der Vatikan war: Man hat im Sommer etwa im Quirinalspalast (in Rom) gewohnt, manche Päpste haben auch im Palazzo Venezia ihre Residenz gehabt. Andere haben kleine Residenzen im Vatikan selbst vorgezogen, die berühmte Casina Pius IV. in den Vatikanischen Gärten etwa. Leo XIII. hat sich einen kleinen Turm erbauen lassen in den Gärten. Und Castelgandolfo war die Sommerresidenz der Päpste, die manche bevorzugt haben, manche aber auch nicht.“

Allgemein gilt: „Mit Franziskus sind Fragen neu aufgetaucht“, sagt der 56-jährige Vatikan-Beobachter.

„Und manche Entscheidungen des Heiligen Vaters bedürfen einer Erklärung, auch einer historischen Besinnung.“

Dabei könne das Buch ein wenig helfen. Als Beispiel nennt der Autor das Almosenamt des Papstes.

„Das Almosenamt des Papstes war für lange Zeit eine Ehreneinrichtung. Zwar gab es dieses Amt immer und auch die Gelder, die dafür eingesetzt wurden. Der jetzige Heilige Vater hat wirklich einen Fokus darauf gerichtet und dieses uralte Amt neu belegt, und ganz aktiv belebt. So dass der päpstliche Almosengeber nicht nur in Rom tätig ist: Er fährt nach Lampedusa und an andere Orte und schaut nach, wo schnelle Hilfe geleistet werden kann.“

Ulrich Nersinger ist bereits mit mehreren Büchern über den Vatikan hervorgetreten, die sich alle durch breite Kenntnis und solide historische Recherche auch in entlegenen Quellen auszeichnen. Darüber, dass er sein neuestes Werk Franziskus persönlich überreichen durfte, freute er sich besonders.

„Ich fand es sehr schön, dass er dann ganz plötzlich ins Deutsche wechselte. Ich habe ihm das Buch versucht, auf Italienisch zu erklären, dann hat er selber gesagt, ah, der unbekannte Vatikan. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass in dem Buch auch die neuen Initiativen, die er setzen möchte, enthalten sind, und dann kam er darauf, dass er hoffe, das könne auch realisiert werden!“

Ulrich Nersinger: „Der unbekannte Vatikan. Media Maria Verlag, Preis: rund 19 Euro. (rv)

Unser Buchtipp: Tatort Konklave

Buch Tatort KonklaveZur Überraschung der ganzen Welt hat Papst Benedikt XVI. vor fast einem Jahr seinen Rücktritt vom Papstamt bekannt gegeben. 29 Tage später folgte das Konklave. Von der sagenumwobenen Papstwahl handelt das Buch, dass wir Ihnen heute vorstellen möchten: „Tatort Konklave“, eine Besprechung von Marion Sendker.

„Komm, Schöpfer Geist“, singen die Kardinäle, wenn sie ins Konklave einziehen. Bei manchem Konklave der Kirchengeschichte sucht man den Heiligen Geist allerdings vergebens. „In einer Schenke, einer Wechselstube, in einem Bordell wird über Petrus entschieden“ (S. 47), so steht es wörtlich auf einem Flugblatt vor jener Wahl im Jahr 1522, aus dem letztendlich der strenge und integre Hadrian VI. aus Utrecht als Papst hervorging.

Als wäre er selbst live dabei gewesen, gewährt der Vatikan-Kenner Ulrich Nersinger in seinem Buch „Tatort Konklave“ einen Einblick in die Vorgänge rund um die Papstwahl. Dem Autor gelingt ein lebendiger Streifzug durch die Geschichte des Vatikans. Wie ein unsichtbarer Beobachter ist Nersinger dabei, wenn in „der Sixtina die Nerven blank“ liegen, weil sich die Kardinäle ihre Mägen verdorben haben und um einen Giftanschlag auf das Kolleg fürchten oder wenn das Kardinalskolleg auf einmal weibliche Unterstützung im Konklave bekommt.

20 ausgewählte Konklaveveranstaltungen ab dem Jahr 1241 werden unter die Lupe genommen. Das letzte Kapitel widmet sich der Papstwahl „mit Vorankündigung“, dem jüngsten Konklave der Kirchengeschichte. 30 Tage nach Benedikt´s Rücktritt haben die Kardinäle im fünften Wahlgang einen Argentinier auf den Stuhl Petri gewählt. Wie in der apostolischen Konstitution vorgeschrieben, hat auch er, Jorge Mario Bergoglio, damals noch als Erzbischof von Buenos Aires, zu Beginn des Konklaves einen Eid abgelegt. Hierdurch verpflichtet er sich zur strengsten Geheimhaltung.

Und ich, Mario Kardinal Bergoglio, verspreche, verpflichte mich und schwöre es, so wahr mir Gott helfe und diese heiligen Evangelien, die ich mit meiner Hand berühre.

Dass jedes Konklave unbedingt auch von den politischen Bedingungen der Zeit geprägt ist, belegt Nersinger eindrucksvoll. Er berichtet aus Tagebüchern von Zeitzeugen, zitiert aus Zeitungsartikeln, Fernsehschlagzeilen und Interviews mit Kardinälen und Journalisten. Der unterhaltsame Schreibstil sorgt dazu für detailreiches Kopfkino. Ernüchternd dagegen erscheint die lediglich zweiseitige Auswahl von Literaturquellen am Ende des Buches. Fußnoten mit konkreten Quellenangaben hätten die Ernsthaftigkeit der zum Teil reißerisch dargestellten Situationen eindrucksvoll belegen können.

Dank einer kurzen, aber inhaltsstarken Einführung in die wichtigsten Standards rund um die Nachfolge Petri ist der Leser aber bestens gewappnet, um verschiedene Tatorte von Papstwahlen kennenzulernen. Das Buch ist ein Konklave-Crashkurs für Anfänger und ein kompaktes Mini-Lexikon für Fortgeschrittene, die ihr Wissen schnell wieder auffrischen wollen oder eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Infos suchen.

Ulrich Nersinger ist Journalist, Historiker und ausgewiesener Kenner des Vatikans, der Kurie und der Kirchengeschichte. Sein Werk „Tatort Konklave“ ist ein erzählendes Sachbuch mit Krimi-Elementen, was der Sprache wie auch dem Thema zu danken ist. Die Masse an Information ist fast so beeindruckend, wie der präzise und an manchen Stellen auch brisante Schreibstil, der Lust auf mehr macht.

Die Angaben zum Buch:
Tatort Konklave, ein Buch von Ulrich Nersinger, erschienen im Verlag Petra Kehl, ca. 17 Euro. (rv)

Buchtipp zur Neuerscheinung: Ulrich Nersinger – Tatort Konklave

Buch Tatort KonklaveStrengste Geheimhaltung und verschlossene Türen. Das Konklave gibt sich mehr denn je als ein geheimnisumwittertes Geschehen.

Nichts reizt die Fantasie mehr als das Geheimnisvolle. Das macht das Konklave, mit dem in der katholischen Kirche ein neues Oberhaupt bestimmt wird, selbst für Nicht-Katholiken interessant. Dementsprechend häufig wird es Thema in Romanen und Spielfilmen. Thriller wie Jörgs Kastners „Der Engelspapst" und Mario Giordanos „Apocalypsis" finden reißenden Absatz. Dan Browns „Angels and Demons" kam 2009 als Blockbuster auf die Leinwand und spielte Unsummen an Geldern ein. Doch nicht nur in der Fiktion geht es hinter den verschlossenen Türen spannend zu. Die Wahl eines Papstes wurde in der Geschichte immer wieder begleitet von Gewalttaten, Bestechung und Einflussnahme politischer Mächte. In jüngster Zeit hatte sich die Kirche dann eher der Mittel der technischen Überwachung und der sensationsgierigen Medien zu erwehren. Und trotz aller menschlichen Schwächen, Fehler und Manipulationsversuche gab es mehr als einmal unerwartete, ja erstaunliche Ergebnisse.
Tatort Konklave möchte einen kleinen Einblick in die spannende Welt der Papstwahlen geben und das eine oder andere verschlossene Fenster dem interessierten Leser öffnen. Der Streifzug durch die Historie des Konklave will nichts beschönigen, aber auch keine chronique scandaleuse sein. Er ist ein Stück Kirchengeschichte, die ihre Höhen und Tiefen hat. Und letztendlich aufzeigt, dass Gott der Herr allen Geschehens ist und es vermag, wie es Paul Claudel anmerkt, auf krummen Zeilen gerade zu schreiben.

Zum Autor:
Ulrich Nersinger ist Journalist, Buchautor und ausgewiesener Kenner des Vatikans, der Kurie und der Kirchengeschichte. Der 56-jährige schreibt für verschiedene katholische Zeitschriften, namentlich den Osservatore Romano, den Schweizergardist und die Tagespost. Ulrich Nersinger studierte Philosophie und Theologie in Bonn, St. Augustin, Wien und Rom mit ergänzenden Studien am Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie und der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Neben seiner schriftstellerischen und journalistischen Tätigkeit ist er in Selig- und Heiligsprechungsverfahren als Postulator und Untersuchungsrichter zugelassen und Mitglied der Pontificia Accademia Cultorum Martyrum. Im Sommer 2013 wurde er zum Ehrenmitglied der Vereinigung ehemaliger päpstlicher Schweizergardisten ernannt. Ulrich Nersinger lebt in Eschweiler, Deutschland.

Buchtipp
Ulrich Nersinger: Tatort Konklave, Gebunden, 160 Seiten, Verlag Petra Kehl – Rhönstraße 3 – 36093 Künzell, ISBN 978-3-930883-60-8, Preis 16.90 EUR  (vh)

Buchtipp der Woche

Philip Jenkins: Das goldene Zeitalter des Christentums, eine Rezension von Stefan Kempis.
 So wie Religionen wachsen und sich ausbreiten, so können sie auch untergehen und verschwinden: Davon erzählt der US-Historiker Philip Jenkins am Beispiel der größten Weltreligion. Nein, nicht des Islams – das Christentum ist gemeint! Es ist bewegend zu lesen, wie das Christentum bis ins Mittelalter hinein auch in Afrika oder Asien blühte; ein Christentum, das allerdings in vielem anders war als das, was wir heute kennen. Mit Leichtigkeit und ohne Scheu vor dem Anekdotischen läßt Jenkins eine ganze Welt wieder aufstehen – und mit einem Mal wird klar, warum etwa die nordafrikanische Kirche des heiligen Augustinus dem Ansturm des Islam erlag, während die Kopten sich bis heute auch in mehrheitlich islamischem Umfeld halten konnten. Eine wichtige Lektüre in einem historischen Moment, in dem das Christentum im Irak offenbar gerade ausstirbt.
Überraschend sind die Zahlen, die Jenkins ausbreitet: Danach stellten die Christen in Nahost zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts mehr als zehn Prozent der dortigen Bevölkerung. Ihre Zahl ging vor allem durch „organisierte Gewalt" zurück, durch „Massaker, Vertreibungen oder" – wie derzeit im Irak – durch „erzwungene Migration". Etwas gewagt, doch durchaus nachdenklich stimmend, ist in dieser Hinsicht der Vergleich Jenkins zwischen Christenverfolgung in Nahost und der Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten. Aber nennt nicht auch Régis Débray die Christen des Nahen Ostens „die Juden unserer Zeit"?
Dieses klarsichtige Buch hat aber auch einiges Tröstliche: Nichts verschwindet ganz, so gibt Jenkins zu bedenken, auch von untergegangenen religiösen Landschaften bleiben Residuen bestehen. Und gerade diese Spurensuche, etwa nach christlichen Spurenelementen in der islamischen Volksfrömmigkeit, gerät ihm ausgesprochen interessant.
Philip Jenkins: Das goldene Zeitalter des Christentums, Herder Verlag, ca. 25 Euro. (rv)