Lombardi in Mexiko: „Religiosität des Herzens“

Es war ein fulminanter Auftakt mit ganz viel „Herz": Hunderttausende Menschen haben Papst Benedikt XVI. am Freitag bei seiner Ankunft im zentralmexikanischen Bundesstaat Guanajuato jubelnd empfangen.

Die Herzlichkeit und Begeisterung, mit denen die mexikanischen Gläubigen den Papst empfingen, zeugten von einer „Religiosität des Herzens", sagte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi im Interview mit unserem Kollegen vor Ort:

„Ich erinnere mich, dass auch bei den Reisen Papst Johannes Paul II. diese Mauern aus stetig feiernden Menschen entlang der Straßen standen. Das erzählt uns etwas von der herzlichen Teilnahme dieses großen Volkes am Papstbesuch. Der Heilige Vater hat im Flugzeug vom ,Herzen‘ gesprochen und gesagt, dass in einer echten Religiosität immer auch ein Bereich des Herzens da sein muss, nicht nur der des Geistes. Das ist sicher die marianische und volkstümliche Dimension der mexikanischen Religiosität, die es zu schützen und zu reinigen gilt – es ist eine Religiosität des Herzens, und das sieht man."

Der Papst war in seiner Begrüßungsrede am Flughafen auch auf das Problem des organisierten Verbrechens in Mexiko zu sprechen gekommen. Seit 2006 sollen laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen über 50.000 Menschen dem Drogenkrieg zum Opfer gefallen sein. Gerade vor diesem Hintergrund kommt Benedikt XVI. als „Pilger des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe" – die päpstliche Botschaft falle in den mexikanischen Herzen auf fruchtbaren Boden, so Pater Lombardi:

„Der Papst kennt gut die Umstände, unter denen das mexikanische Volk lebt. Es gibt hier die Gewalt, das tägliche Blutvergießen unzähliger Menschen, das sehr betroffen macht. Es gibt viele Menschen, die ihre Angehörigen, Kinder und Lieben verloren haben. Dieses Thema betrifft jeden. Der Papst will die Menschen zum Glauben ermutigen, dass sie etwas tun können, um ihre eigene Situation zu verändern."

Auch die Religionsfreiheit in Mexiko war in der ersten Papstansprache am Samstag Thema. Die Katholiken müssten „Sauerteig" in der Gesellschaft sein, zu den grundlegenden Menschenrechten gehöre das Recht auf umfassende Religionsfreiheit, erinnerte der Papst. Erst Anfang der 90er Jahre war der katholischen Kirche in Mexiko dank einer Verfassungsreform der Status einer Rechtspersönlichkeit und damit mehr gesellschaftliche Wirkungsmacht zugesprochen worden. Pater Lombardi geht auch auf den aggressiven Antiklerikalismus in der Zeit des Bürgerkrieges von 1926 bis 1929 ein; Papst Pius XI. hatte der Christenverfolgung in dieser Zeit allein drei Enzykliken gewidmet, in denen er die Gewalt gegen Priester und die Unterdrückung der katholischen Kirche in Mexiko anprangerte.

„Mexikos Kirche hat graduell an Wirkungsspielraum zurück gewonnen, in einem Land, dass laizistisch, doch zugleich demokratisch sein will. Religionsfreiheit heißt nicht nur Kultfreiheit, sondern auch Ausdrucksmöglichkeiten in öffentlicher und gemeinnütziger Form. Das Land hat ja hinsichtlich dieses Themas eine konfliktreiche und spannungsgeladene Geschichte: Es gab Moment großer Unterdrückung und auch des Martyriums der Gläubigen. Man hat jedoch einen langen Weg der Versöhnung beschritten, und Johannes Paul II. hat hier in den vergangenen Jahrzehnten einen großen Beitrag geleistet! Er hat dabei geholfen, die diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko und dem Heiligen Stuhl wieder aufzunehmen."

Papst Johannes Paul II. Besuch in Mexiko im Jahr 1979 – der erste von Benedikts Vorgänger – hatte eine Wende im mexikanischen Staat-Kirche-Verhältnis in Mexiko eingeleitet: Dem jungen Papst aus Polen gelang es, hunderttausende Mexikaner zu mobilisieren, was die katholische Kirche bis heute selbstbewusster und mutiger werden ließ, zum Beispiel beim Ansprechen sozialer Missstände und auch politischer Maßnahmen, um diese zu lösen. So ist zum Beispiel das harsche Vorgehen des mexikanischen Präsidenten Felipe Calderon gegen die Drogenmafia im eigenen Land bei der Kirche nicht unumstritten. Erst in diesen Tagen noch hatte der Bischof von Saltillo, Raul Vera Lopez, schwere Rechtsverstöße und Menschenrechtsverletzungen beim Kampf der Regierung gegen das organisierte Verbrechen beklagt. (rv)

Mexiko: Vor Papstbesuch – Änderung der Verfassung zur Religionsfreiheit

Wenige Tage vor dem Besuch von Papst Benedikt hat Mexiko seine Verfassung geändert: Zum ersten Mal erkennt der Staat nun explizit ein Recht auf Religionsfreiheit an. Nach der entsprechenden Entscheidung des Abgeordnetenhauses im Dezember stimmte am Donnerstag nun auch der Senat in Mexiko-Stadt der Verfassungsänderung zu. Diese war bereits 2010 eingebracht worden und bedeutet jetzt eine wichtige Akzentverschiebung in dem Text, der Mexiko ansonsten als laizistischen Staat beschreibt. Die Freiheit des Kultes war allerdings auch bisher schon explizit anerkannt. Die Debatte über die Ausrichtung des Staates geht aber auch nach der Entscheidung im Senat weiter. Während die eine Seite von einer „historischen Entscheidung" spricht, kritisiert die andere, dass die Verfassung so kurz vor dem Papstbesuch und vor den Wahlen im Land geändert wird. Die Präsidenten- und Parlamentswahlen finden Anfang Juli statt. Auch die Bischöfe sind mit dem schließlich beschlossenen Text nicht völlig zufrieden; so brauchen Priester auch künftig eine eigene Erlaubnis für alle liturgischen Feiern, die außerhalb von anerkannten Kultorten stattfinden. Religionsunterricht an staatlichen wie privaten Schulen, darunter auch an katholischen Schulen, ist weiterhin nicht erlaubt. (rv)

Vor der Papstreise nach Kuba und Mexiko

Die kubanische Führung hat „keine speziellen Forderungen", was der Papst bei seinem Besuch auf Kuba Ende März in politischer Hinsicht sagen sollte. Das erklärte der kubanische Vatikanbotschafter Eduardo Delgado Bermudez im Gespräch mit der Nachrichtenagentur reuters. Sollte Benedikt XVI. allerdings „das Gefühl haben, man sollte nochmals Stellung beziehen" zum US-Embargo gegen Kuba, „dann wird er das tun", so Havannas Mann beim Vatikan wörtlich. Der Vatikan ist ein Gegner des US-Embargos gegen Kuba, das im Februar vor genau fünfzig Jahren verhängt wurde. Eine Begegnung Benedikts mit dem früheren Präsidenten Fidel Castro ist nach Angaben von Delgado Bermudez derzeit nicht geplant. Man könne sie aber auch nicht ausschließen. Sie hänge vom Gesundheitszustand des 85-jährigen Castro ab.

Benedikt XVI. wird vor seinem Kuba-Aufenthalt auch Mexiko besuchen. Dort sind jetzt mehr als 1.500 gefälschte Tickets für den Gottesdienst auf dem Messegelände „Parque Bicentenario" aufgetaucht. Sie wurden offenbar in den sozialen Netzwerken „Facebook" und „Twitter" zum Kauf angeboten. Ein Sprecher des gastgebenden Erzbistums Leon verurteilte den illegalen Handel und warnte vor einem Kauf der gefälschten Karten. Die mexikanische Bischofskonferenz hatte etwa 300.000 kostenlose Karten für den Freiluft-Gottesdienst in allen Bistümern des Landes verteilen lassen. Da das Interesse an dem Gottesdienst aber das Kartenkontingent weit übersteigt, wurden in den sozialen Netzwerken auch schon Kaufangebote für die echten Tickets abgegeben. (rv)

Papst plant Reise nach Mexiko und Kuba

 Papst Benedikt möchte nächstes Jahr wieder nach Lateinamerika reisen. Konkret geht es um Visiten in Mexiko und Kuba im Frühjahr 2012. Vatikansprecher P. Federico Lombardi bestätigte an diesem Donnerstag entsprechende Berichte lateinamerikanischer Medien. In den vergangenen Tagen habe das Staatssekretariat die Nuntien in Mexiko und Kuba angewiesen, den höchsten religiösen und zivilen Autoritäten der beiden Länder mitzuteilen, dass der Papst eine solche Reise erwäge. Benedikt XVI. hatte wiederholt Einladungen aus Mexiko und Kuba erhalten.
Brasilien besuchte er bereits 2007. Die spanischsprachigen Länder des Kontinents wünschten sich nun ebenfalls seit langem eine päpstliche Visite, sagte Lombardi. Johannes Paul II. war 1998 im kommunistischen Kuba gewesen, eine Reise, die viele Beobachter als „historisch" einstuften. Äußerer Anlass einer päpstlichen Reise auf die Zuckerinsel nächstes Jahr wäre das 400. Jubiläum des nationalen Heiligtums „Unsere Frau von der Nächstenliebe von Cobre". Bei Mexiko wäre ein naheliegender Reiseanlass die von der katholischen Kirche ins Leben gerufene großangelegte Kontinentalmission, so Lombardi. Der Papst hätte da die Gelegenheit, die Kirche zu ermutigen, auch mit Blick auf das Jahr das Glaubens, das Benedikt im Herbst nächsten Jahres ausrufen wird.

Es würde sich jedenfalls um eine lange Reise mit wenigen, aber symbolisch und pastoral wichtigen Etappen handeln, erklärte Lombardi. Einen Stopp in Mexiko Stadt schloss er mit dem Hinweis auf die Lage der Metropole aus. Papst Benedikt soll auf ärztlichen Rat nicht in hoch gelegene Orte reisen. Die Frage nach einem alternativen Ziel in Mexiko werde in nächster Zukunft geprüft. (rv)

Mexiko: Priester ermordet

Ein katholischer Priester ist an diesem Mittwoch in Mexico City ermordet worden. Die Leiche des 63 Jahre alten Francisco Sánchez Durán ist am Morgen in der Kirche von San José, in der er Pfarrer war, im südlichen Stadtviertel Coyoacán entdeckt worden. Sein Hals weist eine Wunde auf, die von einem spitzen Gegenstand, möglicherweise einem Eispickel, stammen könnte, so die Ermittler. Lokale Medien berichten, dass dem Mord ein Diebstahl in der Kirche vorausgegangen sein könnte, den der Pfarrer zu verhindern versuchte. (rv)

Mexiko: Bischöfliche Vorschläge gegen Drogenmafia

Im Kampf gegen die Drogenmafia hat sich Mexikos Präsident Felipe Calderón in den vergangenen Wochen mit führenden Repräsentanten aus Politik, Gesellschaft und Kirche beraten. Um der Drogenmafia Einhalt zu gebieten, will Calderón in Zukunft auf das Militär setzen, bis die Polizei „zuverlässig, effizient, gut organisiert und gut ausgerüstet" sei. Was die Vorschläge der Bischöfe sind, fragten wir Víctor René Rodríguez Gómez, Sekretär der mexikanischen Bischofskonferenz:
„Das Klima, das wir zurzeit in Mexiko beobachten, zeigt, wie löchrig das ganze soziale Gewebe des Landes geworden ist. Wir Bischöfe haben eine Untersuchung dazu erstellt, wobei wir aber nicht in erster Linie die Schuldigen suchten. Es ist vielmehr so, dass die derzeitigen Gewaltexzesse mit Erziehung zu tun haben, mit Familie, mit Schule. Die Leute der Drogenmafia sind im Schnitt jung. Deshalb müssen die verschiedenen Akteure der Gesellschaft, darunter Priester, aber auch Lehrer und Medien, sich ihrer Rolle bewusst sein. Zusammen müssen wir die jungen Generationen zu Frieden und Demokratie erziehen und dazu, bessere Lebensbedingungen für die ganze mexikanische Gesellschaft zu schaffen."
Pfarrer unter Polizeischutz – auch dieser Vorschlag ist in Mexiko auf dem Tisch, seit die Gewalttaten gegen Kirchenleute zunehmen. Doch die Bischöfe lehnen das ab.
„Man muss sich klar machen, dass die Kirche über ihre Pfarreien auch in den hintersten Winkeln Mexikos vertreten ist. Die Priester stehen Tag für Tag im Kontakt mit den Menschen. Sie sind nicht ausgenommen von der Lage im Land. Es gibt zurzeit sehr konkrete Gewalt gegen Kirchenleute, besonders im Norden Mexikos, an der Grenze zu den USA, wo die Drogenkartelle sich in ihrem lukrativen Geschäft nicht gerne stören lassen. Staatliche Einrichtungen, aber auch Läden und Schulen stehen unter Polizeischutz, und den wollte man auch auf Pfarreien ausweiten. Aber wir haben in keinem dieser Fälle bisher besonderen Schutz für Priester angefordert. Denn wie gesagt, das ganze Volk leidet, nicht nur die Priester."
Im mexikanischen Drogenkrieg sind seit dem Regierungsantritt Calderóns im Jahr 2006 nach offiziellen Angaben rund 28.000 Menschen zu Tode gekommen. Bei den Konferenzen Calderóns wurde erstmals offen auch gefordert, den Drogenhandel zu legalisieren. Calderón wies das entschieden zurück. Er sagte lediglich, dass darüber diskutiert werden könne. (rv)

Mexiko: „Unmoralische Verirrung“

Der Erzbischof von Mexiko-Stadt, Norberto Rivera, nennt die Ehe zwischen zwei Partnern gleichen Geschlechts eine „unmoralische Verirrung". Mit diesen Worten reagiert der Primas der mexikanischen Kirche auf ein Urteil des Obersten Gerichts. Dieses hatte Ende letzter Woche entschieden, dass die Gleichgeschlechtlichen-Ehe nicht gegen die mexikanische Verfassung verstoße. Trotz dieses Richterspruchs werde „die Kirche nicht aufhören, das Schlechte schlecht zu nennen", so der Kardinal in einer Erklärung vom Sonntag. Gesetzgeber sprängen mit Ehe und Familie um, „als ob sie es darauf anlegten, sie zu zerstören und damit das Land, das ohnehin schon durch Gewalt und soziale Verwerfungen verwundet ist, in den Ruin zu treiben". Die Gleichgeschlechtlichen-Ehe verstoße gegen „den göttlichen Plan" und verfälsche die „Natur der Ehe", die Jesus zum Sakrament erhoben habe. Kardinal Rivera betonte allerdings, dass die Christen „die Gesetze respektieren" und dass Homosexuelle nicht diskriminiert werden dürften. Doch sei das „keine Rechtfertigung dafür, falsche Rechte zuzugestehen". – Die Regierung von Präsident Felipe Calderón hatte gegen die Legalisierung der Gleichgeschlechtlichen-Ehe Klage eingereicht. Zuvor war diese in der Hauptstadt erlaubt worden. Seit März sind daraufhin in Mexiko-Stadt mehr als dreihundert solcher Ehen geschlossen worden. Mit dem Bescheid der Obersten Richter ist aber der Streit in Mexikos Gesellschaft über dieses Thema noch nicht beendet. So steht eine Entscheidung der Richter zur Frage, ob ein gleichgeschlechtliches Paar auch Kinder adoptieren darf, noch aus. Im Juli hat Argentinien als erstes Land in Lateinamerika die Ehe von Partnern gleichen Geschlechts legalisiert. Damit setzte sich die konservative Regierung von Präsidentin Cristina Kirchner auch gegen heftigen Protest der argentinischen Kirche durch. (rv)