Nur ein gebildetes Gewissen kann entscheiden: Kardinal Marx über Sexualität und Lehre

MÜNCHEN – Kardinal Reinhard Marx hat erklärt, dass Entscheidungen über Sexualmoral eine Frage des persönlichen – allerdings christlich gebildeten – Gewissens sind. Dabei gehe es nicht um rein subjektive Entscheidungen, sondern „das Zusammenspiel von Freiheit und Verantwortung“.

In einem weitreichenden Interview mit Stefan Orth und Volker Resing in der „Herder Korrespondenz“ (*) sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz wörtlich:

„Die Schwierigkeit besteht darin, objektiv von außen zu sagen, jemand sei in einem Zustand der Todsünde. Ohne Blick auf die Gewissenssituation des Einzelnen, ohne Blick auf seine Realität, auf die konkreten Umstände ist eine wirklich umfassende und die Schwere der Schuld bewertende Beurteilung nicht möglich.“

Dies gelte auch für Homosexualität, so der Erzbischof von München und Freising auf Nachfrage der Interviewer.

„Natürlich muss der Gläubige auch hier vor die ganze Wirklichkeit des Glaubens geführt werden und die Stimme der Kirche hören. Es reicht nicht, zu sagen, man wisse selbst, was für einen gut ist. Das wäre noch keine Gewissensentscheidung im Kontext des Evangeliums.“

Kardinal Marx warnte mi Gespräch mit der „Herder Korrespondez“ weiter davor, dies als „Relativismus“ zu interpretieren, denn es gehe auch um die Verantwortung vor dem Evangelium und der gesamten Lehre der Kirche; gleichzeitig müsse „es einen Respekt vor der Entscheidung geben, die einer in Freiheit trifft“.

„Es wäre schlimm, darin Relativismus zu sehen, wie das durchaus immer wieder auch gesagt wird – als ob jeder einfach machen würde, was er will.“

Vor dem Hintergrund laufender Kontroversen gefragt nach dem Risiko eines Schismas sagte der Münchner Erzbischof, dass er ein solches nicht sehe. Produktive Debatten seien jedoch „gerade in unserer Zeit besonders wichtig“.

Der von den Interviewern ebenfalls gestellten Frage nach einer Weihe von Frauen zu Priestern erteilte der Münchner Erzbischof eine klare Absage. „Das ist jetzt wirklich nicht das Thema“, so der DBK-Vorsitzende wörtlich. Der Papst habe dazu das Entscheidende gesagt.

(*) Im Gespräch mit der „Herder Korrespondenz“ äußert sich Kardinal Marx mehr über diese und zahlreiche weitere Themen, darunter das Lutherjahr 2017, die liturgische Annäherung und weitere Anliegen der Ökumene, Synodalität und die Frage von Laien in Führungspositionen, sowie welche Rolle die Begriffe „Wahrheit“ und „Freiheit“ spielen – für ihn wie die Kirche. (CNA Deutsch)