Facebook, Twitter und Youtube sind nicht nur nicht des Teufels – die Kirche sollte diese und andere neue Medien auch ein wenig offensiver und angstfreier nutzen. Das haben die Medienverantwortlichen am Heiligen Stuhl in den vergangenen Jahren erkannt, als viele der neuen Anwendungen im Internet das Licht der Welt erblickten. Benedikt XVI. ist selbst kein Internet-Nutzer, doch hat der Papst aus Deutschland in den bald sechs Jahren seines Pontifikats immer wieder angemahnt, dass die katholische Kirche diesen Zug nicht verpassen darf. So auch an diesem Montag. Die neuen Medien fordern ein neues Reden über Religion, erklärte Benedikt vor den Angehörigen seines päpstlichen Medienrates, der derzeit in Vollversammlung im Vatikan tagt.
„Die digitale Kultur stellt neue Herausforderungen an das Sprechen und Verstehen in einer symbolischen Sprache, die das Transzendente anspricht. Jesus hat bei der Verkündigung des Reiches Gottes die Elemente seiner Kultur und seines Umfeldes zu nutzen gewusst: Die Viehherde, die Felder, das Bankett, die Samen und so weiter. Heute sind wir dazu gerufen, auch in der digitalen Kultur Symbole und Metaphern aufzudecken, die den Menschen etwas bedeuten und die uns helfen können, zu den Menschen von heute über das Reich Gottes zu sprechen."
Für die – oft nicht mehr jugendlichen – Medienarbeiter im Weinberg des Herrn heißt das, sie müssen erst einmal lernen, wie 20- oder 30-Jährige heute in den neuen Medien kommunizieren. Daniela Franck, Beraterin am päpstlichen Medienrat:
„Da ist es wichtig, zunächst ganz genau hinzuhören, wie nutzen vor allem junge Menschen neue Medien, was suchen die da, was entwickelt es für eine Dynamik an Kommunikation, weil es in vielem wirklich sehr konträr oder zumindest unterschiedlich ist zu dem, wie wir es in den traditionellen Medien gewöhnt sind. Ganz lang waren wir in der Falle gesessen, wir haben eine gute Botschaft, die vermitteln wir wie wir es für richtig halten, und die werden das dann schon verstehen. Und was für die traditionellen Medien schon nicht stimmte, passt für die neuen noch viel weniger."
Radikal geändert hat sich in den letzten Jahren schon die Herangehensweise: Wie informiere ich mich über etwas, das mich gerade interessiert – Stichwort: Dreifaltigkeit? Früher griff man zum Konversationslexikon in der Bibliothek, ging in die Buchhandlung oder suchte oft lange nach einem passenden Zeitschriftenartikel, den man linear las.
„Heute google ich im Internet nach dem Stichwort, finde einen Link zu etwas anderem, springe zu einem neuen Thema und von da immer weiter. Das ist also nicht mehr dieser lineare Prozess, sich mit etwas auseinanderzusetzen, sondern ich springe von Punkt zu Punkt, um mir mein Netzwerk an Informationen zu bilden."
In den Weiten des www riskiert manch einer freilich verloren zu gehen. Dass es immer noch Menschen sind, auf der einen wie der anderen Seite der Kabel, ist ein Punkt, an dem die Kirche in ihrer Kommunikation gut ansetzen kann. Daniela Franck:
„Wenn Sie Menschen einladen, ihre eigenen Erfahrungen zu berichten oder ihre eigenen Fragen zu stellen, dass damit deutlicher wird: Wo kann man andocken? Und ein Priester versucht, darauf Antworten zu geben: Das ist hochpopuläre. Weil der Ausgangspunkt wirklich die Fragen der Leute sind."
Internet eröffnet fabelhafte Möglichkeiten der Integration. Bilder, Kunst und Musik gehen in eins, Codes vermengen sich, Menschen können emotional anders angesprochen werden als mit traditionellen Medien.
„Da steckt ganz viel kreatives Potential drin, wo wir Menschen auch ermutigen müssen, dieses kreative Potential zu entwickeln und ihnen vielleicht auch Räume zu geben, etwa eine Plattform, durch Austauschgruppen, Chats bieten, sie einladen sich selbst zu artikulieren und uns damit zu helfen, Glauben wieder kommunikabler zu machen."
Manch ein Angebot im Internet, das sich selbst als katholisch bezeichnet, ist im Endeffekt wenig katholisch und wirkt geradezu abschreckend auf Suchende wie auf Gläubige. Andere Angebote, etwa aus der Unterhaltungsindustrie, sind im Übermaß weltlich, wieder andere rein sachbezogen und quasi mit Scheuklappen Richtung Religion. Auch darüber sprach man bei der Vollversammlung des Medienrates. Daniela Franck berichtet hier von einer einfachen, aber effektiven Strategie, den Horizont solcher Angebote zu weiten.
„Die Dominikaner in Paris haben angefangen zusagen, wir gehen durch die verschiedenen Webseiten von Wikipedia, die verschiedenen Stichworte, und schauen, zu welchen Themen können wir Links zu katholischen Sites kreieren. Die Leute suchen, und wir geben ihnen zumindest die Möglichkeit, katholische Positionen, katholische Erfahrungen zu rezipieren und damit auch diese Sichtweise in ihre eigene Auseinandersetzung mit einzubeziehen. Das ist eine gute Möglichkeit, diesen Horizont zu öffnen und Leute zu überzeugen, dass wir da auch was zu sagen haben." (rv)
1 Kommentar “Päpstlicher Medienrat: „Glauben kommunikabler machen“”
Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.