Tausende katholische Männer bitten Papst Franziskus, sein Schweigen zu brechen

DENVER – Eine Woche nachdem knapp 30.000 Frauen einen Brief unterzeichnet haben, in dem sie Papst Franziskus auffordern, Fragen zur systematischen Vertuschung sexuellen Missbrauchs zu beantworten, hat eine Gruppe katholischer Männer ihren eigenen Brief an den Papst und amerikanische Oberhirten geschrieben.

Sie fordern eine Untersuchung, mit der die Wahrheit über Vertuschung und Missbrauch ans Licht kommt.

Der Brief ist auf der Website „Catholic Men United for Christ“ zu finden, wird aber nicht von einer Gruppe oder Organisation gesponsert. Die Unterzeichner des Briefes verpflichten sich, jeden Freitag ab dem 7. September eine Form des Fastens durchzuführen und bis 2018 fortzusetzen.

Zu den Unterzeichnern gehören der in den USA populäre katholische Autor Scott Hahn, Radiomoderator Al Kresta und andere prominente Katholiken.

„Heiliger Vater, wir kommen zu dir, um Antworten zu erhalten. Gegen Dich persönlich wurden Vorwürfe erhoben. Diese stammen von einem hochrangigen Kirchenbeamten, Erzbischof Viganò. Darüber hinaus haben viele Bischöfe in den Vereinigten Staaten öffentlich erklärt, dass sie glauben, dass diese Vorwürfe untersucht werden müssen. Wir flehen dich an, dich dazu zu äußern“.

Weiter heißt es in dem Brief: „Unabhängig von der Wahrhaftigkeit der Anschuldigungen von Erzbischof Viganò bleiben unsere Bedenken bezüglich der Verdorbenheit.“

„Eure Heiligkeit, Eure Eminenzen und Eure Exzellenzen. Was tut ihr, und was werdet ihr tun, um das Volk Gottes angesichts weit verbreiteten, weltweiten Missbrauchs, Vertuschungen und hierarchischem Versagens? Wir bitten Euch, diese einfache Frage zu beantworten, denn die Kosten der bischöflichen Verdorbenheit sind katastrophal.“

Das Schreiben fordert, dass eine Untersuchung der Kirchenhierarchie von „treuen Laien“ durchgeführt wird.

Die Unterzeichner „bestätigen und unterstützen“ den Brief katholischer Frauen, so Unterzeichner Mark DeYoung gegenüber CNA. „Darüber hinaus werfen wir auch einen Blick darauf, was in verschiedenen Ländern passiert ist […], und wir weisen einfach darauf hin, dass es eine über jeden Zweifel erhabene Tatsache ist, dass es ein Problem mit Missbrauch gibt“.

Wenn es nicht gelingt, diese Verdorbenheit und diesen Missbrauch zu bekämpfen, dann könnte dies auch zu einem größeren Priestermangel führen, warnte DeYoung dem CNA.

Angesichts der Krise würden sich viele Väter es zweimal überlegen, ob sie einen Sohn auf ein Priesterseminar gehen lassen würden.

Er wisse von Familien, die ihre Kinder nicht mehr ministrieren lassen, aus Sorge um das Risiko sexuellen Missbrauchs.

DeYoung sagte auch, dass es „herzzerreißend“ sei, Zeugnisse von einigen der Opfer des Missbrauchs im Pennsylvania-Bericht zu lesen, die aussagen, dass ihr Missbrauch sie veranlasst habe, ihren religiösen Glauben völlig zu verlieren.

„Wir kämpfen wirklich für diese Menschen, (und) wir sagen auch, dass wir als katholische Männer auch die Verantwortung für unser eigenes Leben übernehmen werden“. Nicht jeder Katholik stehe schließlich treu zur Kirche und halte sich an deren Lehre.

DeYoung sagte gegenüber CNA, dass der Brief zustande kam, weil einfach viele katholische Männer „wütend, erschüttert und wirklich schockiert sind über den Zustand der Kirche im Moment“.

Dabei gehe es nicht nur um den Missbrauch Minderjähriger, sondern auch um das Fehlverhalten von Geistlichen, die ihren Gelübden und ihrer Berufung untreu sind, und gegen den Ruf zu Keuschheit und Reinheit verstoßen haben, so DeYoung.

Bischöfe müssten zudem nicht nur den Missbrauch und das Fehlverhalten untersuchen lassen, sagte DeYoung.

Die Unterzeichner erwarteten auch von den Bischöfen geistliche Führung in dieser chaotischen Zeit.

„Wir sind Menschen, die die Kirche lieben, wir lieben unsere Bischöfe, wir unterstützen unseren Heiligen Vater, und wir wollen die Wahrheit hier herauskommen sehen“, sagte er.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hatten bereits über 5.000 Personen den Brief unterzeichnet. (CNA Deutsch)

Während gegen ihn wegen Missbrauchs ermittelt wurde, dienten Seminaristen bei McCarrick

WASHINGTON, D.C. – Die Erzdiözese Washington hat bestätigt, dass Seminaristen als persönliche Assistenten von Erzbischof Theodore McCarrick dienten, während gegen den Erzbischof wegen des Verdachtes auf sexuellen Missbrauchs eines Teenagers ermittelt wurde.

Im Jahr 2011 zog McCarrick aus einem Pfarrhaus in ein Haus neben dem Priesterseminar des Institute of the Incarnate Word (IVE), einem religiösen Orden, in Chillum (Maryland), innerhalb der Erzdiözese Washington.

Nach Angaben zweier ehemaliger Seminaristen, die zu diesem Zeitpunkt auf dem Campus lebten, McCarrick in einem separaten Haus auf dem Gelände. Dieses hat McCarrick offenbar selber bezahlt, oder zumindest einen Kauf für seine Person arrangiert.

Das IVE wies McCarrick zunächst einen Priester zu, der ihm als Sekretär dienen sollte, sobald er auf dem Grundstück lebte.

Quellen bestätigen, dass der Priester beauftragt wurde, mit McCarrick im Haus zu leben.

Unterlagen der Erzdiözese Washington bestätigen, dass Priester diese Aufgabe erhalten haben, und ein Sprecher sagte gegenüber CNA, die Erzdiözese habe diese Rolle finanziell unterstützt habe.

Ehemalige IVE-Seminaristen erklärten gegenüber CNA, dass McCarrick erhebliche Anforderungen an das Personal und Lehrer stellte. So wurde CNA gegenüber geschildert, wie McCarrick sich nicht um den strengen Lebensstil des Ordens bemühte, sondern sein eigenes VIP-Menü im Refektorium serviert bekam, unabhängig davon, was die Priester und Seminaristen aßen.

Das Lehrpersonal und Verantwortliche des IVE waren, so CNAs Quellen innerhalb des Ordens, unzufrieden mit dem Arrangement. Sie realisierten aber, dass der liberal gesinnte McCarrick als eine Art informeller Schirmherr für den Orden fungierte, obwohl das Institut eher traditionell orientiert ist. McCarrick weihte häufig die Priester des Ordens, in Washington wie im Ausland, und half ihnen im Management der Kritik durch südamerikanische Bischöfe, darunter die von Erzbischof Jorge Bergoglio, dem späteren Papst Franziskus.

Das „Institut des Fleischgewordenen Wortes“ wurde 1984 in Argentinien von Pater Carlos Miguel Buela gegründet. Buela ist 2010 wegen des Verdachts auf sexuelles Fehlverhalten in den Ruhestand getreten. Im Jahr 2016 bestätigte der Vatikan, dass Buela jahrzehntelanger sexueller Übergriffe gegenüber volljährigen Seminaristen seiner Gemeinschaft schuldig war. Dem Priester wurde vom Vatikan verboten, mit Mitgliedern des IVE in Kontakt zu treten und öffentlich aufzutreten.

McCarricks Hilfe war für den Orden besonders wichtig, heißt es, als die Anschuldigungen gegen Buela ans Licht kamen. Doch wie Quellen gegenüber CNA betonen, hatte dessen Hilfe einen Preis, nach dem Motto: „Wer dankbar ist, hält die Klappe.“

Nach einiger Zeit zog der Orden den Priestersekretär, der McCarrick zugeteilt war, wieder ab mit der Begründung, dass geweihte Priester aktiven Dienst versehen sollten. McCarrick arrangierte, dass an seiner Statt zwei IVE-Seminaristen ihm als Assistenten dienen sollten: Diese Seminaristen lebten mit McCarrick in seinem Haus auf dem Campus und waren unter anderem dafür verantwortlich, ihn mit dem Auto zu chauffieren und auf Reisen zu begleiten.

Begehrt war der Job des Assistenten für McCarrick nicht, so ehemalige Seminaristen gegenüber CNA. In der Regel wurden jedes Jahr zwei neue Seminaristen damit beauftragt.

Ein ehemaliger IVE-Seminarist sagte gegenüber CNA, dass es zu Beschwerden über die Anforderungen McCarricks kam – auch wenn diese nicht sexueller Art gewesen seien – und dass der Rektor die Seminaristen warnte, sich nicht von McCarricks „weltlichen“ Vorlieben anstecken zu lassen.

Einige der Seminaristen, so die Quellen weiter, begleiteten McCarrick auf Reisen zu Freunden, darunter zu einem Strandhaus, obwohl nicht klar ist, ob es sich dabei um das Haus in New Jersey handelte, in dem ehemaligen Opfern zufolge der ehemalige Kardinal wiederholt sexueller Übergriffe begangen haben soll.

Bei mindestens einer Gelegenheit zwang McCarrick seine Assistenten, ihn in ein Kasino zu begleiten. Der Vorfall löste scharfe Beschwerden seitens der Seminaristen selber wie ihrer Lehrer aus. Auch die Ordensleitung in Rom wurde darüber informiert.

Die Erzdiözese von Washington erklärte gegenüber CNA, man habe nicht regelmäßig McCarricks Reisevorbereitungen überwacht. Auch der Umfang, zu dem Seminaristen des IVE am Leben McCarricks beteiligt worden, sei nicht bekannt gewesen.

McCarrick zog schließlich vom Campus des Seminars in ein von Ordensschwestern geführtes Altersheim.

Bistumsprecher Ed McFadden sagte CNA, dass McCarrick vom Campus des IVE Anfang 2017 „aus gesundheitlichen Gründen“ weggezogen sei. Ein ehemaliger Leiter des IVE sagte gegenüber CNA jedoch, dass Kardinal Donald Wuerl im Sommer von 2016 dem IVE mitgeteilt habe, dass er wünsche, dass McCarrick sein Haus auf dem Campus verlasse. Diese habe die Erzdiözese Washington dem Seminarrektor und dem Provinzial des Ordens mitgeteilt, so die Quelle weiter, die selber Zeuge des Vorgehens war.

Bis zum Sommer 2016 habe Wuerl sich mit dem Wohn-Arrangement seines Vorgängers nur wenig befasst, so die Quelle. Doch dann sei das IVE informiert worden, Wuerl wünsche, dass McCarrick weniger Aufsehen erregen sollte, und eher pensioniert denn aktiv auftreten.

Die Erzdiözese von Washington bestätigte diese Darstellung nicht. Vielmehr hieß es, dass Gespräche im Sommer 2016 zwischen dem IVE und der Erzdiözese eher McCarricks schlechte Gesundheit zum Thema gehabt haben würden.

Eine Quelle, die mit dem Fall vertraut ist, erklärte gegenüber CNA am 25. August, dass Wuerl im Sommer 2017 informiert worden sei, dass gegen McCarrick in New York wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs ermittelt werde. Die Quelle sagte weiter, dass Wuerl damals direkt mit McCarrick kommunizierte und ihn ermutigte, sich aus dem öffentlichen Dienst zurückzuziehen. Wie McCarricks Reise-Unterlagen und öffentlichen Auftritte zeigen, wurde diese Bitte ignoriert.

Selbst nach dieser Information waren zwei IVE-Seminaristen McCarrick als Assistenten zugeteilt, mit Wissen der Erzdiözese Washington –bis Ende Juni 2018 die Erzdiözese New York öffentlich mitteilte, dass es „glaubwürdige“ Aussagen und Beweise gebe, dass McCarrick in den 1970er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht hat. In der Folge tauchten weitere Berichte auf, dass McCarrick angeblich jahrzehntelang Seminaristen und Priester sexuell genötigt haben soll.

Während die IVE-Seminaristen nach seinem Umzug nicht mehr bei McCarrick lebten, waren sie immer noch dafür verantwortlich, seinen täglichen Personalbedarf zu decken und mit ihm zu reisen.

Die Erzdiözese von Washington erklärte CNA, dass das IVE über die Anschuldigung gegen McCarrick informiert worden sei, sobald diese für glaubwürdig gehalten wurde: im Juni 2018.

McCarricks Arrangement mit dem IVE, einschließlich der Zuweisung von zwei Seminaristen, die bei ihm im Haus lebten und als sein persönlicher Stab fungierten, erscheint angesichts der Sanktionen, die laut Erzbischof Carlo Vigano von Papst Benedikt XVI. verhängt wurden, höchst unregelmäßig.

Wie CNA berichtete, war McCarrick offenbar vom päpstlichen Nuntius Erzbischof Pietro Sambi bereits früher angewiesen worden, ein anderes Seminar zu verlassen, in dem er gelebt hatte. McCarrick zog anschließend in ein Pfarrhaus, und von dort zog er dann auf das Grundstück des IVE.

Trotz der Beweise, dass die Erzdiözese die Renovierung des Pfarrhauses für McCarrick genehmigte, und der Angaben seitens des IVE, dass Wuerl eingriff, um McCarrick von diesem Grundstück zu verlegen, wurde CNA wiederholt von der Erzdiözese Washington gesagt, dass „Erzbischof McCarrick in der Regel seine eigenen Wohnvorkehrungen getroffen und die Erzdiözese von Washington nicht direkt einbezogen hat“.

Kardinal Wuerl hat auch bestritten, über die Sanktionen informiert worden zu sein, die Papst Benedikt XVI. auferlegt haben soll; und noch im Juli 2018 hat Wuerl ebenfalls bestritten, dass von Gerüchten über McCarricks sexuelles Verhalten gewusst zu haben, bis die Erzdiözese New York ihre Ermittlungen aufnahm. (CNA Deutsch)

Analyse: Bischöfe fordern Prüfung der Vorwürfe Viganos

WASHINGTON, D.C. ,- Patricia Heaton ist außer sich. Die Schauspielerin ist eine von vielen Katholiken in den USA, die mit Erstaunen, Empörung und zunehmend Zorn auf das reagieren, was sie als Scheinheiligkeit, Lügen und Doppelmoral von Kardinälen und Bischöfen wahrnehmen. Letztlich gerinnt es im Schweigen, die von mehreren Kommentatoren als „Omertà“ verurteilte, systematische Vertuschung inakzeptablen Verhaltens, bis hin zu Verbrechen und Missbrauch. Im Zeitalter von Twitter hat das Konsequenzen: Katholikin Heaton, vierfache Mutter, hat knapp 370.000 Follower. Wenn sie – haltlos, ja, unverschämt im Ton – den Papst auffordert, endlich den Rücktritt von Kardinal Donald Wuerl anzunehmen, unterstützen dies tausende Menschen:
Nun gut, werden einige sagen, das ist halt die Filterblase von Twitter. Doch das greift zu kurz. Die Krise spielt sich nicht nur in den sozialen Medien ab. Vor Kardinal Wuerls Residenz in Washington haben aufgebrachte Katholiken demonstriert, die auf Plakaten Aufklärung fordern. Auch sie verlangen, dass der Papst endlich den Rücktritt des – im Pennsylvania-Bericht schwer belasteten – Erzbischofs annimmt.
Öffentliche Termine nimmt Wuerl derzeit nur wenige wahr. Manche spekulieren gar, er verlasse das Land. Am Schild der nach dem Kardinal benannten High School haben erboste Menschen seinen Namen übersprüht– mittlerweile hat die Erzdiözese mitgeteilt, der Erzbischof wolle diesen auch dort nicht mehr haben. Über der Graffiti ist mittlerweile ein Blech geschraubt worden, dass den Namen verdeckt.
Mit Brettern und Schweigen wird diese Krise aber nicht gelöst. In den sozialen Medien schreiben entrüstete Beobachter: Wie lange will, wie lange kann das noch weitergehen? Wie viele Gläubige wenden sich enttäuscht und angeekelt von der Kirche ab?
Wuerls Verhalten als Nachfolger von Erzbischof Theodore McCarrick wirft weitere Fragen auf, und sie werden laut gestellt – sei es auf der Straße oder im Internet: Warum hat Papst Franziskus den Rücktritt Wuerls trotzdem immer noch nicht angenommen? Sollte Wuerl gehen, folgen dann weitere? Etwa die von Vigano genannten? Wie konnte McCarrick sogar Seminaristen als Assistenten haben, nachdem bereits gegen ihn ermittelt wurde?
Die für viele wohl wichtigste, zu klärende Frage ist diese: Was ist dran an den Vorwürfen des ehemaligen Nuntius in den USA?
Diese Frage ist wichtiger als die Motivation Viganos, so sehr diese zu analysieren ist, wie auch die Agenda mancher verbohrter Papst-Kritiker und -Unterstützer, die nun irrlichtern und Nebelkerzen werfen.
Jeder Journalist weiss: Natürlich spielt die Motivation eines Whistleblowers eine Rolle. Aber auch der Wahrheitsgehalt seiner Vorwürfe ist dringend zu prüfen, und das nicht nur, weil mehrere hochrangige Kirchenvertreter Vigano in Schutz genommen haben, darunter der Erzbischof von San Francisco, während mittlerweile sechs Bischöfe allein in den USA öffentlich fordern, dass Viganòs Behauptungen wirklich geprüft werden.
Nicht nur diese Bischöfe und die aufgebrachten Laien wissen: Den Opfern – wie auch den einfachen Katholiken – steht es zu, die Wahrheit zu erfahren. Und der Kirche steht es zu, sie vom „Schmutz“ – Franziskus benutzte in Dublin dafür ein anderes Wort – zu befreien.
Nun hat der Papst die Anschuldigungen bislang aber weder von sich gewiesen noch bestätigt, wie CNA Deutsch berichtete.
Diese Haltung mag man für nachvollziehbar halten. Ob sie sich durchziehen lässt, wird sich zeigen müssen: Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, hat betont, dass die Vorwürfe Viganòs „prompt und gründlich“ geprüft werden müssen.
Viganòs Brief werfe ein Schlaglicht der „Aufmerksamkeit und Dringlichkeit“ darauf, „wie die schwerwiegenden moralischen Mängel eines Bischofsbruders so lange geduldet werden konnten und sich als kein Hindernis für seinen Aufstieg erwiesen haben“, so DiNardo in seiner Erklärung.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz weiter: Er wiederhole die Einladung der US-Bischöfe an den Vatikan, mittels einer Apostolischen Visite in den Vereinigten Staaten der „Wahrheit auf den Grund zu gehen“.
DiNardo weiß, was man im Vatikan bislang ignoriert: Katholiken wie Patricia Heaton werden nicht locker lassen. Diesmal nicht. Zumal Reporter in den USA jetzt schon an der Residenz von Erzbischof McCarrick klingeln, und italienische Journalisten mit dem – aus Angst um seine Sicherheit – verreisten Viganò, der alle Vorwürfe gegen seine Person von sich weist, weitere Interviews führen.
In seiner Erklärung schreibt DiNardo denn auch, dass er „sehnsüchtig“ auf eine Audienz bei Papst Franziskus warte, um „seine Unterstützung für die Pläne der US-Bischöfe zu gewinnen“. Demnächst wird wieder Besuch aus den USA in Rom eintreffen.
(Letztes Update am 31. August mit jüngsten Informationen zum Fall McCarrick)
(CNA Deutsch)

Kardinal Wuerl bestreitet, von Sanktionen gegen McCarrick gewusst zu haben

WASHINGTON -Kardinal Donald Wuerl hat einen Bericht dementiert, dass er über Sanktionen informiert war, die der Vatikan offenbar gegen seinen Vorgänger, Erzbischof Theodore McCarrick, verhängt hatte.

„Kardinal Wuerl erhielt keine Unterlagen oder Informationen vom Heiligen Stuhl, die sich auf das Verhalten von Kardinal McCarrick oder eines der von Erzbischof Vigano vorgeschlagenen Verbote seines Lebens und Dienstes beziehen“, sagte der Sprecher des Kardinals, Ed McFadden, gegenüber CNA.

Am 25. August (Ortszeit) veröffentlichte Erzbischof Carlo Vigano, von 2011 bis 2016 Apostolischer Nuntius in den Vereinigten Staaten, eine schriftliche Erklärung, in der er behauptet, dass Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 oder 2010, nachdem er Berichte über fortwährendes sexuelles Fehlverhalten von McCarrick erhalten hatte, folgende Sanktionen angeordnet habe: Der Kardinal müsse das Priesterseminar, in dem er lebte, verlassen, ihm sei verboten, öffentlich die Messe zu feiern, an öffentlichen Versammlungen teilzunehmen, Vorträge zu halten, zu reisen, und er sei verpflichtet, ein zurückgezogenes Leben des Gebets und der Buße zu führen.

Vigano schreibt, es sei „absolut undenkbar“, dass Erzbischof Pietro Sambi, Nuntius zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen, Wuerl nicht über die Sanktionen gegen McCarrick informiert habe; McCarrick, lebte, wie Quellen vor Ort bestätigten, damals in Washington im Priesterseminar Redemptoris Mater.

„Ich selbst habe das Thema mehrmals gegenüber Kardinal Wuerl angesprochen, und ich brauchte gar nicht ins Detail zu gehen, denn es war mir sofort klar, dass er völlig Bescheid wusste“, schreibt Viganò weiter.

Der Erzbischof erwähnt auch einen spezifischen Vorfall: Er habe Wuerl gegenüber eine Anzeige angesprochen, in der um Berufungen geworben wurde. In dieser wurden junge Männer eingeladen, sich mit McCarrick zu treffen. Wuerl habe sofort gesagt, wer werde die Anzeige stornieren.

Wuerl bestreitet nicht, dass er mit dem Erzbischof über eine Berufsanzeige gesprochen hat. Allerdings, so McFadden, „vermutete Erzbischof Vigano, dass Wuerl spezifische Informationen hatte, die Wuerl nicht hatte.“

Auch wenn McCarrick aus dem Seminar Redemptoris Mater ausgezogen sein soll: McFadden teilte mit, dass „Kardinal Wuerl kategorisch bestreitet, dass er jemals Informationen über die Gründe für Kardinal McCarricks Auszug aus dem Priesterseminar Redemptoris Mater erhalten hat“.

Eine Quelle aus dem unmittelbaren Umfeld des Kardinals sagte gegenüber CNA, dass Wuerl den Eindruck gehabt habe, irgendetwas sei geschehen, weshalb McCarrick das Seminar verlassen habe. Doch weder McCarrick noch der Nuntius hätten mit ihm darüber gesprochen.

Vigano schildert dies anders: „Kardinal Wuerl, der sich der ständigen Misshandlungen durch Kardinal McCarrick und der Sanktionen, die ihm von Papst Benedikt auferlegt wurden, bewusst war, erlaubte ihm auch, in einem Priesterseminar in Washington D.C. zu wohnen, wodurch er andere Seminaristen einem Risiko aussetzte“.

McCarrick wurde am 20. Juni 2018 mit mehreren Sanktionen belegt, nachdem die Erzdiözese von New York eine Behauptung für glaubwürdig hielt, er habe in den 70er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht. Seitdem wird behauptet, dass McCarrick während seiner jahrzehntelangen priesterlichen und bischöflichen Tätigkeit mindestens einen weiteren Teenager sexuell missbraucht hat und dass er junge Priester und Seminaristen sexuell gezwungen und angegriffen hat. Am 28. Juli wurde McCarrick’s Rücktritt vom Kardinalskollegium angenommen, und er erwartet einen Prozess im Vatikan.

Am 20. Juni 2018 suspendierte Kardinal Pietro Parolin auf Anweisung von Papst Franziskus den ehemaligen Kardinal McCarrick, nachdem eine Untersuchung der New Yorker Erzdiözese einen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen als „glaubwürdig und begründet“ beurteilte. Seitdem sind mehrere weitere Vorwürfe bekannt geworden, wie CNA Deutsch berichtete.

Eine Quelle, die mit der Causa McCarrick eng vertraut ist, sagte gegenüber CNA, dass Wuerl, als er darüber informiert wurde, dass gegen McCarrick wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch ermittelt wurde, darum bat, dass McCarrick sich aus der Öffentlichkeit zurückziehe. McCarrick habe sich jedoch geweigert. Die Quelle sagte weiter, dass es Wuerl kirchenrechtlich nicht erlaubt sei, McCarrick die Ausübung des Dienstes in der Erzdiözese Washington zu verbieten, und dass McCarrick auch Aufforderungen anderer Verantwortlicher abgelehnt habe, Reisen oder öffentliche Auftritte in ihren Diözesen zu vermeiden.

Die „Zeugenaussage“ von Erzbischof Vigano besagt, dass Wuerls „jüngste Äußerungen, er wisse nichts davon, obwohl er anfangs schlauerweise auf die Entschädigung der beiden Opfer verwies, absolut lächerlich sind. Der Kardinal lügt schamlos.“

Viganos Erklärung zufolge hat McCarrick jahrzehntelang Einfluss auf Persönlichkeiten im Vatikan ausgeübt, und besonderen Einfluss auf Papst Franziskus gehabt. Weiter behauptet der ehemalige Nuntius, McCarrick habe einige der jüngsten Bischofernennungen des Papstes eingefädelt, darunter die von Kardinal Blase Cupich zur Erzdiözese Chicago 2014 und die von Kardinal Joseph Tobin zur Erzdiözese Newark 2016.

Der Brief des Erzbischofs fordert Franziskus auf, „seine Fehler einzuräumen“ und „den Kardinälen und Bischöfen ein gutes Beispiel zu geben, die McCarricks Missbrauch vertuschten, und mit ihnen allen gemeinsam zurückzutreten“.

Der Vatikan hat bislang nicht auf Viganos Behauptungen reagiert. (CNA Deutsch)

Ehemaliger Nuntius erhebt schwere Vorwürfe gegen Papst im Fall McCarrick

Erzbischof Carlo Maria Viganò fordert Franziskus zum Rücktritt auf, behauptet: Der Papst habe Benedikts Sanktionen aufgehoben und McCarrick gedeckt, zum Berater gemacht.

VATIKAN – In einer elfseitigen schriftlichen Zeugenaussage hat ein ehemaliger Apostolischer Nuntius in den Vereinigten Staaten mehrere hochrangige Prälaten der Mittäterschaft bei der Vertuschung der Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Erzbischof Theodore McCarrick beschuldigt und behauptet, dass Papst Franziskus von den Sanktionen wusste, die Papst Benedikt XVI. gegen den damaligen Kardinal McCarrick verhängt hatte. Franziskus habe diese aber aufgehoben.

Erzbischof Carlo Maria Viganò, 77, der von 2011 bis 2016 als Apostolischer Nuntius in Washington D.C. diente, schrieb, dass Benedikt in den späten 2000er Jahren gegen „Kardinal McCarrick ähnliche Sanktionen verhängt hatte, wie sie ihm jetzt von Papst Franziskus auferlegt wurden“ und dass Viganò persönlich Papst Franziskus von diesen Sanktionen im Jahr 2013 erzählt habe.

Erzbischof Viganò behauptet in seiner schriftlichen Erklärung zudem, dass Papst Franziskus „weiterhin McCarrick gedeckt“ habe und nicht nur „die Sanktionen, die Papst Benedikt gegen ihn verhängt hatte, nicht berücksichtigte“, sondern McCarrick auch zu „seinem vertrauten Berater“ machte: Der ehemalige Erzbischof von Washington habe den Papst dabei beraten, eine Reihe von Bischöfen in den Vereinigten Staaten zu ernennen, darunter die Kardinäle Blase Cupich von Chicago und Joseph Tobin von Newark.

Erzbischof Viganò teilt in seiner Zeugenaussage mit, sein „Gewissen gebiete“ ihm, die Wahrheit bekannt zu machen, da „die Korruption die Spitze der Hierarchie der Kirche erreicht hat“. Zum Abschluss seiner Erklärung fordert er Papst Franziskus und all jene, die an der Vertuschung von Erzbischof McCarricks Missbrauch beteiligt waren, zum Rücktritt auf.

Am 20. Juni 2018 suspendierte Kardinal Pietro Parolin auf Anweisung von Papst Franziskus den ehemaligen Kardinal McCarrick, nachdem eine Untersuchung der New Yorker Erzdiözese einen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen als „glaubwürdig und begründet“ beurteilte. Am selben Tag erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Erzdiözese Newark und die Diözese Metuchen in New Jersey drei Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens McCarricks gegenüber erwachsenen Männern erhalten hatten. Seitdem haben Medien über Jahrzehnte langes Fehlverhalten und wiederholten Missbrauch berichtet. Unter den Opfern: Ein Jugendlicher, drei junge Priester oder Seminaristen und ein Mann, den McCarrick ab dem Alter von 11 Jahren missbraucht haben soll, wie CNA Deutsch berichtete.

Laut Viganò hatte Papst Benedikt XVI. bereits früher Sanktionen gegen McCarrick verhängt, die denen von Kardinal Parolin ähneln. „Der Kardinal sollte das Seminar, in dem er lebte, verlassen“, so Viganò, „es war ihm auch verboten, öffentlich die Messe zu feiern, an öffentlichen Versammlungen teilzunehmen, Vorträge zu halten, zu reisen, mit der Verpflichtung, sich einem Leben des Gebets und der Buße zu widmen“. Viganò dokumentierte nicht das genaue Datum, sondern erinnerte sich, dass die Sanktionen bereits 2009 oder 2010 verhängt worden seien.

Bereits Jahre vor den Maßnahmen Benedikts gegen McCarrick hatten die Vorgänger von Erzbischof Viganò in der Nuntiatur – die Erzbischöfe Gabriel Montalvo und Pietro Sambi – den Heiligen Stuhl „sofort“ darüber informiert, als sie von Erzbischof McCarricks „schwerwiegend unmoralischen Verhalten gegenüber Seminaristen und Priestern“ erfahren hatten, so der pensionierte italienische Vatikan-Diplomat.

Viganò zufolge hat Erzbischof Montalvo den Vatikan erstmals im Jahr 2000 alarmiert und darum gebeten, dass der Dominikaner-Pater Boniface Ramsey die Vorwürfe in einem Brief an Rom bestätigt. Im Jahr 2006, so Viganò, habe er persönlich, als Delegierter für päpstliche Vertretungen im Staatssekretariat, ein Memo an seinen Vorgesetzten, Kardinal Leonardo Sandri, geschrieben und vorgeschlagen, gegen McCarrick „ein Exempel zu statuieren“, das eine „medizinische Funktion“ haben könnte, um zukünftigen Missbrauch zu verhindern und eine „sehr ernsthafte Skandalisierung der Gläubigen“ zu minimieren.

Er stützte sich dabei auf eine Anklageschrift, die Erzbischof Pietro Sambi dem Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone übermittelt hatte, in der ein des Missbrauchs schuldiger Priester Vorwürfe gegen McCarrick von „großer Heftigkeit und Abscheulichkeit“ erhoben hatte, einschließlich „verderblicher Verhaltensweisen“ und der „frevelhaften Feier der Eucharistie“

Doch laut Viganò wurde sein Memo ignoriert und bis Ende der 2000er Jahre wurde nichts unternommen – eine Verzögerung, von der Erzbischof Viganò behauptet, dass sie auf das Konto der Komplizenschaft der Staatssekretäre unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI., geht: der Kardinäle Angelo Sodano und Tarcisio Bertone.

Erzbischof Viganò erklärt weiter, dass er im Jahr 2008 ein zweites Memo geschrieben habe, diesmal an Kardinal Sandris Nachfolger als Sostituto im Staatssekretariat, Kardinal Fernando Filoni. Dieses enthielt eine Zusammenfassung der Untersuchungen von Richard Sipe, einem Psychotherapeuten und Spezialisten für klerikalen sexuellen Missbrauch, welches Sipe selber Benedikt in Form einer Erklärung geschickt habe. Viganò sagte, dass er das Memo beendete, indem er gegenüber seinen Vorgesetzten „wiederholte, dass ich es für notwendig hielt, so schnell wie möglich einzugreifen, indem man McCarrick den Kardinalshut abnimmt“.

Wiederum, so der Viganò, stieß seine Bitte auf taube Ohren und er schreibt, er sei „sehr bestürzt“ gewesen, dass beide Memoranden ignoriert wurden, bis Sipes „mutige und verdienstvolle“ Aussage „das gewünschte Ergebnis“ habe.

„Benedikt tat, was er tun musste“, sagte Erzbischof Viganò gegenüber dem „National Catholic Register“ vom 25. August, „aber seine Mitarbeiter – der Staatssekretär und alle anderen – haben es nicht so umgesetzt, wie sie es hätten tun sollen, was zu der Verzögerung führte.“

„Sicher ist,“ schreibt Viganò in seinem Zeugnis, „dass Papst Benedikt gegen McCarrick die oben genannten kirchenrechtlichen Sanktionen verhängte und dass sie ihm vom Apostolischen Nuntius in den Vereinigten Staaten, Pietro Sambi, mitgeteilt wurden“.

Der „National Catholic Register“ hat von unabhängiger Seite bestätigt bekommen, dass Benedikt die Vorwürfe gegen McCarrick auf jeden Fall bekannt waren: Der emeritierte Papst erinnere sich daran, Kardinal Bertone angewiesen zu haben, Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn er sich nicht mehr an die genauen Einzelheiten erinnere.

Im Jahr 2011, kurz nach seiner Ankunft in Washington D.C., habe er persönlich die Sanktionen gegen McCarrick diesem noch einmal mitgeteilt, so Erzbischof Viganò. „Der Kardinal, der kaum verständlich murmelte, gab zu, dass er vielleicht den Fehler gemacht hatte, mit einigen Seminaristen in seinem Strandhaus im selben Bett zu schlafen, aber er sagte dies, als ob es keine Bedeutung hätte“, erinnert sich Viganò in seiner Zeugnisaussage

In seiner schriftlichen Erklärung schildert Viganò dann seine Einschätzung, wie McCarrick trotz der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen im Jahr 2000 zum Erzbischof von Washington D.C. ernannt werden konnte und wie seine Vergehen vertuscht wurden. Seine Aussage beschuldigt die Kardinäle Sodano, Bertone und Parolin und er besteht darauf, dass mehrere weitere Kardinäle und Bischöfe sehr wohl Bescheid wussten, darunter Kardinal Donald Wuerl, McCarricks Nachfolger als Erzbischof von Washington D.C.

„Ich selbst habe das Thema mehrmals gegenüber Kardinal Wuerl angesprochen, und ich brauchte gar nicht ins Detail zu gehen, denn es war mir sofort klar, dass er völlig Bescheid wusste“, schreibt Viganò.

Ed McFadden, ein Sprecher der Erzdiözese Washington, sagte gegenüber CNA, dass Wuerl kategorisch abstreitet, dass McCarrick vom Vatikan in seinem öffentlichen Wirken sanktioniert worden sei.

In der zweiten Hälfte von Viganòs Zeugenaussage geht es vor allem darum, was Papst Franziskus über McCarrick wusste, und wie der Pontifex handelte.

Erzbischof Viganò beschreibt ein Treffen mit Kardinal McCarrick im Juni 2013 in Sanctae Marthae, der Residenz des Papstes, bei der McCarrick ihm gegenüber „in einem Ton irgendwo zwischen zweideutig und triumphierend: ‚Gestern hat mich der Papst empfangen, morgen fliege ich nach China'“. Mit anderen Worten: Franziskus habe das von Benedikt verhängte Reiseverbot aufgehoben (ein weiterer Beweis hierfür ist ein Interview, das McCarrick dem – mit dem Register nicht zu verwechselnden – „National Catholic Reporter“ im Jahr 2014 gab).

Bei einem privaten Treffen einige Tage später, so Erzbischof Viganò, habe Papst Franziskus ihn gefragt: „Wie ist Kardinal McCarrick so?“, worauf Viganò antwortete: „Er verdarb Generationen von Seminaristen und Priestern und Papst Benedikt befahl ihm, sich zu einem Leben des Gebets und der Buße zurückzuziehen.“ Viganò fährt fort: Er glaube, dass der Zweck der Frage des Papstes gewesen sei „herauszufinden, ob ich ein Verbündeter von McCarrick war oder nicht“.

Es sei „klar“, dass seit der Wahl von Papst Franziskus McCarrick, jetzt befreit von allen Sanktionen, sich frei genug gefühlt habe, ständig zu reisen, Vorträge und Interviews zu geben, so Viganò.

Darüber hinaus fügt der Erzbischof hinzu, McCarrick sei „Königsmacher für Ernennungen in der Kurie und den Vereinigten Staaten“ geworden, „und der meistgehörte Berater im Vatikan für die Beziehungen zur Obama-Regierung“.

Viganò behauptet weiter, dass die Ernennungen von Kardinal Cupich nach Chicago und Kardinal Joseph Tobin nach Newark „unter anderem von McCarrick eingefädelt wurden“. Er sagte, dass keiner der Namen von der Nuntiatur vorgelegt wurde, deren Aufgabe traditionell darin besteht, der Kongregation für die Bischöfe eine Namensliste oder Terna vorzulegen. Er fügte hinzu, dass auch die Ernennung von Bischof Robert McElroy nach San Diego „von oben“ eingefädelt und nicht durch den Nuntius vorgeschlagen worden sei.

Der pensionierte italienische Diplomat bestätigt auch die Berichte des „National Catholic Registers“ über Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga und dessen Vertuschungsgebaren in Honduras und sagte, der Papst „verteidigt seinen Mann“ bis zum „bitteren Ende“, trotz der Anschuldigungen gegen ihn. Dasselbe gelte für McCarrick, so Viganò.

„Er [Papst Franziskus] wusste spätestens seit dem 23. Juni 2013, dass McCarrick ein Serientäter war“, sagte Erzbischof Viganò, aber obwohl Franziskus dies wusste, „deckte er ihn bis zum bitteren Ende“.

„Erst als er durch den Artikel über den Missbrauch eines Minderjährigen gezwungen wurde, wieder aufgrund der Berichterstattung der Medien, ergriff er Maßnahmen [gegen McCarrick], um sein eigenes Image in den Medien zu retten“, betont Viganò.

Der ehemalige amerikanische Nuntius wirft Papst Franziskus vor, „auf das Mandat verzichtet, das Christus Petrus gegeben hat, um die Brüder zu bestätigen“, und fordert ihn auf, „seine Fehler einzuräumen“ und „den Kardinälen und Bischöfen ein gutes Beispiel zu geben, die McCarricks Missbrauch vertuschten, und mit ihnen allen gemeinsam zurückzutreten“.

Gegenüber Journalisten sagte Erzbischof am 26. August, seine Hauptmotivation dafür, nun seine schriftliche Aussage zu machen sei, „das Leiden der Opfer zu beenden, neue Opfer zu verhindern und die Kirche zu schützen: Nur die Wahrheit kann sie frei machen“.

Er sagte auch, er wolle „mein Gewissen vor Gott von meiner Verantwortung als Bischof der Weltkirche befreien“ und fügte hinzu, dass er ein „alter Mann“ sei, der Gott „mit einem reinem Gewissen“ gegenüberstehen wolle.

„Das Volk Gottes hat das Recht, die volle Wahrheit auch über seine Hirten zu erfahren“, sagte er. „Sie haben das Recht, sich von guten Hirten führen zu lassen. Um ihnen vertrauen und sie lieben zu können, müssen sie sie offen, in Transparenz und Wahrheit kennen, wie sie wirklich sind. Ein Priester sollte immer ein Licht auf einer Kerze sein, überall und für alle.“

Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original übersetzt und redigiert. Die Erstfassung erschien ursprünglich in der CNA-Schwesterzeitung „National Catholic Register„. (CNA Deutsch)

Papst verurteilt in Irland das Versagen der Bischöfe in Missbrauchsskandalen

Franziskus sagt, er teilt die Empörung der Menschen über die verantwortlichen Würdenträger – Appell an Bewusstsein für eine Völkerfamilie, zu der auch Flüchtlinge gehören.

UBLIN – Die Wut über das Versagen der Bischöfe in den weltweiten Missbrauchsskandalen ist gerechtfertigt, und er selber teile die Empörung der Gläubigen: Das hat Papst Franziskus zum Auftakt seines Besuchs des Weltfamilientreffens in Irland gesagt.

„Was die Schwächsten betrifft, so kann ich nicht umhin, den schweren Skandal anzuerkennen, der in Irland durch den Missbrauch junger Menschen durch Mitglieder der Kirche verursacht wurde, die für ihren Schutz und ihre Bildung verantwortlich sind“, so der Pontifex am 25. August 2018 im Schloss von Dublin.

„Das Versäumnis der kirchlichen Autoritäten – Bischöfe, Ordensoberhäupter, Priester und andere -, diese abscheulichen Verbrechen angemessen anzugehen, hat zu Recht Empörung hervorgerufen und bleibt eine Quelle des Schmerzes und der Schande für die katholische Gemeinschaft“. Er fügte hinzu: „Ich selbst teile diese Gefühle.“

Wie schon in seinem Brief an das Volk Gottes zur Missbrauch- und Vertuschungskrise knüpfte Franziskus in seiner – immer wieder vom Manuskript abweichenden – Rede demonstrativ an die Leistungen seines Vorgängers im Kampf gegen Missbrauch an. Papst Benedikt XVI. habe nicht nur gefordert, „dass als Antwort auf diesen Vertrauensbruch Maßnahmen ergriffen werden, die »wirklich dem Evangelium gemäß, gerecht und effektiv« sind (vgl. Hirtenbrief an die Katholiken in Irland, 10)“, sagte der argentinische Pontifex nun in Dublin, und fuhr fort:

„Sein freimütiges und entschlossenes Eingreifen dient weiterhin als Ansporn für die Bemühungen der kirchlichen Verantwortungsträger, die Fehler der Vergangenheit zu beheben und strenge Regeln zu erlassen, um sicherzustellen, dass sie sich nicht wiederholen“.

Was Franziskus selber tun wird, der ja als Bischof von Rom die entscheidende Verantwortung für den Umgang mit dieser Krise schultert, um diese anzupacken und hoffentlich dauerhaft zu lösen: Das war bereits vor seiner Ankunft zur Schlüsselfrage des Weltfamilientages geworden.

Ausgelöst durch Skandale in den USA, Chile, Honduras, Australien und anderen Ländern, ist die Krise auch und gerade in Irland ein brennendes Problem, weil auf der einst so katholischen Insel das Vertrauen in die Kirche massiv erschüttert worden ist.

Missbrauchs-Opfer, Kardinäle und viele andere haben gefordert, dass schuldige Kardinäle und Bischöfe ihr Amt verlieren und in schweren Fällen laisiert werden müssen. Wenn nötig, müsse auch das Kirchenrecht aktualisiert werden, forderte etwa Marie Collins, wie CNA Deutsch berichtete.

In seiner Rede im Schloss von Dublin erinnerte Franziskus an die Rolle von Familien – die ja Anlass seiner Reise nach Irland sind – und sprach über das Thema, dass ihn wie wenig andere am herzen liegen: die Migrationskrise. Auch Flüchtlinge seien Teil der „Vielvölkerfamilie“ der Welt, so der Papst.

„Wie notwendig wäre in allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens die Wiedererlangung des Bewusstseins dafür, dass wir eine wahre Völkerfamilie sind!“

Die Flüchtlinge seien dabei die „vielleicht beunruhigendste“ Herausforderung für das Gewissen, sagte Franziskus. (CNA Deutsch)

Missbrauch und Vertuschung: Neue Vorwürfe in Pennsylvania

PITTSBURGH – Der Untersuchungsbericht über tausendfachen Missbrauch und systematische Vertuschung durch Priester und Bischöfe in Pennsylvania hat weitere Vorwürfe sexueller Gewalt und Fehlverhaltens aufkommen lassen.

Das Bistum Pittsburgh hat ungefähr 50 neue Vorwürfe erhalten, und eine staatliche Missbrauch-Hotline hat mehr als 500 Anrufe empfangen, seitdem der Grand Jury Report erschienen ist.

Alle gemeldeten Vorwürfe „stammen aus der Zeit vor 1990 und reichen bis in die 40er Jahre zurück“, so der Sprecher der Diözese, Pfarrer Nicholas Vaskov.

„Wir nehmen sie alle ernst und folgen unserem geregelten Verfahren, um diese zu prüfen und behandeln.“

Die Vorwürfe wurden über eine Missbrauchs-Hotline und per E-Mail an die „Pittsburgh Post-Gazette“ erhoben. Wie das Bistum mitteilte, stammen diese Fälle von „Leuten, die uns vorher nicht kontaktiert hatten“.

Sowohl die Regeln der Diözese Pittsburgh als auch das Kirchenrecht fordern, dass Vorwürfe an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden und dass Priester, die derzeit im Dienst sind, suspendiert werden, solange Vorwürfe untersucht werden.

Die staatliche Hotline für die Meldung von sexuellem Missbrauch, die von Pennsylvanias Generalstaatsanwalt eingerichtet wurde, hat seit dem 14. August 544 Anrufe erhalten, sagte Joe Grace von der Staatsanwaltschaft gegenüber CNA.

Grace sagte, dass „eine beträchtliche Anzahl von Anrufen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche betrifft“ und nun geprüft werden.

Übersetzt von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

Der Papstbrief ist eine gutgemeinter Anfang

Ein Gastkommentar zum Brief des Pontifex über die Missbrauch- und Vertuschungskrise der Kirche.

Mit einem Brief an alle Katholiken hat Papst Franziskus auf die Krise reagiert, die Missbrauch- und Vertuschungsskandale sowie weiteres Fehlverhalten von Priestern, Bischöfen und Kardinälen ausgelöst haben.

CNA Deutsch veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Portals „kath.net“ den Kommentar von Petra Lorleberg.

Das Wort „Bischof“ kommt im „Schreiben von Papst Franziskus an das Volk Gottes“ zum Thema innerkirchlicher Missbrauch vom 20.8.2018 nicht vor. Das Wort „Kardinal“ kommt zweimal vor (einmal wird „Kardinal Ratzinger“ mit der Karfreitagsmeditation 2005 erwähnt, ein weiteres Mal wird in einer Fußnote ein Schreiben an einen Kardinal als Quelle genannt). Das Wort „Priester“ kommt viermal vor. Das zentrale Wort zur Beschreibung von Tätern und von stärker Tatverdächtigen ist „Kleriker“.

Eine suboptimale Terminologie, denn es handelt sich nicht zuletzt um einen Bischofs- und Kardinalsskandal. In Chile sind bisher fünf Ortsbischöfe wegen des kirchlichen Missbrauchsskandals zurückgetreten, weitere Rücktritte scheinen nicht unwahrscheinlich. Gegen zwei chilenische Kardinäle laufen starke polizeiliche Ermittlungen. Die Büros der chilenischen Bischofskonferenz wurden in einer Razzia durchsucht. Im US-Bundesstaat Pennsylvania stehen in sechs von acht Diözesen rund 300 Kleriker und Ordensleute namentlich unter Verdacht, außerdem sind klare Vertuschungsstrukturen zu erkennen. Kardinal Theodore Kardinal McCarrick, emeritierter Erzbischof von Washington D.C., wurde vom Vatikan Mitte Juni 2018 gemaßregelt und darf sein Amt nicht länger öffentlich ausüben. Gegen ihn liegen Behauptungen vor, dass er in größerem Umfang Seminaristen in sein Bett geholt habe und ihnen dann leichteren Zugang zu kirchlichen Karrieremöglichkeiten verschafft habe. Ein Aufbau eines entsprechenden Netzwerkes durch Opfer, die dann Nutznießer wurden, ist nicht völlig auszuschließen.

Auch bezüglich der Missbrauchsopfer ist die Terminologie suboptimal. Schon der zweite Satz des Papstschreibens greift zu kurz, da hier nur Missbrauch an „Minderjährigen“ beschrieben wird: „das Leiden …, das viele Minderjährige wegen sexuellem wie Macht- und Gewissensmissbrauch seitens einer beträchtlichen Zahl von Klerikern und Ordensleuten erfahren haben“. Wir wissen aber von vielen Angriffen auf die Keuschheit von Priesteramtskandidaten in den Priesterseminaren – hier handelt es sich keineswegs um „Minderjährige“. Auch wird nicht nach heterosexuellen und homosexuellen Missbrauchstaten unterschieden, im Gegenteil wird dieses Thema komplett vermieden.

Der allererste Fokus unserer Kirche muss natürlich auf den Missbrauchsopfern und ihrem Leiden liegen. Sie haben schwerste Schäden davongetragen, viele von ihnen bleiben ein Leben lang von ihren Missbrauchserfahrungen gezeichnet und entstellt, manche haben infolge der Vorgänge sogar ihr Leben verloren.

Der zweite Fokus muss aber auf der Entfernung aller Missbrauchstäter sowie Missbrauchs- und Vertuschungsstrukturen aus unserer Kirche liegen. Wenn ein Kleriker unter den begründeten Verdacht gerät, Missbrauch begangen oder vertuscht zu haben, muss er von seinem Dienst völlig suspendiert werden, solange, bis seine Schuld oder Unschuld auch rechtsstaatlich geklärt ist. Das gilt auch für Bischöfe und Kardinäle. Dass dem allerdings nicht so ist, mag der Fall von Kardinal Ricardo Ezzati Andrello, Erzbischof von Santiago de Chile, belegen. Trotz starker staatlicher Ermittlungen ist er uneingeschränkt als Erzbischof und Kardinal im Amt. Weder ist er bisher suspendiert noch hat er für sein Erzbistum einen Koadjutor an die Seite gestellt bekommen. Weitere Namen von Kardinälen könnte man hier nennen, deren Suspendierung überfällig wäre. Die katholische Kirche ist hierarchisch strukturiert, es ist Aufgabe der Leitung, Suspendierung, Maßregelung und Amtsenthebungen durchzuführen. Sprich: das genau ist Aufgabe des Papstes und der Vatikanbehörden. Bisher geschah hier deutlich zu wenig. Und wenn überhaupt etwas geschah, dann musste vorher ein unglaublich starker Aufschrei durch die Medien gehen.

Angesichts der skandalösen Vergehen katholischer Geistlicher ruft Papst Franziskus zu Fasten, Buße und Gebet auf, tatsächlich ein altbewährtes spirituelles Heilmittel der Kirche. Doch mag sich der eine oder die andere fragen: Wer genau wird fasten, büßen, beten? Jene Geistlichen, die ins Kreuzfeuer von Missbrauchs- und Vertuschungsvorwürfen geraten sind? Werden wir echt zerknirschte, womöglich öffentliche Buße von ihnen erleben, werden wir am Bildmaterial sehen, dass sie tatsächlich auch körperlich fasten? Oder werden manche der Täter weiterhin wie Maden im Speck in ihren kirchlichen Privilegien leben und die kleinen Gläubigen werden für sie fasten und büßen? Wäre dies aber nicht genau jener „Klerikalismus“, den Papst Franziskus in seinem Schreiben eigentlich anprangert?

Wir hatten in den letzten Jahrzehnten in unserer Kirche einen Graben zwischen konservativen und progressiven Katholiken, unter dem gläubige Katholiken beiderseits dieses Grabens sehr gelitten haben, wie mir Freunde und Vertraute aus beiden Lagern immer wieder erzählt haben. Wir müssen in der Kirche nun aufpassen, dass wir nicht einen noch weitaus schmerzhafteren und gefährlicheren Graben eröffnen: jenen zwischen den Klerikern und den Laienchristen. Denn derzeit sind Laienkatholiken aus beiden kirchlichen Lagern in großer Gefahr, das grundsätzliche Vertrauen in die kirchliche Leitung zu verlieren. Was aber DIES für unsere Kirche bedeuten würde, möge sich jeder selbst beantworten.

Für das Papstschreiben insgesamt möchte ich positiv sagen: Es ist immerhin ein guter Anfang, Heiliger Vater. Nun müssen Taten folgen, unbedingt auch von Ihnen! Denn wir sind bekanntermaßen keine demokratisch organisierte Gemeinschaft, sondern hierarchisch organisiert – das Gesetz des Handelns liegt also beim Vatikan. Bitte suspendieren Sie schnell, wo Kardinäle und Bischöfe unter ernstzunehmenden Missbrauchs- oder Vertuschungsverdacht geraten sind. Zuallererst zugunsten der Opfer – aber Sie haben Verantwortung auch gegenüber uns Laienchristen, denen sonst das Vertrauen in die kirchliche Hierarchie verloren geht. (CNA Deutsch)

Scham und Reue: Papst Franziskus äußert sich zu Missbrauch- und Vertuschungskrise

„Der Heilige Geist schenke uns die Gnade der Umkehr und die innere Stärkung, damit wir unsere Reue angesichts dieser Verbrechen des Missbrauchs zum Ausdruck bringen können und unsere Entscheidung, sie mutig zu bekämpfen.“

VATIKANSTADT- Papst Franziskus hat sich mit einem Brief zur schweren Missbrauch- und Vertuschungskrise der Kirche geäußert. Er kritisiert den Klerikalismus, ruft zu Gebet und Buße auf.

Der Pontifex spricht zwar nicht die Fälle sexueller Gewalt und Fehlverhaltens in den USA, Chile, Honduras oder Australien ausdrücklich an, bezieht sich aber klar auf den Pennsylvania-Bericht. Dieser dokumentiert tausendfachen Missbrauch durch hunderte Geistliche sowie die systematische Vertuschung durch Bischöfe und andere Verantwortliche über Jahrzehnte in sechs Diözesen im US-Bundesstaat Pennsylvania, wie CNA Deutsch berichtete.

„Mit Scham und Reue geben wir als Gemeinschaft der Kirche zu, dass wir nicht dort gestanden haben, wo wir eigentlich hätten stehen sollen und dass wir nicht rechtzeitig gehandelt haben, als wir den Umfang und die Schwere des Schadens erkannten, der sich in so vielen Menschenleben auswirkte. Wir haben die Kleinen vernachlässigt und allein gelassen“.

Er mache sich „die Worte des damaligen Kardinal Ratzingers zu eigen“, so Franziskus weiter, „der bei dem für den Karfreitag im Jahr 2005 verfassten Kreuzweg sich mit dem Schmerzensschrei so vieler Opfer verband und mit Nachdruck sagte: »Wie viel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter denen , die im Priestertum ihm ganz zugehören sollten? Wie viel Hochmut und Selbstherrlichkeit? Wie wenig achten wir das Sakrament der Versöhnung, in dem er erwartet, um uns von unserem Fall aufzurichten? All das ist in seiner Passion gegenwärtig. Der Verrat der Jünger, der unwürdige Empfang seines Leibes und Blutes, muss doch der tiefste Schmerz des Erlösers sein, der ihn mitten ins Herz trifft. Wir können nur aus tiefster Seele zu ihm rufen: Kyrie, eleison – Herr, rette uns“.

Der Papst kritisiert in seinem Schreiben auch den Klerikalismus, „sei er nun von den Priestern selbst oder von den Laien gefördert“: Er erzeuge „eine Spaltung im Leib der Kirche, die dazu anstiftet und beiträgt, viele der Übel, die wir heute beklagen, weiterlaufen zu lassen. Zum Missbrauch Nein zu sagen, heißt zu jeder Form von Klerikalismus mit Nachdruck Nein zu sagen“.

Franziskus ruft zum Fasten, Buße und Gebet auf. Es sei „unumgänglich, dass wir als Kirche die von Ordensleuten und Priestern begangenen Gräueltaten wie auch die von all jenen, die den Auftrag hatten, die am meisten Verwundbaren zu behüten und zu beschützen, anerkennen und mit Schmerz und Scham verdammen“, so der Papst.

„Wir bitten um Vergebung für die eigenen und für die Sünden anderer. Das Bewusstsein der Sünde hilft uns, die Fehler, die Vergehen und die in der Vergangenheit verursachten Wunden anzuerkennen, und gestattet uns, uns zu öffnen und in der Gegenwart stärker für einen Weg erneuerter Umkehr einzusetzen“.

CNA Deutsch dokumentiert den vollen offiziellen Wortlaut in deutscher Sprache, wie ihn der Vatikan zur Verfügung gestellt hat.

Schreiben von Papst Franziskus an das Volk Gottes

»Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit« (1 Kor 12,26). Diese Worte des heiligen Paulus hallen mit Macht in meinem Herzen wider, wenn ich mir wieder einmal das Leiden vergegenwärtige, das viele Minderjährige wegen sexuellem wie Macht- und Gewissensmissbrauch seitens einer beträchtlichen Zahl von Klerikern und Ordensleuten erfahren haben. Es ist ein Verbrechen, das tiefe Wunden des Schmerzes und der Ohnmacht erzeugt, besonders bei den Opfern, aber auch bei ihren Familienangehörigen und in der gesamten Gemeinschaft, seien es Gläubige oder Nicht-Gläubige. Wenn wir auf die Vergangenheit blicken, ist es nie genug, was wir tun, wenn wir um Verzeihung bitten und versuchen, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Schauen wir in die Zukunft, so wird es nie zu wenig sein, was wir tun können, um eine Kultur ins Leben zu rufen, die in der Lage ist, dass sich solche Situationen nicht nur nicht wiederholen, sondern auch keinen Raum finden, wo sie versteckt überleben könnten. Der Schmerz der Opfer und ihrer Familien ist auch unser Schmerz; deshalb müssen wir dringend noch einmal unsere Anstrengung verstärken, den Schutz von Minderjährigen und von Erwachsenen in Situationen der Anfälligkeit zu gewährleisten.

1. Wenn ein Glied leidet …

Vor einigen Tagen wurde ein Bericht veröffentlicht, in dem die Erfahrungen von mindestens tausend Personen beschrieben werden, die im Zeitraum der letzten siebzig Jahre Opfer von sexuellem wie Macht- und Gewissensmissbrauch durch Priester wurden. Auch wenn man sagen kann, dass der größte Teil der Fälle die Vergangenheit betrifft, sind wir uns doch im Laufe der Zeit über den Schmerz vieler Opfer bewusst geworden und müssen feststellen, dass die Wunden nie verschwinden und uns mit Nachdruck verpflichten, diese Gräueltaten zu verdammen, wie auch die Anstrengungen zu bündeln, um diese Kultur des Todes auszumerzen; die Wunden „verjähren nie“. Der Schmerz dieser Opfer ist eine Klage, die zum Himmel aufsteigt und die Seele berührt, die aber für lange Zeit nicht beachtet, versteckt und zum Schweigen gebracht wurde. Doch ihr Schrei war stärker als die Maßnahmen all derer, die versucht haben, ihn totzuschweigen, oder sich einbildeten, ihn mit Entscheidungen zu kurieren, welche die Sache verschlimmert haben, weil sie damit in Komplizenschaft gerieten. Ein Schrei, den der Herr gehört hat. Er lässt uns wieder einmal sehen, auf welcher Seite er steht. Der Hochgesang der Maria geht nicht fehl und durchläuft die Geschichte wie eine Hintergrundmusik weiter; denn der Herr denkt an seine Verheißung, die er unseren Vätern gegeben hat: »Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen« (Lk 1,51-53). Und wir schämen uns, wenn wir uns bewusst werden, dass unser Lebensstil das verleugnet hat und verleugnet, was wir mit unserer Stimme aufsagen.

Mit Scham und Reue geben wir als Gemeinschaft der Kirche zu, dass wir nicht dort gestanden haben, wo wir eigentlich hätten stehen sollen und dass wir nicht rechtzeitig gehandelt haben, als wir den Umfang und die Schwere des Schadens erkannten, der sich in so vielen Menschenleben auswirkte. Wir haben die Kleinen vernachlässigt und allein gelassen. Ich mache mir die Worte des damaligen Kardinal Ratzingers zu eigen, der bei dem für den Karfreitag im Jahr 2005 verfassten Kreuzweg sich mit dem Schmerzensschrei so vieler Opfer verband und mit Nachdruck sagte: »Wie viel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter denen, die im Priestertum ihm ganz zugehören sollten? Wie viel Hochmut und Selbstherrlichkeit? Wie wenig achten wir das Sakrament der Versöhnung, in dem er uns erwartet, um uns von unserem Fall aufzurichten? All das ist in seiner Passion gegenwärtig. Der Verrat der Jünger, der unwürdige Empfang seines Leibes und Blutes, muss doch der tiefste Schmerz des Erlösers sein, der ihn mitten ins Herz trifft. Wir können nur aus tiefster Seele zu ihm rufen: Kyrie, eleison – Herr, rette uns (vgl. Mt 8, 25)« (Neunte Station, Betrachtung).

2 … leiden alle Glieder mit

Der Umfang und das Ausmaß der Ereignisse verlangt, sich dieser Sache in umfassender Weise mit vereinten Kräften anzunehmen. Obwohl es bei jedem Prozess der Umkehr wichtig und nötig ist, dass man sich des Vorgefallenen bewusst wird, reicht dies in sich selbst nicht aus. Heute sind wir als Volk Gottes gefragt, uns des Schmerzes unserer an Leib und Seele verwundeten Brüder und Schwestern anzunehmen. Wenn in der Vergangenheit die Unterlassung eine Form der Antwort werden konnte, so wollen wir heute, dass die Solidarität, in ihrer tiefsten und anspruchsvollsten Bedeutung, unsere Weise wird, die heutige und zukünftige Geschichte in einem Umfeld zu schreiben, wo die Konflikte, die Spannungen und besonders die Opfer jeder Form von Missbrauch eine ausgestreckte Hand finden können, die sie beschützt und aus ihrem Schmerz erlöst (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 228). Diese Solidarität verlangt ihrerseits von uns, all das anzuprangern, was die Unversehrtheit irgendeiner Person in Gefahr bringen könnte. Es ist eine Solidarität, die zum Kampf gegen jede Art von Korruption, insbesondere der spirituellen, aufruft, »weil es sich um eine bequeme und selbstgefällige Blindheit handelt, wo schließlich alles zulässig erscheint: Unwahrheit, üble Nachrede, Egoismus und viele subtile Formen von Selbstbezogenheit – denn schon „der Satan tarnt sich als Engel des Lichts“ (2 Kor 11,14)« (Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 165). Der Appell des heiligen Paulus, mit den Leidenden zu leiden, ist das beste Heilmittel gegen jeden Drang, weiterhin unter uns die Worte Kains zu wiederholen: »Bin ich der Hüter meines Bruders?« (Gen 4,9).

Ich bin mir der Bemühungen und der Arbeit bewusst, die in verschiedenen Teilen der Welt unternommen wurden, um die notwendigen Vermittlungen zu gewährleisten und auszuführen, die Sicherheit geben und die Unversehrtheit der Kinder und der Erwachsenen im Zustand der Anfälligkeit schützen. Dazu gehört auch die Verbreitung der „Null-Toleranz-Haltung“ und der Maßnahmen, Rechenschaft zu fordern von allen, die diese Verbrechen begehen oder decken. Wir haben diese so notwendigen Aktionen und Sanktionen mit Verspätung angewandt, aber ich bin zuversichtlich, dass sie dazu beitragen, eine bessere Kultur des Schutzes in der Gegenwart und in der Zukunft zu gewährleisten.

Verbunden mit diesen Bemühungen ist es nötig, dass jeder Getaufte sich einbezogen weiß in diese kirchliche und soziale Umgestaltung, die wir so sehr nötig haben. Eine solche Umgestaltung verlangt die persönliche und gemeinschaftliche Umkehr. Sie leitet uns an, in die gleiche Richtung zu schauen wie der Herr. So sagte der heilige Johannes Paul II.: »Wenn wir wirklich von der Betrachtung Christi ausgegangen sind, werden wir in der Lage sein, ihn vor allem im Antlitz derer zu erkennen, mit denen er sich selbst gern identifiziert hat« (Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte, 49). Lernen zu schauen, wohin der Herr geschaut hat. Lernen dort zu stehen, wo der Herr uns haben will, um das Herz, das in seiner Gegenwart steht, zu bekehren. Zu diesem Zweck helfen Gebet und Buße. Ich lade das ganze heilige gläubige Volk Gottes zu dieser Bußübung des Gebets und des Fastens entsprechend der Aufforderung des Herrn1 ein. Er weckt unser Gewissen, unsere Solidarität und unseren Einsatz für eine Kultur des Schutzes und des „Nie wieder“ gegenüber jeder Art und jeder Form von Missbrauch.

Es ist unmöglich, sich eine Umkehr des kirchlichen Handelns vorzustellen ohne die aktive Teilnahme aller Glieder des Volks Gottes. Mehr noch: Jedes Mal, wenn wir versucht haben, das Volk Gottes auszustechen, zum Schweigen zu bringen, zu übergehen oder auf kleine Eliten zu reduzieren, haben wir Gemeinschaften, Programme, theologische Entscheidungen, Spiritualitäten und Strukturen ohne Wurzeln, ohne Gedächtnis, ohne Gesicht, ohne Körper und letztendlich ohne Leben geschaffen2. Das zeigt sich deutlich in einer anomalen Verständnisweise von Autorität in der Kirche – sehr verbreitet in zahlreichen Gemeinschaften, in denen sich Verhaltensweisen des sexuellen Missbrauchs wie des Macht- und Gewissensmissbrauchs ereignet haben –, nämlich als Klerikalismus, jene Haltung, die »nicht nur die Persönlichkeit der Christen zunichte [macht], sondern dazu [neigt], die Taufgnade zu mindern und unterzubewerten, die der Heilige Geist in das Herz unseres Volkes eingegossen hat«3. Der Klerikalismus, sei er nun von den Priestern selbst oder von den Laien gefördert, erzeugt eine Spaltung im Leib der Kirche, die dazu anstiftet und beiträgt, viele der Übel, die wir heute beklagen, weiterlaufen zu lassen. Zum Missbrauch Nein zu sagen, heißt zu jeder Form von Klerikalismus mit Nachdruck Nein zu sagen.

Es ist immer gut, sich daran zu erinnern, dass der Herr »in der Heilsgeschichte ein Volk gerettet [hat]. Es gibt keine vollständige Identität ohne Zugehörigkeit zu einem Volk. Deshalb kann sich niemand allein, als isoliertes Individuum, retten, sondern Gott zieht uns an, wobei er das komplexe Geflecht zwischenmenschlicher Beziehungen berücksichtigt, das der menschlichen Gemeinschaft innewohnt: Gott wollte in eine soziale Dynamik eintreten, in die Dynamik eines Volkes« (Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 6). Deshalb ist die einzige Möglichkeit, die wir haben, um auf dieses Übel, das so viele Leben geraubt hat, zu antworten, es als Aufgabe zu leben, die uns alle als Volk Gottes einbezieht und betrifft. Dieses Bewusstsein, dass wir uns als Teil eines Volkes und einer gemeinsamen Geschichte fühlen, gestattet uns, unsere Sünden und die Fehler der Vergangenheit in einer bußfertigen Offenheit zu erkennen, die fähig ist, sich von innen her erneuern zu lassen. Alles, was man unternimmt, um die Kultur des Missbrauchs aus unseren Gemeinschaften auszumerzen, ohne alle Glieder der Kirche aktiv daran teilhaben zu lassen, wird nicht dazu in der Lage sein, die nötigen Dynamiken für eine gesunde und wirksame Umgestaltung zu erzeugen. Die büßende Dimension des Fastens und des Gebets wird uns als Volk Gottes helfen, uns vor den Herrn und vor unsere verwundeten Brüder und Schwestern zu stellen – als Sünder, die die Verzeihung sowie die Gnade der Scham und der Umkehr erflehen und somit Maßnahmen erarbeiten, die Dynamiken im Einklang mit dem Evangelium erzeugen. Denn »jedes Mal, wenn wir versuchen, zur Quelle zurückzukehren und die ursprüngliche Frische des Evangeliums wiederzugewinnen, tauchen neue Wege, kreative Methoden, andere Ausdrucksformen, aussagekräftigere Zeichen und Worte reich an neuer Bedeutung für die Welt von heute auf« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 11).

Es ist unumgänglich, dass wir als Kirche die von Ordensleuten und Priestern begangenen Gräueltaten wie auch die von all jenen, die den Auftrag hatten, die am meisten Verwundbaren zu behüten und zu beschützen, anerkennen und mit Schmerz und Scham verdammen. Wir bitten um Vergebung für die eigenen und für die Sünden anderer. Das Bewusstsein der Sünde hilft uns, die Fehler, die Vergehen und die in der Vergangenheit verursachten Wunden anzuerkennen, und es gestattet uns, uns zu öffnen und in der Gegenwart stärker für einen Weg erneuerter Umkehr einzusetzen.

Zugleich werden uns die Buße und das Gebet helfen, unsere Augen und unser Herz für das Leiden der anderen zu schärfen und die Begierde des Herrschens und des Besitzens zu besiegen, die so oft die Wurzel dieser Übel sind. Möge das Fasten und das Gebet unsere Ohren öffnen für den leisen Schmerz der Kinder, die Jugendlichen und der Behinderten. Fasten, das uns Hunger und Durst nach Gerechtigkeit schaffen und uns antreiben möge, in der Wahrheit zu wandeln und uns auf alle Rechtsmittel zu stützen, die nötig sind. Ein Fasten, das uns schüttelt und uns dazu bringt, uns mit allen Menschen guten Willens und der Gesellschaft insgesamt in der Wahrheit und in der Liebe zu engagieren, um jede Art von sexuellem wie Macht- und Gewissensmissbrauch zu bekämpfen.

Auf diese Weise werden wir unseren Auftrag deutlich machen können, zu dem wir berufen sind, nämlich »Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit« (Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, 1) zu sein.

»Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit«, sagte uns der heilige Paulus. Mittels der betenden und büßenden Haltung können wir in persönlichen und gemeinschaftlichen Einklang mit dieser Mahnung eintreten, auf dass unter uns die Gaben des Mitleids, der Gerechtigkeit, der Vorbeugung und der Wiedergutmachung wachsen mögen. Maria hat es vermocht, am Fuß des Kreuzes ihres Sohnes zu stehen. Sie hat es nicht in irgendeiner Weise getan, sondern sie stand aufrecht und direkt daneben. Mit dieser Haltung bekundet sie ihre Weise, im Leben zu stehen. Wenn wir die Trostlosigkeit erfahren, die uns diese kirchlichen Wunden verursacht, wird es uns mit Maria guttun, „mit Maria mehr im Gebet zu verharren“ (Ignatius von Loyola, Geistliche Exerzitien, 319), indem wir versuchen, in der Liebe und der Treue zur Kirche zu wachsen. Sie, die erste Jüngerin, lehrt uns Jünger alle, wie wir uns angesichts des Leidens des Unschuldigen zu verhalten haben, ohne Ausflüchte und Verzagtheit. Auf Maria zu schauen heißt entdecken lernen, wo und wie wir als Jünger Christi zu stehen haben.

Der Heilige Geist schenke uns die Gnade der Umkehr und die innere Stärkung, damit wir unsere Reue angesichts dieser Verbrechen des Missbrauchs zum Ausdruck bringen können und unsere Entscheidung, sie mutig zu bekämpfen.

Aus dem Vatikan, am 20. August 2018

FRANZISKUS


1»Diese Art kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden« (Mt 17,21).

2 Vgl. Schreiben an das pilgernde Volk Gottes in Chile, 31. Mai 2018.

3 Schreiben an Kard. Marc Ouellet, Präsident der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika, 31. März 2016.

(Letzte Aktualisierung am 20.8.2018 um 13:09 Uhr: Textkorrektur, CNA Deutsch)

Kardinal Wuerl sagt Teilnahme am Weltfamilientreffen ab

DUBLIN – Der Erzbischof von Washington hat seine geplante Teilnahme am Weltfamilientreffen in Irland abgesagt.

Wuerl wird seit einer Woche durch massive Vorwürfe belastet, was die Art und Weise betrifft, wie er mit Priester umging, die während seiner Amtszeit als Bischof von Pittsburgh von 1988 bis 2006 beschuldigt wurden, sexuellen Missbrauch verübt zu haben.

Am 14. August veröffentlichte eine Grand Jury aus Pennsylvania ihren Bericht über eine 18-monatige Untersuchung von sieben Jahrzehnten in sechs Diözesen in Pennsylvania, einschließlich Pittsburgh. Der Bericht dokumentiert tausendfachen Missbrauch durch rund 300 Kleriker, aber auch systematische Vertuschung durch Bischöfe. Unter anderem wirft der Untersuchungsbericht ernste Fragen über Wuerls Umgang mit Missbrauchsfällen auf, darunter einen, in dem Wuerl die Versetzung und weiteren Dienst eines Priesters genehmigte, der Jahre zuvor des sexuellen Missbrauchs beschuldigt worden war.

Kardinal Wuerl hat bestritten, von den Vorwürfen zum Zeitpunkt der Genehmigung der Verlegung Kenntnis gehabt zu haben, aber es bleiben noch Fragen offen, die sein Management dieses Falles und weiterer betreffen.

Der Kardinal hat sich auch vor kurzem Fragen gestellt, die sich auf das beziehen, was er über das Verhalten seines Vorgängers als Erzbischof von Washington wusste, des ehemaligen Kardinals Theodore McCarrick. Diesem wird unter anderem vorgeworfen, Buben und junge Männer, darunter Seminaristen und junge Priester über Jahrzehnte sexuell genötigt und missbraucht zu haben.

Wuerl, der 2006 die Nachfolge von McCarrick als Erzbischof von Washington antrat, berichtet, dass er keine Kenntnis bezüglich McCarrick hatte. Dieser lebte nach seiner Pensionierung weiterhin in der Erzdiözese Washington.

In den vergangenen Tagen wurde Kardinal Wuerl mehrfach zum Rücktritt aufgefordert. Tatsächlich hat der Kardinal im November 2015 altersbedingt ein Rücktrittsgesuch an Papst Franziskus gerichtet, als er 75 Jahre alt wurde – das Alter, in dem die Bischöfe üblicherweise Rücktrittsgesuche an den Papst richten.

Während viele Insider erwartet hatten, dass Wuerl bis zum Alter von 80 Jahren in seinem Amt bleibt, scheint es nun wahrscheinlich, dass sein Rücktritt früher akzeptiert wird.

Es gibt keine Hinweise aus dem Vatikan, wann Franziskus nun Wuerls Rücktritt akzeptiere könnte. Jedoch spekulieren Quellen aus dem Umfeld des Kardinals, dass er lange genug in seiner Position bleiben könnte, um an den ersten Diskussionen unter den US-Bischöfen teilzunehmen, während sie beginnen, die Folgen der monumentalen Krise des sexuellen Missbrauchs, mit der die Kirche jetzt konfrontiert ist, anzugehen.

Auch Kardinal Sean O’Malley aus Boston hat diese Woche seine Teilnahme am World Meeting of Families abgesagt. O’Malley zog sich von der Veranstaltung zurück, nachdem er eine Untersuchung der Vorwürfe sexueller Unregelmäßigkeiten in der Erzdiözese von Boston angekündigt hatte.

Das Weltfamilientreffen wird vom Vatikanischen „Dikasterium für Laien, Familie und Leben“ organisiert, das von Kardinal Kevin Farrell geleitet wird, dem ehemaligen Bischof von Dallas.

Farrell war Weihbischof unter McCarrick in der Erzdiözese Washington.

Das Welttreffen der Familien findet vom 21. bis 26. August statt. Papst Franziskus wird am 26. August eine Open-Air-Messe im Phoenix Park in Dublin feiern. (CNA Deutsch)