Korea vor dem Papstbesuch: Radio Vatikan berichtet

Radio Vatikan An diesem Mittwochnachmittag um 16 Uhr römischer Zeit wird Papst Franziskus nach Korea fliegen. Damit startet er eine fünftägige Reise in das ostasiatische Land. Unser Redaktionsleiter, Pater Bernd Hagenkord SJ, ist für uns in Südkorea. Er hat schon mal einige koreanische Zeitungen angeschaut.

Die Erwartungen an den Papst sortieren sich: Ein Blick in die – englischsprachigen – Zeitungen Seouls an diesem Mittwoch geben ein recht vollständiges Bild von dem, was den Papst erwarten wird.

Der „Korean Herald“ zählt auf, wo die Spannungen in der Gesellschaft liegen, die der Papst vorfinden wird. Es geht um die Aufarbeitung des Fährunglücks vom April dieses Jahres, oder vielmehr um das Fehlen der Aufarbeitung, es geht um eine US-Militärbasis in einem Naturschutzgebiet, um staatliche Bauprojekte gegen den Willen der Bevölkerung, und es geht natürlich um die Wiedervereinigung der beiden Koreas.

Auch wenn Kirchenvertreter offiziell die Erwartungen herunter fahren wollen, das sind die Themen, die in den Köpfen und Herzen der Menschen drin stecken.

Ein schwieriges Thema ist auf der Titelseite der „Korea Times“: Eine ehemalige Sex-Sklavin der japanischen Armee während des Zweiten Weltkrieges hofft darauf, dass der Papst das Schicksal all der Frauen anspricht, die von der Besatzungsmacht jahrelang missbraucht wurden. Bis heute erkennt Japan das nicht an, bis heute wird jede Woche im Zentrum Seouls vor der Botschaft Japans demonstriert, wenn auch die Zahlen stetig abnehmen, denn die Frauen werden älter und weniger.

Ein weiteres Thema: Was passiert eigentlich am Samstag im Zentrum der Stadt? Viele Koreaner haben keine Ahnung von katholischer Liturgie, und da viele Fernsehsender, inklusive zweier koreanischer und CNN das live übertragen, wird das in englischsprachigen und koreanischen Zeitungen samt Grafik genau erklärt: Altar, Kreuz, Kardinal, Messgewand, Skulpturen und so weiter.

In einem Interview gerade hat mir Serena Kim, eine katholische Theologieprofessorin hier in Korea, die bei einem der Sender live kommentieren wird, bestätigt, wie sehr dieses Wissen nachgefragt ist. Sie muss alles, aber wirklich alles erklären, was mit Kirche und Liturgie und Papst zu tun hat.

Hier wird der Papst Interesse wecken, was es mit der Kirche auf sich hat. Deren Engagement in den sozialen Fragen kennt man, deren Einsatz für die Demokratisierung des Landes wird in der gesamten Gesellschaft hoch geschätzt, nun aber bekommen alle zu sehen, was das genau ist, die katholische Kirche.

Aus Seoul, Pater Bernd Hagenkord für Radio Vatikan. (rv)

„Die Qualität des Zeugnisses erhöhen“ – zum Arbeitsdokument für die Bischofssynode 2012

Der Vatikan hat an diesem Dienstag das so genannte „Instrumentum Laboris", das Arbeitspapier für die Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung, veröffentlicht. Die Synode beginnt am 7. Oktober, wenige Tage vor Beginn des von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahres des Glaubens", und geht bis zum 28. Oktober. Zur Vorbereitung der Synode war im März 2011 das erste Vorbereitungsdokument, die so genannte „Lineamenta" vorgestellt worden. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat beide Dokumente gelesen.

Pater Hagenkord, was für ein Dokument ist das heute veröffentlichte Arbeitspapier genau?

Der lange Text – es sind über 80 Seiten – ist und liest sich als eine Fortschreibung des ersten Vorbereitungstextes, also der so genannten „Lineamenta". Das war ein ähnlicher Text, etwas kürzer, der dem Projekt der Bischofssynode einen ersten Aufgabenumriss gegeben hat.
Damals wurden nach jedem Kapitel Fragen gestellt mit der Aufforderung, diese im Bistum oder im Orden zu besprechen. Diese Antworten bilden nun die Fortschreibung. Man hat das Gerüst des ersten Dokumentes genommen und dann mit den Impulsen aus der Ortskirche weiter gearbeitet.
Das Ganze ist eindeutig kein Katechismus und kein fertiges Dokument, man merkt ihm an, dass es für die Weiterarbeit gedacht und geschrieben ist.

Was sind denn die Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Text?

Der zweite ist eindeutig weniger abstrakt. Beim ersten, den Lineamenta, war ganz allgemein und sehr theologisch und spirituell ein Rahmen formuliert worden. Diesem Text merkt man nun an, dass die Praxis eingeflossen ist. Das soll nicht heißen, dass er weniger profund ist, aber die Antworten aus den Ortskirchen haben den Charakter des Textes geändert. Damit wird die Synode, wenn sie im Oktober tagt, sicherlich etwas anfangen können.

Aber muss denn nicht ein Text aus Rom, der für die ganze Kirche gelten soll, notwendigerweise allgemein sein, ja vielleicht ein wenig abstrakt?

Das könnte man meinen, aber dies ist wirklich ein pastoral ausgerichteter Text. Er beginnt damit, die verschiedenen Bezüge herzustellen: Das Konzilsjubiläum, das Jahr des Glaubens usw., dann spricht er aber auch die problematische Situation der Kirche an und die Notwendigkeit, über eine Erneuerung zu sprechen, und zwar in der ganzen Kirche, nicht nur im alten Westen. Das zeigt, dass das Dokument seinen Ort in der Debatte hat und nicht wie ein Einzelstück herausragt.
Dann ist es die theologische Sprache, die gewählt wurde: Der Text stellt die Begegnung mit Christus vor, er spricht davon, die Menschen hineinzunehmen in die Beziehung Gottes. Das ist sehr pastoral und deswegen sehr praktisch. Eben genau für die Ebene gedacht, auf der Neu-Evangelisierung stattfinden muss, nämlich vor Ort.

Die Weltbischofssynode vom Oktober steht unter dem Titel „Die Neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens". Nun ist das Wort „Neuevangelisierung" nicht wirklich beliebt, zumindest nicht in der deutschsprachigen Kirche. Was genau soll das sein?

Neue Evangelisierung soll nicht einen Zustand von früher wieder herstellen. Sie ist keine Taktik, um mehr Mitglieder zu gewinnen. Sie will Veränderung, und das meint vor allem zuerst die Veränderung aus sich selbst, von der Kirche selbst.
Es ist richtig, wirklich beliebt ist das Wort nicht, aber es ist das hier in Rom eingeführte Wort, das letztlich auf Papst Paul VI. zurück geht. Wir würden das eher missionarische Seelsorge nennen, gemeint ist genau das Gleiche.

Was genau soll laut Arbeitsinstrument die Synode im Oktober denn leisten?

Sie soll eine Revisionsarbeit leisten, und zwar soll neu nachgedacht werden, wie Kirche unter Menschen heute sein und leben und verkünden kann. Es ist keine Neuerfindung von Kirche, aber auch nicht das Trauern um das Alte. Es geht um das Heute. Und hier werden in Sachen Analyse der Gegenwart erste Schritte gemacht, die die Synode selbst sicherlich noch vertiefen wird, etwa in der Frage der ökonomischen oder sozialen Bedingungen, der Globalisierung, oder auch in der Veränderung der Medienwelt. Das sind neue Bedingungen für die Kirche – und unter denen muss sie sich neu finden.

Auch vom Phänomen der Migration und den Folgen der Säkularisierung für das Glaubensleben ist in dem Dokument die Rede. Sie haben gerade das Stichwort „Veränderung auch von innen" genannt. Geht es auch um eine Reform der Kirche?

Nicht ganz. Es geht schon um Verkündigung. Im ganzen Dokument wird sehr klar, dass es um die Natur der Kirche geht, also um ihren Auftrag, das Evangelium Jesu Christi zu leben und weiter zu geben. Das Wort ‚Reform’ meint ja eher die Struktur. Bei dem Projekt der neuen Evangelisierung soll es schon um den Kern gehen, also um das Leben des Glaubens und dessen Weitergabe. Um eine Formulierung des Textes zu verwenden: Evangelisierung will neues Leben für jede menschliche Erfahrung. Sie will keine Sonderwelt namens Kirche oder Glauben, sondern die ganze menschliche Welt, wie sie eben heute ist, für den Glauben öffnen.
Das ist das Projekt der Synode, und diesen Geist atmet auch das „Instrumentum Laboris". (rv)

Die unendliche Geschichte des IOR: Ein Kommentar

Bernd HagenkordErst waren es ein Priester und einige andere, die mit Verdacht auf Geldwäsche verhaftet wurden. Schnell war von der Vatikanbank IOR die Rede, obwohl die Beteiligten auf den ersten Blick nichts damit zu tun hatten. Dann traten aber der Direktor und der Vizedirektor des Instituts zurück. Erinnerungen an eine Aussage Papst Franziskus´ werden wach, als er während einer Morgenmesse meinte, die IOR sei zwar wichtig, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Wird es nun Zeit für die Auflösung des IOR? Ein Kommentar von Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord.

Es sind Begriffe, die sich von selbst nahe legen: Korruption, Vertuschung, dann dieser merkwürdige Versuch, 20 Mio € zu schmuggeln. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass das reicht. Ein neuer Papst, sozusagen ein neuer Besen, der gut kehrt, da könnte man doch gleich ganz sauber machen und das IOR schließen; die Geschichten sind teilweise unappetitlich und einige Kardinäle haben ja auch schon lauthals nach einem Aus gerufen.
Trotzdem wage ich eine etwas ruhigere Analyse: Bevor irgendetwas entschieden wird, sollte herausgefunden werden, was eigentlich genau passiert ist und passiert. Das tut der Papst, indem er eine eigene Kommission einrichtet, die ihn über die Strukturen und die Geschäfte des IOR unterrichtet. So verführerisch die schnelle und vermeintlich klare Lösung ist, sie geht am Ziel vorbei. Wer aufräumen will, muss erst einmal genau hinschauen und dann erst die Schlüsse ziehen.
Genau das passiert im Vatikan zurzeit. Deswegen sind die Skandale, so schmerzhaft sie sind, kein neuer Korruptionssumpf, sondern Heilungsschmerzen.
Im Interview mit Radio Vatikan hatte IOR-Präsident Ernst von Freyberg eine Null-Toleranz-Politik „bei Kunden, aber auch bei Angestellten, die irgendwie in Geldwäsche verwickelt sein sollten", angekündigt. Ich denke, dass wir diese Null-Toleranz-Politik gerade in Aktion sehen. (rv)

„Die Qualität des Zeugnisses erhöhen“: Arbeitsdokument für die Bischofssynode 2012

Der Vatikan hat an diesem Dienstag das so genannte „Instrumentum Laboris", das Arbeitspapier für die Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung, veröffentlicht. Die Synode beginnt am 7. Oktober, wenige Tage vor Beginn des von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahres des Glaubens", und geht bis zum 28. Oktober. Zur Vorbereitung der Synode war im März 2011 das erste Vorbereitungsdokument, die so genannte „Lineamenta" vorgestellt worden. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat beide Dokumente gelesen.

Pater Hagenkord, was für ein Dokument ist das heute veröffentlichte Arbeitspapier genau?

Der lange Text – es sind über 80 Seiten – ist und liest sich als eine Fortschreibung des ersten Vorbereitungstextes, also der so genannten „Lineamenta". Das war ein ähnlicher Text, etwas kürzer, der dem Projekt der Bischofssynode einen ersten Aufgabenumriss gegeben hat.
Damals wurden nach jedem Kapitel Fragen gestellt mit der Aufforderung, diese im Bistum oder im Orden zu besprechen. Diese Antworten bilden nun die Fortschreibung. Man hat das Gerüst des ersten Dokumentes genommen und dann mit den Impulsen aus der Ortskirche weiter gearbeitet.
Das Ganze ist eindeutig kein Katechismus und kein fertiges Dokument, man merkt ihm an, dass es für die Weiterarbeit gedacht und geschrieben ist.

Was sind denn die Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Text?

Der zweite ist eindeutig weniger abstrakt. Beim ersten, den Lineamenta, war ganz allgemein und sehr theologisch und spirituell ein Rahmen formuliert worden. Diesem Text merkt man nun an, dass die Praxis eingeflossen ist. Das soll nicht heißen, dass er weniger profund ist, aber die Antworten aus den Ortskirchen haben den Charakter des Textes geändert. Damit wird die Synode, wenn sie im Oktober tagt, sicherlich etwas anfangen können.

Aber muss denn nicht ein Text aus Rom, der für die ganze Kirche gelten soll, notwendigerweise allgemein sein, ja vielleicht ein wenig abstrakt?

Das könnte man meinen, aber dies ist wirklich ein pastoral ausgerichteter Text. Er beginnt damit, die verschiedenen Bezüge herzustellen: Das Konzilsjubiläum, das Jahr des Glaubens usw., dann spricht er aber auch die problematische Situation der Kirche an und die Notwendigkeit, über eine Erneuerung zu sprechen, und zwar in der ganzen Kirche, nicht nur im alten Westen. Das zeigt, dass das Dokument seinen Ort in der Debatte hat und nicht wie ein Einzelstück herausragt.
Dann ist es die theologische Sprache, die gewählt wurde: Der Text stellt die Begegnung mit Christus vor, er spricht davon, die Menschen hineinzunehmen in die Beziehung Gottes. Das ist sehr pastoral und deswegen sehr praktisch. Eben genau für die Ebene gedacht, auf der Neu-Evangelisierung stattfinden muss, nämlich vor Ort.

Die Weltbischofssynode vom Oktober steht unter dem Titel „Die Neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens". Nun ist das Wort „Neuevangelisierung" nicht wirklich beliebt, zumindest nicht in der deutschsprachigen Kirche. Was genau soll das sein?

Neue Evangelisierung soll nicht einen Zustand von früher wieder herstellen. Sie ist keine Taktik, um mehr Mitglieder zu gewinnen. Sie will Veränderung, und das meint vor allem zuerst die Veränderung aus sich selbst, von der Kirche selbst.
Es ist richtig, wirklich beliebt ist das Wort nicht, aber es ist das hier in Rom eingeführte Wort, das letztlich auf Papst Paul VI. zurück geht. Wir würden das eher missionarische Seelsorge nennen, gemeint ist genau das Gleiche.

Was genau soll laut Arbeitsinstrument die Synode im Oktober denn leisten?

Sie soll eine Revisionsarbeit leisten, und zwar soll neu nachgedacht werden, wie Kirche unter Menschen heute sein und leben und verkünden kann. Es ist keine Neuerfindung von Kirche, aber auch nicht das Trauern um das Alte. Es geht um das Heute. Und hier werden in Sachen Analyse der Gegenwart erste Schritte gemacht, die die Synode selbst sicherlich noch vertiefen wird, etwa in der Frage der ökonomischen oder sozialen Bedingungen, der Globalisierung, oder auch in der Veränderung der Medienwelt. Das sind neue Bedingungen für die Kirche – und unter denen muss sie sich neu finden.

Auch vom Phänomen der Migration und den Folgen der Säkularisierung für das Glaubensleben ist in dem Dokument die Rede. Sie haben gerade das Stichwort „Veränderung auch von innen" genannt. Geht es auch um eine Reform der Kirche?

Nicht ganz. Es geht schon um Verkündigung. Im ganzen Dokument wird sehr klar, dass es um die Natur der Kirche geht, also um ihren Auftrag, das Evangelium Jesu Christi zu leben und weiter zu geben. Das Wort ‚Reform’ meint ja eher die Struktur. Bei dem Projekt der neuen Evangelisierung soll es schon um den Kern gehen, also um das Leben des Glaubens und dessen Weitergabe. Um eine Formulierung des Textes zu verwenden: Evangelisierung will neues Leben für jede menschliche Erfahrung. Sie will keine Sonderwelt namens Kirche oder Glauben, sondern die ganze menschliche Welt, wie sie eben heute ist, für den Glauben öffnen.
Das ist das Projekt der Synode, und diesen Geist atmet auch das „Instrumentum Laboris". (rv)

Kuba: Was bleibt von der Reise?

Nach der Messe an diesem Mittwoch wird sich Papst Benedikt von Kuba verabschieden. Was bleibt vom Besuch? Eine Reflexion von unserem Korrespondenten vor Ort, Pater Bernd Hagenkord.

Die großen Gesten waren nicht zu beobachten, die großen Worte und die Auseinandersetzung. Wer eine Wiederholung des Papstbesuches von vor 14 Jahren auf Kuba erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Benedikt XVI. kam nicht mit fliegenden Fahnen auf die Insel. Er kam als Pilger. Wer die Bilder aus Santiago de Cuba gesehen hat, dem konnte die persönliche Note dieses Besuchs nicht verborgen bleiben. Aber auch für die Kirche und das Land war diese Pilgerreise nicht ohne Wirkung. Benedikt XVI. kam, um die Anliegen der Kirche hier zu stärken. Pilger-Sein, das ist eben auch ein Eingehen auf die Situation des Reiselandes.

Wandel durch Annäherung, kritische Zusammenarbeit, man nenne es wie man will: Die Kirche Kubas hat sich entschieden, den Wandel in der Zusammenarbeit mit der Regierung zu suchen.

Kuba braucht Veränderung, das hat Präsident Raúl Castro in seiner Brandrede zur Begrüßung des Papstes selbst angesprochen. Und die katholische Kirche drängt darauf. Sie schützt die Damen in Weiß, aber gleichzeitig wendet sie sich auch gegen die Aktionen von Oppositionellen, die vor dem Papstbesuch Kirchen besetzt hielten. Es ist nicht einfach, diesen Weg zu gehen, das haben uns alle Gesprächspartner hier bestätigt. Papst Benedikt XVI. aber hat durch seine Anwesenheit genau diese Linie bestärkt. Zum Wohl der Kirche, zum Wohl des Landes und zum Wohl der Menschen hier.

Was vom Besuch bleiben wird, das wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen. Es werden wohl nicht die großen Gesten sein, eher die leisen und allmählichen Dinge, ein mühsamer Wandel. Eben genau das, was das Pilgern ausmacht.

Aus Havanna Pater Bernd Hagenkord für Radio Vatikan (rv)

Wie Havanna auf den Papst wartet

Es ist kein gewöhnlicher Papstbesuch, der an diesem Montag beginnt. Das wurde jedem deutlich, der in den vergangenen Tagen durch die Hauptstadt Havanna ging. Grund ist natürlich die nicht ganz einfache Beziehung zwischen Kirche und Staat.

Auch Mexiko, wie viele andere vom Papst besuchte Länder, hat eine Geschichte von Kirche und Staat, die nie frei von Spannungen war, die sogar Verfolgungen in der Vergangenheit kannte. Kuba ist aber noch einmal etwas Besonderes. Die Insel erlebt im Augenblick sein 54. Jahr der Revolution. Alles weist darauf hin, dass es wirtschaftliche Öffnung gibt, auch wenn eine Schrifttafel in der Nähe des Flughafens verkündet, dass dies für mehr Sozialismus geschehe.

Was aber vor allem auffällt, ist die fast vollständige Unsichtbarkeit des Papstbesuches. Auf der Plaza de la Revolución ist das naturgemäß anders, der Altar ist aufgebaut und wird von den Abbildungen der Revolutionäre José Marti und Che Guevara überragt. Je weiter man sich aber von den zentralen Orten entfernt, desto weniger sichtbar wird der Besuch im Straßenbild.

In Havanna gibt es gar keine Straßenwerbung, ein ungewohnter und sehr angenehmer Anblick für einen Westler. Aber es gibt auch kaum Hinweise auf die Papstmesse. An einigen Masten hängen nicht sehr große Plakate, aber das war es auch schon.

Die Menschen, die man auf der Straße trifft, wissen aber sehr wohl Bescheid. Alejandro zum Beispiel trägt zur Feier des Anlasses seinen Rosenkranz um den Hals. Er arbeitet in einer Zigarrenfabrik, aber da ganz Havanna für den Papstbesuch zwei Tage lang frei hat, genießt er den Tag und wird zur Ankunft des Papstes zum Flughafen fahren. In der Pfarrei um die Ecke wurde am Sonntag in den Fürbitten ganz besonders für den Besuch gebetet; man erwartet sich Impulse für den Glauben und die Gemeinschaft der Kirche.
Die Journalisten sind am Sonntag in großen Mengen zur Kirche Santa Rita gefahren, um mit den Damas en Blanco – den für die Freilassung der Gefangenen protestierenden Frauen – zu sprechen. Der Pfarrer musste die anwesenden Journalisten sogar ermahnen, die Messe nicht zu stören. Aber nachher erzählten einige der Frauen, dass sie zur Papstmesse gehen werden, aber nicht in weiß, sie wollten mit dem Papst feiern, nicht demonstrieren.

Viel Vorbereitung ist in diesen Besuch gegangen, auch wenn man es in den Straßen nicht sieht. Aber er wird – und da sind sich alle einig, mit denen ich habe sprechen können – wie der Vorgängerbesuch seine Spuren im Land hinterlassen.

Aus Havanna Pater Bernd Hagenkord für Radio Vatikan (rv)

DBK-Missbrauchsbeauftragter: „Neue Phase hat begonnen“

Als „Meilenstein im Engagement gegen sexuellen Missbrauch" hat Bischof Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch, den internationalen Kongress „Auf dem Weg zu Heilung und Erneuerung" an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom bezeichnet: „Er zeigt, wie wichtig der Kirche die Beschäftigung mit diesem Thema ist. Der Papst macht damit klar, dass die Kirche die Aufarbeitung weltweit pro-aktiv und noch systematischer angehen will", wird der Missbrauchsbeauftrage in einer Presseaussendung der Deutschen Bischofskonferenz zitiert.

Im Gespräch mit dem Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan, Pater Bernd Hagenkord, berichtet Bischof Ackermann von seinen Eindrücken, die er bisher auf dem Kongress gewinnen konnte. Die hochrangig besetzte Tagung geht noch bis Donnerstag, 220 Vertreter von 110 Bischofskonferenzen aus aller Welt nehmen daran teil. Das Symposium war mit einer Botschaft des Papstes eröffnet worden, in der er mahnte, die Sorge um die Opfer zu einem Hauptanliegen der Kirche zu machen.

Hohes Niveau: Starke Beteiligung der Kurie

P. Hagenkord: Bischof Ackermann, was ist Ihr Eindruck nach den ersten beiden Tagen dieses Kongresses?

Bischof Ackermann: „Ich bin erstens davon beeindruckt, wie hoch die Resonanz auf den Kongress ist und dass wirklich alle Kontinente und sehr viele Bischofskonferenzen vertreten sind. Man spürt die hohe Professionalität und dass man auch voneinander profitieren kann. Es gibt – wenn wir an die USA, Irland oder England denken – ja auch Bischofskonferenzen, die mit der Aufklärungsarbeit in dem Sinn schon mehr Erfahrung haben, weil sie sich schon länger damit beschäftigen. Das ist spürbar und man spürt natürlich auch, dass in Rom und von Seiten der Kurie dem Ganzen große Aufmerksamkeit gewidmet wird und man auch durch Präsenz zeigt, wie wichtig das ist."

Es ist auffällig, wie viele hochrangige Vertreter des Vatikan dabei sind.

„Gestern Abend [Montag, Anm. d. Red.] waren sowohl der Präfekt der Glaubenskongregation, der Präfekt der Bildungskongregation und der Bischofskongregation anwesend. Kardinal Ouellet, der Präfekt der Bischofskongregation, war heute den ganzen Tag über präsent. Das zeigt, dass man das wirklich sehr ernst nimmt und das unterstützen will. Die Initiative geht von der Gregoriana aus, einer päpstlichen Universität, aber es ist doch etwas anderes, wenn es von der Kurie selbst kommt. Hier ist sehr deutlich die gegenseitige Unterstützung spürbar."

Beispiel Prävention: Lernen von anderen Ländern

Sie sind seit ziemlich genau zwei Jahren Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für den Umgang mit Missbrauchsfällen. Haben Sie in Ihrem Amt von anderen Ländern lernen können, etwa von den USA oder von Irland, wo die Diskussion schon seit 20 Jahren läuft?

„Schon als bei uns die ersten Anzeichen kamen, gab es Kontakt nach Irland. Aber vor allen Dingen auch schon davor, in der ganzen Frage der Heimkinderproblematik. Damals sind Mitarbeiter der Bischofskonferenz nach Irland gefahren und haben sich dort erkundigt. Im vergangenen Herbst war ich selbst in den USA, wir haben da Gespräche geführt, etwa mit der US-amerikanischen Bischofskonferenz. Ich war aber auch in der Erzdiözese New York. Was man dort lernen kann, ist alles zur Prävention. Die sind da weiter und machen das sehr strukturiert, etwa ein so genanntes ,Monitoring‘, also eine Kontrolle der ganzen Präventionsprogramme. Sie haben auch in den Diözesen zum Teil ehemalige Mitarbeiter des FBI, die sich dort sehr systematisch darum kümmern und schauen, ob Priester, Lehrer und Katecheten in den Präventionsprogrammen geschult werden, ob es entsprechende Bescheinigungen gibt. Was die systematische Umsetzung der Prävention angeht, können wir schon noch einiges lernen.
Wir können auch lernen, wie der Umgang mit den Tätern ist: Therapien und die Fragen nach einem möglichen weiteren Einsatz. Hier sind die US-Amerikaner weiter und hier können wir von ihnen lernen."

Bisherige Arbeit kann sich sehen lassen

Gibt es denn auch umgekehrt etwas, was Sie anderen Ländern oder Bischofskonferenzen weitergeben wollten?

„Ich glaube, dass die anderen Länder, was die Leitlinien und die Präventionsrahmenordnung angeht, lernen, dass wir schnell reagiert haben. Ich würde auch sagen, dass die Ansätze, die bei uns da sind, gut sind und ja auch mit den Normen des Vatikan überein stimmen. Wir haben die ja auch zum Kongress mitgebracht, sie sind in Englisch verfügbar. Wir können also sagen, dass wir das, was wir uns mit Mühe erarbeitet haben durch viele Gespräche auch mit Fachleuten von außerhalb der Kirche – etwa den Opferschutzverbänden – , hier einbringen. Und ich denke, das kann sich auch sehen lassen."

Sie sind jetzt zwei Jahre im Amt, was sind im Rückblick Augenblicke, die besonders waren, besonders gut oder besonders schlecht und dunkel?

„Ich fange einmal bei dem an, was gut war: Was mich wirklich bestärkt hat und was meine Aufgabe erleichtert hat, war die hohe Bereitschaft zur Zusammenarbeit von Fachleuten, die in der Opferarbeit schon seit längeren Jahren tätig sind, seien es Psychologen oder seien es eben auch in der Opferschutzarbeit engagierte Menschen. Die waren bereit, uns dabei zu helfen, Leitlinien und die Präventionsrahmenordnung zu erstellen. Die haben nicht gesagt, dass wir schauen sollen, wie wir alleine klar kommen, sondern gesagt haben, dass sie bereit sind, ihr Know-How einzubringen, und zwar auch mit dem kritischen Blick von außen. Es hat viele Kooperationserfahrungen gegeben, auch in den Bereich des Staates hinein. Bei all den Diskussionen und der Auseinandersetzung, die wir ja hatten, gerade zu Beginn auch mit der Bundesjustizministerin – in der Zusammenarbeit beim Runden Tisch war viel Gespräch und gegenseitige Bereicherung möglich!

Zu den dunklen und schmerzlichen Erfahrungen gehören natürlich die Begegnungen mit den Betroffenen. Ich habe zwei Begegnungen in einem größeren Kreis mit Betroffenen aus dem eigenen Bistum gehabt. Das zu hören und sich dem auszusetzen und auch zu wissen, dass ich als Bischof auf der Seite der Täter stehe, weil ich die Institution Kirche repräsentiere – das alles war schon sehr schmerzlich. Eine zugleich sehr gute und sehr schmerzliche Erfahrung war die Begegnung, die die fünf Betroffenen mit dem Heiligen Vater bei seinem Deutschlandbesuch hatten. Das war wirklich eine sehr dichte Begegnung. Wir hatten uns vorher schon zusammen gesetzt; dann war aber das Gespräch mit dem Papst von einer ganz besonderen Dichte, das haben ja auch die Gäste – so haben wir sie ja genannt – nachher auch bestätigt."

Bei so einem Symposion arbeitet man zusammen, aber es gibt auch die informellen Teile, die Pausen, die Kleingruppen. Können Sie dort über diese Erfahrungen sprechen, wird das nachgefragt von den anderen Bischöfen und Verantwortlichen?

„Ja, selbstverständlich. Ich glaube, dass Netzwerkarbeit ein ganz wichtiger Punkt bei diesem Kongress ist. So verstehe ich auch die Konzeption, dass es am Vormittag Vorträge gibt und am Nachmittag Arbeitsgruppen, die ja dann nach Sprachen gemischt sind oder nach Interessenslagen. Es gibt die Pausen zwischendrin und alle, die hierhergekommen sind, sind ja auf die eine oder andere Weise mit der Thematik befasst, und da ist schon ein großes Interesse, noch einmal zu hören, wie das bei uns ist, wie die Problemlage ist, sei es in Paraguay oder auf den Philippinen.
Es gibt natürlich kulturelle Unterschiede, das ist ganz klar, aber es gibt Vernetzung. Wir haben zum Beispiel einen guten Kontakt mit dem Bischof von Belfast, der mit uns im letzten Jahr in die USA gefahren ist. Wir versuchen, über die nationalen Grenzen hinweg voneinander zu lernen."

Der Kongress erfüllt also seine Aufgabe der internationalen Vernetzung und des Austausches über die Länder und Kulturen hinweg?

„Das glaube ich schon. Das ist natürlich ein ganz privilegierter Moment, so einen Kongress zu haben. Die Organisatoren helfen sehr, besonders bei der Vernetzung. Die Motivation ist sehr hoch, da ist der Kongress wirklich eine gute Chance."

Ordnungen gibt es, jetzt müssen sie auch wirken

Die vielleicht größte Gefahr in der Diskussion ist ja vielleicht das Historisieren, also das Sprechen über die Aufarbeitung damals, vielleicht auch in der Hoffnung, dass es endlich vorbei sei. Aber es bleibt eine Frage für das Heute – Sie selbst haben die Frage der Ausbildung angesprochen. Wie würden Sie sagen gehen wir jetzt mit diesen Fragen in die nähere Zukunft?

„Nach meinem Eindruck – das ist eine Wahrnehmung, mit der ich mich im Augenblick trage – treten wir in eine neue Phase der Beschäftigung mit dem Thema ein, sowohl was Aufklärung angeht, als auch was Prävention angeht. Die großen grundsätzlichen Fragen nach der Kooperation zwischen Staat und Kirche, nach der Verbesserung der Leitlinien, nach der Prävention, diese Grundsatzfragen sind über die Ordnungen, die wir erlassen haben, geklärt. Jetzt geht es darum, das umzusetzen und zu schauen, dass es auch wirksam umgesetzt wird. Es braucht immer wieder das Controlling, also zu schauen, ob das, was in den Ordnungen steht, in die Wirklichkeit kommt, und das auch bleibend und nicht nur in der Aufgewühltheit der vergangenen zwei Jahre. Das wird jetzt die große Aufgabe sein.
Und dann auch, insgesamt in der Gesellschaft das Thema bewusst zu halten. Ich verstehe schon, dass Leute fragen, ob man das Thema immer wieder anbringen muss, das gibt es natürlich auch im kirchlichen Zusammenhang. Ich selber kenne das ja auch, dass wenn der Bischof Ackermann auftritt, Leute mich mehr als Missbrauchsbeauftragten sehen denn als Bischof von Trier. Trotzdem liegt eine Gefahr darin zu sagen, dass das ein unangenehmes Thema ist. Natürlich muss man nicht jeden Tag darüber reden, trotzdem muss man der Gefahr wehren, dass es wieder absinkt und dann möglicherweise auch die Gefahr stärker ist, dass Täter wieder leichteren Zugang haben und Möglichkeiten, Straftaten zu begehen."

Es muss also im Alltag ankommen, in der Aufmerksamkeit eines Lehrers, eines Seminarleiters, eines Regens oder Spirituals.

„So würde ich das auch sehen. Es muss also zu den Programmen gehören, ob das für Lehrer ist, für Menschen in der Jugendarbeit, für Ehrenamtliche und Hauptamtliche, natürlich in der Priesterausbildung; so wie man andere Kurse absolviert wie etwa die Erste-Hilfe-Kurse, die ja auch im Grunde immer wieder aufgefrischt werden müssen. In dem Sinne bekommt es eine Normalität, sich damit auseinander zu setzen; Normalität in dem Sinn, dass das Thema wichtig ist. Je klarer es ist, dass es in die Ausbildungsprogramme und Schulungsprogramme hinein gehört, um so selbstverständlicher ist es und umso stärker wird dann auch die Sensibilität für das Thema gestärkt und auch die Bereitschaft, klar Grenzen zu ziehen, gewisse Dinge nicht zuzulassen und Kinder und Jugendliche zu stärken, so dass sie sagen können ‚hier ist eine Grenze, ich wehre mich’."

Klare Signale wichtig

Meine abschließende Frage: Was wäre für Sie ein Erfolg des Kongresses?

„Ein Erfolg wäre für mich, neue Perspektiven zu gewinnen und auf Lücken hingewiesen zu werden, die wir vielleicht haben. Es gibt ja auch blinde Flecken, wo wir vielleicht sagen müssen, dass wir uns damit noch nicht genug beschäftigt haben. Das etwas zu lernen wäre für mich wichtig. Dann aber auch, dass wir noch stärker Netzwerkarbeit betreiben unter den verschiedenen Verantwortlichen der Bischofskonferenzen. Drittens, dass noch einmal klar das Signal ausgeht, dass von Rom her und von der katholischen Kirche her das Problem pro-aktiv angegangen wird."

Herr Bischof Ackermann, herzlichen Dank für dieses Gespräch. (rv)

„Klartext-Reise“: Kommentar von P. Bernd Hagenkord

Papst Benedikt XVI. beendet an diesem Sonntag seine Reise nach Deutschland, nach Berlin, Thüringen und Freiburg. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord konnte ihn dabei begleiten: Ein erster Rückblick.

„Klartext ist das erste Wort, das mir bei der Reise in den Sinn kommt. Und dann natürlich die wunderbaren Gottesdienste. Wenn ich zurückdenke an das „Wort zum Sonntag", in dem der Papst seine Vorstellungen von der Papstreise vorstellte, dann sehe ich genau diese Papstreise.

Ausführlicher werden wir bei Radio Vatikan sicherlich noch auf den Besuch zurückblicken, es zeigen sich aber jetzt schon erste Linien.

Er wollte Menschen begegnen: Bei diesem sehr vollen Programm hat man wirklich ein Maximum an Begegnungen eingefügt. Nicht eine einzige war unwichtig, alle waren – so hören wir in den Gesprächen danach – sehr dicht.

Und er wollte über Gott reden. Wo Gott ist, da ist Zukunft. Also hat Benedikt XVI. über Gott gesprochen, im Bundestag, in den Predigten, den Ansprachen, den Reden. Nicht alles war einfache Kost, vieles war kantig und nicht das, was erwartet wurde. Der Papst hat Klartext gesprochen, er hat zu denken gegeben.

Ihm ist die deutsche Kirche nicht gleichgültig, das wurde immer wieder deutlich. Er hat seinen Beitrag zum Erneuerungsprozess geleistet, theologisch und durchaus auch kritisch, das Engagement in der Kirche aber auch würdigend. Über das, was er genau angesprochen hat, werden wir noch lange sprechen, kritisch wie auch würdigend. Und das ist es ja letztlich auch, was er wollte: Gehört werden.

Bei allem Sprechen waren es aber die Gottesdienste, die mich am meisten beeindruckt haben. Die Kirche in Deutschland in der Krise, trotzdem kommen sehr viele Menschen zu den Feiern, mehr als erwartet. Das zeigt vielleicht das beste Bild unserer Kirche: Dieser Papst bringt Menschen zusammen, man feiert zusammen, spricht über Gott und hört sein Wort. Das sind Impulse, die über das Praktische und rein Lösungsorientierte hinausgehen.

Die gemeinsame Feier Gottes in Gemeinschaft mit der Weltkirche, das ist bei Papstreisen immer und war auch bei dieser Reise der Höhepunkt. Über Gott sprechen wollte er – das heißt natürlich als erstes, sein Wort feiern. Dass die deutsche Kirche das will, das konnten wir in den vergangenen Tagen sehr deutlich sehen." (rv)

Missbrauch – Wie weiter? Ein Kommentar

Es ist noch nicht vorbei. Die Kirche – in den deutschsprachigen Ländern wie auch in Rom – ist nach der Aufdeckung der Missbrauchsfälle und den Debatten des letzten Jahres wieder in den Alltag zurück gekehrt. Denn da ist die Missbrauchsdebatte angekommen: Im Alltag.
Leider gibt es immer noch – oder schon wieder – die Tendenz, mehr als nur das zu tun und ganz zur Tagesordnung überzugehen. Damit das nicht geschieht, müssen die Lektionen gelernt werden. Und dazu dient der heute veröffentlichte Rundbrief der Glaubenskongregation.
Der Kongregation geht es um grundsätzliche Punkte: Zuerst muss den Opfern zugehört und ihnen geholfen werden. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht, immer noch nicht. Noch immer wird zu viel über die Täter gesprochen. Vor allem die praktischen Punkte sind hier sehr klar: Der Respekt vor den Geschädigten und ihrer Situation wird sehr ernst genommen.
Zweitens geht es um Programme zur Prävention und die Ausbildung von Priestern und Ordensleuten: Die Erfahrungen der letzten Jahre sollen also auf keinen Fall abgelegt, sie sollen in die Praxis und den Alltag der Ausbildung eingehen.
Drittens möchte ich die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden nennen. Immer wieder wird behauptet, der Vatikan wolle vermeiden, dass die Strafverfolgungsbehörden sich um Missbrauch in der Kirche kümmern, man wolle das geheim halten und so weiter. Die Glaubenskongregation sagt noch einmal sehr klar, dass sich die einzelnen Ortskirchen nach dem Zivil- und Strafrecht ihrer Länder richten müssen. Daran führt kein Weg vorbei.
Ein letzter Punkt: Es ist ein Rundbrief, der dazu auffordert, Leitlinien zu erstellen. Viele Bischofskonferenzen haben schon Leitlinien, die Kongregation besteht aber darauf, dass diese noch einmal angeschaut und abgeklopft werden. Übersetzt könnte man sagen, dass die Bischofskonferenzen und die Kirchen und die verantwortlichen Mitarbeiter weiter über dieses Thema sprechen sollen. Denn es ist und bleibt ein Thema, das wir nicht einfach hinter uns lassen können, sondern das zu unserem Alltag dazu gehört. (rv)