„Ich habe das Gefühl, mein Pontifikat wird kurz sein“

Papst FranziskusPapst Franziskus hat sich, sozusagen, mexikanisiert: Dem mexikanischen Fernsehen gab er zu seinem zweiten Amtsjubiläum ein großes Interview, unter einem Bild der Jungfrau von Guadalupe. Dabei warb er erneut um Verständnis dafür, dass er in einer privaten Email vor einer „Mexikanisierung" seiner argentinischen Heimat gewarnt hatte – das sei doch ein in erster Linie „technischer Begriff", wie auch das Wort „Balkanisierung". Und er sprach von seinem Gefühl, dass er ein eher kurzes Pontifikat haben werde.

Fast anderthalb Stunden O-Ton Franziskus: Das Gespräch mit dem Sender „Televisa" gehört zu den bisher längsten Papst-Interviews überhaupt. Differenziert äußert er sich über den Vatikan; es gebe „hier sehr gute Menschen", und eine „genügende" Zahl von ihnen sage ihm auch ihre Sicht der Dinge „offen ins Gesicht". Wobei Franziskus beteuert: „Nie, nie, nie – das sage ich vor Gott – habe ich, seit ich Bischof bin, jemanden dafür bestraft, dass er mir die Dinge ins Gesicht gesagt hat! Das sind die Mitarbeiter, die ich will." Seine vielbeachtete Weihnachtsansprache an die Kurie habe in erster Linie eine profunde „Gewissenserforschung" sein sollen. „Ich wollte sie so plastisch machen", erklärt er, „das hat vielleicht nicht gefallen, der Stil war nicht sehr traditionell für eine Botschaft zum Jahresende – aber am Jahresende tut man gut daran, eine Gewissenserforschung zu halten". Im Übrigen sei es ihm bei der Kurienreform vor allem um eine „Bekehrung des Herzens" zu tun, allerdings durchaus gefolgt von einer „Bekehrung der Lebensweise": „Ich glaube, das ist der letzte Hof, den es noch gibt in Europa", sinniert der Papst über den Vatikan, da müsse etwas „geändert werden", als „Dienst an der Kirche" und „an den Bischöfen".

„Ich habe das Gefühl, dass mein Pontifikat kurz sein wird", vertraut Franziskus außerdem seiner Interviewerin an, allerdings sei das „ein etwas vages Gefühl", darum habe er doch „immer die Möglichkeit offen" – ein Punkt, den er allerdings nicht näher ausführt. Ob er, wie Diözesanbischöfe, also mit achtzig Jahren zurücktreten werde? Das wehrt der Papst ab: „Mir gefällt das nicht sehr, diese Altersgrenze festlegen", das Papsttum sei nun mal so etwas wie eine „letzte Instanz", eine „besondere Gnade". „Also, zu sagen: Der ist jetzt achtzig – das schafft ein Gefühl von Ende des Pontifikats, das nicht gut tun würde. Vorhersehbar, nicht?"

Mit Blick auf den synodalen Prozess zu Ehe und Familie warnt er ausdrücklich vor „übertriebenen Erwartungen"; er deutet an, dass wiederverheiratete Geschiedene aus seiner Sicht die Möglichkeit bekommen müssten, Taufpaten zu sein. Besonders ausführlich geht Franziskus in dem Interview aber natürlich auf mexikanische Belange ein: Er wolle das Land einmal ausführlich besuchen, „nicht nur flüchtig und im Vorbeigehen"; für die 43 verschwundenen – mutmaßlich getöteten – Studenten von Iguala fordert er „Gerechtigkeit, und dass man an sie denke". Auf Sekten angesprochen rät er, genau zwischen „ernsthaften Evangelikalen" und Sekten zu unterscheiden, und beklagt den verbreiteten „Klerikalismus" in Lateinamerikas katholischer Kirche, der die Laien am „Wachsen" hindere. (rv)