Nigeria: „Wer im Namen Gottes tötet, kennt Gott nicht“

OnaiyekanDaran hat Kardinal John Onaiyekan erinnert. In einer Messe anlässlich des 30. Jahrestages seiner Bischofsweihe wandte sich der Erzbischof von Abuja entschieden gegen die Instrumentalisierung von Religion und rief die Führung seines Landes zum Schutz der Gerechtigkeit und der Bedürftigen auf. In Nigeria kamen am Freitag bei Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen im zentralen Bundesstaat Taraba derweil 39 Menschen ums Leben, 30 wurden schwer verletzt. Die Gewalt entflammte in der Stadt Wukari. Mitglieder einer christlichen ethnischen Gruppe zogen auf dem Weg zu einem Begräbnis durch ein muslimisches Viertel und riefen Parolen, die die Muslime als provozierend empfanden. Zwei Wochen zuvor hatte die islamistische Terror-Sekte Boko Haram in Baga im Nordosten des Landes ein Blutbad angerichtet. (rv)

Nigeria: Kardinal Arinze feiert 80. Geburtstag

Francis Kardinal Arinze feiert heute seinen 80. Geburtstag. Er wurde am 25.05.1985 durch Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben. Davor, von 1967 bis 1985 war er Erzbischof von Onitsha (Nigeria). Mit der Kardinalswürde erhielt er die Diakonie "S. Giovanni della Pigna". Diese hatte er bis 1996 in Besitz. Anschließend erhob ihn der Papst zum Kardinalpriester (pro hac Vice). Seit 2005 ist er Kardinalbischof von Velletri-Segni. 1985 bis 2002 war er Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog und 2002 bis 2008 leitete er als Präfekt die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung.

Mit seinem 80. Geburtstag verliert Arinze sein aktives Wahlrecht in einem künftigen Konklave. Insgesamt hat das Kardinalskollegium somit noch 115 Purpurträger mit Wahlrecht und 90 Kardinäle ohne Wahlrecht für eine künftige Papstwahl. (vh)

Nigeria: Wachsender Islam und christliche Laxheit

Die politischen und die religiösen Probleme in Nigeria sind nicht voneinander zu trennen, sie überkreuzen sich. Das sagt Bischof Ignatius Kaigama von Jos im Interview mit Radio Vatikan. Der Bürgerkrieg mit den Boko Haram schaffe ein riesiges Problem für das Land, aber man dürfe die Krise nicht zu vereinfacht betrachten.

„Es ist ein Fehler, jede Krise in Nigeria auf Religion zu reduzieren. Es gibt soziale, politische und ökonomische Fragen, es gibt die Probleme der nachwachsenden Generation; all das löst Krisen aus. Irgendwie wird daraus dann eine Krise zwischen Muslimen und Christen. Ich bestehe darauf, dass es eine Trennung gibt: Ja, es gibt religiöse Interessen, aber die sind nicht für die gesamte Krise verantwortlich. Manchmal gehen wir nicht weit genug in unserer Suche nach den wirklichen Wurzeln des Problems. Ich gebe zu, es gibt religiöse Probleme. Es gibt religiöse Spannung, aber wir befinden uns nicht im Krieg zwischen Christen und Muslimen."

Diesen Krieg führe allein die Boko Haram, sie wolle einen islamistischen Staat, aber diese Gruppe dürfe man auf keinen Fall mit dem gesamten Islam identifizieren, so Kaigama, dessen Bistum im Zentrum des Landes und damit an der Grenze zwischen dem relativ ruhigen Süden und den Unruhegebieten im Norden liegt. Die Regierung und die Sicherheitsbehörden scheinen der Gewalt hilflos gegenüber zu stehen. Und da Sicherheit nicht gewährleistet werden könne, gebe es Angst.

„Es könnte entweder zu einem offenen religiösen Konflikt oder zu einem Bürgerkrieg des Nordens gegen den Süden bzw. des Südens gegen den Norden kommen. Wenn das geschieht, dann werden unvermeidlich auch andere Teile Westafrikas in Mitleidenschaft gezogen, schließlich ganz Afrika. Wir wollen also keinen Krieg in Nigeria!"

Man hoffe auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft, um die Situation friedlich lösen zu können. Und im Augenblick seien es gerade die Christen, die unter der Krise besonders litten.

„Es ist ein Kampf ums Überleben für die Christen. Denken Sie nur an Nordafrika, das einmal sehr christlich war. Jetzt wachen wir auf und sehen die Christen in der Minderheit. Die islamischen Gemeinschaften haben Energie und tun alles, um ihren Glauben zu verbreiten und ihre eigene Religion zu beschützen. Wir Christen hingegen – sowohl in Afrika wie auch im Westen – halten uns zurück und sind manchmal sogar die schärfsten Kritiker des Christentums. Ehemals christliche Länder können Sie sagen hören, dass man jetzt in einer nach-christlichen Ära lebe. Der Islam weitet sich aus, und zwar in den verschiedensten Ländern Europas. Und auch in Afrika: In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gab es keine Muslime – und jetzt steht dort eine Moschee. Es gibt eine phänomenale Ausdehnung auf Kosten der Christen, die dem nur Laxheit in der Praxis des Glaubens entgegenzusetzen haben." (rv)

Vatikan verurteilt die Anschläge von Nigeria und Kenia

 Der Heilige Stuhl verurteilt die jüngsten Terror-Attacken auf christliche Kirchen in Kenia und Nigeria. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi bezeichnete die Attacken in einer Stellungnahme von diesem Montag als „fürchterlich und verdammenswert: sie sind mit größter Entschiedenheit zu verurteilen."

Bei einem christlichen Freiluftgottesdienst in Kano in Nordnigeria waren am Sonntag mehr als zwanzig Personen durch Gewehrfeuer und Bomben gestorben, in der kenianischen Hauptstadt Nairobi forderte eine ähnliche Attacke ein Menschenleben. Beide Anschläge haben ersten Erhebungen zufolge einen islamistischen Hintergrund. Gegenüber Radio Vatikan rief Lombardi dazu auf, der Logik des Terrors nicht nachzugeben:

„Unsere Nähe gilt den Opfern und den Gemeinschaften – sie leiden unter dieser verhassten Gewalt, die sich unter ihnen ereignete, als sie friedlich ihren Glauben feierten, einen Glauben, der Liebe und Frieden für alle verkündet. Wir müssen die gesamte Bevölkerung ermutigen, jenseits aller religiösen Unterschiede nicht der Versuchung nachzugeben und in den Teufelskreis mörderischen Hasses zu verfallen."

Auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone zeigte sich besorgt über die Attentate in Nigeria und Kenia. „Obwohl man versucht hat, das Recht auf Religionsfreiheit zu stärken, auch in den Verfassungstexten aller Staaten und internationalen Organisationen, sieht man das grundlegende Recht auf Religionsfreiheit nicht angewendet", sagte der „Zweite Mann" im Vatikan nach dem Papst am Rand einer Konferenz in Rimini. Er nehme eine „wachsende, mitunter gewalttätige Intoleranz" wahr, sagte Kardinal Bertone. Er sorge sich auch deshalb, weil die Christen in den Krisennationen in Afrika und dem Nahen Osten „ein Faktor des Gleichgewichts und der Versöhnung" inmitten der Konflikte seien. Es sei schon merkwürdig, dass sich ausgerechnet gegen sie eine so starke Intoleranz und Aggressivität richte.

Nigeria
Der Gottesdienst in Kano fand in einem Freilufttheater in Nigerias zweitgrößter Stadt statt. Insgesamt starben seit Januar mehrere hundert Menschen in ganz Nigeria bei Bombenanschlägen und Angriffen. Oft waren Kirchen das Ziel der Attentäter. Die Attentate gehen auf das Konto der islamistischen Gruppe „Boko-Haram", die Kontakte zu al-Qaida haben soll. Erst am Samstag hatte ein Selbstmordattentäter einen Sprengsatz vor dem Gebäude einer Zeitung in Nigerias Hauptstadt Abuja gezündet. Der christliche Staatspräsident Goodluck Jonathan, dem viele Christen vorwerfen, nicht genug für ihre Sicherheit zu tun, besuchte den Ort des Attentats.

Kenia
Ein christlicher Gottesdienst war ebenfalls Schauplatz des Terrors in Nairobi. Seit Kenia im vergangenen Jahr Truppen ins benachbarte Somalia schickte, kommt es in Nairobi immer wieder zu Anschlägen. Kenia vermutet ebenfalls al-Qaida-nahe Gruppen dahinter, die von Somalia aus operieren. Im März starben bei einem dieser Anschläge neun Menschen in einem Busbahnhof, vierzig wurden verletzt. (rv)

Vatikan: Kardinal Jean-Louis Tauran ist in Nigeria

Dort hat sich der Leiter des Päpstlichen Dialogrates u.a. in Lagos mit Dialogverantwortlichen aus ganz Westafrika getroffen. Im Zentrum der Beratungen standen die Beziehungen zu Muslimen angesichts der steigenden islamistischen Gewalt gegen Christen in Nordnigeria. Tauran besuchte u.a. den Ort Kafanchan, wo es immer wieder blutige Zusammenstöße zwischen Christen und Muslimen gegeben hat, und führte in der Stadt Jos Gespräche mit Muslimen. In Sokoto suchte der aus Frankreich stammende Kardinal das geistliche Oberhaupt der nigerianischen Muslime auf und sprach auch mit dem Gouverneur über Sicherheitsprobleme der Christen. Tauran konnte in der Hauptstadt Abuja auch den nigerianischen Vizepräsidenten Alhaji Namadi Sambo, einen Muslim, treffen – allerdings nicht den Präsidenten selbst, den Christen Goodluck Jonathan. Am Samstag wird Kardinal Tauran in Rom zurückerwartet. (rv)

Hintergrund: Der Konflikt in Nigeria

Seit Jahren kommt es immer wieder zu Konflikten und gewaltsamen Zusammenstößen in Nigeria. Die Hintergründe:

Einer der Schwerpunkte der Auseinandersetzungen ist die Stadt Jos. Sie liegt im Grenzgebiet zwischen dem muslimisch dominierten Nordnigeria und dem christlich geprägten Süden des Landes. Immer wieder kommt es aus scheinbar geringen Anlässen zu schweren Auseinandersetzungen. So wurden bei Bombenanschlägen und Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Gruppen von Christen und Muslimen an den Weihnachtsfeiertagen 2010 37 Menschen getötet und mindestens 100 verletzt. Eine der Bomben detonierte in der Nähe einer katholischen Kirche und verletzte Gläubige auf dem Weg zum Gottesdienst.

Militär versucht zu beruhigen
Auch im Januar 2010 wurden bei Kämpfen zwischen christlichen und muslimischen Milizen mehrere hundert Menschen getötet. Die Regierung entsandte nach den Konflikten mehrere Militäreinheiten in die Region, um die Lage zu beruhigen. Im März 2010 starben bei einem Angriff auf christliche Dorfbewohner im Kreis Jos rund 500 Menschen. Ein Bombenanschlag auf eine christliche Kirche in der Nähe der Stadt forderte im März diesen Jahres zwei Menschenleben.

Es geht nicht nur um die Religion
Kirchliche Beobachter unterstreichen, dass es dabei nicht vorrangig um religiöse Zugehörigkeit geht. Pater Giulio Albanese vom den Päpstliche Missionswerk sieht die Ursachen vor allem in Armut, Landansprüchen, Ressourcenverteilung und ethnische Herkunft. Das sagte er gegenüber Radio Vatikan über die Konflikte Weihnachten 2010. Als sich die wirtschaftliche Situation in den letzten Jahren massiv verschlechterte, entstand Konkurrenz um Arbeit zwischen den ansässigen Volksgruppen, darunter Christen und Anhängern der Volksreligionen, und den zugezogenen Muslimen. Besonders der Erzbischof von Jos, Ignatius Kaigama, hat auf diese sozialen und ökonomischen Probleme und Unterschiede immer wieder hingewiesen. Wiederholt wandte er in der Vergangenheit sich in Appellen an die Regierung, um für mehr Sicherheit zu sorgen und kritisierte ihr Verhalten im Umgang mit den Differenzen und Zusammenstößen.

Ein Umdenken beginnt
In Jos hat nach der Gewalt ein Umdenken eingesetzt, so der Erzbischof. Vertreter des Staates, der Religionen und selbst der Armee treffen sich regelmäßig, um den Frieden zu fördern, erklärte er im November diesen Jahres im Gespräch mit Radio Vatikan.

Nach Angaben von Pater Albanese wird in Nigeria nach Gesetz Religionsfreiheit gewährt. Allerdings seien in letzten Jahren Fehler begangen worden, die zu Spannungen zwischen den Religionsgruppen geführt hätten. So sei in den nördlichen Staaten das islamische Gesetz der Sharia gebilligt worden.

"Boko Haram" immer wieder verantwortlich gemacht
Boko Haram ist eine islamistische Sekte und Terrororganisation. Sie will die Gesamtnigeria in einen islamischen Staat verwandeln. Ihre Aktionen richten sich vor allem gegen Polizeistationen und christliche Einrichtungen. Am 26. August diesen Jahres verübten ihre Mitglieder ein Bombenattentat auf ein Gebäude der Vereinten Nationen in der nigerianischen Hauptstadt Abuja. Ideologisch steht die Boko Haram der islamistischen Terrororganisation Al-Kaida nahe. (rv)

Nigeria: Ein Augenzeuge berichtet

Bei Angriffen auf mehrere christliche Dörfer nahe der zentralnigerianischen Stadt Jos starben in der Nacht zum Sonntag mehr als 100 Menschen. Agenturmeldungen sprechen sogar von bis zu 500 Toten. Muslimische Hirten, die der Volksgruppe der Fulani angehören, attackierten mehrere christliche Dörfer. Toni Görtz, Nigeria-Referent bei missio befindet sich zurzeit in dem westafrikanischen Land und traf am Tag nach dem Massaker in Jos zu einem Besuch bei Erzbischof Ignatius Kaigama ein, dem katholischen Erzbischof von Jos. Von seinen Eindrücken und Hintergründen der Gewalt berichtet er in einem missio-Interview.
Hintergrund
Im Januar starben bei blutigen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen in Jos mehr als 300 Menschen. Bereit 2001, 2008 kam es in Jos und der Region immer wieder zu schweren Unruhen zwischen Christen und Muslimen mit mehr als Tausend Toten. Hintergrund des lange anhaltenden Konfliktes ist der Kampf der Volksgruppen um die immer knapper werdenden Ressourcen sowie um Macht, Einfluss und Privilegien.
Zugezogene gegen Einheimische
Bestimmten Volksgruppen in der Region, die als „einheimisch“ eingestuft werden, werden laut Verfassung Privilegien zugestanden, die den so genannten „Zugezogenen“ vorenthalten bleiben. Dadurch können sie sich einen besseren Zugang zu Bildung, Ressourcen und politischen Ämtern sichern.
Bestimmte Volksgruppen – die Birom, Afiseri und Anaguta – gelten in der Region als einheimisch. Sie sind mehrheitlich Christen. Die Hausa und Fulani – die meisten sind Muslime – gelten als Zugezogene, obwohl manche hier schon seit mehreren Generationen leben. Sie fühlen sich diskriminiert. Die Konkurrenz christlicher und muslimischer Gruppen löst immer wieder blutige Gewalt aus. (rv)