Amoris laetitia: Unvermögen von Vatikan und Papst?

Die Rechtfertigungen zu „Amoris laetitia“ der Vatikanverantwortlichen werden zunehmend fragwürdiger. Papst Franziskus wird weltweit durch die Medien massiv Angegriffen und verliert mehr und mehr an Glaubwürdigkeit. Das Nachsynodale apostolische Schreiben über Liebe und Familie gerät zunehmend, nicht nur in Kirchenkreisen, sondern auch unter den Gläubigen, zum Ärgernis.

Quelle: Radio Vatikan (Screenshot am 12. Oktober)

Am heutigen Tag startete Radio Vatikan einen neuerlichen Versuch die Kritiker von „Amoris laetitia“ zu treffen. Mit der Überschrift „Tradition lebendig erhalten als große Herausforderung“ berichtete man über die Aussagen von Papst Franziskus zum Thema Todesstrafe. Erzbischof Rino Fisichella, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung sagte in dem Gespräch mit Radio Vatikan unter anderem:

„Traditionsorientierte Kreise der katholischen Kirche verteidigen das Glaubensgut als unveränderlich im reinen Sinn. Aus diesem Grund halten sie etwa die Todesstrafe als letztes Mittel in schwerwiegenden Fällen für hinnehmbar oder lehnen das päpstliche Lehrschreiben „Amoris Laetitia“ ab, das im Umgang mit verletzten Familien Barmherzigkeit über Gerechtigkeit stellt und so – nach Ansicht der Kritiker – die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe unterwandert“.

Fisichella wird hier als beschlagener Theologe bezeichnet. Es ist schon anmaßend, die Kritiker von "Amoris laetitia" alle in den von Fisichella konstruierten Topf zu werfen und kräftig umzurühren. Mit einem Punkt hat er allerdings vollkommen recht. Das Glaubensgut wird gottseidank durch einige wenige Bischöfe und viele Priester noch verteidigt, diese alle als Traditionalisten zu bezeichnen ist fehl am Platz. An dieser Stelle sei der glaubensfeste Bischof von Regensburg, Dr. Rudolf Voderholzer, wohl der Einzige im deutschen Episkopat mit Rückgrat, genannt. Im Regensburger Bistum gibt es keine pastorale Außerkraftsetzung des Heiligen Sakraments der Ehe durch „die Hintertür“ wie sie Kardinal Kasper und Marx gerne hätten.

Die Gesamtsituation um „Amoris laetitia“ wird für Papst Franziskus immer kritischer. Er ist offenkundig nicht in der Lage sein eigenes Dokument gegenüber renommierten Theologen zu rechtfertigen bzw. zu verteidigen. Hier genügt es auch nicht, Kardinal Schönborn als den Allwissenden zu AL, vor die päpstliche Sedia zu spannen.

Vielleicht ist es wirklich so, wie immer wieder zu lesen ist, dass Franziskus schlechte jesuitische Berater sein eigenes Dokument hat anfertigen lassen und er selbst der überfälligen Diskussion um „Amoris laetitia“ nicht gewachsen ist. Was wird wohl der emer. Papst Benedikt XVI. über dieses Dokument denken? Ihm wäre ein derart kritisiertes Lehrschreiben niemals passiert. Der Vorstoß von Kardinalstaatssekretär Parolin Ende September „einen Dialog zur Klärung offener Fragen um „Amoris laetitia“zu führen“ ist überfällig. Ob diese Äußerung der persönliche Wunschgedanke von Parolin oder vom Papst initiiert war, bleibt bislang offen.

Die Diskussion um „Amoris laetitia“, öffentlich ausgelöst durch die „Dubia“ der vier Kardinäle und seit September in aller Munde durch die „Correctio filialis de haeresibus propagatis“, die dem Papst sogar Häresie vorwirft, muss endlich geführt werden. Hier muss es zu einem klärenden Dialog zwischen dem Vatikan und den Kritikern von AL kommen. Das allein wird aber nicht genügen. Anschließend steht der Papst in der Verantwortung als oberster Kirchenführer SEIN „Amoris laetitia“ zu rechtfertigen oder neu zu bewerten oder gegebenenfalls zu revidieren. Schweigen ist eines Papstes unwürdig. (vh)

Alte Messe, Piusbruderschaft und Tradition: Ein Gespräch in der Glaubenskongregation

Wo steht die Alte Messe heute? Gut drei Jahre sind vergangen seit dem Inkrafttreten des Motu proprio Summorum Pontificum, mit dem Papst Benedikt XVI. die Liturgie nach den alten Büchern wieder zuließ. Über die Umsetzung des Motu proprio wacht die Glaubenskongregation, genauer gesagt die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei. Diese ist auch zuständig für die Gespräche mit den Traditionalisten der Piusbruderschaft. Über beide Themen – die Alte Messe und die Piusbruderschaft – haben wir dem Sekretär der Kommission, Mons. Guido Pozzo, gesprochen. Ecclesia Dei hat im vergangenen Sommer in den Diözesen der Weltkirche nachgehakt, ob es jetzt überall möglich ist, an einer Messe in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus teilzunehmen. Wie es damit steht, wollten wir zunächst von Mons. Pozzo wissen.
„Drei Jahre nach der Veröffentlichung des Motu proprio Summorum Pontificum hat die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei – in Befolgung dessen, was der Heilige Vater damals in seinem Begleitbrief schrieb – über die Nuntiaturen alle Bischöfe gebeten, über ihre Erfahrungen in diesen drei Jahren zu berichten. Gut ein Drittel des Weltepiskopates hat uns eine solche Einschätzung geschickt. Dazu muss man sagen, dass die Antworten zum Großteil aus jenen Diözesen kamen, in denen eine Nachfrage nach der Messe in der außerordentlichen Form besteht. Deshalb ist dieser Rücklauf sehr zufriedenstellend."
Konkret: In welchen Ländern besteht das größte Interesse an der sogenannten Alten Messe?
„Im Moment besteht das größte Interesse und die meiste Nachfrage in Europa, in den Vereinigten Staaten von Amerika und auch in Australien. Viel weniger in Lateinamerika, Afrika und Asien."
Papst Benedikt bat um „Nächstenliebe und pastorale Behutsamkeit" für die traditionalistischen Gläubigen. Die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei ist ja nun eine Art Feuerwache für jene Fälle, in denen das nicht zutrifft. Wo stoßen Sie auf Widerstände? Und mit welcher Begründung?
„Der Ausdruck "wachen" übersetzt das altgriechische „episcopein". Die erste Aufgabe eines Bischofs ist es zu wachen. In diesem Sinn übt die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei das Amt der Beobachtung und des Wachens über die Anwendung des Motu Proprio aus. Sicher bestehen noch Vorurteile und Widerstände gegen die Messe im alten Ritus, sei es aus ideologischen Gründen, sei es, weil die Nachfrage nach der Messe in der alten Form teilweise als Ausdruck einer Antithese, ja einer Opposition zur Liturgiereform gesehen wird, wie das II. Vatikanische Konzil sie wollte. Klarerweise sind diese immer noch verbreiteten Vorurteile zu überwinden und anzufechten. Wir müssen vor allem die Einheit der Liturgiegeschichte wiederherstellen, die Einheit der lex orandi als Ausdruck der Einheit der lex credendi, wenngleich in der Eigenart der liturgischen Formen des einen Römischen Ritus."
Eine Präzisierung: Welche Einwände erheben Pfarrer oder Bischöfe, die die alte Messe nicht schätzen, um die Nachfrage abzublocken?
„Es gibt Bischöfe und Priester, die in der Nachfrage nach dem alten Ritus vor allem das Risiko einer Sehnsucht nach dem Ästhetischen, rein Ornamentalen, Formalistischen sehen. Ich will nicht ausschließen, dass das in manchen Fällen stimmt, aber generell zeigt das doch eine Art Vorurteil. Denn der alte Messritus hat einen tiefen Reichtum, der nicht nur respektiert, sondern auch wiederentdeckt werden muss, zum Vorteil der Liturgie, wie man sie auch heute feiert. Diese Vorurteile und Widerstände müssen durch eine Änderung der forma mentis, der Gesinnung, überwunden werden. Es braucht eine angemessenere liturgische Bildung."
Wie sehen Sie das Interesse für die außerordentliche Form des Römischen Ritus: wachsend, abnehmend, konstant?
„Ich würde sagen: wachsend. Auch weil wir beobachten, dass besonders in den jungen Generationen Interesse an und Zulauf zur alten Form der Messe besteht. Und das ist eine überraschende Neuigkeit."
Können Sie eine Schätzung geben, wie viele Gläubige es beispielsweise in Europa gibt, die konstant an der alten Messe interessiert sind?
„Wirklich zuverlässige Zahlen sind der Kommission nicht bekannt, auch weil sich die Situation sehr vielfältig und weitverzweigt darstellt. Man kann aber etwa sagen, dass in Frankreich die Zahl der Gläubigen, die der alten Form des Römischen Ritus verbunden sind, erheblich größer ist als in Deutschland, Italien oder Spanien. Es ist freilich auch klar, dass ein Werturteil über die außerordentliche Form des Ritus nichts mit Zahlen zu tun hat. Beide Formen sind gleich an Wert und Würde. Die ordentliche Form ist die normale, übliche, verbreitete; die außerordentliche Form ist die spezielle und besondere."
Das Motu proprio spricht nicht über die Ausbildung von Priestern, die das Zelebrieren der Messe nach den alten Büchern erlernen möchten. Viele empfinden das als Lücke, zumal das Feiern der alten Liturgie einer gründlichen Vorbereitung bedarf. Was raten Sie interessierten Priestern?
„Sicherlich ist das Problem des geeigneten Priesters für die Feier des alten Ritus wichtig und dringend. Ich muss sagen: Der Grund, weshalb die Bischöfe oft Schwierigkeiten haben, dem Wunsch nach einer Messe in der alten Form nachzukommen, ist eben der Mangel an geeigneten Priestern, die diese Messe wirklich feiern können. Hier müssen also die betreffenden Gläubigen Verständnis und viel Geduld haben. Ich bin der Ansicht, dass man den Seminaristen in den Priesterseminaren die Möglichkeit bieten sollte, das Zelebrieren auch in der außerordentlichen Form angemessen zu erlernen – nicht als Verpflichtung, sondern als Möglichkeit. Wo es möglich ist, könnte man für die Ausbildung auf die Priester jener Institute zurückgreifen, die unter der Jurisdiktion der Kommission Ecclesia Dei stehen und die traditionelle liturgische Disziplin befolgen. Essentiell ist jedenfalls die liturgische und theologische Ausbildung, weshalb man entschieden die Idee zurückweisen muss, dass es eine vorkonziliare Liturgie in Opposition zu einer postkonziliaren gäbe, oder eine vorkonziliare Ekklesiologie in Opposition zu einer postkonziliaren. Vielmehr gibt es ein Wachstum und eine Vertiefung in der Geschichte des Glaubens und der Liturgie der Kirche, aber immer in Kontinuität und in der wesentlichen Einheit, die niemals verloren gehen oder geschmälert werden kann und darf."
Papst Benedikt wünscht, dass sich die beiden Formen des Römischen Ritus gegenseitig bereichern, allerdings ohne sich zu vermischen. Was kann die alte Liturgie von der neuen „lernen"?
„Zunächst: Im Begleitbrief zum Motu proprio an die Bischöfe erwähnt Papst Benedikt zum einen die Notwendigkeit, den Heiligenkalender zu aktualisieren, also die nach 1962 proklamierten Heiligen einzufügen, und zum anderen einige Präfationen aus dem Messbuch von Paul VI. aufzunehmen, um die Sammlung der Präfationen des Messbuchs von 1962 anzureichern. Die Kommission Ecclesia Dei hat ein Studienverfahren eingesetzt, um dem Willen des Heiligen Vaters nachzukommen. Hier wird man bald, so denke ich, zu einem Vorschlag gelangen, der dem Heiligen Vater in Kürze zur Approbierung vorgelegt wird. Ich glaube man muss auch anerkennen, dass die ordentliche Form des Römischen Ritus eine ausführlichere Lesung der Heiligen Schrift bietet als das Messbuch von 1962. Dennoch ist eine diesbezügliche Änderung des Messbuchs von 1962 nicht einfach, weil man die Beziehung zwischen den einzelnen Schriftlesungen und den Antiphonen oder Responsorien des Römischen Breviers für den betreffenden Tag im Blick haben muss. Es darf aber auch daran erinnert werden, dass unter Papst Pius XII. eine Reihe von ergänzenden Lesungen zur Gemeinschaft der Heiligen hinzugefügt wurde. Daher kann man eine eventuelle Erweiterung auch für die Lesungen der Messe nicht ausschließen. Das heißt aber nicht, dass man als zelebrierender Priester oder als Bischof subjektiv und willkürlich die Abfolge des Lektionars ändern darf oder die beiden Formen mischen kann, sodass die Eigenart beider verloren geht."
Die Alte Messe im Petersdom: Kann man sie heute ohne wenn und aber feiern?
„Mit dem Inkrafttreten des Motu proprio Summorum Pontificum steht die außerordentliche Form der Messe nicht mehr unter Indult, so wie davor, sondern sie ist von den Normen des Motu proprio geregelt. Also werden im Petersdom, so wie in allen anderen Kirchen, die Normen des Motu proprio angewendet."
Das heißt, auch in der Sakristei von Sankt Peter steht alles bereit, um nach dem alten Ritus feiern zu können?
„Ja, soweit mir bekannt ist. In der Tat feiern dort viele Priester morgens die Messe im alten Ritus, auch mit Messdiener."
Wird Papst Benedikt eines Tages eine große Messe in der außerordentlichen Form feiern?
„Ich glaube, die Frage ist dem falschen Adressaten gestellt!"
Zu den Gesprächen des Heiligen Stuhles mit den Lefebvrianern, also der Priesterbruderschaft des Heiligen Pius X. (FSSPX): Können Sie sagen, ob es bisher Fortschritte gab?
„Die Vertraulichkeit ist die Grundvoraussetzung für den Erfolg der Gespräche, die zwischen den Fachleuten der Glaubenskongregation und der FSSPX im Gang sind. Und ich will von diesem Prinzip nicht abweichen. Aber ich kann sagen, dass das Klima der Gespräche positiv ist, konstruktiv und von gegenseitiger Wertschätzung getragen. Bisher zielten die Gespräche darauf ab, die Gründe und Argumente der einen und der anderen Seite bekannt zu machen, um die Basis oder die Wurzel der bestehenden lehramtlichen Schwierigkeiten freizulegen. Diese Wurzel und die letzten Gründe der Schwierigkeiten mit Klarheit zu ergründen, ist aus meiner Sicht ein Fortschritt."
Der Gebrauch der Alten Messe ist seit dem Motu proprio kein Streitpunkt mehr zwischen Heiligem Stuhl und der Priesterbruderschaft. Es bleiben aber viele lehramtliche Differenzen, etwa Religionsfreiheit, Ökumene, der Begriff der Tradition. Welches ist der wirklich harte Punkt?
„Die umstrittenen Punkte sind genau jene, die in der Frage angesprochen sind. Es handelt sich nicht um eine Ablehnung der Autorität des II. Vatikanischen Konzils als solchem oder des nachfolgenden päpstlichen Lehramtes. Vielmehr geht es um einige Feststellungen oder Lehren in den Konzilsdokumenten über Religionsfreiheit, Ökumene, die Beziehungen zu nichtchristlichen Religionen, die Auffassung der Liturgiereform, die Einheit des Lehramts hinsichtlich der Tradition. Allgemein betreffen die Schwierigkeiten der FSSPX die Kontinuität oder gleichmäßige Entwicklung einiger Lehren des Konzils und des nachfolgenden päpstlichen Lehramts im Hinblick auf das gleichbleibende Lehramt der Kirche und der Tradition. Mir scheint nicht, dass die FSSPX prinzipiell die Möglichkeit oder die Legitimität ablehnt, dass es eine Entwicklung oder eine gleichmäßige, kohärente Vertiefung der katholischen Doktrin geben könnte. Was die FSSPX von der Position des Heiligen Stuhles unterscheidet, ist das Urteil in Bezug auf die Kontinuität oder Kohärenz zwischen bestimmten Lehren des II. Vatikanischen Konzils und früheren Aussagen des Lehramtes. Ich denke, die jüngste Äußerung Papst Benedikts über die Hermeneutik der Erneuerung in Kontinuität mit der Tradition und dem gleichbleibenden Lehramt der Kirche stellt ein Basisprinzip für die Lösung des Konflikts dar. Es dreht sich darum, dieses Prinzip auf die einzelnen Fälle und in seiner ganzen Tragweite anzuwenden – mehr als man das bisher getan hat."
Auch die Priester der Gemeinschaften, die der alten Form der Römischen Ritus anhängen, können die Feier nach den neuen Büchern nicht prinzipiell ausschließen, schrieb Papst Benedikt. Wie sieht das die Priesterbruderschaft St. Pius X.?
„Das müsste man die FSSPX fragen. Ich denke, wie ich vorhin sagte, dass auch die Frage der liturgischen Bücher der Reform durch Paul VI. einzuordnen ist in das rechte Verständnis der Liturgiereform und der folgenden korrekten Anwendung. Die Grundfrage, die die FSSPX beantworten muss, ist, ob die ordentliche Form des Römischen Ritus, die Paul VI. promulgiert hat, in sich gültig und legitim ist. Zu diesem Punkt darf es keine Zweifel und kein Zögern geben. Die Antwort muss unzweifelhaft „ja" sein. Auf einem anderen Blatt stehen die Zweideutigkeiten, Mängel und auch doktrinären Fehler, die sich in der Zeit nach dem Konzil verbreitet haben, sei es beim theologische Verständnis, sei es bei der Anwendung der Liturgiereform. Der damalige Kardinal Ratzinger, heute Papst Benedikt, sprach von einem „Zerfall" der Liturgie. Aus diesem Blickwinkel kann man nicht sagen, dass viele vorgebrachte Kritiken im Unrecht wären."
Wenn wir die Frage nach dem Missbrauch der Liturgie im ordentlichen Ritus einmal ausblenden: Die ordentliche Form der Messe, so wie sie beispielsweise Papst Benedikt selbst feiert, muss von allen akzeptiert werden, die der Katholischen Kirche angehören wollen. Also auch von den Lefebvrianern. Ist das der Fall?
„Ich glaube nicht, dass es schon soweit ist. Auch wenn, wie gesagt, das Verständnis der liturgischen Form, wie sie sich in vielen Darstellungen der Liturgiereform findet, in liturgischer Theologie und dann in sehr vielen Anwendungen, die sich als Missbrauch oder als mangelhaft erwiesen, ein objektives Problem darstellt. Wir müssen heute den wahren Sinn und die wahre Bedeutung der Liturgiereform wieder entdecken. Der Papst zelebriert nach dem Messbuch von Paul VI., das ist ein absolut normativer Bezugspunkt. Wir wissen aber, dass es viele Messfeiern gibt, die nicht der wahren Lehre und dem wahren Geist der Liturgiereform und des Messbuchs von Paul VI. entsprechen. Warum ist das geschehen? Warum hat es diese missbräuchliche Verwendung gegeben, diese Mängel, dieses Falschverstehen? Auf diese Frage müssen wir antworten."
Vor kurzem hat Bernard Fellay, der Obere der Piusbruderschaft, Richard Williamson den Ausschluss aus der Bruderschaft angedroht, sollte er sich in seinem Gerichtsprozess in Deutschland weiterhin von einem Anwalt aus der Rechtsextremen-Szene vertreten lassen. Steht die Piusbruderschaft vor der Spaltung?
„Der Fall von Mons. Williamson ist ein Einzelfall, und es obliegt dem Oberen der FSSPX, ihn innerhalb der Bruderschaft zu behandeln, auch mit disziplinären Maßnahmen, wenn es die Umstände erfordern. Über die Positionen von Mons. Williamson hat sich der Heilige Stuhl schon vor Zeiten mit absoluter Klarheit geäußert. Der Heilige Vater hat im Buch „Licht der Welt", das dieser Tage veröffentlich wurde, auch bestätigt, dass der Fall Williamson, soweit er die irrigen Erklärungen bezüglich des Holocaust betrifft, ein Fall für sich ist und vollkommen abgetrennt werden muss von der Frage der Beziehungen zwischen FSSPX und Heiligem Stuhl, die doktrinäre und kirchenrechtliche Probleme betreffen."
Wo sehen Sie das echte Handicap der Lefebvrianer: in der Doktrin oder in der Politik?
„Ich bin überzeugt, dass die Fragen, die die volle Aussöhnung der FSSPX mit dem Heiligen Stuhl verhindern, die Doktrin betreffen. Reflexe oder mögliche ideologisch-politische Implikationen können sich daraus ergeben, aber sie sind kein vorrangiges oder bestimmendes Element der Diskussionen."
Kann die Kommission Ecclesia Dei den Gläubigen dazu raten, bei Priestern der Piusbruderschaft zur Messe zu gehen oder dort die Sakramente zu empfangen, oder rät sie davon ab?
„In seinem Brief an die Bischöfe nach der Aufhebung der Exkommunikation für die vier illegal von Mons. Lefebvre geweihten Bischöfe klärt der Papst, dass die Aufhebung der Exkommunikation, also der schweren disziplinären Strafe, nicht bedeutet, dass die FSSPX bereits kirchenrechtlich anerkannt ist und dass folglich auch die Priester der FSSPX ihr Priesteramt legitim ausüben. Im Licht dieser Ausführungen ist es klar, dass die katholischen Gläubigen dazu angehalten sind, die Teilnahme an der Messe oder am Empfang der Sakramente von einem Priester der Piusbruderschaft zu vermeiden, da sie kirchenrechtlich irregulär sind. Dasselbe gilt für jeden anderen Priester, der sich in einer irregulären kirchenrechtlichen Situation befindet oder ohne Bischof ist."
Können Sie abschätzen, wie lange die Rückkehr der Lefebvrianer zur Katholischen Kirche dauern könnte?
„Wir haben uns kein Datum gesetzt. Wir beten, arbeiten und wirken darauf hin, dass die Wiedereingliederung der FSSPX in die volle kirchliche Gemeinschaft nicht mehr lange Zeit dauert." (rv)