Kardinal Lehmann: Theologe ist ein Anwalt der Gläubigen

Am dritten und vorletzten Tag der Deutschen Bischofskonferenz in Regensburg geht es um die theologische Ausbildung und Forschung. Bei einem Studientag informierten sich die Bischöfe der Konferenz mit der Lage an den 20 theologischen Fakultäten in Deutschland. Dabei kam auch der Mangel an wissenschaftlichem Nachwuchs zur Sprache. Seinen Mitbrüdern gab der Mainzer Kardinal Karl Lehmann bei der Frühmesse am Mittwoch Denkanstöße zum Thema: In seiner Predigt in der Schottenkirche warnte er vor einer künstlichen Trennung von Glaube und Vernunft.

„Religionswissenschaft ist legitim, aber Theologie fragt immer auch nach der Gegenwartsbedeutung der christlichen Botschaft. Der denkende Glaube muss dafür Sorge tragen, dass der konkrete Mensch in der Geschichte bis in alle Lebensbereiche und faktischen Aufenthalte hinein die eigene Mächtigkeit und daseinsverwandelnde Kraft des Glaubens erfahren kann. Die Theologie wird dadurch zum Anwalt des Menschen im Verstehen der Offenbarung. Gerade weil hier Gott spricht, darf mehr und radikaler, gründlicher und kritischer gefragt werden als anderswo."

Theologen agierten weder losgelöst vom Rückhalt der Kirche, noch der Zustimmung und Akzeptanz der Gläubigen. Sie müssten den Willen aufbringen, sich auch korrigieren und weiterführen zu lassen.

„Dabei wird der Theologe, gerade wenn er neue Verstehensversuche schafft, immer daran denken müssen, dass er diese nicht nur in eine grundsätzliche Übereinstimmung mit dem bleibenden Wesen des Glaubens der Kirche bringt, sondern dass er sich bewusst ist, den Menschen der Kirche ein Verständnis anzubieten, das auch seinerseits Zustimmung und Akzeptanz erfährt. Er macht ein Verstehensangebot, ist aber auch hier abhängig vom Einvernehmen der Kirche. Dies gilt nicht nur für das kirchliche Lehramt, sondern auch für den Bezug zum Glaubenssinn der Christen."

Lehmann zitierte den Schweizer Theologen Hans Urs von Balthasar: Manche Fehlentwicklungen rührten daher, dass es in der Moderne „einen kaum mehr zu überwindenden Graben gibt zwischen Theologie und Heiligkeit". (rv)