Ein Gespräch mit dem renommierten Kirchenrechtler und Salesianer Monsignore Markus Graulich.
VATIKANSTADT – Es geschieht immer wieder — zuletzt war ein Fall auf eBay Ende Januar in den Schlagzeilen: Eine dem Verkäufer nach „vom Papst gesegnete Hostie“ wurde dort angeboten und am Folgetag für 101 Euro versteigert.
Ob die Hostie nun in einer Messe konsekriert worden war – und damit der Leib Christi und keine Hostie mehr wäre – oder nur „gesegnet“, das kann nicht nachvollzogen oder bewiesen werden, jedenfalls stellt sich die Frage, was die katholische Kirche in einem solchen Fall zu tun hat und ob sich solches vermeiden ließe.
Der Verkäufer schien seriös, er hat 91,9 Prozent positive Bewertungen seiner Geschäfte und er gab an, die Hostie „gut behandelt und sehr gut gepflegt zu haben“. Die Beschreibung des Artikels ließ vermuten, dass die Hostie wohl während einer Weihnachtszelebration mit Papst Franziskus mitgenommen wurde. Offenbar ist das Verständnis der Bedeutung von Eucharistie und Kommunion zwar sogar unter Katholiken problematisch; dass es sich bei der Hostie, dem Leib Christi, um etwas Heiliges handelt, beschäftigt aber dennoch die populäre Kultur.
Jan Bentz sprach darüber mit dem Professor und Monsignore Markus Graulich SDB, Untersekretär des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte im Vatikan.
Warum ist der Verkauf einer konsekrierten Hostie ein so großer Skandal und gilt als Sakrileg?
Die konsekrierte Hostie ist der Leib Christi. „Die eucharistische Gegenwart beginnt zum Zeitpunkt der Konsekration und dauert so lange, wie die eucharistischen Gestalten bestehen. In jeder der Gestalten [Brot und Wein] und in jedem ihrer Teile ist der ganze Christus enthalten“ (Katechismus der Katholischen Kirche, 1377). Die Gegenwart Christi in der Eucharistie ist das Höchste, was die Kirche hat; deshalb sprechen wir auch vom Allerheiligsten und zeigen gegenüber den im Tabernakel der Kirche aufbewahrten eucharistischen Gestalten durch die Kniebeuge Verehrung. Eine konsekrierte Hostie zum Verkauf anzubieten, ist daher ein Akt, der den Glauben der Kirche im Innersten trifft.
Zum einen ist der Handel mit den eucharistischen Gestalten schon in sich ein verabscheuungswürdiges Verhalten, hinzu kommt noch die Tatsache, dass ein sakrilegischer Gebrauch der Gestalten nicht ausgeschlossen werden kann. Oft geht werden diese für sogenannte „schwarze Messen“ oder andere satanische Kulte verwendet. Selbst wenn es dem Verkäufer nur um den finanziellen Gewinn gehen sollte, stellt seine Tat eine notwendige Mitwirkung dar und führt zu kirchlichen Strafen. Durch die Strafe soll die Gerechtigkeit wieder hergestellt und Genugtuung geleistet werden.
Das Recht der Kirche sieht in einem solchen Vorgehen eine Straftat gegen die Religion und die Einheit der Kirche: „Wer die eucharistischen Gestalten wegwirft oder in sakrilegischer Absicht entwendet oder zurückbehält, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation zu“ (can. 1367 CIC). Es handelt sich also um ein Vergehen, durch das jemand sich selber außerhalb der Gemeinschaft der Kirche stellt, weil das Allerheiligste, Jesus Christus unter den Gestalten von Brot und Wein, geschändet wird.
Welche Strafe sieht die Kirche für ein solches Handeln vor?
Wie bereits gesagt tritt mit der Verunehrung der Eucharistie die so genannte Tatstrafe der Exkommunikation ein, die nur vom Heiligen Stuhl aufgehoben werden kann. Diese Strafe muss nicht eigens festgestellt werden. Um wieder mit der Kirche versöhnt zu werden, muss sich der Täter über seinen Beichtvater einer Prüfung bei der Apostolischen Pönitentiarie unterziehen (Forum internum), sollte der Fall öffentlich bekannt geworden sein bei der Glaubenskongregation (Forum externum), die dann das weitere Vorgehen bestimmen. Momentan reicht es, ein solches Vergehen bei den sogenannten Missionaren der Barmherzigkeit zu beichten, denen Papst Franziskus die Vollmacht verliehen hat, auch in diesem Fall die Lossprechung zu erteilen.
Kann man da rein zivilrechtlich etwas unternehmen? Etwa mit Blick auf Artikel 4 des Grundgesetzes, der die Religionsfreiheit sichert, oder Paragraph 166 des Strafgesetzbuches (StGB) über die „Beschimpfung von Bekenntnissen“?
Artikel 4 des Grundgesetzes schützt die Glaubensfreiheit und die ungestörte Religionsausübung, während § 166 des Strafgesetzbuches festlegt:
„(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.“
Der Verkauf einer konsekrierten Hostie stellt zwar für die Kirche eine Straftat dar, ist aber nach zivilem Recht keine Störung des öffentlichen Frieden (zumindest ist mir keine außergewöhnliche Reaktion auf den Hostienverkauf bekannt geworden). Von daher wird das zivile Strafrecht nicht greifen. Leider ist es in der Gesellschaft heute so, dass schon kleine Verunglimpfungen anderer Religionsgemeinschaften oft große Empörungen hervorrufen, während von der katholischen Kirche selbst gegenüber grober Beleidigungen Toleranz eingefordert wird.
Ist die Mundkommunion eine Möglichkeit, solchen Schändungen vorzubeugen?
In einer Instruktion der Gottesdienstkongregation vom 25. März 2004 heißt es: „Man soll … sorgfältig darauf achten, dass der Kommunikant die Hostie sofort vor dem Spender konsumiert, damit niemand mit den eucharistischen Gestalten in der Hand weggeht. Wenn eine Gefahr der Profanierung besteht, darf die heilige Kommunion den Gläubigen nicht auf die Hand gegeben werden.“ Von daher ist die Mundkommunion schon ein gewisser Schutz gegen die Verunehrung der eucharistischen Gestalten. Jeder Priester, der die Kommunion austeilt, muss darauf achten, dass sie würdig empfangen wird und vor allem, dass niemand die konsekrierte Hoste mitnimmt, um eine Verunehrung zu verhindern. Außerdem ist sicherzustellen, dass der Tabernakel nicht von Unbefugten geöffnet werden kann.
Was wäre eine Strategie, diese Art der Desakralisierung zu vermeiden?
Dazu gehören sicher die gerade erwähnten „Vorsichtsmaßnahmen“. Aber, ich würde noch weiter gehen: es geht um eine Erziehung zum Heiligen, es bräuchte eine neue Ehrfurcht vor dem Heiligen. Wenn der Wert der Eucharistie heute vielen nicht mehr klar ist, muss er neu vermittelt werden. Das fängt mit der Art und Weise der Feier der Heiligen Messe an, die in gebotener Achtung vor sich gehen soll. Auch Hinweise zum Kommunionempfang sind gerade bei Eucharistiefeiern mit zahlreichen Gläubigen angebracht. Sodann Aufmerksamkeit und Vorsicht bei der Kommunionverteilung.
Es werden oft auch Reliquien versteigert oder verkauft; ist dies auch kirchenrechtlicher Perspektive erlaubt? Warum nicht?
Auch der Handel mit Reliquien ist nicht erlaubt. Das Kirchenrecht ist da sehr klar: „Es ist verboten, heilige Reliquien zu verkaufen“ (can. 1190 CIC). Reliquien haben zwar bei Weitem nicht den Stellenwert der Eucharistie. Dennoch gehört ihre Verehrung zur Praxis des Glaubens und der Frömmigkeit. Damit darf kein Handel getrieben werden. Das gilt übrigens auch für Rosenkränze, Medaillen, usw., die vorher gesegnet wurden. (CNA Deutsch)
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