Papst redet Politikern ins Gewissen: „Amputiert nicht die Freiheit!“

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Papst Benedikt XVI. hat an diesem Samstag seinen Besuch im westafrikanischen Benin fortgesetzt. Am zweiten Tag der Reise traf er am Morgen in Cotonou mit Präsident Thomas Boni Yayi zusammen. Am frühen Nachmittag unterzeichnet er in Ouidah das Schlussdokument zur Afrika-Synode 2009.

Nach einer Privatmesse am frühen Morgen in der Apostolischen Nuntiatur von Cotonou, wo der Papst auch übernachtet hatte, fuhr Benedikt XVI. in den etwa drei Kilometer entfernten Präsidentenpalast, der unmittelbar am Atlantik liegt.

Afrika ist ein Kontinent der Hoffnung – mit dieser Formel, die schon sein Vorgänger Johannes Paul oft verwendet hat, beginnt Benedikt XVI. seine Ansprache an Vertreter der Regierung und Zivilgesellschaft im Präsidentenpalast von Cotonou: „Wenn ich von Afrika als Kontinent der Hoffnung spreche, mache ich nicht einfach nur schöne Worte. Ich drücke eine persönliche Überzeugung aus und gebe die Sicht der Kirche wieder." Entschieden wendet sich der Papst gegen einen ausbeuterischen Blick auf Afrika: Weder moralische Urteile und Vorurteile noch schlaue Analysen oder die Ausbeutung Afrikas als „Reservoir an Energie, Mineralien, Landwirtschaft und Menschen" trage der Vielfalt des Kontinentes Rechnung, vielmehr sei dieses Denken schädlich. „Dies sind herabsetzende und respektlose Ansichten, die zu einer wenig würdigen Verdinglichung von Afrika und seinen Einwohnern führen."

Hoffnung bedeute ganz konkret Gerechtigkeit und Frieden, Freiheit und ein würdiges Leben, dekliniert der Papst im Folgenden durch: Dazu gehörten Ernährung und Ausbildung für die eigenen Kinder, der Schutz der Gesundheit und eine Politik, die dem Gemeinwohl dient und die transparent und gerecht ist. „Jedes Volk will die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen verstehen, die in seinem Namen getroffen werden. Es wird sich der Manipulation bewusst, und seine Reaktion ist manchmal gewalttätig. Es will am guten Regieren teilhaben", erklärt Benedikt XVI. weiter und geht dabei explizit auf die Umbrüche des arabischen Frühlings in Nordafrika ein, die er als grundlegendes menschliches Bedürfnis nach mehr Demokratie ins Allgemeine wendet: „Wir haben es hier mit einem legitimen Anspruch zu tun, der alle Länder betrifft, einen Anspruch auf mehr Würde und vor allem mehr Menschlichkeit".

„Die politischen und wirtschaftlichen Verantwortungsträger der Länder stehen vor maßgeblichen Entscheidungen, denen sie nicht länger aus dem Weg gehen können", redet der Papst der afrikanischen Führungsschicht in Wirtschaft und Politik ins Gewissen: „Sprecht euren Völkern nicht ihre Hoffnung ab. Amputiert nicht ihre Freiheit, indem ihr ihre Gegenwart verstümmelt! Geht die Dinge ethisch an, mit dem Mut eurer Verantwortung, seid gläubig und bittet Gott um Weisheit. (…) Diese Weisheit wird euch verstehen lassen, dass ihr zu wahren Dienern der Hoffnung werden müsst, wenn ihr die Zukunft eurer Völker fördern wollt."

Die Kirche biete keine technischen oder politischen Lösungen an, so der Papst weiter, begleite aber einen Staat, der Hoffnungsträger für sein Volk sei: Wenn Politik und Wirtschaft, Intellektuelle und Kulturvertreter dem Volk eines Landes diese positive Botschaft vermitteln könnten, entstehe Einheit und Gemeinschaft.

Deutlich wendet sich der Papst in seiner Ansprache im Präsidentenpalast, der auch zahlreiche Religionsvertreter beiwohnen, entschieden gegen jede Form von religiös motivierter Gewalt: „Keine Religion und keine Kultur kann den Aufruf zu Gewalt und Intoleranz rechtfertigen. Die Aggressivität ist eine ziemlich archaische Form der Beziehung, die wenig edle Instinkte auf den Plan ruft", so der Papst. Im multireligiösen Afrika, wo die Religionen oftmals vielfältige Verbindungen eingehen, warnt Benedikt XVI. weiter vor den Gefahren des Synkretismus und der Verwirrung im Feld der Religion. Interreligiöser Dialog müsse brüderlich sein und auf der genauen Kenntnis der eigenen Religion beruhen, und er müsse von regelmäßiger Gebetspraxis begleitet sein.

Positives Beispiel für religiöse Vielfalt und Zeichen der Hoffnung sei die afrikanische Familie, so Benedikt XVI.: „Auf eurem Kontinent gibt es viele Familien, deren Mitglieder verschiedenen Religionen nachgehen, und trotzdem bleibt die Familie vereint. Diese Einheit ist nicht nur gewollt von der Kultur, sondern sie besteht aufgrund brüderlicher Zuneigung." Lobend erwähnt der Papst in diesem Zusammenhang auch die gelungene Zusammenarbeit der Religionen im sozialen und kulturellen Bereich.

Das Gespräch der katholischen Kirche mit den in Afrika vertretenen Religionen komme „von Herzen", versichert den Papst den versammelten Religionsvertretern weiter. Er verweist dabei auf das Zweite Vatikanische Konzil und die interreligiösen Initiativen des Vatikans. (rv)