Sind Priester und Bischöfe das „größte Hindernis“ für Franziskus‘ Vision der Kirche?

VATIKANSTADT – Noch schlagen die Wellen hoch über den Artikel aus „Civilta Cattolica“, der eine „Ökumene des Hasses“ zwischen konservativen Protestanten und Katholiken in den USA beschreibt. Nun ist ein neuer Artikel erschienen, der vermutlich die eine oder andere Stirn in Falten wirft: In der Wochenend-Ausgabe des „Osservatore Romano“ stellt ein Text die These auf, dass das größte Hindernis für die Umsetzung der Vision von Papst Franziskus für die Kirche „ein großer Teil des Klerus ist, auf den oberen wie unteren Ebenen“.

Die Wortwahl deutet an, dass der Autor sowohl führende Bischöfe als auch einfache Dorfpfarrer meint.

„Der Klerus hält die Menschen zurück, die vielmehr in diesem außergewöhnlichen Augenblick begleitet werden sollten“, schreibt der Autor, ein italienischer Priester namens Giulio Cirignano. Der aus Florenz stammende Geistliche ist langjähriger Bibelwissenschaftler.

Sein Beitrag, der in der Wochenend-Ausgabe der offiziellen Zeitung des Vatikan erschienen ist, trägt die Überschrift „Die Bekehrung, um die Papst Franziskus bittet: Gewohnheit ist nicht Treue“.

Reaktionen auf Artikel in „La Civilta Cattolica“

Vor einer guten Woche veröffentlichten „zwei enge Freunde des Papstes“ – wie sie etwa Crux beschreibt – einen Essay, dessen Behauptungen für Aufruhr sorgen. Die Autoren sind der Jesuitenpater Antonio Spadaro und der Chefredakteur der argentinischen Ausgabe des „Osservatore Romano“, der protestantische Pastor Marcelo Figuero.

Erschienen ist der Artikel im Jesuitenmagazin „La Civilta Cattolica“, dessen Chefredakteur Spadaro ist. Das Magazin wird vor Veröffentlichung durch das vatikanische Staatssekretariat geprüft.

Wie CNA Deutsch berichtete, stellten Experten mehrere schwerwiegende Mängel und Fehler in dem Artikel fest. Auch der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, meldete mehrere Bedenken an und warf dem Essay vor, „die katholisch-evangelikale Zusammenarbeit zu Fragen der Religionsfreiheit und anderer Schlüsselthemen“ inadäquat, ja, als verdummend (wörtlich: „dumbing down“) darzustellen.

Der Chefredakteur der prominenten Publikation „First Things“, R.R. Reno, wurde noch deutlicher: In einem Kommentar für den „National Catholic Register“ fasste er Spadaro und Figueroas Artikel als „eine Sammlung uninformierter Behauptungen, gespickt mit Böswilligkeit“ zusammen.

Als Antwort auf diese – und zahlreiche weitere – Kritiken haben Pater Spadaro und andere, etwa die Redaktion, vor allem aber Michael Sean Winters im „National Catholic Reporter“, mit Repliken reagiert. Eine Debatte ist dabei freilich (noch?) nicht entstanden. Was mit zur Folge hat, dass der Aufruhr, nach einer guten Woche, noch nicht zur Ruhe gekommen ist.

Selbst weltliche Medien wie der „Economist“ berichteten mittlerweile darüber. Das Wirtschaftsmagazin beschreibt die Situation als „eskalierendes Patt zwischen christlichen Liberalen und christlichen Konservativen“. Was die Frage aufwirft: Ist das auch das Thema oder der Kontext des neuen Aufschlags im „Osservatore Romano“?

Priester und Bischöfe als Hindernisse

Vor diesem Hintergrund zumindest steht der am gestrigen Samstag veröffentlichte Artikel; Giulio Cirignano greift darin nicht speziell konservative Christen in den USA an. Sein Text ist allgemeiner gehalten, und aus italienischer Perspektive geschrieben, oder vielleicht noch vatikanischer:

„Das größte Hindernis, dass der Bekehrung im Weg steht, die Papst Franziskus der Kirche bringen will, besteht, zu einem gewissen Grad, in der Haltung eines großen Teils des Klerus, auf den oberen wie unteren Ebenen … eine Haltung, bisweilen, von Sperrung wenn nicht gar Feindseligkeit“, schreibt der Autor, der selber Geistlicher ist.

„Die meisten Gläubigen haben trotz alledem den Kairos erkannt, den günstigen Moment, den der Herr seiner Gemeinschaft gibt“, so Cirignano weiter. „Die meisten feiern“.

Doch der Teil der Gemeinschaft, „der wenig erleuchteten Pastoren am Nächsten ist, wird hinter einem alten Horizont aufrechterhalten, dem Horizont alter Gewohnheiten, einer altmodischen Sprache, repetitiven Denkens ohne Vitalität“, steht im Artikel zu lesen.

Mangelnde Bildung und rigide Mentalität

Cirignano beschreibt mehrere Gründe für die „Feindseligkeit“ des Klerus gegenüber Papst Franziskus. So wirft er den Priestern und Bischöfen ein überholtes Verständnis des Priestertums vor, eine „alte“ Theologie und mangelnde theologische und biblische Bildung.

„Wenn der Priester gezeichnet ist von einer religiösen Mentalität, und zu wenig von einem klaren Glauben, dann wird alles komplizierter“, so Cirignano. „Er riskiert, das Opfer vieler Dinge zu bleiben, die der Mensch über Gott und seinen Willen erfunden hat“.

Gott, so Cirignano wörtlich, „toleriert nicht, in die rigiden Schemata eingesperrt zu sein, die typisch für den menschlichen Geist sind“.

Als Gegenbild beschreibt der Autor dass Gott die Liebe sei. „Gott ist die Liebe, und das ist alles, Liebe als Geschenk seiner selbst. So korrigiert er, auf einfache Weise, die Millionen Rückbildungen, die wir gewohnt sind, der Liebe in den Weg zu stellen“.

Cirignano ist Autor mehrere Bücher auf Italienisch, darunter das Werk: „Franziskus: Schönheit und Mut“ (Francesco, bellezza e coraggio).

Es gebe keinen Hinweis darauf, schreibt „Crux„, dass Cirignanos Artikel von Papst Franziskus persönlich angeregt worden sei, oder dass der Papst überhaupt von diesem wisse. Doch habe Franziskus immer wieder unbequeme Bischöfe und Priester getadelt. Das bekannteste Beispiel dafür: Die Weihnachtsansprache 2014. Darin warf der argentinische Pontifex der Kurie vor, an 15 „geistlichen Krankheiten“ zu leiden, darunter „Geistliches Alzheimer“, „Rivalität und Prahlerei“, Geschwätz und einen Mangel an „Freude“. (CNA Deutsch)

Papst: Reform mit Milde (und ein bisschen Gewalt)

Papst Franziskus hat einmal mehr die Notwendigkeit von Reformen im Vatikan bekräftigt. Im Vatikan empfing er an diesem Donnerstag sein vor knapp zwei Jahren gegründetes Mediensekretariat, das sich um eine Neuordnung der Medienlandschaft des Heiligen Stuhls bemüht. Dabei sagte er: „Wir sollten keine Angst haben. Reform heißt nicht, die Sachen weiß zu übertünchen – sie bedeutet, den Dingen eine andere Form zu geben. Sie anders zu organisieren. Man muss sie mit Intelligenz, mit Milde, aber auch mit ein bisschen – bitte sehen Sie mir das Wort nach – ein bisschen Gewalt durchführen. Aber guter Gewalt, nicht wahr?“

Das Mediensekretariat hält seine erste Vollversammlung ab, um den Stand der Reformen zu besprechen und neue Ideen zu sammeln. Franziskus bestärkte seine Zuhörer darin, „neue Kriterien und Modalitäten“ zu finden, „um das Evangelium von der Barmherzigkeit zu allen Völkern und ins Herz der verschiedenen Kulturen zu bringen“. Dabei dürfe man um „die neue Digitalkultur“ keinen Bogen schlagen.

„Früher gab es für jede Ausdrucksform ein eigenes Medium: für geschriebene Worte die Zeitung oder Bücher, für bewegte Bilder Kino und Fernsehen, für das gesprochene Wort und Musik Radio und CDs. All diese Kommunikationsformen laufen heute in eins zusammen. Das bedeutet, dass der Osservatore Romano, der ab nächstem Jahr zum neuen Dikasterium gehört, neue und andere Modalitäten suchen muss. Und Radio Vatikan, das seit Jahren eine Vielzahl von Webseiten unterhält, wird nach neuen Modellen umgeordnet, um sich den modernen Technologien und den Erwartungen unserer Zeitgenossen anzupassen.“

Es liege ihm am Herzen, dass Radio Vatikan auch künftig „Länder mit wenig technologischen Möglichkeiten, etwa in Afrika“, per Kurzwelle erreicht. Die entsprechenden Ausstrahlungen seien „nie eingestellt worden“, das unterstreiche er. Damit antwortete Franziskus auf Befürchtungen des afrikanischen Bischofsrates Secam.

„Es gibt viel zu tun; die Herausforderung ist groß, aber man kann und man muss es tun! Natürlich ist die Geschichte ein Erbe aus wertvollen Erfahrungen, die es zu erhalten gilt. Aber die Geschichte muss auch zu Anregungen für die Zukunft werden, sonst würde sie zu einem Museum: interessant und schön für Besucher, aber nicht imstande, Kraft und Stärke für die Fortsetzung des Wegs einzuflößen.“

Das Mediensekretariat will möglichst noch in diesem Jahr einen einheitlichen Web-Auftritt der vatikanischen Kommunikation freischalten. Zu den 16 Mitgliedern des Sekretariats gehören u.a. Kardinal Béchara Rai aus dem Libanon und der frühere ZDF-Intendant Markus Schächter. (rv)

Klerikalismus, Homosexualität, Prävention: Regeln für Priesterausbildung neu aufgelegt

VATIKANSTADT – Klerikalismus, Homosexualität und der Schutz Minderjähriger: Das sind unter anderem die Themen der am Mittwoch veröffentlichten, neu aufgelegten Regeln zur Priesterausbildung.

„Um ein guter Priester zu sein ist es notwendig, nicht nur alle Prüfungen zu bestehen, sondern auch menschliche, geistliche und pastorale Reife zu haben.“, sagte Kardinal Benjamin Stella, Präfekt der Kongregation für den Klerus, dem Osservatore Romano vom 7. Dezember.

Es sei zudem „überflüssig hinzuzufügen“, so Kardinal Stella weiter, dass es „weitere, kleine Innovationen“ gebe, was das neue Grundlagendokument betreffe.

Kardinal Stella betonte, dass es darum gehe, wieder zum Kern der priesterlichen Berufung zu kommen, die auf vier Säulen ruhe: menschliche, geistliche, intellektuelle und pastorale Bildung. Zusammen mit der richtigen Unterscheidung der Geister im Prüfen der Berufungsfrage seien diese Voraussetzung einer guten Ausbildung – die auch Gefahren wie Klerikalismus vorbeugen sollte.

Homosexualität und Schutz Minderjähriger

Weltliche Berichterstattung zum Thema hat sich auf die Tatsache konzentriert, dass die Kirche auch weiterhin keine Homosexuellen zur Priesterausbildung zulässt. Tatsächlich bestätigt das Dokument, dass Männer, die homosexuell aktiv sind, „tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte ‚homosexuelle Kultur‘ unterstützen“, ungeeignet, weil, wer so lebe, nicht „korrekte Beziehungen zu Männern und Frauen“ aufbauen könne.

Das Regelwerk unterscheidet diese von Menschen mit „vorübergehenden Tendenzen“, die vielleicht noch nicht voll gereift seien; freilich aber Jahre vor der Weihe zum Diakon aus solchen herauswachsen müssten.

„Größte Aufmerksamkeit“ müsse dem Schutz Minderjähriger gewidmet werden, betont das Regelwerk weiter. Dies sei notwendiger Schwerpunkt der Ausbildung, und behandle auch Aspekte wie Begleitung von Opfern, Umgang mit Ausbeutung und Fällen von Gewalt sowohl Minderjähriger wie auch anfälliger Erwachsener. (CNA Deutsch)

Reform der Medienarbeit: „Wir brauchen dringend Koordinierung

Bernd Hagenkord Papst Franziskus wünscht eine Reform der vatikanischen Medienlandschaft. Neben dem Geldinstitut IOR, der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls APSA und dem Rentenfonds stehen also „Osservatore Romano“, Radio Vatikan und alle anderen Komponenten der Medienlandschaft im kleinsten Staat der Welt derzeit auf dem Prüfstand. Was sind eigentlich die vatikanischen Medien? Erklärungen von unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord.

„Da gibt es zunächst natürlich Radio Vatikan, unser eigenes Haus. Das sind über 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 60 Ländern in 37 Redaktionen, samt Technikern und so weiter. Dann gibt es da den Osservatore Romano, den wir immer als Vatikanzeitung bezeichnen, was aber so nicht ganz stimmt, weil er eher ein Amtsblatt ist denn eine Zeitung, jetzt aber zunehmend auch journalistisch arbeitet. Auf Italienisch kommt er täglich heraus, andere Ausgaben wie die deutschsprachige wöchentlich oder in anderen Rhythmen. Als drittes gibt es das Vatikanische Fernsehen CTV, auch das ist nicht ganz korrekt benannt, weil es eher eine Produktionsgesellschaft ist denn ein eigener Sender, auch wenn für das Internet Sendungen produziert werden. Viertens gibt es natürlich den Pressesaal oder die Pressestelle und dann noch den Päpstlichen Rat für Soziale Kommunikationsmittel wie er offiziell heißt, also den Medienrat. Auch hier wird seit kurzem ein eigenes Medium im Internet betrieben, gefüllt mit den Inhalten der anderen Vatikanmedien. Das braucht ganz dringend eine Koordinierung.“

Was ist die Aufgabe dieser Medien?

„Je nach Medium und auch nach Sprache. Das Deutschsprachige Programm des Radios macht ganz andere Sendung als Hindi oder Arabisch, da gibt es große kulturelle Unterschiede. Wir sind journalistischer, andere wegen des fast vollständigen Fehlens von katholischer Infrastruktur sehr viel katechetischer. Die Aufgabe ergibt sich so aus den Menschen, für die man den Dienst anbietet, und aus dem, was der Vatikan mit einem Medium will.“

Wo genau befinden sich die Sitze der vatikanischen Medien?

„Der Osservatore und das Fernsehen sind im Vatikan selbst, Radio Vatikan und der Medienrat wie auch der Pressesaal in unmittelbarer Nähe. Wir sind aber nicht im selben Gebäude untergebracht. Da könnte man zum Beispiel nachdenken, etwas zusammen zu legen, wenn schon die Nutzungsgewohnheiten auch in diese Richtung gehen und die einzelnen Formen wie Internet und Radio immer mehr verschmelzen.“

Wenn zum Beispiel der Papst eine Reise macht, welche Funktion erfüllen die vatikanischen Medien?

„Zum einen technische: Wir liefern den Ton, das Fernsehen liefert Bilder, auch für andere Sender. Dann berichten wir aber auch vor Ort, Radio Vatikan schickt immer eine Redaktionsgruppe an die Orte, die der Papst besucht, um von da aus zu berichten. Wir wollen so gute Information zur Verfügung stellen über all das, was der Papst tut, auch wenn es vielleicht nicht auf dem Radar der anderen Medien ist.“

Die Reformplanung soll ein Jahr dauern. Das verkündete Präfekt des neuen vatikanischen Wirtschaftssekretariates, Kardinal George Pell, an diesem Mittwoch einer Pressekonferenz – was genau soll in diesem Jahr passieren? Welche Personen sind in dem Komitee und wurden die Menschen speziell von Papst Franziskus ausgesucht?

„Ich denke, dass die Personen von Fachleuten im Vatikan ausgesucht wurden. Dass wir Reform brauchen und Koordinierung, das ist uns allen klar, allein schon deswegen, weil die Medien in der Welt sich ändern und das alles viel Geld kostet. Also hat man sich die Leute – von innen und außen – geholt, von denen man sich Rat und Vorschläge erwartet, wie man das gut umsetzen kann. Und ich hoffe, dass genau das in dem Jahr passieren wird.“

Immer wichtiger wird die digitale Welt, der Online Journalismus. Was tut der Vatikan um bei der Digitalisierung der Welt mitzuhalten?

„Viel. Wir selber sind ja über Internet und Newsletter sehr präsent, andere nutzen Facebook oder Twitter mehr, je nachdem. Aber das ist alles noch etwas zufällig, hier täte Zusammenarbeit Not, dass nicht alle das für sich selber machen sondern man Erfahrungen und Technik austauschen kann. Nehmen wir Twitter: Papst Benedikt hat damit angefangen, Papst Franziskus ist einer der meist gefolgten und wichtiger noch meist weitergetwitterten Personen im Netz, das sind alles Sätze von ihm, die der Medienrat aussucht, ihm vorlegt und die er dann verbreiten lässt. Das ist ein Weg. Aber ich hoffe, dass es noch viele weitere für uns gibt, damit wir auch in Zukunft dort die Informationen so an die Hörerinnen und Hörer und die User und Leser bringen, wo sie gesucht werden.“ (rv)

L´Osservatore Romano: Vorgezogene Papstwahl möglich

L´Osservatore RomanoDie Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ hält eine vorgezogene Papstwahl für möglich. Das sagte der Chefredakteur der Vatikanzeitung, Giovanni Maria Vian, dem italienischen Sender „Radio 24″. Die Entscheidung darüber liege beim Papst, strikte Normen gäbe es nicht. Bereits am Samstag hatte der Vatikansprecher Federico Lombardi von einem früheren Konklavebeginn gesprochen. Offiziell sieht die Regel den Beginn nach dem 15. Tag ab Beginn der Sedisvakanz vor, dies soll es allen Kardinälen ermöglichen anzureisen. „Aber wenn diese bereits alle eingetroffen sind, besteht auch die Möglichkeit, es vorzuziehen“, so Vatikansprecher Lombardi. (rv)

Vatikanzeitung mit Frauenbeilage: Den Unbekannten eine Stimme geben

Der Heilige Stuhl gibt neuerdings eine Frauenzeitschrift heraus. Genauer gesagt, handelt es sich um eine Beilage zur italienischen Ausgabe der Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano" mit dem Titel „donna, chiesa, mondo", also: Frau, Kirche, Welt. Nächste Woche erscheint die Beilage zum dritten Mal und wird unter anderem ein längeres Interview mit Brigitta Klieber enthalten, der langjährigen Finanz-Chefin der Erzdiözese Wien. Verantwortlich für die Frauenbeilage zeichnet Lucetta Scaraffia, Jahrgang 1948, Journalistin und Dozentin für Zeitgeschichte an der staatlichen römischen Universität „Sapienza". Den Frauen der Kirche eine Stimme zu geben: das ist erklärtes Ziel der neuen Medien-Initiative. Denn innerhalb wie außerhalb wird die weibliche Seite der Kirche immer noch viel zu oft übersehen, sagt Lucetta Scaraffia.

„Beim geweihten Leben zum Beispiel setzt sich die Kirche zu zwei Dritteln aus Ordensfrauen zusammen. Dann gibt es zahllose weibliche Laien, die mit der Kirche in vielfältiger Form zusammenarbeiten. Alle diese Frauen sind oft unbekannt, nicht nur für jene, die außerhalb der Kirche leben und sich die Kirche als männliche Welt vorstellen, als Welt von Priestern. Sondern oft sind sie nicht einmal in der Kirche selbst bekannt. Und das ist schwerwiegend! Die Frauen in der Kirche sind wie ein versteckter Schatz, und wir möchten helfen, ihn zu heben und zu nutzen.

Die mangelnde Wahrnehmung des Wirkens von Frauen in der Kirche hat aus Sicht von Lucetta Scaraffia mehrere Gründe. Sie nennt zwei davon:

„Erstens, dass nur die Männer Karriere machen können. Ich befürworte nicht das Priestertum der Frau und diese Art der Karriere; aber ich denke, es gibt beispielsweise Ordensfrauen, die einmal Generaloberinnen waren und genug Erfahrung und Kompetenz haben, die sie dazu befähigen würden, ein Dikasterium der römischen Kurie zu leiten. Es gäbe Frauen, die dazu in der Lage wären, eine wichtige Rolle in vatikanischen Ämtern zu spielen. Und das, ohne den Aspekt Priestertum zu berühren. Ich glaube, wir würden andere Standpunkte einbringen. Ich denke auch, dass die Frauen gewissermaßen freier wären, denn Karriere können sie ohnehin nicht machen, sie können ja nicht Papst werden…! Das gibt viel Freiheit, auch Freiheit im Denken und Reden."

Der zweite Grund für die Unsichtbarkeit der Frauen in der Kirche: Gerade Ordensschwestern nehmen das Gelübde der Demut oft sehr ernst.

„Sie stellen niemals zur Schau, was sie tun, sie schreiben wenig, sind nicht gewohnt, von ihrem Wirken zu erzählen. Ihre Arbeit ist ein immenses verborgenes Werk, das nur diejenigen kennen, die sie zufälligerweise im Leben treffen. Ich glaube, das man die Arbeit dieser Ordensfrauen bekannt machen muss – weil sie wichtig ist, weil sich die Kirche ja auch darauf gründet, dass ganze Lebensentwürfe ihr gewidmet sind, wenn wir etwa an die Nächstenliebe oder das Gebet der Frauen denken. Und sie selbst sagen das nicht! Im Gegenteil, sie sehen es als Teil ihrer Sendung, sich nicht selbst für ihr Wirken zu loben. Aber andere können das für sie tun. Das ist ein wichtiger Auftrag, den wir uns mit dieser Beilage stellen."

So gesehen, stellt sich die Frage, warum die vatikanische Frauen-Beilage eigentlich erst jetzt kommt – quasi nach Jahrhunderten stillen, allzustillen Wirkens von Frauen in der Kirche. Lucetta Scaraffia erklärt:

„Benedikt XVI. hat den Direktor des Osservatore Romano, Giovanni Maria Vian, ausdrücklich darum gebeten, Frauen im Blatt schreiben zu lassen. Vian hat also zwei Journalistinnen angestellt, und er hat beispielsweise auch mir Platz gegeben, die ich unter anderem Leiteartikel schreibe. Das gab es nie zuvor! und wenn man einmal einer Frau die Feder in die Hand gibt… dann öffnet sie Räume für andere Frauen. Das tun wir, und wir verdanken es Benedikt XVI."

Die Deutsche Bischofskonferenz hat bereits Interesse an einer Übersetzung und Verbreitung der Frauenbeilage des Osservatore in Deutschland angemeldet. Vorerst erscheint sie auf Italienisch einmal monatlich. Gedruckt ist die Beilage auf solidem weißem Papier, darauf hat Scaraffia gepocht, weil das Blatt vier Wochen lang halten muss. Es finanziert sich auch über Werbung, und es ist – das im Gegensatz zu fast allen konventionellen Frauenzeitschriften – extrem international ausgerichtet.

„Wir wollen unbedingt, dass andere Frauen von der ganzen Welt mitarbeiten, indem sie uns Nachrichten und Hinweise schicken, Frauen benennen, die wir interviewen können und Themen anregen, denen wir nachgehen sollen. Ein anderer Schwerpunkt sind Ökumene und andere Religionen. Auch hier wünschen wir uns Kontakte und Vorschläge, denn wir sind ein wenig in diesem italienischen Kontext befangen. Glücklicherweise hat der Osservatore Romano Redaktionen in mehreren Sprachen, und hier arbeiten viele Frauen, die sich sofort für die Beilage begeistert haben und uns viel helfen."

Reaktionen auf die vatikanische Frauen-Beilage kamen viele, erzählt die Journalistin. Ganz besonders aus dem Ausland. Nur die Rückmeldungen aus dem Vatikan seien noch etwas lau.

„Nein, Widerstände gab es nicht. Aber sagen wir, vielleicht ein wenig Gleichgültigkeit. Wir hoffen aber, wenn wir einmal etabliert und besser bekannt sind, denn schwindet vielleicht auch dieser Vorbehalt gegen eine Sache, die von Frauen gemacht ist. Ich vertraue darauf, wenn man unsere Beiträge liest, sieht man das Gute dieser Initiative, und dass es wirklich Zeit war dafür! Dann wird es auch Anerkennung geben von solchen, die jetzt weniger begeistert sind."

Lucetta Scaraffia war bereits in den vergangenen Jahren Mitarbeiterin des „Osservatore Romano". In der Zeit des Öffentlichwerdens zahlreicher Missbrauchsfälle durch Kleriker schrieb sie dort einen vielbeachteten Leitartikel, in dem sie die These aufstellte, dass Frauen in den Entscheidungsebenen der Kirche das „männliche Schweigen" über Missbrauch möglicherweise verhindert hätten. (rv)

Normen zum Umgang mit Visionen

Die vatikanische Glaubenskongregation hat über ihre Website und an diesem Dienstag über den Osservatore Romano die Übersetzung einer Richtlinie zum Umgang mit übernatürlichen Phänomenen veröffentlicht. Der Präfekt der Kongregation, Kardinal William Levada, erläutert in einem Artikel für die Vatikanzeitung die Gründe für diesen Schritt.
Zu den Aufgaben der Glaubenskongregation gehört neben der Förderung und dem Schutz der Glaubenslehre auch die Beschäftigung mit Fragen der Glaubenspraxis, etwa mit „Pseudo-Mystizismus, behaupteten Erscheinungen, Visionen und Botschaften, denen ein übernatürlicher Ursprung zugeschrieben wird", so Levada in seinem Artikel. Bei diesen übernatürlichen Phänomenen geht es um die Beurteilungen von Erscheinungen wie etwa der von Medjugorje, aber auch um private Offenbarungen und Visionen.

Bereits 1978 wurden diese Normen zur Erfüllung dieser Aufgabe veröffentlicht, allerdings ausschließlich auf Latein und an die Bischöfe gerichtet, in deren Aufgabengebiet die Beurteilung solcher Phänomene falle. Man hoffe nun, durch die Veröffentlichung einer offiziellen Übersetzung weitere Kreise wie etwa Theologen und andere Experten ansprechen zu können, so Kardinal Levada.

Eine Aktualisierung habe die Beschäftigung mit diesem Thema durch die Bischofssynode 2008 erfahren, die sich mit dem Wort Gottes befasst hatte. Kardinal Levada betont, dass nach dem Wort Jesu Christi die Offenbarung abgeschlossen sei. Davon seien Privatoffenbarungen zu unterscheiden. Diese könnten der Offenbarung in Christus nichts hinzufügen, sondern nur dazu dienen, sie in einem bestimmten historischen Kontext zu vertiefen: „Eine Privatoffenbarung kann neue Akzente setzen, neue Weisen der Frömmigkeit herausstellen oder alte vertiefen. Sie kann einen gewissen prophetischen Charakter besitzen (vgl. 1 Thess 5,19-21) und eine wertvolle Hilfe sein, das Evangelium in der jeweils gegenwärtigen Stunde besser zu verstehen und zu leben. Sie ist eine Hilfe, die angeboten wird, von der man aber nicht Gebrauch machen muss", so Levada.

Die vorgestellten Normen unterscheiden positive und negative Kriterien der Beurteilung. Positive Kriterien sind die Fragen nach Wahrheit und geistlicher Reife der Erscheinung. Negativ fragen die Kriterien nach psychischen Erkrankungen, Gewinnstreben oder unmoralischen Handlungen.

Als zweiten Schritt legen die Normen die Vorgehensweise fest, nach der lokal zuständige Autoritäten und später die Glaubenskongregation selber vorgehen sollen, um zu einem Urteil über Erscheinungen und Visionen zu kommen. Die Normen sind auf Deutsch auf der Seite der Glaubenskongregation nachlesbar. (rv)

„Vatileaks“: Ermittlungen eingeleitet

Papst Benedikt XVI. hat eine übergeordnete Kommission des Heiligen Stuhls beauftragt, über die Weitergabe vertraulicher Vatikan-Dokumente an die Medien zu ermitteln. Das teilte die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano" in ihrer Samstagsausgabe mit. Damit wolle der Papst Licht in die sogenannte „Vatileaks"-Angelegenheit bringen, so die Zeitung des Heiligen Stuhls.

Der Papst wurde immer darüber auf dem Laufenden gehalten, was während der vergangenen Wochen in den Medien vermittelt wurde. Benedikt XVI. sei „sehr betroffen" über das Geschehene, blicke aber mit Zuversicht nach vorne. Das sagte der Substitut des Staatssekretariats, Erzbischof Angelo Becciu, im Gespräch mit dem „Osservatore". Die Arbeit an der römischen Kurie sei besser als ihr Ruf, fügt der Direktor der Vatikanzeitung, Giovanni Maria Vian, in dem Zeitungsbeitrag hinzu. Erzbischof Becciu betont, dass das Personal im Staatssekretariat zuverlässig sei. Es stimme nicht, dass die Mitarbeiter nur „an Karriere und Komplotte" denken, fügt Becciu an. „Die Realität ist weit weg von diesen Vorurteilen", so der italienische Kurienerzbischof. Aber es habe einige Mitarbeiter gegeben, die interne Dokumente aus „Unredlichkeit" und „gemeine Feigheit" weitergereicht hätten, so der Substitut des Staatssekretariats. Diese hätten ihre „privilegierte Stellung" ausgenutzt, um Dokumente publik zu machen, deren „Vertraulichkeit zu respektieren sie verpflichtet waren." Dadurch sei in der Öffentlichkeit ein Bild der Römischen Kurie entstanden, das nicht der Realität entspreche.
„Es ist zu wünschen, dass sich die Basis unserer Arbeit wieder neu schaffen lasse: das gegenseitige Vertrauen", sagte Becciu. Dies setze jedoch „Seriosität, Loyalität, Korrektheit" voraus.

In den vergangenen Monaten waren aus dem Vatikan vertrauliche Dokumente an die Medien durchgesickert. So wurden etwa interne Informationen über ein angebliches Mordkomplott gegen den Papst bekannt. Der Vatikan hatte die Veröffentlichungen als „Vatileaks" kritisiert – in Anspielung auf Wikileaks, bei der als vertraulich klassifizierte interne Dokumente der US-amerikanischen Administration ins Internet gestellt wurden.

Hintergrund
Erzbischof Becciu leitet die Sektion für die Allgemeinen Angelegenheiten im Vatikanstaat. Die Sektion ist die größte Abteilung des Staatssekretariats. Sie unterhält die regelmäßigen Korrespondenzen mit den Nuntiaturen, wie auch die Verhandlungen mit den Diplomaten auswärtiger Regierungen. (rv)