Sarajewo: Treffen für den Weltfrieden

„Die Zukunft heißt Zusammenleben": Das ist das Thema des diesjährigen Internationalen Friedenstreffens, das von der Gemeinschaft Sant´Egidio vom 9. bis 11. September in Sarajewo organisiert wird. Das Treffen zwischen verschiedenen Religionen wurde an diesem Sonntag eröffnet, in der Stadt, die als Symbol für die schwierigen, auch religiös motivierten, Verwerfungen des letzten Jahrhunderts gelten kann. Persönlichkeiten der Weltreligionen wie auch der internationalen Staatengemeinschaft, Staatspräsidenten, Minister, und Exponenten der Zivilgesellschaft diskutieren in verschiedenen Foren die Zukunft des interreligiösen Dialogs und des internationalen Friedensprozesses.

Auch Papst Bendikt XVI., der am Samstag die federführenden Organisatoren des Treffens empfangen hatte, meldete sich mit einer Grußbotschaft, unterzeichnet von Kardinal Tarcisio Bertone, zu Wort. In der Nachricht an den Erzbischof von Sarajewo, Kardinal Vinko Puljic, schrieb er: „Auf die Fehlbarkeit der Kultur des Konflikts antworte der Wert des Dialogs, der auf der soliden Basis der Wahrheit, aus der der Frieden entspringt, aufbaut." Heute, so die Nachricht weiter, wolle „eine Botschaft des Friedens von Sarajewo ausgehen, wo sich so viele Männer und Frauen verschiedener Religionen versammelt haben".

Einer der religiösen Führer, die sich in Sarajewo eingefunden haben, ist der Großimam von Lahore, Muhammad Abdul Khabir Azad. Er ist eine der größten muslimischen Autoritäten Pakistans. Seit 16 Jahren leitet er die wichtigste Moschee des Landes, die „Badshahi Moschee" von Lahore („wahrhafte Moschee"). Er war befreundet mit dem katholischen Minister für Minderheiten Shahbaz Batti, der 2010 bei einem Attentat ums Leben kam, und ist ein überzeugter Verfechter des Dialogs zwischen allen Bevölkerungsschichten Pakistans für ein ziviles und religiöses Wachstum des Landes. Im Radio Vatikan Interview äußert sich der Großimam zu den Zielen der Konferenz:

„Sarajewo hat in der Tat viel Grauen erlebt. In der Vergangenheit haben die Menschen schlimme Nachrichten aus dieser Stadt erhalten, und heute empfangen sie eine neue Nachricht aus Sarajewo, die über die ganze Welt verbreitet wird. Wir wissen, dass die Gemeinschaft von Sant´Egidio großartige Arbeit dafür geleistet hat, dass viele Menschen ein neues Bewusstsein erhalten. Ihre Nachricht ist einfach und für alle gedacht: Die Lösung für alles ist nicht die Gewalt, sondern der Dialog, mit dem man versucht, die Dinge gemeinsam zu verstehen. Uns ist es gelungen, dies dank des „Interreligiösen Rates für den Frieden und die Harmonie" in Pakistan zu realisieren, und wir arbeiten weiter für dieses hohe Ziel."

Der Imam ist Vorsitzender des „Interreligiösen Rates in Pakistan für den Frieden und die Harmonie", der seit 1995 Seminare und Konferenzen zum Thema des Zusammentreffens und des Dialogs organisiert. Dabei sollen gemeinsame Werte wie Liebe, Toleranz und Frieden gefördert werden. Er äußerte sich am Rande der Konferenz aber auch zu dem Fall, der in letzter Zeit weltweit Schlagzeilen gemacht hatte: Die kleine Rimsha, die am Wochenende gegen Zahlung einer hohen Kaution vorläufig aus dem Gefängnis entlassen wurde und nun an einem geheimen Ort auf ihren Prozess wegen Blasphemie wartet:

„Wie man weiß, ist das Mädchen vom Gericht freigelassen worden. Hingegen sind andere Personen festgenommen worden, die für den ganzen Fall verantwortlich sind. Aktuell nimmt das Gericht die Untersuchungen vor. Wir hoffen, dass es bald zu endgültigen Ergebnissen kommt und dass wir klar sehen werden, wer Schuld hat und wer nicht. Wir hoffen, dass alle Religionsgemeinschaften in Pakistan die unschuldigen Menschen unterstützen und das richtige tun werden. Das ist die Lehre unserer Religion, des Islam: Den rechten Menschen helfen." (rv)

Caritas-Kardinal: „Ohne Kampf gegen Armut kein Weltfrieden“

Caritas Internationalis tagt ab diesem Montag in Rom – und feiert: Denn der Dachverband von 165 nationalen Caritasverbänden ist jetzt sechzig Jahre alt. Für den Präsidenten von Caritas Internationalis, Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga aus Honduras, hat Caritas „immer eine Zukunft, solange jemand mitmacht!"

„Es war Monsignore Montini (der spätere Papst Paul VI.), der die Idee zu Caritas Internationalis hatte. Ihm schwebte eine Art Dirigent vor, der alle Initiativen für die Armen und vor allem die Nothilfen dirigieren sollte. So hat Caritas internationalis angefangen. Bis heute wird sie vor allem mit ihrer Not- und Katastrophenhilfe assoziiert; aber ihr Ziel ist noch umfassender. Es geht generell um die Förderung der menschlichen Person, und zwar im Geist der katholischen Soziallehre."

Die katholische Soziallehre ist der entscheidende Kompass bei aller Hilfe – das unterstrich bei einer Festmesse am Sonntagabend auch der vatikanische Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Wenn die Kirche nicht im Geist Christi helfe, sondern sich um vermeintliche Neutralität bemühe, leiste sie einer „materialistischen Mentalität" Vorschub. Und das sei auf die Dauer ein Bärendienst am Menschen. Kardinal Maradiaga:

„Viele sagen uns: Warum macht ihr dies, warum tut ihr das? Warum helft ihr zum Beispiel Japan, welches Interesse steht dahinter? Ich sage dazu: Wir tun das, weil wir Christen sind. Christsein heißt, das Evangelium in die Wirklichkeit umzusetzen – und das Evangelium zeigt uns deutlich den Weg der Liebe. Darum nennen wir uns ja auch Caritas: Liebe!"

„Armut null, eine einzige Menschheitsfamilie" – das ist das Motto bei den Beratungen in Rom, die bis Freitag dauern sollen und auf denen die Globalstrategie der Caritas für die nächsten Jahre festgelegt wird. „Armut null" erinnert im Wortlaut stark an Sozialprogramme des früheren brasilianischen Präsidenten „Lula" – und an die Millenniumsversprechen der Industrieländer aus dem Jahr 2000. Zu diesen Zielen gehörte u.a. die fast völlige Beseitigung des Hungers auf der Welt bis zum Jahr 2015.

„Das wäre möglich gewesen – aber der Wille dazu fehlte. Ich bezweifle gar nicht den guten Willen derer, die damals die so genannten Millenniumsziele formuliert haben. Aber der politische Wille, sie umzusetzen, hat dann eben doch gefehlt. Wenn wir mit internationalen Finanzinstituten sprechen, sagen die uns alle: Aber ihr seht doch, dass die Armut zurückgegangen ist! Dann antworten wir: Ja, schon – auf dem Papier. Weil einige Länder jetzt Wachstums-Indizes präsentieren. Aber die Wirklichkeit der Armut ist immer noch da, und sie ist unerträglich! Armut null – das ist wohl auch unser Motto für die nächsten vier Jahre: Denn es ist wirklich nötig, die Armut spürbar zu reduzieren. Sonst gibt es auch keinen Frieden!" (rv)