Vermeidet nicht die Wunden der Kirche, sagt Papst Franziskus in Sizilien

PALERMO – Bei seinem Sizilienbesuch am heutigen Samstag hat Papst Franziskus gesagt, dass die „Wunden der Kirche und der Welt“ die Wunden Christi seien, und dass diese „berührt und gesehen“ werden müssen.

Der Pontifex ist zu einer pastoralen Tagesvisite auf Italiens größte Insel gereist.

„Die Wunden der Gesellschaft und der Kirche zu betrachten, ist keine diffamierende und pessimistische Handlung“, so der Papst am 15. September. „Wenn wir unserem Glauben Substanz verleihen wollen, müssen wir lernen, in diesen menschlichen Leiden die gleichen Wunden des Herrn zu erkennen.“

Man müsse diese Wunden betrachten und berühren, sagte Franziskus im Städtchen Piazza Armerina vor mehreren tausend Menschen.

„Die Wunden des Herrn in unseren Wunden zu berühren, in den Wunden unserer Gesellschaft, unserer Familien, unseres Volkes, unserer Freunde. Berührt die Wunden des Herrn dort“, sagte der Pontifex.

In seiner Rede vor den Katholiken der Region stellte er die vielen „Wunden“ fest, die sie betreffen, wie soziale und kulturelle Unterentwicklung, Ausbeutung von Arbeitern, Mangel an Jugendarbeit, Alkoholismus, Sucht und den Verlust von Familienbindungen.

„Angesichts so viel Leid kann die Kirchengemeinschaft manchmal desorientiert und müde erscheinen“, sagte er. Manchmal jedoch, „dank Gott, ist sie lebendig und prophetisch, während sie nach neuen Wegen sucht, um vor allem den Brüdern, die in Desinteresse, Misstrauen, in die Krise des Glaubens gefallen sind, Barmherzigkeit zu verkünden und anzubieten“.

Franziskus ermutigte die Jugendlichen, sich an ihre Priester und Bischöfe zu wenden und ihnen zu sagen, ob sie Schwierigkeiten haben, der Kirche zu vertrauen.

„So oft habe ich einige junge Leute sagen hören: „Ja, ich vertraue Gott, aber nicht der Kirche“, sagte der Papst. „Aber warum? – ‚Weil ich gegen Priester bin. Ah, ihr seid gegen Priester, dann wendet euch an den Priester und sagt: ‚Ich vertraue euch nicht dafür, dafür und dafür.“

Priester sollten mit Geduld den jungen Menschen zuhören, so Franziskus.

Er sagte, dass das Amtspriestertum und die Eucharistie untrennbar miteinander verbunden sind, denn „der Priester ist der Mann der Eucharistie“ und rief die Priester dazu auf, „sich um den Bischof und untereinander zu versammeln, um den Herrn zu Allen zu bringen“.

„Liebe Priester, wie notwendig ist es, geduldig die Freude der Familie aufzubauen, einander zu lieben und zu unterstützen“, sagte er.

Die Priester, so fuhr er fort, seien berufen, die ersten zu sein, die Vorurteile überwinden, und „die ersten, die in bescheidener Kontemplation vor der schwierigen Geschichte dieser Erde innehalten, mit der weisen pastoralen Liebe, die ein Geschenk des Geistes ist“.

„Von Gott getröstet, könnt ihr Tröster sein, Tränen abwischen, Wunden heilen, Leben wieder aufbauen, gebrochene Leben, die sich vertrauensvoll eurem Dienst anvertrauen“, sagte er.

Am Ende der Begegnung bereitete sich der Papst darauf vor, seinen apostolischen Segen zu geben, bat aber vorher alle, ihr Herz darauf vorzubereiten, ihn zu empfangen.

Nach dem Besuch reiste Papst Franziskus mit dem Hubschrauber nach Palermo, wo er in einem Park in der Nähe des Strandes der Stadt die Messe feierte, im Gedenken an 25 Jahre seit dem Tod von Don Giuseppe „Pino“ Puglisi, der am 15. September 1993 von Mafiakillern ermordet wurde.

In seiner Predigt verurteilte der Papst die Mafia und sagte, wer Mitglied der Mafia ist, „lebt nicht als Christ“, weil sein Leben Gott lästert.

Don Pino habe immer gesagt: „Wenn jeder etwas tut, kann man viel tun“, wiederholte Franziskus und fragte: „Wie viele von uns setzen diese Worte in die Tat um?“

Wenn du heute vor Gott stehst, stelle dir diese Fragen: „Was kann ich tun? Was kann ich für andere, für die Kirche tun?“

„Herr, gib uns den Wunsch, Gutes zu tun; die Wahrheit zu suchen, die die Lüge verabscheut; Opfer zu wählen, nicht Faulheit; Liebe, nicht Hass; Vergebung, nicht Rache“, betete er. (CNA Deutsch)

Italien: Armut ist Grund für Mafiamorde in Apulien

Apulien, Italiens beliebteste Ferienregion für einheimische wie ausländische Touristen, gerät immer stärker in die Fänge seiner lokalen Mafia. Die „Sacra Corona Unita“, wie die organisierte Kriminalität Apuliens heißt, verübte am Mittwoch einen vierfachen Mord am helllichten Tag, wenige Kilometer entfernt von Italiens größtem Wallfahrtsort, dem Pater-Pio-Heiligtum in San Giovanni Rotondo. Der Erzbischof von Foggia, Vincenzo Pelvi, sagt im Gespräch mit uns, im Grunde wüssten die kirchlichen und die staatlichen Institutionen in Apulien ganz genau, was die Wurzel des Problems Mafia dort sei: Armut und Arbeitslosigkeit.

„Ich lade die örtlichen Institutionen zur Zusammenarbeit ein und dazu, nicht zu vergessen, dass die Armut oft die unmittelbarste Form ist, die Gleichgültigkeit und Gewalt hervorbringt“, so der Erzbischof, der aus Neapel stammt und sich als Generalvikar des Erzbistums mit dem Problem der organisierten Kriminalität in Kampanien konfrontiert sah. Dringlich der Appell des Erzbischofs an die Welt der Arbeit: „Es gibt bei uns in Apulien junge und nicht mehr ganz so junge Menschen, die noch nie den Geschmack und den Schweiß, wenn ich das so sagen darf, einer regelmäßigen, stabilen Arbeit erfahren haben. Wenn wir aber jemanden ohne Hoffnung und Perspektive auf Arbeitssuche schicken, dann wird das zu einer moralischen Desorientierung führen, und genau hier greift dann die organisierte Kriminalität ein, die sofortige und hohe Gewinne verspricht.“ Hinter vielen Biografien von sozialem Ausschluss verstecke sich in Wirklichkeit Arbeitslosigkeit und irreguläre Arbeit, so der Erzbischof von Foggia.

Moralische Desorientierung

Dank des Tourismus hatte sich Apulien in den vergangenen Jahrzehnten zu Süditaliens wohlhabendster Region entwickelt. Nun zeigt sich, dass die „Sacra Corona Unita“ wohl eine unterschätzte Größe war. Bisher hatten die Clans ihre Fehden in touristisch weniger wichtigen Zeiten ausgetragen. Eine Mordserie wie die der vergangenen zwei Wochen hatte Apulien noch nie gesehen. In dem malerischen Küstenstädtchen Vieste erschossen Auftragskiller Ende Juli einen 31-jährigen Restaurantbesitzer in seinem Lokal. Vergangenen Mittwoch dann der Vierfachmord unter freiem Himmel bei San Marco in Lamis: Ein 50-jähriger Mafiaboss und sein Schwager wurden in ihrem schwarzen VW Käfer mit Kalaschnikows niedergestreckt. Zwei Bauern fuhren zufällig am Tatort vorbei. Die Täter verfolgten sie und ermordeten auch diese beiden Männer.

Bei Licht betrachtet, kam es in der Provinz Foggia in den vergangenen 30 Jahren allerdings zu fast 300 Morden. Vier von fünf wurden nie aufgeklärt, erklärte der oberste Anti-Mafia-Staatsanwalt Italiens, Franco Roberti. Er warnte ausdrücklich davor, die apulische Mafia zu unterschätzen: Sie sei im Grund noch gewalttätiger als die ‚Ndrangheta in Kalabrien. Italiens Innenminister Minnniti hat inzwischen eine „harte Antwort“ der Regierung auf die Mafiamorde in Apulien angekündigt. (rv)

Gegen die Mafia: Es darf keine Kirche des Schweigens geben

MafiaMafia-Killer, die sich vor Heiligenbildchen bekreuzen. Mafia-Paten, die in sizilianischen Dorfkirchen auch den Tauf-Paten machen. Mafia und Kirche, das wird gern zusammengesehen, als gehe da eines ins andere über. Dabei passen die beiden Bereiche keineswegs zueinander: „Die Mafia ist das Anti-Evangelium“, titelt ein Buch, das die Bischöfe von Kalabrien jetzt veröffentlicht haben. Es präsentiert kirchliche Stellungnahmen aus hundert Jahren gegen die ’ndrangheta (wie die Mafia in dieser süditalienischen Provinz heißt). „Wir wollen unsere Religiösität reinigen“, schreibt der Erzbischof von Catanzaro, Vincenzo Bertolone, im Vorwort durchaus selbstkritisch; doch zugleich schlägt er auch einen selbstbewussten Ton an: „Die Kirche hat das Gegengift zum Gift der Mafia! Es reicht nicht, anzuzeigen oder zu bestrafen, wir müssen das Evangelium noch mal von vorne verkünden.“

„Die Männer und Frauen der Mafia, der Camorra oder ’ndrangheta stehen außerhalb der Kirche“, erklärt Bertolone, der auch Vorsitzender der Kalabrischen Bischofskonferenz ist, im Radio Vatikan Interview. „Aber gleichzeitig nehmen sie doch am Leben der christlichen Gemeinde teil, gehen bei Prozessionen mit, wollen Taufpaten sein, bitten für ihre Kinder um die Sakramente. Dadurch äffen sie den wahren Glauben nach und wirken innerhalb der Kirche wie ein Gift – wie Unkraut mitten im Weizenfeld… Die Kirche muss den Christen helfen, den Ansprüchen und Forderungen der Mafia niemals nachzugeben, sondern eher ihre Pseudoreligiösität und ihr heidnisches Handeln zu demaskieren.“

Es dürfe jetzt keine Kirche des Schweigens mehr geben, sondern nur noch eine Kirche, die den Mund aufmache. Und dazu gehöre das neue Handbuch. „Hundert Jahre Dokumente! Vor der Wende des Zweiten Vatikanums sprachen viele noch davon, dass die Kirche bestimmte Phänomene ignoriere. Aber nach dem Konzil lud die Kirche in aller Deutlichkeit zum Einhalten der menschlichen und göttlichen Gesetze ein, um das Evangelium leben zu können. 1991 forderte ein sehr schönes, starkes Dokument die „Erziehung zur Legalität“; das war ein Alarmschrei für Italien, und kurz darauf zeigte Tangentopoli, dass dieser Text recht hatte.“ Tangentopoli: Dieser italienische Begriff steht für die Aufdeckung eines parteiübergreifenden Geflechts von Schmiergeld und Korruption, die der jahrzehntelangen Vorherrschaft der Christdemokraten in Italiens Politik Mitte der neunziger Jahre ein Ende machte (und dem Aufsteiger Silvio Berlusconi den Weg freimachte).

Aus der Fastenzeit 1916 stammt das erste Dokument, welches das neue Buch anführt. „Dieser gemeinsame Hirtenbrief der Bischöfe Kalabriens ist genau hundert Jahre alt und legte die Grundlage für eine Katechese der Reinigung der Volksfrömmigkeit. Als Schwachpunkte wurden die Prozessionen, die Rolle der Paten, aber auch die unzureichende Ausbildung des Klerus benannt – Themen, die auch in den späteren Texten immer wieder auftauchen… Es ist interessant, zu sehen, wie die Geschichte dieses Einsatzes der Bischöfe uns die Herausbildung eines eigenen sozialen Lehramts der Bischöfe miterleben lässt. Natürlich – so viel ist gesagt und geschrieben worden, aber viel bleibt auch noch zu tun. Um Priesteramtskandidaten auszubilden, hat die Bischofskonferenz eigene Kurse eingerichtet, auch für den Klerus und die Gläubigen. Uns geht es um Menschen, die wirklich Zeugen Christi sind: gläubig, kohärent, glaubwürdig.“

Ein gewisses „mafiöses System“ hat es in Kalabrien „immer schon gegeben“, zumindest von den Jahren der italienischen Einigung an, sagt Don Giovanni Scarpino; der Geistliche leitet das Kultur- und Medienreferat der kalabrischen Bischöfe und hat die Texte des Buches mit ausgesucht. Die mafiösen Strukturen – „eine traurige, bittere Realität“ – bemühten sich immer um Anerkennung aus der Gesellschaft, darum bedienten sie sich gern kirchlicher Ereignisse und Feste. Die Antwort der Kirche darauf werde immer entschlossener: Auch das lasse sich im neuen Buch detailliert nachvollziehen. (rv)

Große Papstmesse in Sibari: Mafia ist exkommuniziert

Papst Franziskus

Sie war der Abschluss und der Höhepunkt dieser Papstreise nach Kalabrien: die Messe von Franziskus auf dem Freigelände von Sibari. Tausende von Menschen – ein Meer an bunten Schirmen und Fahnen – waren dazu aus ganz Kalabrien und den umliegenden Regionen angereist, per Bus oder mit dem Auto, an diesem sonnigen Samstagnachmittag. Freiwillige teilten Wasserflaschen aus. Die Messe startete pünktlich, obwohl Papst Franziskus noch einen spontanen Besuch bei einem kranken Mädchen in dem Ort Pantano Rotondo, auf seinem Weg nach Sibari abgestattet hatte. Der Papst feierte die Messe zum Hochfest Fronleichnam und mahnte vor der Anbetung des Bösens und der Mafia, die kein Teil der katholischen Gemeinde sei.

Das Evangelium wurde auf griechisch vorgetragen – eine kleine Erinnerung daran, dass viele Städte in Kalabrien ab dem 8. Jahrhundert vor Christus von griechischen Siedlern gegründet worden sind. Noch heute gibt es in Kalabrien einen Dialekt mit altgriechischen Einsprengseln. In seiner Predigt betonte der Papst vor allem zwei Aspekte des Festes: die Anbetung Gottes und die Tatsache, dass er uns begleitet.

„Zunächst einmal sind wir ein Volk, das Gott anbetet. Wir bewundern ihn. Er ist Liebe, er hat sich uns in Jesus Christus selbst gegeben, er hat am Kreuz für unsere Sünden gebüßt und ist in der Kraft dieser Liebe vom Tod auferstanden, um in seiner Kirche zu leben. Wir haben keinen anderen Gott als diesen! … Wenn die Bewunderung für Gott mit der Bewunderung für das Geld ersetzt wird, dann öffnet sich die Straße der Sünde, der Eigeninteresse, und der Unterdückung. Wenn man nicht Gott anbetet, dann wird man das Böse anbeten.So wie es auch diejenigen tun, die von Gewalt und Kriminalität leben. Euer Land, so schön es ist, kennt die Zeichen dieser Sünde. Die Mafia (Ndrangheta) ist genau das – die Bewunderung des Bösen, die Missachtung des Gemein wohls. Gegen dieses Böse muss angekämpft werden. Man muss Nein sagen.“

Christen sollen nichts und niemanden in dieser Welt anbeten außer Jesus Christus, der in der heiligen Eucharistie anwesend ist ,so der Papst.

„Diejenigen, die den falschen Weg wählen, wie auch die Mafiosi, sind nicht in der Kommunion mit Gott. Sie sind exkommuniziert.“

Der Glaube an die reale Präsenz Jesu im eucharistischen Brot und Wein sei „nicht echt, wenn wir uns nicht darum bemühen, ihm zu folgen und mit ihm zu gehen“, so der Papst. Das Volk, das Gott anbete, sei das Volk, das „in der Liebe vorangeht“. Als Bischof von Rom wolle er die Menschen „nicht nur im Glauben stärken, sondern auch in der Liebe“, sagte Franziskus. Er ermutigte seine Zuhörer „zu einem Lebensstil, der die Bedürfnisse der Armen und Letzten in den Mittelpunkt stellt“, und mahnte die Behörden, „dem Gemeinwohl zu dienen“.

„Euch jungen Leuten sage ich immer wieder: Lasst euch die Hoffnung nicht rauben! Wenn ihr Jesus in euren Herzen anbetet und mit ihm vereint bleibt, dann werdet ihr euch dem Bösen, der Ungerechtigkeit, der Gewalt entgegenzustellen wissen, mit der Kraft des Guten, des Wahren und des Schönen.“

In seiner Begrüßungsrede an den Papst meinte Ortsbischof Galantino, die Kirche sei „tief in Kalabrien verwurzelt“, nehme also lebhaften Anteil an den „Licht- und Schattenseiten der Region“. Zu diesen Schattenseiten zählte er die Mafia, „die jedes Wachstum hier, nicht nur das wirtschaftliche, behindert“. Die Mafia nähre sich, so der Bischof, „nicht nur von Geld und faulen Geschäften, sondern auch von den eingeschlafenen und stillschweigenden Gewissen der Menschen“. Diese Gewissen müssten jetzt „wieder wachgerüttelt werden“. (rv)

Papst: Nein zur Mafia

Papst FranziskusPapst Franziskus unterstützt alle Bemühungen gegen die Mafia. Dazu will er am Freitagnachmittag in der Nähe des Vatikans, genauer gesagt in der Pfarrei Gregorio VII, Mafia-Opfer treffen sowie die Angehörigen von Menschen, die von Mafiosi ermordet wurden. Die Begegnung wird von der Anti-Mafia-Vereinigung „Libera“ organisiert, welche vom italienischen Priester Luigi Ciotti gegründet und geleitet wird. Nach dem Treffen findet um 17.30 Uhr eine Gebetsvigil in der Kirche statt. Etwa 700 Teilnehmer aus ganz Italien werden dazu erwartet. Darunter sind auch Freunde und Bekannte des vor genau zwanzig Jahren ermordeten Priesters Giuseppe „Peppe“ Diana. Er wurde an seinem Namenstag in der Nähe von Neapel kaltblütig getötet, weil er sich um Jugendliche kümmerte, die gleichzeitig von der organisierten Kriminalität angeworben werden sollten.

Salvatore Cuoci gehört zum Verein, der sich um das „moralische Erbe“ Don Dianas kümmert. Im Gespräch mit uns sagt der Süditaliener:

„Als vor zwanzig Jahren die Camorra (die neapolitanische Mafia, Anm. d. Red.) Don Diana tötete, dachten sie, dass sie die Hoffnung der Jugend in jener Gegend zerstört hätten und dadurch ihre Macht zeigen konnten. Dem war und ist aber nicht so. Im Gegenteil, heute mehr denn je können wir die Früchte von Don Dianas Wirken sehen. Immer mehr Leute haben gemerkt, dass die Botschaft, die unser Pfarrer vermittelt hat, etwas Positives und Schönes ist. Somit kann man sagen, dass Don Diana die Camorra bei uns besiegt hat.“

Don Diana war ein Priester, der Klartext sprach. Bekannten Mafiosi verweigerte er die Kommunion. Er druckte außerdem Flyer mit der Überschrift „Ich werde nicht schweigen“ , in denen er gegen die Mafia anschrieb.

„Und ich war einer von denen, die den Mut hatten, zusammen mit Don Diana diese Flyer zu verteilen. Wir gingen vor die Kirchentüren und drückten allen Passanten unsere Blätter in die Hand. Viele Priester aus den Nachbarpfarreien unterstützten uns. Damals hatte die Camorra wohl ihren größten Machtanspruch erreicht. Sie kontrollierte mit Gewalt nicht nur die Stadt, sondern wollte auch die ,moralische Instanz´ der Gegend sein. Damit galt Don Diana sofort als ihr größter Feind.“

Die neapolitanische Camorra habe sich in den letzten zwei Jahrzehnten verändert. Sie sei nicht mehr eine „bewaffnete Armee“, die auf Waffengewalt setze, so Cuoci vom Don Diana-Verein.

„Aber seien wir vorsichtig zu behaupten, die Camorra sei besiegt. Immer noch glauben viele Neapolitaner, dass man zu einem Mafia-Boss hingehen muss, um beispielsweise einen Arbeitsplatz zu bekommen oder sonst ein persönliches Problem zu lösen. Solange die Menschen auf die organisierte Kriminalität vertrauen, solange wird es sie auch geben. Als Katholiken müssen wir hingegen auf die lebensbejahende Botschaft des Evangeliums hinweisen und darauf, dass es einen anderen Weg gibt als den der Mafia. Das ist das, was Don Diana uns vor zwanzig Jahren bereits gesagt hat.“

Für Don Diana sowie andere Priester und Ordnungshüter, die von der Mafia umgebracht wurden, sind Seligsprechungsverfahren im Gange. Ein bekanntes Mafia-Opfer, das bereits seliggesprochen wurde, ist der Priester Don Dino Puglisi aus Palermo. (rv)

Italien: Don Puglisis Seligsprechung unterstützt Kampf gegen die Mafia

Rund 100.000 Gläubige haben an diesem Samstag in Sizilien an der Seligsprechung für Don Giuseppe Puglisi teilgenommen – einem Priester, der sich dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität verschrieben hatte und sich besonders um Straßenkinder kümmerte. Die Mafia ermordete Don Puglisi am 15. September 1993 – genau an seinem 56. Geburtstag. Fünf Jahre später wurde der Seligsprechungsprozess eingeleitet; Papst Benedikt XVI. verabschiedete das Seligsprechungsdekret aufgrund des Martyriums „aus Hass gegen den Glauben" am 28. Juni 2012. Als Vertreter des Papstes war Kardinal Salvatore de Giorgi bei der Zeremonie anwesend. Radio Vatikan hat kurz vor seiner Reise nach Sizilien mit ihm gesprochen:

„Die Seligsprechung von Don Puglisi aufgrund seines Martyriums für den Glauben bedeutet ein Geschenk Gottes, wichtig für ganz Sizilien und darüber hinaus nicht nur für die Insel. Die Anerkennung seines Martyriums durch die Kirche ist auch ein Gütesiegel für die ewige Gültigkeit seiner Botschaft: Mit der Stimme des Blutes ruft er uns alle zu Mut, Kohärenz und Kraft auf, zu ‚heiliger Kühnheit’ – im Priesteramt genauso wie in jedem Dienst an der Kirche. Er betont den Triumph des Guten über das Böse und über alle Aggressionen und Perversionen des Bösen. Das gilt ganz besonders dann, wenn es sich – so wie dies bei der Mafia der Fall ist – um eine perverse Struktur der Sünde gegen die Menschlichkeit und gegen das Evangelium handelt. Besonders hinterhältig und gefährlich dabei ist, dass die Mafia sich auch noch mit religiösen Zeichen und Bezügen umgibt."

Don Puglisi war als Priester vor allem für seinen Einsatz mit Straßenkindern bekannt, für die er auch das „Zentrum Vater Unser" gegründet hatte. Mit seiner leisen, aber sehr wirksamen seelsorgerischen Arbeit habe er viele junge Leute vor den Verführungen des Bösen bewahrt. Der organisierten Kriminalität sei das ein Dorn im Auge gewesen, so dass sie ihn schließlich aus Hass auf den Glauben umbringen ließ. Kardinal de Giorgi ist überzeugt: Don Giuseppe Puglisis Seligsprechung ist eine große Unterstützung im Kampf gegen die Mafia.

„Auch 20 Jahre nach seiner frevelhaften Ermordung erhebt Don Puglisi noch seine Stimme. Es geht darum, ein Gewissen und Respekt vor den Menschen zu haben, gegenseitige Liebe spüren zu können, den Geschmack der Solidarität und den Sinn der Legalität zu spüren, sowie verzeihen zu können. So lässt sich jede Form von Gewalt, Übergriffen und Zusammenarbeit mit der Kriminalität besiegen. Es gibt diesbezüglich noch einige alte Wunden, die noch nicht verheilt sind. Aber die Stimme von Don Puglisi erreicht die Christen und erinnert sie daran, dass wir heute das Evangelium bezeugen müssen wie nie zuvor."

Don Puglisi erinnere die Eltern daran, ihre Kinder im Sinne des Guten zu erziehen, gerade in einer Zeit von Drogen, sozialer Ausbeutung, sexueller Gewalt und weit verbreiteten Versuchungen des organisierten Verbrechens. Doch nicht nur die Eltern seien gefordert:

„Don Puglisis Stimme spricht auch zu allen, die politische Verantwortung tragen und fordert sie auf, sich besonders die Stadtviertel, die Probleme haben, zu Herzen zu nehmen und nach einer Lösung zu suchen. So, wie er selbst es auch für sein Viertel tat, wo seine Träume bis heute allerdings noch nicht ganz realisiert werden konnten. Die Stimme von Don Puglisi richtet sich aber auch, und ich würde sogar sagen, vor allem, an die Kriminellen – er sagt ihnen, dass Jesus sein Blut vergossen hat, um sie von ihren Sünden zu befreien. Das Lächeln, mit dem Don Puglisi zu seinem Killer sagte: ‚Ich habe damit gerechnet’, ist eine Aufforderung, entschieden umzukehren, sich zu Gott zu bekehren." (rv)

Italien: Kreuzweg gegen die Mafia in Neapel

Kardinal SepeEin Kreuzweg zu den Noten von Franz Liszt, den Opfern der organisierten Kriminalität gewidmet: Das hat der Verband „Libera", zu Deutsch „Frei", am Montagabend in Neapel organisiert. „Er starb an der Gewalt der Mafia" waren die Kreuzwegmeditationen überschrieben, die der Caritas-Verantwortliche des Erzbistums, Don Tonino Palmese, getextet hatte. Zu dem ungewöhnlichen Kreuzweg kamen Angehörige von Opfern, Behördenvertreter und Kardinal Crescenzio Sepe, der Erzbischof der Stadt am Vesuv. „Die Mafia ist auch für die Kirche eine große Sorge; wir sehen den Tod der Unschuldigen, die vielen Menschen, die auf dem Altar dieser sündigen Realität geopfert werden, im Lichte Christi", so Kardinal Sepe. Diese kriminellen Organisationen schreckten vor nichts zurück, auch nicht vor dem Tod Unschuldiger. Sepe: „Wir Christen haben die moralische Pflicht, an die Opfer zu erinnern, um die Kraft zum Zurückweisen dieser Kriminalität zu finden." (rv)

Italien: Wer für die Mafia ist, ist gegen die Kirche

Das sagte der Erzbischof von Neapel, Kardinal Crescenzio Sepe, bei einer kirchlichen Veranstaltung gegen die Organisierte Kriminalität. Bei der Konferenz nahmen auch Vertreter anderer Religionen teil. Kardinal Sepe fügte an, dass Mitglieder der Mafia keinen Platz in der Kirche hätten. Das gelte auch für verstorbene Kriminelle, für die die Kirche auch Beerdigungen verweigern sollte. (rv)

Vatikan/Italien: Die Mafia im Vorhof der Völker

Papst Benedikt, der Denker, hat ihn angeregt. Kardinal Ravasi, der „Macher", hat ihn umgesetzt: den „Vorhof der Völker", jene wandernde Begegnungsstätte zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden, die der päpstliche Kulturrat seit genau einem Jahr in verschiedenen Metropolen Europas und außerhalb veranstaltet. Es sind große Debattenforen über verschiedene Themen, die das Zusammenleben zwischen weltanschaulich heterogenen Gruppen betreffen, Foren für Intellektuelle, gewiss, die sich punktuell aber auch Jugendlichen und allen anderen Interessierten öffnen. Der nächste „Vorhof der Völker" findet Ende März in Palermo statt, und er wird im Zeichen der Mafia stehen. Kardinal Gianfranco Ravasi erklärt im Gespräch mit uns:

„Palermo ist bedeutsam und auch originell wegen der beiden Stränge, die sich im Titel unserer Begegnung verflechten: Kultur der Legalität und multireligiöse Gesellschaft. Einerseits also das soziale Profil, die Legalität, die ununterbrochen von der Welt der Laien, Zivil, Politik, dekliniert wird. Die Legalität geht aber auch die spirituelle und religiöse Welt etwas an. Denken wir an die Märtyrer der Mafia, für die Palermo geradezu ein Sinnbild ist. Andererseits war Sizilien, wie seine Baudenkmäler zeigen, immer ein Kreuzungspunkt der Kulturen. Es ist in sich ein Zeugnis der Multireligiosität, des interreligiösen Dialogs."

Die Wahl des Ortes Palermo für den nächsten Vorhof der Völker zeigt den Willen der Kirche, ihren Einsatz gegen illegales Verhalten und „jede Degeneration des Rechts" wieder zu beleben, erklärte Ravasi. Er erinnerte daran, dass die Mafia längst eine sehr vielgestaltige Realität ist.

„Wenn man von der Mafia spricht, weiß man doch, dass das heute eine Definition von Phänomenen der Kriminalität, der Verletzung von Legalität und Recht ist, die Dimensionen weit jenseits der sizilianischen Mafia hat. Denken wir an die japanische Mafia. Wir müssen aber auch sagen, dass in der Stadt Palermo eine bestimmte Betriebsamkeit, ein Ferment da ist, da können wir von Institutionen wie der Antimafia reden, aber auch von pastoralen Zeugnissen. Viele solcher Einrichtungen werden übrigens am letzten Abend, der den Jugendlichen offen steht, anwesend sein. Sie zeigen, wie grundlegend die kirchliche moralische religiöse Dimension für den Schutz des Rechtes ist. Besonders weil der Schutz des Rechtes über das Gewissen des Einzelnen läuft. Und so lang man nicht ein neues Volk gebiert, besonders über den Weg der Bildung und der Jugendarbeit, kann man nicht wirklich sagen, dass sich eine neues Zeitalter einer besseren Zivilisation als die heutige auftut."

Der Vorhof der Völker startete im März 2011 in Paris und gastierte seither unter anderem in Bukarest, Tirana und Rom. (rv)

Italien: Wenn „Paten“ keine Paten sein dürfen

Die Kirche verweigert Mitgliedern der Mafia das katholische Begräbnis. Das hat der Erzbischof von Neapel, Kardinal Crescenzio Sepe, in einem Brief an Priester bekräftigt. Mafiosi dürften außerdem weder Tauf- noch Firmpaten und auch keine Trauzeugen sein. Wer sich zum organisierten Verbrechen bekenne, müsse wissen, dass er nach seinem Tod nicht in die Kirche, sondern direkt auf den Friedhof komme, schreibt Sepe. Nach seinen Vorstellungen sollen die Pfarrer, die ja ihre normalen Kirchgänger meistens kennen, von Fall zu Fall entscheiden, ob jemand aus ihrer Pfarrei die Voraussetzungen zum Tauf- oder Firmpaten hat oder nicht. (rv)