Nuntius Zenari: „Mit 23 Millionen Syrern zum Papst“

Jeden Tag aufs Neue kommen Schreckensnachrichten aus Syrien, ein Ende der Kampfhandlungen ist trotz internationaler Aufrufe noch lange nicht in Sicht. Im Gegenteil, immer unübersichtlicher wird die Verquickung der verschiedenen internationalen Interessen auf syrischem Gebiet, und die Akteure bringen sich in Position, um bei Ende des Krieges auch ihr Stück vom Kuchen abzubekommen.

Dies alles, man kann es nicht oft genug wiederholen, auf dem Rücken der Zivilisten, die unter unmenschlichen Bedingungen im Bombenhagel ausharren müssen. Allein seit Mai seien es über 470 unbeteiligte Menschen, die dem Krieg zum Opfer gefallen sind, berichten Oppositionskreise. Auch darüber hat der Nuntius in Syrien, Kardinal Mario Zenari, an diesem Freitag mit Papst Franziskus gesprochen. Der Nuntius war im Vatikan, um an der 90. Versammlung der Hilfswerke für die Ostkirchen teilzunehmen.

Auf dem Rücken der Zivilbevölkerung

„Ich bin in Begleitung von 23 Millionen Syrern zum Papst gegangen – Katholiken, Christen, Muslime und Angehörige anderer Religionen – die den Papst sehr schätzen und ihm sehr für alles danken, was er tut. Ich habe eine große Bitte überbracht: ein Ende der Gewalt und das Bedürfnis nach Frieden.“ Der Papst bete nicht nur, sondern tue auch konkret und auf internationaler Ebene etwas, würdigt der Nuntius im Gespräch mit Radio Vatikan den Einsatz von Franziskus. „Als ich schon in der Tür stand und gehen wollte, hat er mir gesagt, ,Bring allen Syrern, die leiden, eine zärtliche Geste mit!´ Das [Denken an die Leidenden] ist leider eine Priorität, denn mehr als die Hälfte der Krankenhäuser sind wegen des Krieges nicht funktionsfähig. Wir appellieren an die Großzügigkeit aller!“

Syrer wollen einfach nur Frieden

Eine politische Lösung des Konfliktes, der nunmehr im siebten Jahr tobt, sei nach wie vor in weiter Ferne, befürchtet der Nuntius. Insbesondere aus den ehemaligen IS-Hochburgen Rakka und Deir Ezzor kämen besorgniserregende Nachrichten, berichtet der Kardinal mit Blick auf die Menschen, die dort festsitzen: „Man müsste wohl humanitäre Korridore einrichten. Was die politische Lösung betrifft, da würde ich sagen, dass zuerst die Gewalt aufhören muss. Das Übereinkommen von Astana vom vergangenen 4. Mai wäre vielversprechend, aber die Probleme kommen bei der praktischen Umsetzung zutage. Das, was man jetzt erreichen muss, ist ein Ende der Gewalt.“

Hartnäckig müsse man daneben die Suche nach einer politischen Lösung weiter verfolgen, betont Nuntius Zenari. Ein Weg dazu seien die Genfer Gespräche. Doch: „Man darf sich nicht leugnen, wie kompliziert die Wirklichkeit ist. Ein Syrer hat mir vor zwei Wochen bitter die ausländischen Fahnen aufgezählt, die derzeit auf syrischem Territorium präsent sind. Da sind Truppen und Soldaten… deshalb würde ich sagen, dass es sich um einen sehr komplexen Konflikt handelt, doch mit der Hilfe der internationalen Gemeinschaft muss man zu einer politischen Lösung kommen. Doch ich wiederhole, der erste Schritt muss das Ende der Gewalt sein, um humanitäre Hilfe zu ermöglichen.“ (rv)