Kirche hofft auf „Friedens-Kampagne“ für Syrien

Kardinal TagleDas erlebt Kardinal Tagle nicht alle Tage: dass ein Mann am Straßenrand ruft „Es lebe die Caritas!“ Passiert ist die Szene in diesen Tagen im Libanon; da hat Tagle in der Bekaa-Ebene Flüchtlinge aus Syrien besucht. „Ich traf eine muslimische Familie, die aus Syrien stammt; der Familienvater rief: Es lebe die Caritas, es lebe die Kirche! Mich hat das sehr, sehr gefreut – nicht aus Stolz, sondern weil es zeigt, dass das Zeugnis der Nächstenliebe gültig ist.“

Luis Antonio Tagle ist Erzbischof von Manila auf den Philippinen; gleichzeitig leitet er auch die internationale Caritas, und dieses Amt war es, das ihn jetzt in den Libanon führte, in das von der libanesischen Caritas geleitete Flüchtlingslager. Was er dort gesehen hat, hat ihn beeindruckt.

„Es ist offensichtlich, dass das Leiden der Flüchtlinge nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine politische Ursache hat. Die internationale Gemeinschaft sollte dringend alles tun, um zu einer Lösung der politischen Konflikte zu kommen – wir brauchen eine echte Anstrengung, eine richtige Kampagne für den Frieden, damit das Leiden der Völker, der Vertriebenen und Flüchtlinge ein Ende nimmt!“

Von einer solchen Friedens-Kampagne träumt auch ein offizieller Kirchenvertreter in Damaskus: Mario Zenari, Erzbischof, Nuntius des Papstes in der syrischen Hauptstadt. Seit vier Tagen hört er keine Einschläge von Bomben und Raketen mehr: „Ich glaube, von ein paar Ausnahmen abgesehen scheint der Waffenstillstand zu halten. Wir wissen alle, dass das ein sehr, sehr zerbrechlicher und komplizierter Waffenstillstand ist – mit Leopardenflecken, sozusagen, weil der Islamische Staat und die Nusra-Front nicht mit inbegriffen sind. Aber es ist zu hoffen und zu beten, dass alle Träger dieser Waffenruhe sich ihrer Verantwortung bewusst sind.“

Syriens Präsident Assad hat Rebellen, die ihre Waffen niederlegen, eine Amnestie versprochen; UNO-Sondergesandter Staffan De Mistura kündigt für den 9. März eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche an. Nuntius Zenari meint dazu: „Dieser Waffenstillstand soll, wie der Papst das auch in seinem Appell beim Angelus gesagt hat, zum einen das Verteilen von humanitärer Hilfe an die 450.000 Menschen möglich machen, die in belagerten Gebieten leben, und an die fünf Millionen Menschen, die in Gebieten wohnen, welche für Hilfe von außen nur schwer zugänglich sind. Und wenn dieser Waffenstillstand hält, dann sollte er zum Dialog und an den Verhandlungstisch führen!“ (rv)

Zentralafrika: Die Menschen haben Angst

Kardinal FiloniIn der Republik Zentralafrika verschärft sich der Konflikt zwischen Regierung und Rebellen; für Freitag wird dazu eine von Frankreich geforderte Erklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erwartet. Die Erklärung soll die Friedensverhandlungen zwischen den Rebellen der Gruppe Seleka und dem Präsidenten Bozizé unterstützen. Für den kommenden Dienstag ist ein Treffen im Nachbarstaat Gabon vorgesehen. Schätzungen der Vereinten Nationen sprechen von weit über 300.000 Personen, die von der Gewalt der vergangenen Wochen betroffen seien, tausende befänden sich auf der Flucht in Richtung Kamerun und die Demokratische Republik Kongo. Pater Stefano Molon ist Karmelitenpater und seit 25 Jahren im Land. Er befürchtet, dass es zu einem Versorgungskollaps kommen könnte, wenn die Situation nicht schnell gelöst werden würde:

„Da sind die Rebellen, die an die Macht wollen. Das ist offensichtlich. Die alten Missionare erinnern sich noch daran, was vor 10 Jahren passiert ist, als das Land von der Krise gebeutelt wurde, die schließlich den aktuellen Präsidenten an die Macht gebracht hat. Das Land ist in einen Abgrund der Armut gestürzt. Es ist eine Krisensituation! Entweder gehen die Rebellen, oder sie schließen Frieden, oder sie erringen die Macht. Wir sind in Wartestellung. Es gab eine Übereinkunft zwischen den Rebellen, der Opposition und der Regierung. Es scheint, dass der Präsident diese nicht respektiert hat. Meiner Ansicht nach hätten die Rebellen ins offizielle Militär integriert werden müssen, oder ein Gehalt erhalten müssen; stattdessen sind sie weiterhin Rebellen geblieben.“

Die Spannung im Land sei hoch, doch die Rebellen hätten angeboten, zu Friedensgesprächen bereit zu sein. Allerdings wisse man nicht, so Pater Molon, wie verlässlich derartige Informationen tatsächlich seien. Denn oft handele es sich dabei um Machtmanöver. Die Lage in der Hauptstadt verschlechtere sich unterdessen.

„Als ich heute aus Kamerun zurückgekommen bin, habe ich keinen einzigen Lastwagen gesehen, der in Richtung Hauptstadt unterwegs war. Zentralafrika hängt vollständig vom Ausland ab, es wird fast nichts hier produziert. Deshalb kommt fast alles aus Douala, vom Hafen, aus Kamerun. Die Straße wird gerade fertig gestellt, und wenn die Fertigstellung gestoppt würde – das heißt, wenn die Rebellen die Straße einnehmen würden, dann wäre das ganze Land lahm gelegt. Das heißt, auch die Lebensmittellieferungen und alles andere, das aus Kamerun kommt, würde ausfallen und die Stadt bliebe ohne Versorgung, wenn die Situation nicht gelöst wird. Das bedeutet, dass fast einer Million Menschen die Grundnahrungsmittel fehlen werden – die Preise gehen nach oben und die Leute geraten in die Krise und werden gewalttätig. In den vergangenen Tagen gab es Barrikaden, Reifen wurden verbrannt: Die Menschen haben Angst!“

Unterdessen hat auch die Kongregation für die Evangelisierung der Völker ihrer Sorge über die Zustände in Zentralafrika Ausdruck verliehen. Kardinal Angelo Filoni wandte sich mit einer Botschaft an die Bischöfe und Gläubigen der Zentralafrikanischen Republik. In dieser bringt der Präfekt die geistige Verbundenheit mit den zentralafrikanischen Bürgern zum Ausdruck und lädt sie dazu ein, die Hoffnung auf Frieden nicht aufzugeben. Gleichzeitig appelliert er an das Verantwortungsbewusstsein der beteiligten Parteien, durch Dialog den Kreislauf der Gewalt zu beenden, der nur zum Anwachsen der Not eines Volkes führe, das bereits zu lange darunter leide. (rv)