Keine Gespräche mehr mit der Piusbruderschaft

Die Piusbruderschaft „ist für die Kirche kein Verhandlungspartner, weil es über den Glauben keine Verhandlungen gibt". Das hat der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, in einem Interview mit dem NDR betont. Die Bruderschaft lehnt wichtige Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, unter anderem zur Religionsfreiheit und den Menschenrechten. Der Vatikan hat die Piusbruderschaft aufgefordert, diese Beschlüsse zu akzeptieren, wenn die Bruderschaft wieder ein Teil der Kirche werden will. Mit Blick auf eine mögliche Wiederaufnahme der Traditionalisten sagte Erzbischof Müller: „In einem pastoralen Sinn ist die Tür immer offen". Der Glaubenspräfekt stellte im Gespräch mit NDR Kultur aber klar: „Es gibt keine Ermäßigungen, was den katholischen Glauben angeht, gerade wie er auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil gültig formuliert worden ist. Das Zweite Vatikanische Konzil steht nicht im Gegensatz zur gesamtkirchlichen Tradition, allenfalls im Gegensatz zu mancher falschen Interpretation des katholischen Glaubens." Erzbischof Müller sagte weiter: „Wir können den katholischen Glauben nicht den Verhandlungen preisgeben. Da gibt es keine Kompromisse". Man werde in der Glaubenskongregation in Einheit mit dem Papst nun das weitere Vorgehen beschließen. Den Piusbrüdern läge die Erklärung vor, die sie zu akzeptieren hätten, betonte Müller. Und er fügte an: „Ich glaube, es gibt jetzt keine neuen Gespräche mehr." (rv)

Piusbrüder sehen keine Basis für Einigung mit Rom

Die schismatisch orientierte Piusbruderschaft sieht drei Punkte, die einer möglichen Einigung mit Rom „im Weg stehen". Das sagte der deutsche Distriktobere der Priesterbruderschaft St. Pius X., Pater Franz Schmidberger, jetzt in einem Videointerview, das am Dienstagabend im Internet veröffentlicht wurde.

„Zunächst einmal geht es darum, dass wir weiterhin auch gewisse Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils an den Pranger stellen dürfen – dass wir also mit offenen Karten spielen können. Zweitens, dass wir ausschließlich die liturgischen Bücher von 1962 benutzen dürfen, insbesondere das Missale. Und drittens, dass in der Bruderschaft immer ein Bischof aus unseren Reihen seinen Platz haben muss."

Der Vatikan hatte bereits klargestellt, dass man nicht von so genannten „Irrtümern des Konzils" sprechen könne. Es dürfe lediglich eine – auch in anderen Fragen legitime – Diskussion geben.

Die drei von Schmidberger genannten Bedingungen seien unlängst auf einem Generalkapitel der Piusbruderschaft formuliert worden, sagte der Distriktobere. Er widersprach nicht der Darstellung des Fragestellers, dass eine Rückkehr der Piusbrüder in die katholische Kirche mittlerweile in weite Ferne gerückt scheine.

„Den Umschwung brachte das Treffen zwischen unserem Generaloberen Bischof Fellay und Kardinal Levada, dem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, am 13. Juni in Rom, wo Levada Fellay eine neue Lehramtliche Erklärung unterbreitet hat, die einerseits den von Bischof Fellay vorgeschlagenen Text aufnimmt, andererseits aber doch sehr wesentliche Änderungen dort einführt, die für uns wirklich ein Problem darstellen. Das ist natürlich eine völlig neue Situation."

Den Text der sogenannten Lehramtlichen Präambel hat der Heilige Stuhl vorerst nicht veröffentlicht. Wie Schmidberger sagte, hätten sich die Piusbrüder beim Papst erkundigt, ob „dieser Nachschub an Forderungen wirklich mit ihm abgesprochen sei". Daraufhin habe Benedikt XVI. versichert, „dass das wirklich sein eigenes Ansinnen sei, dass diese Forderungen von uns erfüllt werden".

„Es geht dabei in ganz besonderer Weise um die Anerkennung der Rechtmäßigkeit der neuen Liturgie; zweitens geht es um die Tatsache, dass man wohl in Nuancen die eine oder andere Formulierung des Konzils diskutieren könne, aber die grundsätzliche Bereitschaft müsse von unserer Seite aus vorhanden sein, die Kontinuität anzuerkennen, also, das Zweite Vatikanum in der ungebrochenen Reihe aller anderen Konzilien und Lehraussagen der Kirche zu sehen. Und das geht also nun wirklich nicht." (rv)

Vatikan: Bisher keine Reaktion der Piusbruderschaft

Selbst wenn es bereits eine Antwort der Piusbruderschaft St. Pius X. geben würde: Die vatikanische Kommission „Ecclesia Dei" hat im Augenblick Ferien. Daran erinnert Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitag auf Anfragen von Journalisten. Der Heilige Stuhl hatte am 13. Juni ein definitives Angebot an die Lefebvrianer eingereicht, das die gemeinsamen Verhandlungen abschließen sollte. Die Abteilung „Ecclesia Dei" der Glaubenskongregation, die sich um den Dialog mit den Traditionalisten um Bischof Bernard Fellay kümmert, hatte bisher jedoch vergeblich auf Reaktionen gewartet. Der Vatikan fordert von den Piusbrüdern, einer „Lehrmäßigen Präambel" zuzustimmen, die die Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils beinhaltet. (rv)

Piusbruderschaft bleibt skeptisch

Die traditionalistische Piusbruderschaft hat sich skeptisch über eine Aussöhnung mit dem Vatikan geäußert. Der Generalobere könne die zuletzt vom Vatikan vorgelegte Version des Einigungsdokuments nicht unterzeichnen, heißt es in einem als „vertraulich" und „intern" gekennzeichneten Rundschreiben, das seit Dienstag im Internet zirkuliert. Das Dokument trägt die Unterschrift des Generalsekretärs der Bruderschaft, Christian Thouvenot. Anfang Juli werde das Generalkapitel der Bruderschaft tagen und dabei über das Dokument und den gesamten Vorgang beraten.

Thouvenot erklärt unter Berufung auf mehrere nicht genannte Quellen, die letzte vom Generaloberen Bernard Fellay korrigierte Version vom April habe Papst Benedikt XVI. zwar persönlich überzeugt. Mitte Juni habe aber der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, Fellay eine Textfassung vorgelegt, die wieder um einige Monate „zurückgedreht" war. Diese Version des Einigungsdokumentes sei für die Bruderschaft „eindeutig inakzeptabel". Das habe Fellay Levada auch unmittelbar mitgeteilt. Die Korrekturvorschläge der Bruderschaft seien mithin vom Vatikan abgelehnt worden.

Ausgeschlossen von den Beratungen des Generalkapitels ist nach Angaben des Generalsekretärs der Holocaust-Leugner Richard Williamson. Grund für den von Fellay verhängten Ausschluss seien dessen wiederholte Äußerungen zu den Enigungsbemühungen. Williamson habe „zur Rebellion aufgerufen" und sei beständig ungehorsam gewesen. Mehrere für den 29. Juni vorgesehene Priesterweihen von traditionalistischen Dominikanern und Kapuzinern wurden laut der Mitteilung verschoben. – Das Rundschreiben Thouvenots an die Distriktoberen, Seminare und Häuser der Bruderschaft trägt das Datum vom Montag.

Der Brief ist die neueste Entwicklung eines monatelangen Tauziehens und Schriftwechsels um eine mögliche theologische Einigung. Vorangegangen waren eineinhalbjährige theologische Gespräche von Vertretern des Heiligen Stuhles und der Traditionalisten. Deren Ergebnis war eine sogenannte lehrmäßige Präambel, die der Vatikan im September 2011 als Grundlage einer möglichen Aussöhnung formulierte und den Piusbrüder zur Unterschrift vorlegte. Darin wird die Treue zum Lehramt der katholischen Kirche einschließlich der Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils festgehalten.

Die beiden ersten Antworten der Traditionalisten hatte der Vatikan als ungenügend bewertet. Ein drittes Schreiben Fellays Mitte April wurde von der Kardinalsversammlung der Glaubenskongregation Mitte Mai beraten und dem Papst zur Entscheidung vorgelegt. Der Heilige Stuhl hatte zu jedem Zeitpunkt ausschließlich mit dem Oberen der Bruderschaft, Fellay, verhandelt, nicht aber mit den drei übrigen Traditionalistenbischöfen, die ebenfalls 1988 illegal von Erzbischof Marcel Lefebvre geweiht wurden. Diese drei, unter ihnen Williamson, schlossen eine Rückkehr in die katholische Kirche für die nähere Zukunft grundsätzlich aus.

Für Irritationen hatten in Rom jüngste Äußerungen Fellays gesorgt, Rom verlange von den Piusbrüdern nicht mehr die Akzeptanz des gesamten Zweiten Vatikanums. Im Vatikan hieß es dazu, die Annahme des vollständigen Lehramtes der katholischen Kirche sei und bleibe Grundlage für eine Beendigung des Bruchs zwischen Rom und den Traditionalisten. (rv)

Vatikan zur Piusbruderschaft: Wenn Eingliederung, dann über Personalprälatur

Die Gespräche zwischen dem Heiligen Stuhl und der Piusbruderschaft sind in eine neue Phase getreten: An diesem Mittwoch haben sich Verantwortliche beider Seiten im Vatikan getroffen, um die Bedingungen zu besprechen, unter denen die Bruderschaft überhaupt Teil der Kirche werden kann. Auf Vatikanseite führten die Gespräche Kardinal William Levada, Präfekt der Glaubenskongregation, und deren Sekretär, Erzbischof Luis Ladaria.

Eine Personalprälatur für die Piusbruderschaft ist der Vorschlag, mit dem der Vatikan in die Gespräche mit der Piusbruderschaft eingetreten ist. Das teilte der Pressesaal des Vatikan an diesem Donnerstag mit. Beim Treffen der Glaubenskongregation mit Bischof Bernard Fellay im Vatikan habe zunächst die Antwort der Piusbrüder vom April gestanden; die Bruderschaft hatte mit einem Schreiben auf die so genannte „Dogmatische Präambel" geantwortet. Bei dem Treffen im Vatikan habe Bischof Fellay nun die aktuelle Situation erläutert, in der sich die Bruderschaft befindet, geht aus der Vatikanerklärung weiter hervor. Fellay habe versprochen, als Antwort auf die Bewertung dieser Stellungnahme durch den Vatikan „in einem annehmbaren Zeitraum" eine Antwort der Bruderschaft vorzulegen. Im Klartext heißt das: Der Vorgang der Eingliederung der Bruderschaft in die volle Gemeinschaft der Kirche ist noch nicht abgeschlossen. Das hat ebenfalls Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Donnerstag gegenüber Journalisten betont: Es sei „die letzte Etappe der Untersuchung der Situation durch die Bruderschaft angebrochen", sagte Lombardi. Der Vatikan drückt in seinem Statement die Hoffnung aus, dass diese neue Zeit für Reflexion dazu dienen kann, die volle Einheit zu erreichen. Die letzte Entscheidung von seiten der katholischen Kirche über eine Wiedereingliederung steht dem Papst zu.

Wie könnte eine solche Wiedereingliederung konkret geschehen? Dazu hat der Vatikan den Entwurf eines Dokumentes vorgelegt, das die Errichtung einer Personalprälatur für die Piusbruderschaft vorsieht. Bisher gibt es in der Kirche nur eine einzige Organisation mit dieser Rechtsform, das Opus Dei. Diese Personalprälatur sei die angemessene Form für eine kanonische, also kirchenrechtliche Anerkennung, betont die Vatikanerklärung von diesem Donnerstag. Das Kirchenrecht sieht vor, dass der Heilige Stuhl diese errichten kann, Mitglieder können Priester und Diakone des Weltklerus sein (Kanon 294), es handelt sich also nicht um einen neuen Orden oder eine Kongregation. Eigene Statuten sollen das Verhältnis einer Personalprälatur zu den Bischöfen bestimmen (Kanon 297).

Die Pressemeldung des Vatikan hebt ebenfalls noch einmal die Feststellung vom vergangenen Mai hervor, dass es ein von diesem Prozess getrenntes Vorgehen in Bezug auf die anderen drei Bischöfe der Piusbruderschaft geben wird. Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Galarreta waren mit Bernard Fellay gemeinsam unerlaubt zu Bischöfen geweiht worden und hatten sich in der Vergangenheit eher kritisch zu der Annährung zwischen Bruderschaft und katholischer Kirche geäußert.

Der Vatikan erwartet eine Antwort der Piusbrüder auf seinen jüngsten Einigungsvorschlag im Verlauf des Monats Juli, fügte Lombardi vor Journalisten hinzu. Nach dem Gespräch vom Mittwochabend liege der "Ball nun im Feld der Traditionalisten". Diese müssten entscheiden, ob sie mit der vatikanischen Bewertung ihrer Antwort vom April einverstanden seien, so Lombardi. Inhaltliche Angaben, ob die Antwort "positiv" und somit eine Einigung möglich sei, wollte Lombardi nicht machen. (rv)

Schweiz: Bischöfe diskutierten über Piusbrüder

Falls sich der Heilige Stuhl mit der Piusbruderschaft auf eine volle Wiedereingliederung in die Kirche einigt, hätte das weitreichende Folgen, gerade für die katholische Kirche in der Schweiz. Das sagt der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Norbert Brunner, im Gespräch mit Radio Vatikan. In Brunners Bistum Sitten liegt Econe, der Sitz der Piusbruderschaft. Die Bischöfe trafen sich in diesen Tagen zu ihrer Vollversammlung in Einsiedeln.

„Es war kein Hauptthema unserer Vollversammlung. Aber am Rande der Bischofsversammlung haben wir darüber gesprochen, weil ja verschiedene Medien angekündigt haben, dass eine Einigung Roms mit den Piusbrüdern bevorstehen würde. Natürlich ist es schwierig sich dazu zu äußern, solange keine konkrete Formen der Einigungen bekannt sind. Doch ein Punkt der uns Sorgen macht, ist eine Spaltung innerhalb der Piusbruderschaft. Denn dann hätten wir nur einen Teil des Problems gelöst."

Überdies komme es darauf an, welche Struktur die Piusbruderschaft bekäme, so Bischof Brunner. Im Gespräch ist eine Personalprälatur nach dem Modell des Opus Dei.

Thema: Ökumene
Das offizielle Thema der Vollversammlung dieser Woche war hingegen eine Ausweitung der Anerkennung der Taufe. Bisher galt eine Regelung von 1973, die die katholische, die reformierte und die christkatholische Kirchen betrafen. Die Ausweitung soll möglichst alle Kirchen in der Schweiz betreffen, die in der sogenannten Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Mitglied sind.

„Denn dort sind auch andere Kirchen vertreten und diese gegenseitige Anerkennung sollte deshalb ausgeweitet werden. Das gilt insbesondere für die orthodoxen Kirchen."

Die orthodoxe Gemeinschaft im Alpenland wächst und zählt mittlerweile zu den größten Konfessiongemeinschaften in dem Land. Vor kurzem haben die katholischen Bischöfe auch orthodoxe Vertreter offiziell getroffen. Bei der Versammlung in Einsiedeln gab es dazu eine Rückschau auf dieses ökumenische Treffen.

„Das war das erste Treffen überhaupt, dass wir in dieser Form durchgeführt haben. Wir hatten dort gewisse Themen angesprochen, die wir weiter verfolgen wollen. Das geschieht nun vor allem zwischen dem ökumenischen Zentrum in Chambesy in der Nähe von Genf und unserem verantwortlichen Bischof Charles Morerod."

Thema: Asyl in der Schweiz
Die Vereinigung der orthodoxen Kirchen in der Schweiz gibt es seit erst etwa einem Jahr. Seit mehreren Jahren hingegen ist in der Schweiz das Thema „Asylpolitik" ein heißes Eisen, das auch die Kirche betrifft.

„Die Würde des Menschen sowie die Würde der Christen sollen in allen Ländern gewährt werden. Das gilt dann insbesondere bei der Solidarität für Minderheiten. Das ist ein Anliegen, dass wir mit vielen Menschen teilen. Diese Sorge gilt nicht nur den Asylsuchenden, die in der Schweiz Zuflucht suchen, das gilt auch für andere Verfolgte in anderen Ländern."

Dazu erinnerte Bischof Brunner an die schwierige Lage der Christen im Nahen Osten. Leider deute vieles darauf hin, dass die Verhältnisse schwieriger statt besser werden, so Brunner.

Thema: Sexuelle Übergriffe
Die Richtlinien der Bischofskonferenz zu „Sexuellen Übergriffe im kirchlichen Umfeld" wurden in den vergangenen Monaten überarbeitet. Es sind darin Anpassungen an veränderte Bestimmungen des kanonischen Rechts wie die Anhebung der Verjährungsfristen sowie einige Änderungen aufgrund der in den vergangenen Jahren gemachten Erfahrungen aufgenommen worden. Die Überarbeitung wurde von der Glaubenskongregation angeregt. (rv)

Kardinal Brandmüller: „Nostra Aetate nicht dogmatisch bindend“

Der deutsche Kurienkardinal Walter Brandmüller hofft auf eine Rückkehr der schismatisch orientierten Piusbruderschaft zur römisch-katholischen Kirche. Das sagte er am Montag im Gebäude von Radio Vatikan in Rom. Der frühere vatikanische Chef-Historiker stellte vor Journalisten ein Buch über das Zweite Vatikanische Konzil vor; dabei sagte er:

„Wir hoffen, dass der Versuch des Heiligen Vaters, die Kirche zu einen, gelingt – auch mit Blick auf die Lefebvrianer. Es ist die Historizität jedes Konzils, die einen Ausgangspunkt für einen fruchtbaren Dialog mit den Lefebvrianern darstellt. Wenn wir uns über den unterschiedlichen kanonischen Charakter der verschiedenen Konzilsdokumente klarwerden, sehen wir, ob sich eine Tür öffnet für eine Fortsetzung des Dialogs über das rechte Verständnis der verschiedenen Dokumente. Es gibt einen großen Unterschied etwa zwischen den großen Konstitutionen, z.B. „Sacrosanctum Concilium", „Dei Verbum" oder „Lumen Gentium", und den einfachen Erklärungen des Konzils…"

Brandmüller reagierte mit diesen Worten auf die Frage einer Journalistin. Weiter führte er aus:

„Seltsamerweise haben die beiden umstrittensten Texte, nämlich „Nostra Aetate" und „Dignitatis Humanae", nach der Einschätzung meines verehrten Professors in Kirchenrecht Klaus Mörsdorf, keinen lehrmäßig bindenden Inhalt. Also kann man darüber reden! Und um die Wahrheit zu sagen: Ich verstehe unsere Freunde von der Piusbruderschaft nicht, die sich fast ausschließlich auf diese beiden Texte konzentrieren. Es tut mir leid – denn das sind die am einfachsten zu akzeptierenden Texte, auch wenn wir ihre kanonische Natur bedenken!"

Mörsdorf war Ordinarius für Kirchenrecht in München, wo er 1989 starb. „Nostra Aetate" und „Dignitatis Humanae" sind beides Erklärungen des Zweiten Vatikanischen Konzils; in der ersten geht es um das Verhältnis der katholischen Kirche zum Judentum, in der zweiten um Menschenwürde und Menschenrechte. Auf die Nachfrage eines Journalisten, wie verbindlich diese Konzilserklärungen für einen Christen denn nun seien, erklärte Kardinal Brandmüller:

„Natürlich muss man sie ernstnehmen, als Ausdruck des lebendigen Lehramts! Aber ohne die ganze Kirche binden zu wollen, damit sie diese Formel akzeptiert, in der sie sich befinden."

Brandmüller war von 1998 bis 2009 Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften; Papst Benedikt machte ihn 2010 ehrenhalber zum Kardinal. Die Piusbruderschaft zweifelt nicht nur an Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils, sondern geht auch in der Liturgie einen Sonderweg. Die vatikanische Glaubenskongregation hat den Piusbrüdern im September 2011 eine „Lehrmäßige Präambel" überreicht; nur wenn sie diesen Text ohne Vorbehalte akzeptieren, können die Anhänger des verstorbenen schismatischen Erzbischofs Marcel Lefebvre wieder zurück in den Schoß der römischen Kirche.

Einen deutlich anderen Akzent als Brandmüller hat Kardinal Kurt Koch unlängst gesetzt. Bei einem Festakt am Mittwoch letzter Woche in Rom sprach der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates über „Nostra Aetate". Dabei stellte er klar, dass die Konzilsdokumente, einschließlich „Nostra aetate" mit seinen Aussagen zu Kirche und Judentum, für alle Katholiken bindend seien. Man könne nicht Katholik sein, ohne das Zweite Vatikanische Konzil und die daraus folgende kirchliche Lehre zu akzeptieren. „Denn alle Dokumente, Dekrete und Konstitutionen des Konzils sind für jeden Katholiken bindend", so der Kardinal wörtlich. Koch ist der Vatikanverantwortliche für den Dialog mit dem Judentum. Seine wesentlichen Aussagen wurden auch von der Vatikanzeitung „L`Osservatore Romano" wiedergegeben. (rv)

Vatikan bestätigt Eingang einer Antwort der Piusbrüder

Der Vatikan hat am Dienstag eine Antwort des Generaloberen der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X., Bernard Fellay, erhalten. Das bestätigte Vatikansprecher Federico Lombardi auf Anfragen von Journalisten. Der Text werde nun von den zuständigen Stellen im Vatikan überprüft und dann dem Papst zur Entscheidung vorgelegt, heißt es in einem Communiqué der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei" vom Mittwoch. Die der Glaubenskongregation angegliederte Behörde ist für den Kontakt zu den Traditionalisten zuständig. Über den Inhalt von Fellays Schreiben verlautete bislang nichts. Vor Journalisten sagte Lombardi:

„In den nächsten Tagen bzw. Wochen wird sich die Glaubenskongregation konkret mit der Antwort der Piusbruderschaft beschäftigen und erst dann wird sich auch der Papst dazu äußern. Was man bereits sagen kann ist aber, dass der Vatikan eine Antwort erhalten hat, die anders lautet, als die, die vom Vatikan als nicht ausreichend bemängelt wurde. Da gibt es also Fortschritte.
Es hatte ja ein Treffen zwischen Kardinal William Levada und Fellay gegeben und damals hieß es auf Seiten der Lefebvrianer, dass die Vorschläge des Vatikan ungenügend seien. Diese Haltung der Piusbrüder war sehr schwierig für die Kirche."

Der Vatikan hatte Fellay bei einer Begegnung am 16. März aufgefordert, binnen eines Monats eine „lehrmäßige Präambel" zu unterzeichnen und darin das kirchliche Lehramt anzuerkennen. Eine positive Antwort wäre Voraussetzung für eine Aussöhnung mit der seit 1988 getrennten Leitungsspitze der Piusbrüder.

„Es gibt aber auch Vorschläge und Wünsche von Seiten der Piusbrüder, die sie für die Präambel stellen. Selbstverständlich muss dies nun überprüft werden. Dies ist also der nächste Schritt, die nun die Glaubenskongregation machen wird. Es gibt also zum heutigen Zeitpunkt keine Antwort des Papstes auf diese Antwort, weil es noch kein abschließendes positives Resultat gibt."

Papst Benedikt XVI. hatte im Januar 2009 die Exkommunikation der vier Bischöfe zurückgenommen. Im Anschluss hatten Experten der Vatikan-Kommission „Ecclesia Die" sowie der Piusbrüder in einer eineinhalbjährigen Dialogrunde bestehende theologische Differenzen ausgelotet. Streitpunkte waren dabei Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Ökumene, zur Religionsfreiheit und zum interreligiösen Dialog, die bislang von den Piusbrüdern abgelehnt werden. Der Vatikan hatte eine Annahme dieser Konzilsaussagen zur Bedingung für eine Reintegration in die katholische Kirche gemacht. (rv)

Papst an Piusbruderschaft: „Nicht genug“

Die schismatisch orientierte Piusbruderschaft hat nicht genug getan, um Lehrdifferenzen zur katholischen Kirche zu überwinden. Damit ist ihre Rückkehr zur römisch-katholischen Kirche derzeit nicht möglich. Das befindet Papst Benedikt XVI. nach Prüfung einer Antwort der Piusbrüder auf eine Lehrmäßige Präambel aus dem Vatikan.

Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, sprach an diesem Freitag gut zwei Stunden lang mit Bischof Bernard Fellay, der die Piusbruderschaft leitet. Dabei gab Levada den Traditionalisten Zeit bis Mitte April, um noch einmal über ihre Haltung nachzudenken und sie zu „klären", heißt es in einer Mitteilung des Pressesaales. Die Piusbrüder wenden sich gegen wichtige Konzilstexte zum Thema Ökumene und zur Einschätzung anderer Religionen.

Mitte September letzten Jahres hatte Levada an Fellay die so genannte Lehrmäßige Präambel überreicht, deren Inhalt nicht öffentlich bekannt wurde. Darin wurden „einige Lehrprinzipien und –kriterien zur Interpretation der katholischen Lehre" aufgeführt. Diese sollte die Piusbruderschaft als Voraussetzung für eine weitere Annäherung unterzeichnen. Die – negative – Antwort der Piusbrüder ging im Januar im Vatikan ein und wurde zunächst in der Glaubenskongregation und dann auch vom Papst selbst studiert, heißt es in der Vatikan-Erklärung. Das Ergebnis wurde dem Leiter der Piusbrüder an diesem Freitag schriftlich übergeben: „Die Haltung (der Piusbruderschaft) ist nicht ausreichend, um die Lehrschwierigkeiten zu überwinden, die dem Bruch zwischen Heiligem Stuhl und Bruderschaft zugrundeliegen". Dennoch: Papst Benedikt und Fellay wollten, so die Erklärung weiter, „eine Kirchenspaltung mit schmerzhaften und unabsehbaren Folgen" immer noch vermeiden. Benedikt XVI. wünsche „eine Heilung des bestehenden Bruchs" – deshalb das Ultimatum zum 15. April.

Benedikt XVI. hatte sich stets für eine Aussöhnung mit den Traditionalisten eingesetzt. Nach einer allgemeinen Wiederzulassung der Messfeier nach den alten Büchern, wie die traditionsorientierten Gruppen sie feiern, und einer Rücknahme der Exkommunikation für die vier Bischöfe der Piusbruderschaft kam es am Vatikan zu direkten lehramtlichen Verhandlungen mit Blick auf eine eventuelle Aussöhnung. Diese Verhandlungen scheinen nun vorerst gescheitert. (rv)

Die Piusbruderschaft sagt Nein

Die Piusbruderschaft lehnt das Angebot aus dem Vatikan zur Rückkehr in die Gemeinschaft der katholischen Kirche ab. Die Bruderschaft sehe sich gezwungen, Nein zu sagen, sagte ihr Oberer Bernard Fellay in einer Ansprache im ordenseigenen Priesterseminar Winona (USA). Die traditionalistische Gruppierung hatte Fellays Rede am Freitag online auf der Website des Seminars veröffentlicht: stas.org.

Der Vatikan habe zwar in organisatorischer und liturgischer Hinsicht die Forderungen der Piusbrüder erfüllt. Das Problem sei jedoch die Lehre, sagte Fellay. Die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei", die für den Dialog mit den Traditionalisten zuständig ist, habe verlangt, dass die alle Dokumente des Konzils – vor allem zu Ökumene, Glaubens- und Religionsfreiheit – als mit der Tradition übereinstimmend angenommen werden müssten. Diese Sicht sei für die Piusbruderschaft inakzeptabel, so Fellay. Auch der Weltkatechismus von 1992 sei in seiner Darstellung dieser Kontroversthemen mit der eigentlichen Tradition der Kirche nicht kompatibel, heißt es.

„Ecclesia Dei" untersteht der Glaubenskongregation. Diese hatte eineinhalb Jahre lang Gespräche mit der Piusbruderschaft über eine mögliche Rückkehr zur Kirche geführt. Danach legte sie den Oberen der Bruderschaft im September vergangenen Jahres eine „Lehrmäßige Präambel" zur Unterschrift vor. Das Dokument, dessen Inhalt nicht veröffentlicht wurde, enthält die Grundbedingungen für eine Rückkehr zur katholischen Kirche. Eine Antwort der Bruderschaft traf vor zwei Wochen ein, eine offizielle Reaktion des Heiligen Stuhles steht noch aus. (rv)