Papst gedenkt beim Kreuzweg verfolgter Christen und missbrauchter Kinder

Papst FranziskusDie christlichen Märtyrer von heute, die Anliegen der Familie, die Abschaffung der Todesstrafe und eine Vergebungsbitte bei missbrauchten Kindern: Beim traditionellen Kreuzweg vor dem Kolosseum am Karfreitag meditierten Papst Franziskus und die Gläubigen über eine große Bandbreite von Lebenswirklichkeiten im Leid. Die Texte zu der Andacht stammten in diesem Jahr von dem emeritierten Bischof Renato Corti. Er leitete bis 2011 die Diözese Novara im norditalienischen Piemont und gilt als hervorragender Prediger und Exerzitienmeister.

Nicht nur zu Zeiten von Jesus, sondern auch heute „gibt es Männer und Frauen, die eingekerkert, verurteilt oder sogar niedergemetzelt werden, nur weil sie gläubig sind", schreibt Corti zur zweiten Station seiner Kreuzweg-Meditationen. Diese leidenden Christen seien „bewundernswerte Vorbilder". Eines der Gebete bei der Andacht stammte von dem pakistanischen Minister Shahbaz Bhatti, einem Christen, der 2011 ermordet wurde. „Möge das Grundrecht auf Religionsfreiheit in der Welt Verbreitung finden", heißt es in der Meditation weiter. Die Gläubigen, die anstelle des Papstes bei der Via Crucis das Kreuz tragen, kommen nicht zufällig aus Syrien, Irak, Nigeria, auch aus Ägypten und China. Und im Jahr der zweiten Familien-Bischofssynode sind auch drei Familien unter den Kreuzträgern: zunächst eine mit sechs Kindern, dann eine Familie mit adoptierten Kindern und schließlich eine mit einem behinderten Kind.

Die vierte Station: Jesus begegnet seiner Mutter. Dieses Treffen am Kreuzweg lasse „an die vielen Familiendramen" in der Welt denken, heißt es in dem Meditationstext. Es sei „leicht, zu urteilen, doch wichtiger ist es, sich in die Lage der anderen zu versetzen und ihnen zu helfen, soweit es uns möglich ist". Im Gebet wird die Muttergottes angerufen, die Bischofssynode zu begleiten, damit der Papst, die Bischöfe und alle, die daran beteiligt sind, „dem Heiligen Geist gegenüber gelehrig sind und zu einer guten Beurteilung gelangen".

Bei der zehnten Station – Jesus wird seiner Kleider beraubt – lenkt die Meditation den Blick auf die Würde, die vielen Menschen geraubt wird: Menschenhandel, Sklaverei, Kinder, die „in ihrem Innersten verletzt und barbarisch missbraucht werden". Jesus dränge uns dazu, „diejenigen, die diese Schmähungen erleiden, demütig um Verzeihung zu bitten und zu beten, dass endlich das Gewissen derer erwache, die im Leben anderer Menschen den Himmel verdunkelt haben."

Jesus wird ans Kreuz genagelt: die Meditation der elften Station gilt den Todeskandidaten der heutigen Zeit. „In unserem Gewissen erheben sich dringende Fragen: Wann wird die Todesstrafe abgeschafft sein? Wann wird jede Form der Folterung ausgetilgt sein und die gewaltsame Unterdrückung Unschuldiger? Dein Evangelium ist die stärkste Verteidigung des Menschen, jedes Menschen."

Gebet des Papstes

„Christus, der Kreuzweg ist die Synthese deines Lebensweges", beendete der Papst, der den meditationen still und mit fast geschlossenen Augen gefolgt war, die liturgische Feier mit einigen Worten. „In ihm wird deine unendliche Liebe für uns Sünder Wirklichkeit." In einem längeren Gebet wandte er sich direkt an den Gekreuzigten, er sprach von Befreiung und Erlösung, aber auch von der Sünde und Schuld, die durch das Kreuz uns erst sichtbar würden. „In deinem entstelltem Leib erkennen wir die Brutalität unserer Sünden, in der Grausamkeit deines Leidens erkennen wir die Grausamkeit unseres Herzens und unseres Handelns."

Es war eine Meditation über die Verbindung von Leid am Kreuz und den Sünden der Menschen, die sich durch das Kreuz erlöst wissen, aber noch auf das Kreuz selber schauen, noch nicht auf das Licht der Auferstehung. Er sprach davon, im leidenden Jesus die vielen leidenden Menschen zu sehen, die um ihres Glaubens willen Verfolgten, „unter unseren Augen oder in unserem mitschuldigen Schweigen."

„Hilf uns, unsere Bekehrung durch Worte zu einer Bekehrung des Lebens und der Werke werden zu lassen," bat der Papst in seinem meditativen Gebet. „Zeige uns, dass das Kreuz der Weg zur Auferstehung ist, zeige uns, dass der Karfreitag der Weg zum österlichen Licht ist, zeige uns, dass Gott niemals eines seiner Kinder vergisst und niemals müde wird, uns zu vergeben und uns in seiner unendlichen Barmherzigkeit zu vergeben." (rv)

Franziskus ruft zu mehr Hilfe für verfolgte Christen auf

ChristenverfolgungVerfolgte Christen brauchen mehr internationale Hilfe. Dazu ruft Papst Franziskus auf. Bei der Generalaudienz an diesem Mittwoch richtete er sich direkt an die Politiker:

„Ich rufe die politischen Führer in der Welt und alle Menschen guten Willens auf, mehr für den Schutz der christlichen Gemeinschaften zu unternehmen, die unter absurder Gewalt leiden. Dies erfüllt mich mit großer Sorge! Christen haben das Recht auf Sicherheit und Ruhe in ihren Ländern, um ihren Glauben frei zu leben.“

Den leidenden Christen sicherte der Papst seine spirituelle Nähe zu. Sie und ihre Priester ermutigte er, die Hoffnung auf ein Ende der Gewalt nicht aufzugeben. Auf bestimmte Länder ging er dabei nicht ein. Dafür sprach er über die jüngsten Ereignisse in Mexiko.

„Ich will meine Solidarität gegenüber den Opfern und Hinterbliebenen der verschwundenen Studenten in Mexiko bekunden. Das ist eine schmerzlicher und tragischer Moment, denn wir wissen, dass sie umgebracht wurden. Dieses Ereignis zeigt uns das wahre Gesicht der Kriminalität, die sich hinter dem Drogenhandel verbirgt.“

Ebenfalls auf Spanisch erinnerte Franziskus an den Friedensvertrag zwischen Chile und Argentinien, der vor 13 Jahren geschlossen wurde.

„Diese Vereinbarung wurde erreicht, weil es einen Willen zum Dialog gab. Dies sollte ein Ansporn (zur Lösung, Anm. d. Red.) all jener Situationen sein, die derzeit durch kriegerische Auseinandersetzung geprägt sind. Ich erinnere mich mit Freude an den damaligen Einsatz von Johannes Paul II. und Kardinal Antonio Samoré, die sich für den Frieden einsetzten und jegliche Territorialstreitigkeiten beiseiteschoben.“ (rv)

Solidarität per Mausklick: Ein Zeichen für die verfolgten Christen

Arabische Buchstabe N Solidarität per Mausklick ist nichts Neues oder Außergewöhnliches in unserer modernen und digitalisierten Welt. Neu im Social-Network ist jedoch das Zeichen „Nun“. Es verbreitet sich mit einer enormen Schnelligkeit und ist von einem tödlichen gefährlichen Zeichen zu einem Zeichen der gemeinsamen Kultur geworden – nämlich dem „Christsein“ und der Solidarität mit den verfolgten Christen im Irak. Das Zeichen sieht aus wie ein halbes offenes O und darüber wird ein Punkt gezeichnet.

Im Irak wurde dieses Zeichen von der Terrorgruppe IS genützt um die Häuser der Christen zu kennzeichnen. Der deutsche Theologe, Islamwissenschaftler und Jesuitenpater Christian W. Troll hat Radio Vatikan die Bedeutung dieses „N“ erklärt:

„Das ist das arabische N, Nun, das steht für den ersten Buchstaben des Wortes Nazara und es ist die arabische und auch die koranische Bezeichnung für Christen. Somit soll das Haus gekennzeichnet werden als Haus der Christen. Diese sind jedoch enteignet worden und das bedeutet dann, dass das Haus dem Kalifat gehört und nicht mehr den Christen.“

Natürlich, derzeit sei vor allem Israel und Palästina in den Medien und ebenso sehr stark in den sozialen Netzwerken vertreten. Aber dennoch, auch Irak bleibe in den Schlagzeilen. Schuld daran sei auch die große Auswanderung der Jesiden, einer anderen Minderheit im Irak, sagt Pater Troll. Die Christen konnten nicht mehr in Mosul bleiben, denn sie wurden vor die Wahl gestellt entweder einen Jizya, eine Religionssteuer, zu bezahlen, zu konvertieren oder ihr Leben auf das Spiel zu setzen.

„Immerhin waren es einst 50.000 christliche Bewohner in Mosul. Eine kleine Zahl scheinen dem Druck nachgegeben zu haben. Ein Großteil ist vertrieben worden oder auch dem Islam übergetreten zu sein.“

Laut assyrischer Nachrichtenagentur Aina, soll es derzeit keine Christen in Mosul mehr geben, denn die, die konnten, seien in den Norden des Landes geflüchtet. Alle christlichen Institutionen in Mosul (Kirchen, Klöster und Friedhöfe), es waren ursprünglich 45, wurden entweder zerstört, besetzt oder in eine Moschee oder in ein IS-Lager umgewandelt. Anfangs waren es vor allem arabische Christen, die sich den verfolgten Menschen angenommen hatten. Das Symbol „Nun“, der Nazarener, den Christen wurde in der viralen Welt zu einem Zeichen der Gefahr zu einem Zeichen der Solidarität. Immer mehr Menschen auf Twitter und Facebook haben ihr eigenes Profilbild getauscht mit dem Bild des arabischen Buchstabens oder Fotos verbreitet, wo sie selbst mit dem Zeichen zu sehen sind.

Ein Zeichen, dass für Unheil steht, eine Kategorisierung, die in roter und schwarzer Farbe auch auf den Häusern in Mosul zurückgeblieben ist und dieses Zeichen hatten die christliche Minderheit des Landes zur Flucht gezwungen. Ein Zeichen, dass für eine Religion steht, ein Erkennungsmerkmal. Im weltweiten Netz findet man auch Vergleiche mit dem „Nun“ und dem Davidstern, der zu Zeiten des zweiten Weltkrieges missbraucht wurde.

„Das erinnert auch an Behandlung der Minderheiten im christlichen Mittelalter. Minderheiten sind markiert worden, Regelungen sind aufgestellt worden, wenn nicht auch Gesetze, um ‚klare Verhältnisse‘ sozusagen zu schaffen, und das ruft Betroffenheit hervor. Man merkt, dass hier eigentlich Mentalitäten verschiedener Epochen, Jahrhunderten angehören, zeitgleich zusammenkommen in einem Land wie im Irak oder überhaupt in unserer modernen Welt. Das macht sehr betroffen.“

Unter dem Hashtag #Wearen – wir sind N – also Christen, werden täglich weltweit Solidaritätsmeldungen für die vertriebenen Christen auch von Muslimen verbreitet. Erzbischof von Canterbury, Justin Welby ist einer von Ihnen. Menschen schließen sich zusammen um gemeinsam gegen die Verfolgung und Vertreibung der Christen zu protestieren. Beispielsweise Schweden, Deutschland, England oder Kanada haben sich dieser globalen Kampagne angeschlossen. Das Zeichen N wurde mehr als 55.000 mal als Hahstag genutzt, 4% davon im Libanon, 18% davon in Saudi Arabien und 39% in Frankreich, muslimische Journalisten setzen sich im Internet für die Verbreitung der Nachricht ein.

Dass IS auch alle anderen religiösen Minderheiten zur Flucht treibt, ist kein Geheimnis mehr. Auch alle anderen Minderheiten (Schabak, Jesiden und Turkmene) wurden von IS angegriffen und die meisten seien geflüchtet. Indes gehen die Kämpfe weiter. Die Regierung versucht gegen IS militärisch vorzugehen, aber laut Nachrichtenagentur Fides und Aina gab es wieder Angriffe bzw. Übergriffe auf die Christen auch in anderen Regionen von Irak, da IS immer weiter in den Norden vordringt. Für Marion Sendkern aus Berlin ist es wichtig sich solidarisch mit den Menschen zu zeigen und ihr Profilbild mit dem Zeichen N zu tauschen:

„Zum Christsein gehört, dass ich Zeugnis ablege. Das ist neben der Liturgie, der Diakonie und der Gemeinschaft einer der vier Grundvollzüge der Kirche. Was da im Irak passiert, geht mich als deutsche Christin etwas an, das sind ja meine Glaubensbrüder und –Schwestern, die da verfolgt werden. Ich glaube zwar nicht, dass sich die Situation vor Ort verbessert, nur weil ich mein Facebook-Profilbild geändert hab, aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass ich mich solidarisch zeige mit meinen Glaubensbrüdern und – Schwestern. Und es geht darum, dass ich in Deutschland darauf hinweisen, was gerade im Irak passiert. Ich kann mir nicht vorstellen, verfolgt und bedroht zu werden, nur weil ich Christin bin. Religionsfreiheit ist für uns in weiten Teilen Europa schon so normal geworden, dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. So gesehen ist mein Facebook-Profilbild auch ein Statement für die Religionsfreiheit.“ (rv)