Gestohlener Kolumbus-Brief aus dem Jahr 1493 zurück im Vatikan

VATIKANSTADT – Der historische Abdruck eines Briefs von Christoph Kolumbus ist zu ihrem rechtmäßigen Platz in der Vatikanischen Bibliothek zurückgekehrt.

Der Seefahrer schildert darin seine Erfahrungen auf der Reise an die Küsten Amerikas.

Kolumbus schrieb den Brief an den spanischen König Ferdinand und Königin Isabella im Jahre 1493, nachdem er von seiner Entdeckungsreise zurückgekehrt war. Er schildert darin, was er auf seinen Reisen gesehen und erlebt hatte.

Der „Kolumbus-Brief“, inoffiziell oft als „Brief über die kürzlich entdeckten Inseln“ bezeichnet, wurde übersetzt und in lateinischer Fassung handgedruckt, um in ganz Europa verteilt zu werden. Rund 80 authentische Exemplare existieren noch heute.

Eines der ältesten Exemplare des achtseitigen, dicht geschriebenen Briefes wurde dem Vatikan 1921 als Teil der „Sammlung De Rossi“ übergeben, die aus seltenen Büchern und Manuskripten bestand, die dem Vatikan auf Wunsch des Bibliophilen Giovanni Francesco Rossi nach seinem Tod 1854 übergeben wurden.

Irgendwann – der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt – wurde der Brief gestohlen.

Erst 2011 entdeckte ein Experte für seltene Bücher und Manuskripte, dass es sich bei dem Exemplar in der Sammlung der Vatikanischen Bibliothek um eine Fälschung handelte, nachdem er die Merkmale des Schriftstücks genauer untersucht hatte.

Der Experte kontaktierte US-Behörden über den möglichen Diebstahl, die wiederum den Vatikan informierte. Der gefälschte Brief wurde von weiteren Experten geprüft, darunter Spezialisten der Princeton University, die alle ebenfalls bestätigten, dass der Brief eine Fälschung war.

Die ursprüngliche Kopie des Briefes des Vatikans wurde schließlich auf David Parsons zurückverfolgt, ein wohlhabender Sammler aus Atlanta, der das Dokument im Jahr 2004 für 875.000 Dollar von einem Antiquar in New York gekauft hatte – allerdings ohne zu wissen, dass dieser Druck aus dem Vatikan gestohlen worden war.

Im Jahr 2013 schickte Parsons seinen gekauften Brief an den Experten, der die Fälschung ursprünglich entdeckt hatte. Nach eingehender Prüfung befand der Experte diesen als echt.

Ein weiteres Kapitel im Krimi um den Kolumbusbrief nahm seinen Anfang im Jahr 2016. Ermittlungen ergaben, dass der New Yorker Buchhändler das geraubte Dokument von dem berüchtigten italienischen Buchdieb Marino Massimo De Caro gekauft hatte. Dieser sitzt derzeit eine siebenjährige Haftstrafe in Italien ab. Sein Verbrechen: Der Diebstahl von etwa 4.000 alten Büchern und Manuskripten aus ganz Italien.

Bei einer weiteren vergleichenden Analyse im April 2017 wurde nicht nur bestätigt, dass Parsons‘ Brief tatsächlich aus der Vatikanischen Bibliothek gestohlen worden war. Die Experten stellten fest, dass der Diebstahl irgendwann vor 2004 stattgefunden haben musste.

Im August dieses Jahres kontaktierten die Ermittler die Witwe von David Parsons, Mary Parsons, und zeigten ihr die Beweise für den Diebstahl und die Fälschung.

Die Witwe stimmte zu, sich von dem Brief zu trennen und auf alle Rechte, Titel und Interessen zu verzichten, damit er in seine ursprüngliche Heimat in der Vatikanischen Bibliothek zurückgebracht werden konnte.

Der Kolumbus-Brief wurde am gestrigen 14. Juni 2018 offiziell ausgetauscht. Der US-Botschafterin am Heiligen Stuhl, Callista Gingrich, überreichte das Schriftstück dem Archivar und Bibliothekar des Vatikans, Erzbischof Jean-Louis Bruguès, O.P. und dem Präfekten der Bibliothek, Bischof Cesare Pasini, in der Vatikanischen Bibliothek.

Bei der Übergabe nannte Gingrich den Brief „ein unbezahlbares Stück Kulturgeschichte“ und sagte, sie fühle sich geehrt, den Brief „seinem rechtmäßigen Besitzer“ zurückzugeben.

Sie bemerkte, dass Agenten der US-Homeland Security Investigations (HSI) seit 2007 mehr als 11.000 Artefakte und Kunstwerke aus über 30 Ländern als Teil einer laufenden Untersuchung über den illegalen Verkauf gestohlener Bücher und Manuskripte zurückgegeben haben.

Bis heute, so Gingrich, hat HSI sowohl Gemälde als auch Manuskripte nach Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und Polen repatriiert und antike Artefakte aus verschiedenen Regionen Europas, Südamerikas, Asiens und dem Nahen Osten geborgen.

Zusätzlich zu dem Brief, der von Parsons gefunden wurde, hat HSI zwei weitere Kolumbus-Briefe als Teil ihrer laufenden Untersuchung über den Verkauf gestohlener Bücher und Manuskripte zurückgegeben. Die beiden weiteren beschlagnahmten Kolumbus-Schreiben wurden an die Riccardiana-Bibliothek in Florenz und die Bibliothek von Katalonien in Barcelona zurückgegeben.

Als eine Geste der Dankbarkeit an Frau Parsons, dass sie sich von dem wertvollen Schreiben aus dem Besitz ihres verstorbenen Mannes getrennt hat, übergab die US-Botschaft Anfang dieser Woche eine persönliche Nachricht von Frau Parsons an den Papst.

Erzbischof Bruguès bedankte sich während der Rückführungszeremonie bei allen, die an der Bergung des Briefes beteiligt waren, der „ein unbezahlbares kulturgeschichtliches Artefakt ist, das heute seinen Weg zurück in seine Heimat gefunden hat“.

Er sagte, die Bibliothek sei „überrascht“, als sie herausfand, dass ihre Kopie eine Fälschung sei, und bemerkte, dass die Technik der Fälschung, die als „Stereotypisierung“ bezeichnet wird, während des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts verbreitet war und nicht nur die visuellen, sondern auch die Eigenschaften der Oberflächen des Originals wiedergibt.

„Wir sind sehr dankbar, dass wir diesen Band wieder in die De Rossi-Sammlung aufnehmen können“, sagte er und fügte hinzu, dass der Brief „den Forschern aus der ganzen Welt zur Verfügung stehen wird, um die Sammlungen der Vatikanischen Bibliothek zu studieren“. (CNA Deutsch)

Kirchenhistoriker: „Franziskus hat zwei Asse im Ärmel“

Papst FranziskusDiese Woche trafen sich die Kardinäle des sogenannten K9-Rates mit dem Papst, um über die weiteren Schritte der Kurienreform nachzudenken. Es ist kein Novum in der Kirchengeschichte, dass ein Papst die römische Kurie ändern will. Der Kirchenhistoriker Massimo Faggioli doziert an der St. Thomas-und Paul-Universität im US-Bundesstaat Minnesota. Er hat vor Kurzem neue Recherchen im Vatikanischen Geheimarchiv und der Vatikan-Bibliothek gemacht und festgestellt: Fast jeder Papst des 20. Jahrhunderts hat sich mit einer Kurienreform befasst.

„Man findet aber im ganzen Vatikan – sei in der Vatikanischen Bibliothek noch im Archiv – kein einziges Werk, dass die Geschichte der Kircheninstitution als Ganzes genau aufzeigt. So etwas würde uns sonst zeigen, wie sich die Reformvorhaben im Laufe der Zeit entwickelt oder verändert haben.“

Die Kurie in Rom gelte als „älteste noch funktionierende Bürokratie der Welt“, fügt Faggioli an. Franziskus habe als Reformer zwei „Asse im Ärmel“, um erfolgreich Änderungen der Kurie durchzuführen, so der Professor für Kirchengeschichte.

„Der größte Unterschied zwischen Papst Franziskus und seinen Vorgängern im 20. Jahrhundert ist, dass der heutige Papst nie in Rom studiert oder gearbeitet hat. Das macht ihn gewissermaßen ,freier und objektiver´ bei der Aufarbeitung seines Reformprogramms. Zweitens muss man bedenken, dass das Konklave von 2013 zu einem historischen Zeitpunkt stattfand, an dem die römische Kurie wohl einen ihrer Tiefpunkte in Sachen Ansehen genoss. Deshalb sehe ich eine große Gelegenheit, dass die Reformbestrebungen Erfolg haben werden.“

Die Grundfrage der Kurienreform sei auch aus historischen Gründen die gleiche wie früher geblieben: Soll die Zentrale der katholischen Kirche einem bestimmten politischen Modell oder theologischen Ideen folgen? In der Vergangenheit orientierte sich die Kurie vor allem an politischen Systemen, so Faggioli. Franziskus hingegen scheine eher für die theologische Variante einzustehen. Als einen Beweis hierfür nennt der Historiker die Papstrede an die Kurie vom Dezember 2014, in welcher Franziskus „15 Plagen“ in der Zentrale des Heiligen Stuhls benannte. (rv)