Wie geht es Benedikt XVI.? Fragen an Georg Gänswein

Im April wird er neunzig: Spätestens dann werden sich viele fragen, wie es dem emeritierten Papst Benedikt XVI. geht. Wir sprachen darüber jetzt schon mit Benedikts Sekretär – es ist der Präfekt des Päpstlichen Hauses, Kurienerzbischof Georg Gänswein.

„Papst Benedikt ist guter Dinge! Was ihm etwas Sorgen bereitet, sind die Füße, die Beine. Er hat Schwierigkeiten mit dem Gehen, darum nimmt er den Rollator zu Hilfe, und damit kommt er ganz gut zurecht. Sonst: ganz klar im Kopf, ganz hell. Nimmt Anteil an allem. Er liest, er betet, er hört Musik, er hat Besuch; jeden Tag ist auch ein kleiner Spaziergang mit Rosenkranz angesagt, also – das, was er am Anfang seiner Zeit als Papa emeritus gemacht hat, das macht er auch jetzt.“

„Er liest nicht nur Theologisches“

Frage: Was liest er denn schwerpunktmäßig – vor allem Theologie, oder auch Literatur?

„Er ist natürlich und bleibt ein Theologe – aber er liest nicht nur Theologisches. Was er jetzt konkret liest, das werde ich natürlich nicht verraten… aber die Interessen sind sehr breit.“

Frage: Guckt er italienische oder deutsche Fernsehnachrichten? Liest er den „Osservatore Romano“, italienisch oder deutsch?

Jeden Tag „Osservatore“-Lektüre

„Wenn der Bruder da ist, sind deutsche Nachrichten angesagt. Wenn der Bruder nicht da ist, sieht er – da er ja in Italien lebt – italienische Nachrichten. Der (italienische= „Osservatore Romano“ ist selbstverständlich eine Lektüre, Tag für Tag, und er liest darüber hinaus auch anderes, um sich zu informieren und zu wissen, was in der Welt los ist.“

Frage: Die Menschen, die ihn besuchen – sind das vor allem Professoren oder Kirchenleute, oder Menschen, die er von früher her kennt?

„Es sind Menschen verschiedener Nationen, verschiedenen Alters, verschiedener Berufe. Nicht nur Personen, die er von früher kennt, sondern die ihn im Lauf der Jahre kennengelernt haben oder auch, die ihn noch nie gesehen haben. Es gibt so viele Anfragen – er müsste Überstunden machen!“

Frage: Hat er einen sehr geregelten Tagesablauf, oder bleibt er einfach mal länger im Bett?

„Nein – die Regelmäßigkeit des Ablaufs, die konkrete Einteilung des Tages ist seit eh und je eindeutig. Es ist nicht so, dass er mal ausschläft, und dann fängt der Tag eben später an, sondern der Tag beginnt mit der heiligen Messe, jeden Tag zur gleichen Zeit.“

Sonntag ist Predigttag

Frage: Und hält er da auch eine kleine Predigt oder Betrachtung? Bereitet er sich darauf vor?

„Jeden Sonntag, ja. Am Sonntag hält er immer eine schöne Predigt für uns, die „Memores“ und mich. Ab und zu ist auch ein Besuch da.“

Frage: Schreiben Sie sich eigentlich auf, was der emeritierte Papst predigt, oder geht das einfach so verloren?

„Wir halten es fest, was er predigt, denn er spricht frei. Er hat wohl ein Predigtheft, in das er Notizen macht, aber er predigt frei. Und wir versuchen schon, festzuhalten, was er sagt.“ (rv)

Ratzinger-Schüler denken über Europas geistliche Krise nach

Papst Benedikt XVI.Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist voller Sorge über Europa und lässt aus diesem Grund den Ratzinger-Schülerkreis in seiner bevorstehenden Jahrestagung über Auswege aus der spirituellen Krise des Kontinents debattieren. Das sagte Pater Stephan Otto Horn, der langjährige Koordinator des Theologenzirkels, im Gespräch mit Radio Vatikan. Die Angehörigen des Ratzinger-Schülerkreises kommen von 25. bis 28. August wie bereits seit 2005 in Castel Gandolfo zusammen.

„Wir wollen über Europa reden unter dem Aspekt, wie die innere Situation von Europa ist, und was das für Herausforderungen für uns Christen in sich trägt“, sagt der Salvatorianerpater. Zunächst gehe es um eine Diagnose, denn: „Papst Benedikt hat uns das sehr ans Herz gelegt, wenn wir von Europa sprechen, müssen wir sehr tief die Situation von Europa analysieren“. Die beiden Hauptreferenten der Tagung von früheren Studenten und Mitarbeitern des einstigen Theologieprofessors Joseph Ratzinger, nachmals Papst Benedikt XVI., sind der emeritierte Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari sowie der Rektor des „Istituto Universitario Europeo“ in Florenz, Joseph Weiler. Der US-amerikanische Jurist wird eine Bestandsaufnahme der spirituellen Krise Europas vorlegen, so Pater Horn.

„Wir erwarten von ihm einen Beitrag von jemandem, der von außen kommt, der nicht Christ ist sondern Jude, aber doch in dieser jüdisch-christlichen Tradition sehr verwurzelt ist und die Werte des Christentums sehr schätzt.“ Bischof Kapellari hingegen werde „mehr noch die Therapie“ dieser europäischen Krise in den Blick nehmen: „Er will über die alten und die neuen Baustellen sprechen, die Europa für uns Christen bereit hält.“

Benedikt XVI. selbst nimmt seit seinem Amtsverzicht 2013 nicht mehr an der Jahresversammlung seiner theologischen Schüler teil, empfängt sie aber im Vatikan. In diesem Jahr feiert er erstmals nicht mehr die Heilige Messe mit ihnen, sondern begrüßt 15 von ihnen bei sich in den vatikanischen Gärten.

Der 89 Jahre alte emeritierte Papst hat als Theologe und Intellektueller viel über Europa geschrieben, erinnert Pater Horn.

„Das ist eines der Themen, die ihm sehr am Herzen liegen. Zugleich ist er voller Sorge über Europa. Und darin stimmt er offenbar mit Präsident Weiler sehr überein. Insofern war er fast ein wenig erschrocken [über den Themenvorschlag des Schülerkreises], er hat gesagt, Europa ist wirklich in einer Krise und muss neu zum Leben kommen. Deshalb muss man die jetzige Situation sehr tief analysieren und von da aus versuchen, neue Wege zu finden, Europa neu zu beleben.“

Der Schülerkreis geht auf das Jahr 1978 zurück. Der Dogmatikprofessor Joseph Ratzinger war 1977 zum Erzbischof von München ernannt worden und beendete seine Universitätslaufbahn. Seit 1978 trafen sich die Teilnehmer jeden Sommer mit ihrem Lehrer zu einer Studienwoche. Im Mittelpunkt stand und steht jeweils ein von Ratzinger benanntes Thema. Die Treffen wurden auf Wunsch Benedikts XVI. nach seiner Papstwahl fortgesetzt: sie verlagerten sich in die päpstliche Sommerresidenz Castel Gandolfo bei Rom, und Benedikt, der dort Sommerfrische machte, nahm bis 2012 daran teil.

Wie Pater Horn sagte, könne man nunmehr wieder von einem einzigen „Ratzinger-Schülerkreis“ sprechen, weil der ursprüngliche Zirkel und der 2008 gegründete „Neue Schülerkreis“ von jüngeren Theologen nun zusammenwachse. „Wir sind in einer Phase des Übergangs“, so der Salvatorianer. Er ist Jahrgang 1934 und plant eine behutsame Übergabe des Ratzinger-Schülerkreises in jüngere Hände.

„Ich selber kann mich noch nicht ganz zurückziehen, möchte ja Papst Benedikt auch nicht im Stich lassen, aber es ist gut, wenn es einen langsamen, allmählichen Übergang gibt. So möchte ich den jüngsten des ursprünglichen Schülerkreises stärker mit ins Boot holen, Josef Zöhrer, der in Freiburg im Breisgau tätig war und jetzt emeritiert ist, und dann können wir Älteren langsam etwas zurücktreten und die Jungen können vorangehen.“

Der bayerische Salvatorianerpater Horn wirkte von 1972 bis 1977 als Assistent Professor Ratzingers an der Universität Regensburg. Zu den Angehörigen des Schülerkreises gehört unter anderem der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, während der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch dem neuen Schülerkreis zugerechnet wird. Beide wollen im Kreis der rund 40 Theologen und Theologinnen an der Studientagung in Castel Gandolfo teilnehmen. (rv)

Kardinal Pell: „Keiner kann Benedikt das Wasser reichen“

Kardinal PellKeine Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene: dies werde nach Meinung des australischen Kurienkardinals George Pell „ganz klar“ in dem Abschlussdokument der Bischofssynode festgehalten. 24 Stunden nach der Abschlussmesse zur Ehe- und Familiensynode beginnen schon die ersten Interpretationen zu dem Papier in und außerhalb des Vatikans zu kursieren. Bei einer Buchpräsentation am Montagabend im Campo Santo Teutonico fragten wir Kardinal Pell, was er denn von der deutschen Sprachgruppe bei der Synode hielt:

„Ich hielt sie intellektuell gesehen für nicht so herausragend wie es eigentlich die Bischöfe und vor allem deutschen Theologen in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils waren. Das ist ein großer Verlust für die Kirche. Ich würde sagen, unter den Mitgliedern dieser Sprachgruppe ist keiner, der Papst Benedikt XVI. oder Hans Urs von Balthasar oder Karl Rahner das Wasser reichen kann.“

Er selber sei sehr zufrieden mit dem Abschlussdokument der Synode. Es sei positiv, dass bei allen 94 Paragraphen die Zweidrittelmehrheit erreicht wurde. An Pells Lesart sieht man, wie offen der Text für Interpretationen ist. Im Gespräch mit Radio Vatikan geht er auch auf sein Verhältnis zu Kardinal Marx ein. Pell hatte in einem Interview der französischen Zeitung Le Figaro kritisiert, dass es eine Kluft zwischen Kasper-Anhängern und Benedikt-Befürwortern gebe.

„Ich bin sehr gut mit Kardinal Reinhard Marx befreundet. Wir arbeiten ja in einigen Kommissionen zusammen. Über viele Dinge haben wir absolute Meinungsverschiedenheiten, aber ich bin sehr glücklich darüber, von ihm gehört zu haben, dass es keine Kontraste zwischen den Anhängern von Kardinal Walter Kasper und jenen von Papst Benedikt gegeben habe. Ich bin froh darüber, dass es diesen Gegensatz anscheinend doch nicht gab.“

Der ehemalige Erzbischof von Sydney und Mitglied des Beratergremiums K9-Rat sprach im Campo Santo Teutonico im Vatikan bei der Buchvorstellung des US-Theologen George Weigel. Das Buch ist auf Deutsch erschienen unter dem Titel: „Die Erneuerung der Kirche. Tiefgreifende Reform im 21. Jahrhundert.“ (rv)

Heiligsprechungen nach vereinfachtem Ritus

Pater Lombardi PressekonferenzDer Vatikan hat an diesem Donnerstag Details zur liturgischen Gestaltung der Heiligsprechungsfeierlichkeiten am kommenden Sonntag bekanntgegeben. Die Kanonisierung der beiden Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. findet nach dem vereinfachten Ritus statt, der 2005 von Papst Benedikt XVI. eingeführt wurde, erklärte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in einer Pressekonferenz.

„Die Heiligsprechungsfeier beginnt mit der Prozession und der Heiligenlitanei, dann wird der Altar mit Weihrauch vorbereitet. Danach folgt sofort die Kanonisierung, der eigentliche Ritus der Heiligsprechung – dies ist der erste Teil der Feier. Der Ritus ist ziemlich vereinfacht worden.“

Im Gegensatz zu der zuvor üblichen Praxis sieht der vereinfachte Ritus die Heiligsprechung der beiden Päpste also bereits vor der Eucharistiefeier vor. Ziel der Änderung war es, die Einheit der Eucharistiefeier zu erhalten. Zu den damals auf den Weg gebrachten Neuerungen gehört weiter die mehrfache Petitio: Der Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen, Kardinal Angelo Amato, tritt zusammen mit den Postulatoren vor den Papst und ersucht ihn drei Mal um die Heiligsprechung der beiden seligen Päpste. Dazu Lombardi:

Drei Mal, um die Bedeutung dieser Feierlichkeit zu unterstreichen – bei einer Seligsprechung gibt es ja nur eine Petitio, bei der Heiligsprechung sind es drei.“

Danach wird der Papst feierlich die Kanonisierungsformel verlesen – dies ist das Herzstück des Ritus, bei dem in besonderer Weise die päpstliche Autorität zum Ausdruck kommt.

„In dieser Formel drückt der Papst seine ganze Autorität als Kirchenoberhaupt und als ,Oberster Brückenbauer’ aus.“

Durch das Verlesen der Formel schreibt der Papst gewissermassen die beiden Namen seiner Vorgänger in das Verzeichnis der Heiligen ein. Damit sind beide Päpste offiziell heilig und können in der Weltkirche als solche verehrt werden. Bei einer Seligsprechung ist offiziell nur eine lokale Verehrung erlaubt.

Im Anschluss an den Ritus werden Reliquien der beiden Päpste unter feierlicher Musik in zwei gleich aussehenden Behältern zum Altar getragen: Bei Johannes Paul handelt es sich um die Blutreliquie, die schon bei der Seligsprechung zur Anbetung präsentiert wurde, von Johannes XXIII. werde ein Hautstück verwendet, so Lombardi. Die Reliquien des Konzilspapstes würden von Verwandten getragen, wer das Reliquiar von Johannes Paul II. trage, sei noch nicht entschieden, so der Sprecher.

Danach gehe die Messfeier weiter, so Lombardi. Wie bei wichtigen Feierlichkeiten üblich, werde das Evangelium auf Latein verlesen. Nach dem abschließenden Regina Coeli werde der Papst die Delegationen aus aller Welt auf dem Petersplatz – nicht in der Basilika, wie sonst üblich – begrüßen. 93 internationale Delegationen hätten sich für die Feierlichkeiten angemeldet, darunter seien neben Politikern auch andere Religionsvertreter. Der Sprecher betonte aber, dass der Vatikan keine Einladungen verschickt habe. Der Heilige Stuhl habe lediglich über das Ereignis informiert, die Gäste hätten sich daraufhin angemeldet. Ob der emeritierte Papst Benedikt XVI. erscheinen werde, konnte Lombardi nicht sagen. Zum Abschluss der Feier werde Franziskus eine Runde im Jeep auf dem Petersplatz drehen und die Gläubigen begrüßen, so Lombardi.

Dass zur Einstimmung auf die Heiligsprechung bereits in der Nacht auf Sonntag in der ganzen Stadt Gebetswachen stattfinden, daran erinnerte auf der Pressekonferenz Don Walter Insero vom Vikariat Rom:

„Wir wollten, dass die Stadt, dass vor allem die Kirchen des Zentrums, den Pilgern spirituelle Gastfreundschaft gewähren. Geschlafen wird nicht, sondern es herrscht Erwartung auf das große Ereignis. Wer ankommt, kann beten und sich so auf die Inhalte der Heiligsprechung vom Sonntag vorbereiten, mit entsprechenden Texten. Es wird verschiedene Gruppen geben, die die Gebete in verschiedenen Sprachen leiten.“ (rv)

Angelus: Nach Gewissen handeln heißt, Willen Gottes tun

VatikanplatzVor über 90.000 Pilgern und Besuchern auf dem Petersplatz hat Papst Franziskus unter dem Beifall daran erinnert, dass sein Vorgänger Benedikt XVI. die Gläubigen „ein großes, wunderbares Beispiel" gegeben habe, „als der Herr ihn im Gebet verstehen lassen hat", welchen Schritt er machen müsse. Benedikt sei mit großem Sinn für Unterscheidung und Mut seinem Gewissen gefolgt, so Papst Franziskus beim Mittagsgebet an diesem Sonntag. Der emeritierte Papst habe dem Willen Gottes gehorcht, der zu seinem Herzen sprach. „Und dieses Beispiel unseres Vaters tut uns allen so gut", so Franziskus wörtlich.

Vor dem Angelusgebet ging Papst Franziskus auf das Tagesevangelium ein. Es handelte sich um jene Stelle im Lukas-Evangelium, in der der Beschluss Jesu beschrieben wird, nach Jerusalem zu gehen. Jene Stadt wird sein letztes irdisches Ziel sein, wo er sterben und dann auferstehen wird, damit sich die Heilsgeschichte erfüllen wird. Der Papst erläuterte dazu:

„Jesus sagt seinen Jüngern, dass sie ihm auf den Weg nach Jerusalem vorangehen sollten, damit sie seine Ankunft verkünden können. Gleichzeitig heißt Jesus seine Jünger, niemandem etwas aufzuerlegen: wenn es keine Bereitschaft gebe, ihn aufzunehmen, so sollten sie weitergehen. Jesus erliegt nie etwas auf, er ist demütig und spricht eine Einladung aus."

Diese Stelle im Evangelium rufe dazu auf, auf das Gewissen zu hören, so der Papst weiter. Denn Jesus sei in seinem Dasein auf der Erde nicht „manipuliert" worden und habe seinen Entschluss in seinem Gewissen getroffen.

„Allerdings tat er das nicht allein, vielmehr ist das zusammen mit dem Vater, in voller Einheit mit ihm geschehen. Und im Vater fand Jesus die Kraft, und das Licht für seinen Weg. Jesus war frei in dieser Entscheidung. Jesus will, dass die Christen frei sind. Er will kreative Christen, keine ferngesteuerten Christen. Diese Freiheit entsteht aus dem Dialog mit dem Vater im Gewissen."

Dies gelte auch für die heutigen Gläubigen, fuhr Franziskus fort.

„Wir müssen es lernen, auf unser Gewissen zu hören. Doch Vorsicht! Dies bedeutet nicht, dem eigenen Ich zu folgen, das zu tun, was mich interessiert, was mir nutzt, was mir gefällt. Das Gewissen ist der innere Raum des Hörens auf die Wahrheit, das Gute, des Hörens auf Gott. Es ist der innere Ort meiner Beziehung zu ihm, der zu meinem Herzen spricht und mir hilft, zu unterscheiden, die Straße zu verstehen, die ich begehen muss, und wenn man einmal einen Entschluss gefasst hat, vorwärtszugehen und treu zu bleiben."

In seinem Tweet des Tages hat Papst Franziskus folgendes geschrieben:

„Ein Christ kann nie gelangweilt oder traurig sein. Wer Christus liebt, ist voller Freude und verbreitet Freude." (rv)

Reden über Gott und Welt: Die „innere Gegenwart“ des Konzils

  "Liebe Brüder und Schwestern, morgen sind es 50 Jahre, dass Papst Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil eröffnet hat und an diesem Tag beginnen wir auch ein ‚Jahr des Glaubens’, um uns wieder neu in das Wollen dieses Konzils und in das Wollen des Herrn selbst hinein zu geben, glauben zu lernen und aus dem Glauben zu leben".

Papst Benedikt XVI. am 10. Oktober des vergangenen Jahres: Er erinnert an das Konzil, aber er betont auch den Zweck einer solchen Erinnerung: Es geht nicht um das Gestern, sondern um uns, um heute.

„Johannes XXIII. hat das Konzil einberufen aus dem Bewusstsein heraus, dass das Christentum müde geworden war und nicht mehr so recht in der Zeit zu stehen schien, in Sprache und Formen der Vergangenheit zu gehören schien. So hat er das Stichwort „Aggiornamento" geprägt, das „wieder auf den Tag bringen". Das heißt nicht, es äußerlich irgendwie neu anstreichen, sondern es bedeutet seine innere Gegenwart neu zu entdecken. Er wollte, dass die ständige und lebendige Gegenwärtigkeit des Glaubens wieder sichtbar wird, dass er wieder heute lebt und Menschen und die Welt von heute formt."

Das Wort „heute" fällt auffällig oft, wenn es um die Erinnerung an das Konzil geht. Aber wie geht das? Was bedeutet diese „innere Gegenwart" und wie komme ich dazu?
Es ist ein Thema, das wie kein zweites in der katholischen Kirche so emotional diskutiert wird: Die Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils für heute. Sich selbst „Reformer" nennende berufen sich genauso wie Päpste, Theologen und Pfarreien gleichermaßen auf den Aufbruch und die Texte, den Geist oder schlicht auf „das Konzil".

Eine wachsende Gruppe Gläubiger, weltweit mittlerweile die Mehrheit, kennt das Konzil aber nicht mehr aus der eigenen Erinnerung, sie sind erst nach dessen Ende geboren worden. Die Emotionalität, die mit der Debatte unter älteren Generationen verbunden ist, ist ihnen fremd, sie gehen mit ganz eigenen Zugängen an dieses Konzil heran. Das Angelicum – die Hochschule der Dominikaner in Rom – ist ein Ort, an dem sich Studierende aus aller Welt die Konzils-Texte vornehmen und sie miteinander diskutieren. Pater Carsten Barwasser doziert dort systematische Theologie. Er kennt die Debatten der Studierenden um das Zweite Vatikanum:

„Für die ist das Zweite Vatikanische Konzil primär ein historisches Ereignis, das schon ziemlich lange vergangen ist. Es ist aber auch sehr spannend, die unterschiedliche Wahrnehmung und den unterschiedlichen Wissensstand auch was die einzelnen Kulturen betrifft zu betrachten: Wir haben hier am Angelicum Studierende aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa: Die haben alle einen sehr unterschiedlichen Hintergrund, auch was Informationen und Wissen um das Konzil betrifft. Ich finde es spannend, dass gerade Studierende aus der so genannten ‚Dritten Welt’, also aus Asien und aus Afrika ein Gespür dafür haben, was das Konzil auch für sie bedeutet. Gerade wenn man mit ihnen über die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes spricht, über die ‚Zeichen der Zeit’, von denen dort die Rede ist, dann kommt da ganz viel herüber von ihren eigenen Erfahrungen, wo das Konzil auch für sie mit spricht. Mir scheint, dass bei diesen Studierenden der pastorale Bezug im Vordergrund steht und diese Wahrnehmung des Kontextes von Armut und Ausbeutung, das ist denen wichtig, weil es die Situation ist, aus der sie kommen."

Die Lebenssituation prägt die Lesart, kein unbekanntes Phänomen, im Gegenteil. Aber die Lektüre und das Studium sind nicht einfach. Ein Problem der Texte, das mit wachsendem Abstand zu ihrer Entstehung noch größer wird, ist zum Beispiel die Sprache:

„Das ist sicherlich ein allgemeines Problem der Konzilstexte, diese Texte sind ja von der ganzen Entstehung her eine durchmischte Komposition aus ganz verschiedenen Quellen. Von der Sprache her sind sie einerseits immer noch sehr dichte theologische Texte aber dann – gerade auch bei Gaudium et Spes – gibt es den Versuch, dort auch mit einer neuen Sprache hinein zu kommen, eine existenzielle oder personale Sprache sollte da hineingebracht werden, wobei auch das mittlerweile wieder einen Fremdheitscharakter hat. Sprachlich gibt es definitiv eine Hürde, weshalb auch viel mehr Menschen vom Geist des Konzils reden oder von der Dynamik, ohne jemals einen Text gelesen zu haben. Ich glaube schon, dass diese Sprache der Texte an sich sehr schwierig ist und ein echtes Hindernis darstellt."

Von den 16 Texten sind nicht alle gleich unzugänglich oder schwierig; ein Ergebnis ihrer Geschichte und ihres Entstehens.

„Wirklich einfach ist keiner dieser Texte. ‚Dei Verbum’ über die Offenbarung hat den Ruf, einer der unorganischsten und unausgewogensten Texte des ganzen Konzils zu sein, der zu stark einen Kompromisscharakter habe. Das ist sicherlich nicht ganz falsch, denn gerade um dieses Thema Offenbarung, bei dem es um das Herz des Glaubens geht, ist ganz stark gerungen worden. Man merkt diesem Text natürlich das Ringen an, insofern ist er nicht einfach glatt und es kostet Mühe, in so einen Text hinein zu kommen, aber ich glaube, dass sich das bei einem Text wie ‚Dei Verbum’ durchaus lohnt, weil gerade in diesem Text eine ganze Reihe von wichtigen Inhalten drin steckt, wie zum Beispiel die Neufassung des Offenbarungsbegriffes als Selbstoffenbarung. Gott offenbart nicht irgendwas, also eine Tafel von Sätzen oder irgendwelche Dogmen, sondern er offenbart sich selbst. Das heißt, in Christus findet Gottesbegegnung statt. Das deutlich zu machen ist sehr wichtig, wenn es darum geht, sich die Texte des Konzils anzuschauen."

Nun hat sich der Planet aber weiter gedreht, neue Philosophie, die Postmodernität, die Globalisierung: all das stellt neue Fragen. Geben denn die alten Texte Antworten auf die neuen Fragen?

„Teilweise sicherlich nicht mehr. Das Konzil hat ja mit seinem pastoralen Anspruch das ganze selber formuliert, es wollte zeitbedingte Antworten formulieren, was damals sehr neu war: Die Wahrnehmung der eigenen Kontextualität und Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit. Zu versuchen, die Zeichen der Zeit zu erkennen und zwar das Jahr 1965 zu erkennen. Die Zeichen der Zeit von 1965 sind sicherlich nicht mehr die Zeichen der Zeit von 2013, dennoch finde ich es – wenn man hinein schaut in die Texte – erstaunlich, dass eine ganze Reihe von Fragen dort uns weiterhin beschäftigt: Die Armut ist weiterhin ein Thema, die Frage von Arbeit und Ausbeutung aber auch die Frage nach Frieden und Konfliktbewältigung ist weiterhin virulent. Inwieweit jetzt die eher theologischen Texte wie ‚Dei Verbum’ oder ‚Lumen Gentium’ eine gewisse Tagesaktualität haben, ist natürlich eine gute Frage. Insofern braucht es immer Übersetzungsarbeit und ich glaube, dass es eine der Aufgaben von Theologie ist, zu übersetzen, also das was damals geschrieben wurde in eine heutige Sprache und in heutige Kontexte hinein zu übersetzen.

Das Konzil selbst hat sich ja auch so verstanden. Wenn man mal an die Eröffnungsansprache von Johannes XXIII. im Jahr 1962 denkt: dort versucht er, eine Marschrichtung vorzugeben für das Konzil. Da geht es ganz eindeutig um diese Übersetzungsarbeit. Es geht nicht darum, etwas völlig Neues zu schaffen, sondern darum, den Glauben selbst zu verheutigen; den Glauben der etwas ist, was uns von Christus her vorgegeben ist, zu interpretieren in unserem heutigen Kontext und so zu verheutigen – Aggiornamento – das Menschen einen existenziellen Bezug dazu finden können. Das ist eine Aufgabe, die das Konzil in den 60ern versucht hat – sicherlich nicht immer erfolgreich – aber es hat damit eine Richtung vorgegeben, die weiterhin für uns gültig ist."

Diese Übersetzungsarbeit ist zum Teil schon erfolgt: die Würzburger Synode etwa oder die Versammlungen der lateinamerikanischen Bischöfe zuletzt in Aparecida 2007 haben das geleistet, um nur einige wenige zu nennen. Aber es lohnt sich trotzdem, auf die Originale selbst zurück zu greifen, meint Dominikaterpater Carsten Barwasser:

„Weil das Ereignis an und für sich, von seiner Dynamik her, vom Zusammenkommen dieser über 2.000 Bischöfe und Ordensoberen her, ein Ereignis ist, was es so nicht mehr gegeben hat. Auch wenn Bischofssynoden in Rom oder auf Regionalebenen natürlich eine ganz eigene Bedeutung haben. Ich glaube, dass das Zweite Vatikanische Konzil ein ganz eigenes historisches Ereignis ist und deswegen Kirche erfahrbar macht, und zwar in einer Dynamik, die man sonst Kirche vielleicht gar nicht zutraut, weil man sonst Kirche sehr oft auf die Institutionen beschränkt.
Insofern sind es gar nicht unbedingt die Texte selber – auch wenn die weiterhin wichtig sind und gelesen werden sollten – aber ihre Bedeutung bekommen sie unter anderem auch von diesem Ereignis selbst, von der Dynamik dieses Zusammenkommens, der Kommunikation die dort stattgefunden hat zwischen den verschiedenen Traditionen der Kirche und mit den jungen Kirchen. Es ist ein kommunikatives Ereignis einer ganz eigenen besonderen Art gewesen. Das macht ein Stück von dem aus, warum das Konzil bis heute weiterhin von Bedeutung ist und warum es sich lohnt, an die Texte heran zu gehen und warum es dann doch nicht reicht, sich mit den nachfolgenden Texten zufrieden zu geben."

Wenn wir also auf der Suche nach der Lebendigkeit des Konzils für die Kirche heute oder in den Worten von Benedikt XVI. nach der „inneren Gegenwart" sind, kann uns das Konzil bei den schwierigen theologischen, den Glauben betreffenden, den menschlichen und ethischen Entscheidungen helfen?

„Ich glaube, dass zumindest eine Grundrichtung, wie wir uns mit solchen Situationen auseinander setzen, auch durchaus weiterhin noch in den Texten des Konzils zu finden ist, ohne dass wir davon ausgehen können, dass wir dort Patentrezepte finden. Ich glaube, dass es ohnehin ein grundsätzliches Problem ist, wenn man die Texte des Konzils nimmt und sie dann eins zu eins umsetzt, als wären sie Rezepte für kirchliche Reformen oder für kirchliche Erneuerung. Sie sind als theologische Texte und als lehramtliche Texte Vorgaben und sie bilden einen Rahmen und zeigen eine Richtung an. Aber sie sind keine Texte, die man einfach eins zu eins umsetzen kann." (rv)

19. April: Jahrestag der Wahl Benedikt XVI.

PP Benedikt XVIAcht Jahre ist es erst her, dass Benedikt XVI. zum Papst gewählt wurde: Am 19. April 2005 wurde er den Gläubigen auf dem Petersplatz mit dem „Habemus Papam" angekündigt. Seit der Wahl von Papst Franziskus ist dieses Pontifikat Vergangenheit, aber der Jahrestag der Wahl Joseph Ratzingers ist auch Gelegenheit, daran zurück zu denken, wie Benedikt XVI. seiner Kirche dienen wollte und wie er sich das damals vorstellte als „einfacher Arbeiter im Weinberg des Herrn". (rv)

Franziskus gratuliert Benedikt telefonisch

Bene_140110An diesem Dienstag Morgen hat Papst Franziskus seinem Vorgänger, Benedikt XVI., zum Geburtstag gratuliert. Dies gab Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstag bekannt. Franziskus habe in Castelgandolfo angerufen, wo Benedikt XVI. an diesem Tag im kleinen Kreis seinen 86. Geburtstag feiert. Auch der ältere Bruder des emeritierten Papstes, Georg Ratzinger, ist in Castelgandolfo. In drei Tagen jährt sich auch der Tag des Amtsantritts von Papst Benedikt, der Ende Februar 2013 zurückgetreten ist, zum achten Mal. Öffentliche Feiern zu Geburtstag oder Amtsantritt sind nicht geplant. (rv)

Franziskus trifft Benedikt XVI. am kommenden Samstag

B_Franziskus I.  Bene_140110Nun ist es offiziell bekannt: Zu einer ersten Begegnung zwischen Papst Franziskus und Benedikt XVI. kommt es in einer Woche, am kommenden Samstagmittag, in Castel Gandolfo. Das teilte der vatikanische Pressesaal an diesem Samstag mit. Demnach wird sich Papst Franziskus per Hubschrauber nach Castel Gandolfo begeben und am Tag darauf, dem Palmsonntag, auf dem Petersplatz die Messe zum Auftakt der Karwoche feiern. Für kommenden Montag, 18. März, ist eine Audienz für die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner geplant.

Am morgigen Sonntag, 17. März, wird der neue Papst seine erste öffentliche Messe in der vatikanischen Pfarrkirche Sankt Anna feiern. Die direkt neben dem gleichnamigen Tor zur Vatikanstadt gelegene Gemeindekirche wird von Angestellten des Kleinstaates sowie von Anwohnern des nahen Borgo-Viertels besucht, derzeit finden dort Renovierungsarbeiten statt. Am Sonntagmittag betet Papst Franziskus dann mit den Menschen auf dem Petersplatz das Angelus-Gebet.

Am Dienstag tritt Papst Franziskus mit einer feierlichen Messe um 9.30 Uhr auf dem Petersplatz offiziell sein Dienstamt an. Nach der Messe nimmt er im Petersdom die Grüße der Staatsoberhäupter und der Leiter der offiziellen Delegationen entgegen. Am Mittwoch begrüßt er in der Sala Clementina die Vertretungen anderer christlicher Kirchen, die zu seiner Amtseinführung angereist sind. Für Freitag steht die erste Audienz des neuen Papstes für das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps bevor. (rv)

„Die Kirche lebt“: Letzte Generalaudienz von Papst Benedikt

Papst Benedikt XVI.Papst Benedikt hat am Mittwoch seine letzte Generalaudienz gehalten. Über 150.000 Menschen nahmen bei strahlendem Sonnenschein auf dem Petersplatz und der angrenzenden Via Conciliazione daran teil; viele Radio- und Fernsehstationen übertrugen das Ereignis live. Der Papst, der an diesem Donnerstagabend aus dem Amt scheidet, verabschiedete sich mit einer nachdenklichen, stellenweise sehr persönlichen Rede.

„Danke von Herzen! Ich bin wirklich bewegt, und ich sehe: Die Kirche lebt!“ Gleich zu Beginn der Audienz erinnert Papst Benedikt an seinen Amtsantritt vor fast acht Jahren hier auf dem Petersplatz: „Die Kirche lebt, und die Kirche ist jung!“, hatte er im April 2005 ausgerufen. Jetzt geht er, weil ihm die Kräfte zur, wie er es formulierte, „aktiven Ausübung“ des Petrusamtes schwinden.

„Ich danke vor allem Gott, der die Kirche leitet und wachsen lässt, der sein Wort aussät und so den Glauben seines Volkes nährt. In diesem Moment umarme ich in Gedanken die Kirche in der ganzen Welt… Ich spüre, dass ich euch alle im Gebet in die Gegenwart Gottes hineintrage, wo ich jede Begegnung, jede Reise, jeden Pastoralbesuch vor ihn bringe. Alles und alle vertraue ich dem Herrn an…“

Er fühle in sich „großes Vertrauen“, weil er wisse – „wir alle wissen“ – „dass das Wort der Wahrheit des Evangeliums die Kraft der Kirche ist, ihr Leben“. Das Evangelium reinige und erneuere, so Benedikt XVI., es trage Frucht, wo immer die Gemeinschaft der Gläubigen es höre und aufnehme.

„Manchmal günstige Brise, manchmal hoher Wellengang“

„Als ich am 19. April vor fast acht Jahren den Petrusdienst angenommen habe, hatte ich diese feste Gewissheit, die mich immer begleitet hat: die Gewissheit, dass die Kirche aus dem Wort Gottes lebt! In diesem Moment fragte ich mich innerlich: Herr, warum verlangst du das von mir? Und was genau verlangst du? Das ist eine große Last, die du mir auf die Schultern legst. Aber wenn du mich darum bittest, dann werde ich auf dein Wort hin das Netz auswerfen – mit der Sicherheit, dass du mich trotz all meiner Schwächen führst.“

Acht Jahre danach könne er nun wirklich sagen, dass der Herr ihn geführt habe und ihm nahegewesen sei.

„Es war für die Kirche eine Wegstrecke, bei der es Momente der Freude und des Lichtes gab, aber auch nicht einfache Momente. Ich fühlte mich wie der heilige Petrus mit den Aposteln im Boot auf dem See von Galiläa: Der Herr gab uns so viele Tage der Sonne und der leichten Brise, Tage, in denen der Fischzug wirklich reich war. Aber es gab auch Momente, in denen wir hohen Wellengang und Gegenwind hatten, wie in der ganzen Geschichte der Kirche: Momente, in denen der Herr zu schlafen schien.“

Allerdings habe er „immer gewusst“, so Papst Benedikt in seiner den Ankündigungen nach letzten großen Ansprache, „dass der Herr in diesem Boot ist“.

„Wie Kinder in den Armen Gottes“

„Und ich habe immer gewusst, dass das Boot der Kirche nicht meines ist, und auch nicht unseres, sondern Seines, und dass der Herr uns nicht untergehen lässt. Er führt das Ruder, natürlich auch durch Menschen, die er sich ausgesucht hat, weil er das so wollte. Das war und ist eine Gewissheit, die durch nichts verdunkelt werden kann. Und das ist der Grund, warum mein Herz heute voller Dankbarkeit gegenüber Gott ist: Er hat es mir und der Kirche gegenüber nie an seinem Trost, seinem Licht, seiner Liebe fehlen lassen!“

Der scheidende Papst erinnerte an das von ihm ausgerufene Jahr des Glaubens, das er am 11. Oktober des vergangenen Jahres feierlich eingeleitet hat, am 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Vatikanischen Konzils. Es dauert noch bis in den November hinein und wird von seinem Nachfolger abgeschlossen werden.

„Ich möchte alle einladen, ihr festes Vertrauen in den Herrn zu erneuern! Vertrauen wir uns ihm an wie Kinder in den Armen Gottes. Wir können sicher sein, dass diese Arme uns immerdar halten; das lässt uns jeden Tag mit seiner Mühe auf sich nehmen. Ich wünschte, dass sich ein jeder von diesem Gott geliebt fühle, der seinen Sohn für uns hingegeben hat und uns seine Liebe ohne Grenzen erwiesen hat. Ich wünschte, dass jeder die Freude des Christseins spüren möge… Ja, seien wir dankbar für das Geschenk des Glaubens, es ist das kostbarste Gut, das uns niemand entreißen kann! Danken wir dem Herrn jeden Tag dafür, mit dem Gebet und mit einem kohärenten christlichen Leben. Gott liebt uns, aber er erwartet, dass auch wir ihn lieben.“

„Nie allein gefühlt“

Doch nicht nur Gott wolle er in diesen letzten Stunden seines Pontifikates danken, so Benedikt XVI. Ein Papst sei „nicht allein am Ruder des Schiffleins Petri“, er habe sich „nie allein gefühlt im Tragen der Freude und Last des Petrusdienstes“, der Herr habe ihm viele großzügige Helfer und Freunde an die Seite gestellt. Der Papst dankte den Kardinälen, von denen viele neben ihm saßen, für ihre „Weisheit“, ihren „guten Rat“ und „ihre Freundschaft“. Ausdrücklich bedankte er sich auch bei seinem Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, „der mir in diesen Jahren treu zur Seite gestanden ist“, dem Staatssekretariat und der ganzen Römischen Kurie.

„Ich danke überhaupt allen, die in verschiedenen Bereichen dem Heiligen Stuhl dienen: Es sind viele Gesichter, die nicht hervorstechen, sondern im Schatten bleiben.. Aber gerade im Schweigen und der täglichen Arbeit, in einem Geist des Glaubens und der Demut, waren sie für mich eine sichere und verlässliche Unterstützung.“

„Mit dem Herzen des Vaters“

Der Papst dankte seinem Bistum Rom, den Bischöfen und Priestern, den Ordensleuten und „dem ganzen Volk Gottes“: „Bei meinen Pastoralreisen, Begegnungen und Audienzen habe ich immer große Aufmerksamkeit und tiefe Zuneigung erfahren. Aber auch ich habe immer alle und jeden einzelnen geliebt, ohne Unterschied, mit der pastoralen Liebe des Hirten… Jeden Tag habe ich jeden von euch in mein Gebet eingeschlossen, mit dem Herzen des Vaters. Ich wünschte, mein Gruß und mein Dank erreichten schlechthin alle: Das Herz eines Papstes weitet sich auf die ganze Welt hin!“

Ausdrücklich dankte der Papst den Medien und dem ebenfalls in seiner Nähe sitzenden Diplomatischen Corps, es repräsentiere „die große Familie der Nationen“.

„Viele Briefe von einfachen Leuten“

„Ich möchte auch wirklich von Herzen den vielen Menschen in aller Welt danken, die mir in den letzten Wochen bewegende Zeichen der Aufmerksamkeit, der Freundschaft und des Gebets haben zukommen lassen. Ja, der Papst ist nie allein, das erfahre ich jetzt noch einmal auf so großartige Weise, dass sie wirklich ans Herz rührt. Der Papst gehört allen, und unzählige Menschen fühlen sich ihm nahe. Natürlich bekomme ich Briefe von den Großen der Welt – Staatschefs, religiösen Führern, Vertretern der Welt der Kultur usw. Aber ich bekomme auch sehr viele Briefe von einfachen Leuten, die mir einfach von Herzen schreiben und mir ihre Zuneigung ausdrücken… Diese Personen schreiben mir nicht, wie man zum Beispiel einem Fürsten oder einem Großen schreibt, den man nicht kennt. Sie schreiben mir wie Brüder und Schwestern oder wie Söhne und Töchter, mit einer Art sehr anhänglichem Familienzusammenhalt.“

Hier lasse sich mit Händen greifen, was die Kirche in Wirklichkeit sei, so der Papst: „keine Organisation, kein Verband mit religiöser oder humanitärer Zielsetzung, sondern ein lebendiger Leib, eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern im Leib Christi“. „Die Kirche so zu erleben, die Kraft ihrer Wahrheit und ihrer Liebe fast mit Händen greifen zu können, das ist ein Grund zur Freude in einer Zeit, wo so viele von einem Niedergang der Kirche reden. Wir sehen doch, wie die Kirche heute lebendig ist!“

„Rücktritt zum Wohl der Kirche“

Der Papst kam dann direkt auf seinen bevorstehenden Rücktritt zu sprechen; er begründete seinen Schritt noch einmal. „In diesen letzten Monaten habe ich gefühlt, wie meine Kräfte nachlassen, und ich habe Gott im Gebet inständig gebeten, mich mit seinem Licht zu erleuchten, damit ich die beste Entscheidung nicht zu meinem Wohl, sondern zum Wohl der Kirche treffe. Ich habe diesen Schritt im vollen Bewusstsein darum, wie schwerwiegend und auch wie neu er ist, getan, aber mit tiefer Gelassenheit. Die Kirche lieben heißt auch, schwierige, harte Entscheidungen zu treffen und sich dabei immer das Wohl der Kirche vor Augen zu halten, nicht das eigene Wohl.“

Benedikt XVI. kam noch einmal auf den 19. April 2005 zurück – den Tag, an dem er im Konklave zum Papst gewählt worden war. „Die Schwere der Entscheidung lag auch an der Tatsache, dass ich von diesem Moment an völlig und für immer im Einsatz für den Herrn war. Immer – wer den Petrusdienst übernimmt, hat keine Privatsphäre mehr. Er gehört immer und völlig allen, der ganzen Kirche. Seinem Leben wird sozusagen die private Dimension völlig genommen. Aber ich konnte erfahren und erfahre es genau jetzt, dass einer das Leben gewinnt, wenn er es gibt.“ Ein Papst habe „Brüder und Schwestern, Söhne und Töchter in der ganzen Welt“ und fühle sich „sicher in der Umarmung der Gemeinschaft“. Er gehöre „nicht mehr sich selbst, sondern allen, und alle gehören ihm“.

„Keine Rückkehr ins Privatleben“

„Das „Immer“ ist auch „Für immer“: Es gibt keine Rückkehr ins Private. Meine Entscheidung, auf die aktive Ausübung des Dienstes zu verzichten, widerruft das nicht. Ich kehre nicht ins Privatleben zurück, in ein Leben der Reisen, Begegnungen, Empfänge, Konferenzen usw. Ich verlasse nicht das Kreuz, ich bleibe auf eine neue Weise beim gekreuzigten Herrn. Ich habe nicht mehr die Amtsgewalt für die Regierung der Kirche, aber ich bleibe im Dienst des Gebets sozusagen im Bereich des heiligen Petrus. Der heilige Benedikt, dessen Namen ich als Papst trage, wird mir darin immer ein großes Beispiel sein. Er hat uns den Weg gezeigt zu einem Leben, das – aktiv oder passiv – doch vollständig dem Werk Gottes gehört.“

Er danke „allen und jedem einzelnen für den Respekt und das Verständnis“, auf das seine Entscheidung zum Rücktritt gestoßen sei, fuhr Benedikt XVI. fort. „Ich werde den Weg der Kirche weiter mit dem Gebet und der Meditation begleiten, mit derselben Hingabe an den Herrn und an die Kirche, um die ich mich bis heute bemüht habe. Ich bitte euch, vor Gott an mich zu denken und vor allem für die Kardinäle zu beten, die zu einer so wichtigen Aufgabe aufgerufen sind, und für den neuen Nachfolger des Apostels Petrus. Der Herr begleite ihn mit dem Licht und der Kraft seines Geistes.“

Der Papst bat um die Fürsprache Mariens und rief dann zum Schluss seiner Ansprache noch einmal aus: „Liebe Freunde, Gott führt seine Kirche, er steht ihr immer bei, vor allem in den schwierigen Momenten! Verlieren wir nie diese Vision des Glaubens, die die einzig wahre Vision des Weges der Kirche und der Welt ist. Möge im Herzen eines jeden von uns immer die freudige Gewissheit herrschen, dass der Herr uns nahe ist! Er verlässt uns nicht, er ist uns nahe und hüllt uns in seine Liebe ein.“

Fast 350 Generalaudienzen insgesamt
Insgesamt hielt Papst Benedikt während seines Pontifikats 348 Generalaudienzen, an denen insgesamt 5.116.600 Gläubige teilnahmen. (Daten von April 2005 bis 27. Februar 2013). Die erste Audienz hielt Benedikt am 27. April 2005.