Abschlussrede des Papstes beim Flughafen von Zagreb

Herr Präsident,
sehr geehrte Vertreter des öffentlichen Lebens,
liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
Brüder und Schwestern im Herrn!
Mein Besuch in Ihrem Land geht zu Ende. Auch wenn er kurz war, ist er doch reich an Begegnungen gewesen, die mir das Gefühl vermittelt haben, einer von Ihnen zu sein, an Ihrer Geschichte teilzuhaben, und die mir die Gelegenheit gegeben haben, die pilgernde Kirche in Kroatien im Glauben an Jesus Christus, den einzigen Erlöser, zu stärken. Diesen Glauben, der zu Ihnen gelangt ist über das mutige und treue Zeugnis so vieler Ihrer Brüder und Schwestern, von denen einige nicht gezögert haben, für Christus und sein Evangelium zu sterben, habe ich hier in lebendiger und echter Form angetroffen. Gott wollen wir für die Fülle an Gnadengaben loben, die er seinen Kindern auf ihrem täglichen Weg reichlich schenkt! Danken möchte ich allen, die zur Organisation meines Besuches und zu seinem ordnungsgemäßen Ablauf beigetragen haben.
In meinem Geist und in meinem Herzen sind die Erinnerungen dieser Tage lebendig. Einmütig und tief empfunden war heute morgen die Teilnahme an der heiligen Messe anläßlich des Nationalen Familientages. Die gestrige Begegnung im Nationaltheater hat mir die Gelegenheit gegeben, einige Überlegungen mit den Vertretern der Zivilgesellschaft und der Ordensgemeinschaften zu teilen. Während der intensiven Gebetsvigil haben mir dann die Jugendlichen das strahlende Gesicht Kroatiens gezeigt, das der Zukunft zugewandt und von einem lebendigen Glauben erleuchtet ist wie von der Flamme eines kostbaren, von den Vätern empfangen Lichtes – einer Flamme, die auf dem Weg gehütet und genährt werden will. Das Gebet am Grab des seligen Kardinals Stepinac hat uns in besonderer Weise an alle erinnert, die aufgrund ihres Glaubens an das Evangelium gelitten haben – und auch heute leiden. Bitten wir diesen unerschrockenen Zeugen des auferstandenen Herrn weiter um seine Fürsprache, damit jede Prüfung und jedes Opfer, die Gott aus Liebe zu ihm und zu den Mitmenschen dargebracht werden, wie ein Weizenkorn sein können, das in die Erde fällt und stirbt, um Frucht zu bringen.
Es war für mich ein Grund zur Freude festzustellen, wie lebendig heute weiterhin die alte christliche Tradition Ihres Volkes ist. Ich konnte mich dessen vor allem bei dem herzlichen Empfang vergewissern, den die Menschen mir bereitet haben, wie sie es bei den drei Besuchen des seligen Johannes Paul II. getan hatten; sie haben den Besuch des Nachfolgers des heiligen Petrus erkannt, der kommt, um die Brüder im Glauben zu stärken. Diese kirchliche Vitalität, die zu bewahren und zu kräftigen ist, wird dank der – wie ich mir wünsche – immer sachlichen und nützlichen Zusammenarbeit zwischen der Kirche und den öffentlichen Einrichtungen unweigerlich seine positiven Wirkungen auf die gesamte Gesellschaft ausüben. Mögen in dieser Zeit, in der feste und verläßliche Bezugspunkte zu fehlen scheinen, die Christen – „gemeinsam in Christus", dem Eckstein, vereint – weiterhin gleichsam die Seele der Nation sein und ihr so helfen, sich zu entfalten und voranzuschreiten.
Da ich wieder nach Rom abreise, vertraue ich Sie alle der Hand Gottes an. Er, der Geber alles Guten und die unendliche Vorsehung, segne stets dieses Land und das kroatische Volk und gewähre jeder Familie Frieden und Wohlergehen. Die Jungfrau Maria wache über dem geschichtlichen Weg Ihrer Vaterlandes und über dem Weg ganz Europas. Es begleite Sie auch mein Apostolischer Segen, den ich Ihnen von Herzen erteile. (rv)

Pater Lombardi: „Papst macht Kroaten Mut für Europa“

Papst Benedikt XVI. macht den Kroaten Mut für Europa. Zugleich erinnert er sie daran, dass sie selbst ein reiches kulturelles Erbe vorzuweisen haben, mit tiefen christlichen Wurzeln. Das kann nach Vatikansprecher Federico Lombardi ein wichtiger Effekt der Pastoralreise des Papstes nach Kroatien sein. Lombardi zieht zu den Treffen des Papstes mit Vertretern aus Politik, Religion und Zivilgesellschaft am ersten Reisetag eine sehr positive Bilanz. Der tiefe Willen des Landes, in der gesamten Region zu Frieden und Stabilität beizutragen, sei deutlich geworden, sagte er Anne Preckel vor Ort am Abend des ersten Tages der Papstvisite.

Pater Lombardi, welche Bilanz ziehen Sie vom ersten Tag der Papstreise?

„Natürlich eine sehr positive Bilanz. Ich glaube, dass der Papst Kroatien liebt und er kennt das Land ja auch schon von vergangenen Reisen als Kardinal. Er empfindet die Persönlichkeit der Kroaten als frohe Persönlichkeit. Er ist zufrieden und fühlt sich zu Hause. Und ich glaube wirklich, dass die Atmosphäre an diesem Tag (Samstag) durch Freundlichkeit geprägt war und auch durch Dankbarkeit. Dankbarkeit eines Volkes, das sich oft in seiner Geschichte durch den Heiligen Stuhl und durch die Päpste unterstützt gefühlt hat. Vor allem vor 20 Jahren, als Kroatien unabhängig wurde und der Heilige Stuhl sehr schnell das auch anerkannt hat. Damit war Kroatien Beispiel für andere Länder, die auch unabhängig wurden."

Der Papst hat auch die christlichen Wurzeln Kroatiens angesprochen… Sind die nach der langen Zeit des Kommunismus verschüttet?

„Wir fühlen, dass die christlichen Wurzeln der Geschichte Kroatiens lebendig und tief sind. Das haben auch die Leute, die am Samstag im Zagreber Nationaltheater gesprochen haben, deutlich gemacht. Die Kultur dieses Landes ist zum großen Teil eine Kultur christlichen Ursprungs. Und das hat seine besondere Wirkung auch auf das Bild des Landes: Die Menschen haben von der Kultur des Landes eine Vorstellung wie der Jesuit und Philosoph Ruggiero Giuseppe Boscovich: Das war ein guter Priester und auch Wissenschaftler, der die Synthese von Glauben und Wissenschaft sehr gut gelebt hat. 3.30 Und wenn der Papst in Kroatien von christlichen Wurzeln spricht, dann spricht er von etwas, was den Leuten familiär ist, sie verstehen, was das bedeutet. Und ich glaube, dass sie sich auch verantwortlich fühlen, das weiterzubringen. Auch im Gespräch mit dem kroatischen Präsidenten und der kroatischen Premierministerin haben Kardinalstaatssekretär Bertone und der Papst über Erziehung der Jugend und Familie gesprochen – das sind gemeinsame Probleme der Gesellschaft und der Kirche. Und es sind Probleme, für die man zusammenarbeiten kann und muss. Ich glaube, das war der Sinn dieses Tages."

Welchen Eindruck hatten sie von der Gebetsvigil?

„Bei der Gebetsvigil (heute) hat die Jugend mit ihren Gesängen und ihrem Enthusiasmus erklärt, dass sie im Glauben und in der Kirche auch ihre Zukunft sieht. Sie wollen im Glauben wachsen, auch wenn sie ganz normale junge Leute sind, auch wenn sie heute in Europa leben. Aber sie fühlen sich in der Kirche gut und tief verwurzelt und haben den Papst gern. Er ist ein Freund, jemand, der ihnen den Weg zeigen kann. Und sie wollen ihn auch weiter begleiten auf dem Weg zum Weltjugendtag in Madrid und zu weiteren Begegnungen mit jungen Leuten. Die Kirche ist auch jung und hat eine Zukunft."

Der Papst hat betont, dass Kroatien von je her zu Europa gehörte – historisch und kulturell. Weiter sprach er vom Gewissen als Orientierung für Zivilgesellschaft und Demokratie. Was heißt das für Kroatien konkret?

„Das hat eine allgemeine Bedeutung und gilt nicht nur für Kroatien, sondern für alle. In diesem Sinne glaube ich, dass die Papstrede im Nationaltheater deshalb so gut angenommen wurde, weil so etwas in Kroatien vielleicht besser verstanden wird. Das Problem der objektiven Werte, an denen das Gewissen sich orientieren muss, das ist etwas, das der Papst immer wieder erwähnt: Er hat sehr oft von den Gefahren des Subjektivismus gesprochen, und er will uns die Werte der Wahrheit und der Güte wirklich zeigen als etwas, das gemeinsam gesucht werden muss. Und das Gewissen ist nicht nur ein persönliches Gewissen, sondern etwas, das im Dialog mit den anderen nach Wahrheit und Güte sucht. In diesem Sinne kann man auch eine Gesellschaft gründen, die zusammensteht und nicht zerfällt."

Man kann nicht darüber hinwegsehen: Es gab in der letzten Zeit viel Wirbel um Kroatien – die EU-Beitrittsverhandlungen, das Kriegsverbrecherurteil… Hat der Papstbesuch da doch auch einen politischen Effekt?

„Ja, ich glaube, dass der Papst ganz klar gesagt hat, dass er das kroatische Volk ermutigen will, dass es weiter geht in die Richtung des Beitritts in die europäische Gemeinschaft – ohne Angst und mit dem Willen, einen eigenen Beitrag zu geben. Jedes Volk hat seine Probleme, wir müssen immer unseren Weg finden und auch die Werte, an die wir glauben und behaupten. Wir müssen sie dem anderen als etwas Wichtiges vermitteln. Und das ist es, was der Papst den Kroaten sagt: Ihr habt eine große und wichtige Geschichte, ihr habt große und positive Werte, ihr habt eine tausendjähriges Kultur. Sie haben viel zu geben für die europäische Gemeinschaft. Gebt das ohne Angst und mit der Sicherheit, dass ihr etwas Positives zu geben habt. In diesem Sinne hat der Papst ganz klar eine Ermutigung geben wollen. 10.33 Und der Präsident war auch sehr dankbar darüber. Denn Kroatien erlebt gerade einen nicht einfachen Moment, es gibt keine große Begeisterung für Europa – auch in Kroatien, wie in vielen anderen Ländern. Da muss man wieder Motivation und Willen finden."

Der Heilige Vater hat von der Religion als Kraft des Friedens gesprochen – steht auch diese Reise, wie bei Papst Johannes Paul II, im Zeichen der Versöhnung?

„Ich war beeindruckt, wie viel der Präsident Ivo Josipovic in seiner ersten Rede am Flughafen von Versöhnung gesprochen hat, als er den Papst begrüßte. Das fand ich sehr gut und sehr positiv. Das heißt, dass Kroatien durch den Präsidenten zeigt, dass es aufmerksam ist für die Notwendigkeit, immer wieder Versöhnungsarbeit zu leisten und tiefe Wurzeln für den Frieden zu finden. Und der Papst erbringt dazu natürlich seinen Beitrag. Er hilft immer und allen, das Gemeinsame zu sehen. Und in seiner Rede im Nationaltheater hat er von den Religionen gesprochen als einer Kraft für den Frieden, weil sie mit den Blick auf den Schöpfer für die Menschheitsfamilie sorgen. Und da ist natürlich ein Fundament des Friedens und der Brüderlichkeit unter den Völkern. Und die Anwesenheit der Religionsvertreter von orthodoxer, jüdischer und muslimischer Seite war sicher ein Zeichen – wir haben alle gesehen und gehört, wie die Leute geklatscht haben, als der Papst genau diese Vertreter der verschiedenen Konfessionen und Religionen begrüßt hat. Kroatien ist in der Mehrheit katholisch. In diesem Sinne ist die Ökumene nicht das brennende Thema. Aber die Begegnung war ein Zeichen der Gemeinschaft und hat eine Rolle für den Frieden." (rv)

Papst in Kroatien – Messe mit 400.000 Teilnehmern

Mit eindringlichen Worten hat Papst Benedikt XVI. die Auflösung der Familie in Europa angeprangert. Beliebigkeit und Materialismus bedrohten die grundlegenden Werte der Gesellschaft, so Benedikt XVI am Sonntag Morgen. Bei einer Messe im Hippodrom der Hauptstadt Zagreb waren Gläubige aus dem ganzen Land angereist, über 1000 Priester und 60 Bischöfe nahmen an der Feier teil, 500 Sänger bildeten den liturgischen Chor. Benedikt appellierte in seiner Predigt, sich mutig für den Schutz der Familie und des Lebens einzusetzen.

„Leider müssen wir feststellen, dass sich – speziell in Europa – eine Säkularisierung ausbreitet, die zu einer Ausgrenzung Gottes aus dem Leben und zu einer zunehmenden Auflösung der Familie führt. Eine Freiheit ohne Verpflichtung gegenüber der Wahrheit wird absolut gesetzt; als Ideal pflegt man den individuellen Wohlstand durch den Konsum materieller Güter sowie durch flüchtige Erlebnisse, wobei die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen und die tiefsten menschlichen Werte vernachlässigt werden. Die Liebe wird auf eine gefühlsselige Gemütsbewegung reduziert und auf die Befriedigung instinktiver Triebe, ohne dass man sich darum bemüht, dauerhafte Bindungen gegenseitiger Zugehörigkeit aufzubauen, und ohne ein Offensein für das Leben. Wir sind berufen, dieser Mentalität entgegenzuwirken!"

Neben dem Wort der Kirche sei das Zeugnis und der Einsatz der christlichen Familien von entscheidender Bedeutung:

„Euer konkretes Zeugnis, besonders um die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zu seinem natürlichen Ende zu betonen, den einzigartigen und unersetzlichen Wert der auf die Ehe gegründeten Familie und die Notwendigkeit gesetzlicher Maßnahmen zur Unterstützung der Familien in ihrer Aufgabe, Kinder zu zeugen und zu erziehen. Liebe Familien, seid mutig! Gebt nicht jener säkularisierten Mentalität nach, die das Zusammenleben als Vorbereitung oder sogar als Ersatz für die Ehe propagiert! Zeigt mit eurem Lebenszeugnis, dass es möglich ist, wie Christus ohne Vorbehalte zu lieben, dass man keine Angst haben muss, einem anderen Menschen gegenüber eine Verpflichtung einzugehen! Liebe Familien, freut euch über die Elternschaft! Das Offensein für das Leben ist ein Zeichen für das Offensein gegenüber der Zukunft, für Vertrauen in die Zukunft, so wie die Achtung der natürlichen Moral den Menschen befreit, anstatt ihn zu beeinträchtigen! Das Wohl der Familie ist auch das Wohl der Kirche."

Am Schluss betete der Papst das Regina Caeli und grüßte bei der Gelegenheit auch die deutschsprachigen Teilnehmer des Gottesdienstes:

„Liebe Familien, habt keine Angst! Der Herr liebt die Familie und ist ihr nahe!"

Großer Applaus brandete während der Papstmesse auf, als Benedikt XVI. beim Regina-Coeli-Gebet seine Grüße in albanischer Sprache vorlas. Vorher rief er zur Teilnahme am VII. Weltfamilientreffen im Juni 2012 in Mailand auf. Benedikt XVI. kündigte an, selbst in die norditalienische Metropole kommen zu wollen.

Ebenfalls beim Regina-Coeli-Gebet wies der Papst auf die gleichzeitig mit der Messe in Zagreb stattfindende aktuelle Seligsprechung von Juan Palafox y Mendoza (1600-1659) hin. Ort der Seligsprechungsfeier am Sonntagvormittag war Burgo de Osma in Spanien. Palafox, Bischof von Puebla und von Ciudad de Mexico, sei ein "Mann von umfassender Bildung und tiefer Spiritualität, ein großer Reformer, ein unermüdlicher Hirte und ein Verteidiger der Indios" gewesen, betonte Benedikt XVI. Die von Palafox gegründete "Biblioteca Palafoxiana" in Puebla, die 42.000 Bücher und Handschriften umfasst, ist eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Lateinamerikas und steht unter Schutz der UNESCO.

Am Nachmittag feiert der Papst in der Kathedrale einen Gottesdienst mit Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laienvertretern. Anschließend will er dort am Grab des seligen Kardinals Alojzije Stepinac (1898-1960) beten, eines Märtyrers der kommunistischen Verfolgung. Am Abend kehrt das Kirchenoberhaupt nach Rom zurück. (rv)

Stichworte: Katholische Kirche in Kroatien – Kardinal Stepinac

Kroatien ist nach Polen eines der am stärksten katholisch geprägten Länder Mittel- und Osteuropas. Rund 90 Prozent der viereinhalb Millionen Einwohner sind Katholiken. Das Vertrauen in die Institution Kirche sinkt Wertestudien zufolge auch in Kroatien: von 85 Prozent im Jahr 1997 auf 53 Prozent im Jahr 2008.

Die wechselvolle Geschichte der katholischen Kirche in Kroatien reicht bis ins frühe Mittelalter zurück. Unter dem faschistischen Ustascha-Regime von 1941 bis 1945 kollaborierte ein Teil des Klerus mit den Machthabern. Nach der kommunistischen Machtübernahme unter Josip Tito wurde die katholische Kirche im Vielvölkerstaat Jugoslawien unterdrückt. Nach der staatlichen Unabhängigkeitserklärung Kroatiens konstituierte sich 1993 die nationale Bischofskonferenz.

Die wichtigste Figur der kroatischen Kirche: Kardinal Aloisius Stepinac (1898-1960), von 1937 bis zu seinem Tod 1960 Erzbischof von Zagreb und Primas von Kroatien. Johannes Paul II. sprach Stepinac 1998 als Märtyrer selig – ein stark umstrittener Akt.

1941 begrüßte der national gesinnte Erzbischof zunächst die Proklamation eines „Unabhängigen Staates Kroatien" durch die faschistische Ustascha-Bewegung. Ein Jahr später wandte er sich aber ebenso öffentlich gegen deren totalitäre Gewaltherrschaft. Stepinac‘ Kritiker werfen ihm vor, zu den Massakern an orthodoxen Serben, Juden sowie Sinti und Roma geschwiegen zu haben. Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten um Josip Tito verweigerte sich Stepinac der Idee einer regimetreuen Staatskirche und trat entschieden für Religionsfreiheit ein.

Das Oberste Gericht der Teilrepublik Kroatien verurteilte Stepinac in einem politischen Schauprozess 1946 wegen angeblicher Kollaboration mit dem Ustascha-Regime zu 16 Jahren Haft. 1951 entlassen, lebte der Kirchenmann bis zu seinem Tod 1960 unter Hausarrest in seinem Geburtsort Krasic in der Nähe Zagrebs. Als Papst Pius XII. ihn 1953 zum Kardinal erhob, brach Jugoslawien seine diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl ab. Laut der Unterlagen zum Seligsprechungsprozess wurde Stepinac während seiner Haft vergiftet. Eine Untersuchung seiner Gebeine wies Spuren von Kadmium, Chrom, Arsen und Blei nach. (rv)

Papst am Flughafen: „Kroatien gehört zu Europa“

Benedikt XVI. ist zu seiner 19. Apostolischen Reise in Kroatien eingetroffen. Auf dem Flughafen in Zagreb wurde er von Präsident Ivo Josipovic und den Bischöfen des Landes begrüßt. Der Präsident stellte dem Papst in seiner Ansprache Kroatien als „modernen demokratischen Staat" vor und würdigte die christliche Inspiration hinter der Einigung Europas. In einem Interview kurz vor dem Eintreffen hatte Josipovic erklärt, er sei persönlich zwar Agnostiker, habe aber großen Respekt vor dem Papst und der katholischen Kirche.

Benedikt XVI. betonte in seiner ersten Rede auf kroatischem Boden, dass er als „Pilger im Namen Jesu Christi" komme. Er knüpfe an die zwei Pastoralreisen seines Vorgängers Johannes Paul II. nach Kroatien an.

„Wir können auf dreizehn Jahrhunderte starker und besonderer Bande zurückblicken, die in zuweilen schwierigen und schmerzlichen Umständen gelebt und gefestigt wurden. Diese Geschichte ist ein beredtes Zeugnis für die Liebe Ihres Volkes zum Evangelium und zur Kirche. Von Anfang an gehört Ihre Nation zu Europa und leistet ihm in besonderer Weise den Beitrag an geistigen und moralischen Werten, die jahrhundertelang das tägliche Leben und die persönliche wie nationale Identität ihrer Söhne und Töchter geprägt haben."

Die „heutige Kultur" stelle allerdings auch an Kroatien einige „Herausforderungen", so der Papst: „Soziale Differenzierung, geringe Stabilität und ein Individualismus, der eine Sicht des Lebens ohne Verpflichtungen und die ständige Suche nach „Räumen des Privaten" begünstigt". Angesichts einer solchen Lage sei „ein überzeugtes Zeugnis" gefragt – „und eine unternehmungsfreudige Dynamik zur Förderung der moralischen Grundwerte, auf denen das gesellschaftliche Leben und die Identität Europas basieren".

„Zwanzig Jahre nach der Erklärung seiner Unabhängigkeit und am Vorabend der vollen Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union kann die frühere wie die jüngste Geschichte Ihres Landes ein Grund zur Reflexion für alle anderen Völker des Kontinentes sein und jedem von ihnen sowie dem gesamten Gefüge helfen, das unschätzbare gemeinsame Erbe an menschlichen und christlichen Werten zu bewahren und neu zu beleben. Möge so diese werte, in ihrer reichen Tradition starke Nation dazu beitragen, dass die Europäische Union diesen geistigen und kulturellen Schatz vollends zur Geltung bringt!"

Kroatiens Präsident würdigt Rolle des Vatikan bei Staatsgründung
Kroatiens Staatspräsident Ivo Josipovic hat die wichtige Rolle des Heiligen Stuhls für die völkerrechtliche Anerkennung seines Landes gewürdigt. Der Vatikan habe damals eine „historische Schlüsselrolle im politische Sinne" gespielt, sagte Josipovic am Samstag bei der Begrüßung von Papst Benedikt XVI. auf dem Flughafen von Zagreb. Die moralische und politische Autorität des Vatikan sowie der katholischen Kirche habe eine Einstellung der „Aggression" gegen Kroatien bewirkt und das Überleben des Staates gesichert, so Josipovic. Der Heilige Stuhl war Mitte Januar 1992 nach Deutschland eine der ersten diplomatischen Instanzen, die Kroatien nach dessen Unabhängigkeitserklärung am 25. Juni 1991 anerkannten; die Europäische Gemeinschaft folgte zwei Tage später. Zugleich hob das kroatische Staatoberhaupt hervor, dass sein Land eine Versöhnung mit seinen Nachbarn anstrebe und zu einer großzügigen Vergebung bereit sei. Das moderne Kroatien fördere die Toleranz und den ökumenischen Dialog, sagte Josipovic. (rv)

Papstbesuch in Kroatien: Es wird kein Spaziergang

In knapp zwei Wochen besucht Benedikt XVI. Kroatien. Ein Anlass der 19. Auslandsreise des Papstes ist der Nationale Familientag der Katholiken des Landes am 5. Juni in Zagreb. Weiter stehen eine Rede vor Politikern, Wissenschaftler, Diplomaten und Religionsführern sowie eine Begegnung mit Jugendlichen auf dem Programm. Auch wenn Kroatien nur einen Katzensprung von Italien entfernt ist, wird die Papstvisite in dem katholischen Land auf dem Balkan wohl kein Spaziergang.

Der Papstbesuch fällt in die Endphase der EU-Beitrittsverhandlungen für Kroatien, die bis Ende Juni abgeschlossen sein sollen. Kroatiens Beitritt zur Europäischen Union – anvisiert für die erste Jahreshälfte 2013 – ist wohl auch Gegenstand der Gespräche, die der Papst mit der kroatischen Staatsspitze führen wird. Der Heilige Stuhl erkannte 1991 als einer der ersten Staaten die Unabhängigkeit Kroatiens an und gilt heute neben Deutschland und Österreich als verlässlicher Befürworter des kroatischen EU-Beitritts. Anders als zum Beispiel Frankreich, für das das zentrale Kriterium der Beitrittsverhandlungen mehr Kooperation des Balkanlandes mit Internationalen Strafgerichtshöfen ist – insbesondere bei Aufarbeitung der eigenen Kriegsvergangenheit. So empört in Kroatien derzeit die Verurteilung der beiden Militärs Ante Gotovina und Mladem Markac vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag die Gemüter. Die im eigenen Land als Kriegshelden verehrten Männer wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Rückeroberung der Krajina im Jahr 1995 zu langen Haftstrafen verurteilt. Ob mögliche Papstappelle zu Verständigung und Versöhnung auf Kroatiens nationalistischem Boden Blüten treiben, ist noch völlig offen. Nicht zuletzt deshalb, weil selbst die katholische Kirche bei der Frage gespalten ist: Kritik am Haager Urteil kam nicht zuletzt von der kroatischen Bischofskonferenz, während andere Teile der kroatischen Kirche die Kooperation mit Den Haag befürworteten.
Weiterer Stolperstein auf Kroatiens Weg in die EU ist der Korruptionsskandal um den Expremier und ehemaligen Christdemokraten Ivo Sanader, der das Staatsbudget durch Amtsmissbrauch und dubiose Geldgeschäfte um sechs Millionen Euro erleichtert haben soll. Auch die für Herbst erwarteten Wahlen samt EU-Volksabstimmung – die Zustimmung zur EU liegt in Kroatien derzeit bei nicht mal 30 Prozent – und die verbreitete Politikverdrossenheit der Jugend sind Prüfsteine für die Zukunft eines Landes, das noch vor acht Jahren endlich aufzubrechen schien: Als Papst Johannes Paul II. Kroatien auf einer seiner letzten Auslandsreisen im Jahr 2003 besuchte, war Kroatiens politische Isolation aufgebrochen, die Tür zum Westen einen Spalt weit aufgetan und auch die Wirtschaft angekurbelt. Anders als sein Vorgänger dürfte Papst Benedikt bei dieser Reise weniger im kroatischen Frühling wandeln als vielmehr auf vermintem Boden. (rv)