P. Lombardi: „Papst kommt als Kirchenoberhaupt“

Die Reise des Papstes in den Libanon ist Zeichen des Friedens, angesichts der aktuell schwierigen Lage im Nahen Osten bringt sie klar den Willen Benedikt XVI. zum Ausdruck, den Völkern der Region geistlich beizustehen. Das hat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Dienstag auf einer Pressekonferenz zur Papstreise betont, die am kommenden Freitag beginnt. Höhepunkte der 24. Apostolischen Reise und vierten Reise Benedikt XVI. in den Nahen Osten ist die Unterzeichnung und Übergabe des postsynodalen Schreibens der Nahostsynode, die 2010 im Vatikan stattfand. Weitere wichtige Programmpunkte sind Treffen mit religiösen Führern des Libanon und eine große Abschlussmesse am Sonntag in Beirut. Doch wird der Papst im Libanon auch etwas zur Syrienkrise sagen? Lombardi erinnerte die Journalisten daran, dass der Papst den Libanon nicht als Politiker, sondern als Kirchenoberhaupt besucht:

„Er ist ein Religionsführer, der seine Botschaft einer Gemeinschaft bringt, die sich auf ihn bezieht und die durch ihre Zeugenschaft und ihren Einsatz den Völkern der Region dient. Es geht um eine Botschaft des Friedens."

Was die Position des Heiligen Stuhles zur aktuellen Lage im Nahen Osten betrifft, verwies Lombardi auf den jüngsten Beitrag des Sekretärs des vatikanischen Dialogrates, Pater Miguel Angel Ayuso Guixot, am Wochenende bei einer Konferenz in Istanbul. Dort hatte der Vatikan-Mann einen sofortigen Gewaltstopp und einen Dialog über die legitimen Erwartungen der Bevölkerung als Grundvoraussetzungen für Frieden in Syrien benannt. Was die teilweise Verquickung von Politik und Glaubensgemeinschaften im Libanon betrifft, sagte Lombardi:

„Jeder hat seine Verantwortlichkeiten. Der Papst und der Vatikan, so scheint mir, haben keine spezifische, konkrete Anweisung an die Christen, was sie tun sollen. Jeder lebt seine eigene Situation."

Idealerweise verstünden sich die Christen in der Region als „Brücke" und trügen zur Verständigung bei, ohne politisch eine Position zu ergreifen, fügte der Vatikansprecher an. Ein Schwerpunkt des Papstbesuches sei vor diesem Hintergrund die Begegnung Benedikt XVI. mit den im Libanon vertretenen Religionen – allein 18 von ihnen sind dort offiziell anerkannt – sowie mit den christlichen Konfessionen, so Lombardi. So werde der Papst auf seiner dreitägigen Reise nicht nur mit Vertretern der Sunniten, Schiiten, Drusen und Alawiten zusammentreffen, sondern auch alle vier katholischen Patriarchate in und bei Beirut besuchen.

„Wer die Vorbereitungen verfolgt hat, wird festgestellt haben, dass es eine Vorbereitung auch im Sinn des Konsenses der verschiedenen religiösen Gemeinschaften gegeben hat. Es gab in den letzten Tagen Treffen des maronitischen Patriarchen Rai mit den Drusen und auch mit der Hisbollah. Man kann also eine allgemeine Zufriedenheit feststellen und ein freundliches Willkommen aller Gruppen, die das positive und friedensstiftende Signal aufnehmen, das der Papst mit seinem Besuch allen bringen wird."

Hier noch einmal die einzelnen Programmpunkte der Reise im Detail:

Nach seiner Ankunft in Beirut am Freitagmorgen wird der Papst am Flughafen von den politischen und religiösen Vertretern des Landes empfangen. Dort wird Benedikt XVI. seine erste von insgesamt sechs längeren Ansprachen auf französischer Sprache halten. Eine „kleinere", siebte Rede wird er übrigens später – am Sonntag – bei Übergabe des postsynodalen Schreibens halten, ergänzte Lombardi. Höhepunkt des ersten Reisetages ist die Unterzeichnung des postsynodalen Schreibens in der griechisch-melkitischen Basilika St. Paul in Harissa am frühen Abend.

Am Samstag stehen für Benedikt XVI. wichtige Einzeltreffen mit religiösen Vertretern des Libanon auf dem Programm: Nach seiner Rede vor Vertretern aus Politik, Religion, Kultur und Gesellschaft trifft er noch im Präsidentenpalast von Baabda Vertreter der vier muslimischen Gemeinschaften im Libanon, der Sunniten, Schiiten, Drusen und Alawiten. Am Nachmittag besucht er das maronitische Patriarchat in Bkerke und Patriarch Butros Rai, bevor er dort abends mit Jugendlichen zusammentrifft. Unter den jungen Leuten werden voraussichtlich auch Flüchtlinge aus Syrien sein. Ob eine persönliche Begegnung des Papstes mit syrischen Flüchtlingen zustande kommt, dazu konnte Lombardi zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nichts Konkretes sagen.

Am Sonntag wird der Papst eine große Freiluftmesse an der Küstenseite von Beirut mit Gläubigen feiern, zu der mehrere hunderttausend Menschen erwartet werden. Benedikt XVI. wird dabei das postsynodale Schreiben an die Teilnehmer der Nahostsynode im Vatikan überreichen und den Angelus sprechen. Die Messe findet am selben Ort statt, an dem Johannes Paul II. 1997 bei seinem Libanonbesuch betete. Benedikts Vorgänger hatte seine Visite allerdings wegen der damals angespannten politischen Lage um drei Jahre verschieben müssen. Auch beim aktuellen Papstbesuch werden die Sicherheitsvorkehrungen hoch sein, so Pater Lombardi. Wegen der Spannungen im Nord- und Südlibanon sei die Visite auf Beirut und Umgebung beschränkt. Zurück in Rom erwartet wird der Papst am frühen Sonntagabend. (rv)

Papst trifft Religionsführer aus Israel: Hintergründe

Es ist nicht das erste Mal, dass Religionsführer aus Israel in dieser Zusammensetzung mit Benedikt XVI. zusammenkommen. Die Premiere gab es im Mai 2009, erklärt Pater Norbert Hofmann, der im Päpstlichen Einheitsrat verantwortlich zeichnet für das Gespräch mit dem Judentum.

„Man muss sehen, dass der Papst bei seinem Besuch in Nazareth diese Gruppe schon einmal getroffen hat, und das ist gleichsam der Rückbesuch in den Vatikan. Diese Gruppe möchte zeigen, dass Religion nicht Teil des Konflikts in Palästina-Israel ist, sondern Teil der Lösung dort sein soll. Die Religionen und die christlichen Konfessionen wollen beweisen, dass sie friedlich zusammenleben können, um so ein Modell, ein Beispiel abzugeben."

Hier werde „Friedfertigkeit vorexerziert", ergänzt Israels Vatikanbotschafter Mordechai Lewy – und kann sich eine Spitze nicht verkneifen: „Das müsste man auch in den Nachbarregionen nachmachen!" In einem Statement fordern die Religionsführer den ungehinderten Zugang zu Heiligen Stätten im Heiligen Land, ein Punkt, über den sich Pater Hofmann freut:

„Es ist immer Massgabe des Heiligen Stuhls gewesen, die Heiligen Stätten besuchen zu können: Die Freiheit zu diesen Heiligen Stätten ist ein ganz wesentlicher Punkt, den wir immer wieder gefordert haben. Und wie jetzt herauskommt, ist das eigentlich allen Religionen wichtig, dass diese Heiligen Stätten besucht werden können; da wollen sie zusammenarbeiten."

Einer aus der Gruppe der Religionsführer stellte sich den Journalisten nach der Begegnung mit Benedikt als „Widersprüchlichkeit auf zwei Beinen" vor: Elias Chacour ist Palästinenser, aber Christ, aber israelischer Staatsbürger. Und deutsch kann der katholisch-melkitische Erzbischof von Nazareth und Galiläa auch. Er sagte uns:

„Normalerweise kommen die Juden allein, die Moslems allein, die Christen allein zum Heiligen Vater, und jeder sagt, was er will. Wir haben entschieden, alle zusammen zum Heiligen Vater zu kommen, um alle öffentlich in Anwesenheit des Heiligen Vaters unseren Glauben an Frieden und Gerechtigkeit auszudrücken."

Schön und gut – aber kann das dann auch Rückwirkungen auf die jüdisch-muslimisch-christliche Gemengelage in Israel und Palästina selbst haben?

„Warum nicht? Israel ist nicht bloß ein Land – das sind Menschen! Die haben gelitten, und die haben Angst heute, genau wie die Palästinenser. Beide Seiten hoffen auf Frieden und Menschenwürdigkeit. Die Juden sind Menschen wie Sie und ich, die brauchen das, wie wir Palästinenser das brauchen!"

Man könne heute nicht mehr pauschal sagen: Diese Seite ist gut und die andere besteht aus Terroristen, so wie viele das vor siebzig Jahren behauptet hätten:

„Juden waren schmutzige Juden – aber das war nicht wahr, das war falsch! Heute werden die Palästinenser als ein Volk der Terroristen dargestellt… nicht als ein terrorisiertes Volk. Dabei wäre das die Wahrheit."

„Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um im Heiligen Land für eine gerechtere Gesellschaft zusammenzuarbeiten", verspricht das Statement der Religionsführer von diesem Donnerstag. (rv)