Katholischer Journalismus: Richtung Zukunft?!

Dass Tweets, Kurzvideos und Gesten des Papstes ideal sind für die heutige Medienwelt, ist offensichtlich. Bei aller Begeisterung darf man aber nicht die Botschaft dahinter und die Mühe auf dem Weg dorthin vernachlässigen: Mahnende Worte des ehemaligen Pressesprechers des Papstes und Leiters von Radio Vatikan, Pater Federico Lombardi, beim Geburtstagsempfang der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress in Wien.

Zunächst lobte er ausführlich die „wertvollen Verbreitungswege“, die durch das Internet entstanden seien, sowohl für Bilder als auch für einfache Botschaften. So habe etwa die kluge Verwendung des Twitter-Accounts des Papstes, @pontifex, bei der Kommunikation wichtiger Anliegen des Papstes geholfen. Kirche dürfe nicht zurück bleiben, was die Techniken und die Dynamiken der Kommunikationskultur angehe, die Weise Papst Franziskus, sich zu äußern, helfe ganz besonders, es sei sozusagen ein „Paradies für Neue Medien“. Trotzdem oder gerade deswegen fügte Lombardi in seiner Festrede zwei kritische oder nachdenkliche Beobachtungen an.

„Der Enthusiasmus für die Neuen Medien darf uns nicht die Aufmerksamkeit für die Solidität, die Konsistenz und die Tiefe des Inhalts der Informationen und der Kommunikation vergessen machen“, so Lombardi in seinem Festvortrag.

„Ein kompetenter, informierter Journalismus, der Probleme in ihrer Tiefe und in ihrer realen Komplexität verstehen will, ist notwendig und wird es weiter sein, vielleicht sogar noch mehr als früher, weil die Welt nicht einfacher wird und die Herausforderungen immer größer. Solch ein Journalismus muss seine Wege und seine Orte finden, um sich auszudrücken. Kurze und einfache Botschaften sind nützlich und wirkungsvoll, wenn sie auf der Basis von tragfähigen und profunden Botschaften aufruhen. Etwas zu teilen ist gut, wenn etwas wert ist, geteilt zu werden, wenn es nicht unnütz und leer ist und nur Zeitverschwendung.“

Niemand komme um die Mühe herum, eine klare Idee von dem zu haben, was er kommunizieren wolle, so Lombardi und fügt folgende Beobachtung hinzu: „Der Papst und der Vatikan sind wichtig, aber sie sind nicht die gesamte Kirche. Der Papst und seine Mitarbeiter üben einen Dienst an der Einheit der universalen Kirche aus. Die Kirche aber ist vielgestaltig – „circumdata varietate!“ – , vielgestaltig in ihren Institutionen, ihren Kulturen, ihren Traditionen, ihren Sprachen, und darf nicht eingeebnet werden. Gewisse Dynamiken des Internets führen dazu, dass die Aufmerksamkeit überproportional auf die starken Webseiten gerichtet wird und auf die bekanntesten Menschen. Eine Vervielfältigung von Kontakten bedeutet aber noch nicht notwendigerweise auch eine Bereicherung der Beziehungen und des Austausches. Ich sehe in der Entwicklung der Kommunikation im Internet nicht nur die positiven Möglichkeiten, sondern auch das Risiko einer Schwächung und einer Verarmung von ernsthafter Kommunikation auf persönlichem Niveau, einer Schwächung der Wichtigkeit von Nachrichten aus der regionalen oder nationalen Dimension von Kirche. …

Die Frage, die ich mir nun stelle, hat mit einer Ekklesiologie der Subsidiarität und Komplementarität zwischen den verschiedenen Ebenen der Kirche zu tun – universal, national, diözesan, lokal: Gelingt es im neuen Netz und in der fließenden Welt der Neuen Medien stabile Verbindungen zu knüpfen, wo sich das Leben der Gemeinschaft der Kirche vor Ort, im Bistum und so weiter ausdrücken kann? Oder riskieren wir, uns in einem verwirrenden Magma wieder zu finden, aus dem nur noch Papst Franziskus und seine begabten Nachfolger herausragen oder andere schwindelerregende Gipfel oder mächtigen Institutionen, die Herr sind über die Suchmaschinen?“ (rv)

Vatikan: Radio hat Zukunft!

Der europäische Rundfunk tagt, und zwar zum 80. Geburtstag von Radio Vatikan in diesem Jahr in Rom. Seit gestern findet im Päpstlichen Medienrat die jährliche Versammlung der EBU statt, der European Broadcasting Union.
Die öffentlich-rechtlichen Radiosender tagen einmal im Jahr, um gemeinsame Probleme und Herausforderungen zu besprechen, in den letzten Jahren vermehrt auch zu den neuen Medien. Darauf nahm in seiner Ansprache am Donnerstagabend auch der Präsident des Medienrates, Erzbischof Claudio Celli, Bezug:
„Mir ist sofort aufgefallen, wie sehr Ihre Themen mit unseren Themen im päpstlichen Medienrat übereinstimmen. In den letzten Jahren haben wir gemeinsam mit Journalisten und Medienfachleuten die Möglichkeiten und Herausforderungen untersucht, die die radikalen Änderungen in der Welt der Kommunikation uns stellen. Radio war lange Zeit ein Schlüsselmedium im Leben der Kirche. Radio hat auch im Kontext der außergewöhnlichen Entwicklungen der neuen Medien heute eine aufregende Zukunft."
Das Potential des Rundfunks werde erst jetzt wirklich sichtbar, so Celli, da ohne die Begrenzungen von Zeit und Raum alle Menschen erreicht werden können, ohne dass diese ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf das Medium richten müssten. Wie beim Autofahren könne man immer hören, der unschlagbare Vorteil dieses Mediums.
Weiter ging der Erzbischof auf die Bedeutung ein, die die Massenmedien heute hätten – sowohl in den Augen der Kirche als auch in den Augen ihrer Macher. Medien helfen der Gesellschaft durch das Vermehren und den Respekt vor Freiheit, im Dialog und im Übernehmen von Verantwortung, so Celli. Öffentlicher Rundfunk müsse hier den höchsten Ansprüchen genügen: Wenn die Medien das Denken fehlleiten, dann wird die Öffentlichkeit vergiftet.
„Visuelle und elektronische – also die dominierenden – Medien brauchen eine bestimmte Art des Inhalts. Sie leben von Kürze, Geschwindigkeit, Wandel, Dringlichkeit, Verschiedenheit und Gefühl. Denken braucht aber das Gegenteil. Denken braucht Zeit. Denken braucht Stille und die Methode der Logik. Radio kann – wenn es gut gemacht ist – Nachdenken und Reflexion stimulieren, Debatten stärken, informieren und bilden."
Wenn die Kirche kommuniziere, werde sie Wort und Botschaft. Ohne Dialog gehe das nicht, zitiert Celli Papst Benedikt. Die Kirche könne und wolle sich dieser Welt nicht entziehen. Andere Kulturen sollten die Kirche bereichern, genauso wie die Kirche der Welt all das anbietet, was ihr geschenkt sei. Radio sei immer noch und bleibe ein hervorragendes Medium dazu. (rv)