Papst in Havanna: „Kuba und die Welt brauchen Veränderungen“

Um die 300.000 Menschen – andere Schätzungen liegen deutlich höher – füllten die „Placa de la Revolucion", unter einem riesigen Che-Guevara-Porträt. In der ersten Reihe: Präsident Raul Castro und einige Spitzenvertreter des Regimes. Beherrschende Farbe war aber nicht grün, wie sonst bei Parteiveranstaltungen hier, sondern das Violett der Fastenzeit. Brütende Sonne, dafür aber eine schöne Brise vom Meer her. Der Papst: schon sichtlich müde, aber konzentriert. In der Lesung boten die drei Jünglinge am Hof von Babylon dem Diktator die Stirn – in der kubanischen Wirklichkeit ist das alles nicht so einfach.

„Was bringt der Papst zu uns nach Kuba?", fragte in einer kleinen Grußadresse Kardinal Jaime Ortega, der hier schon vor 14 Jahren Gastgeber von Johannes Paul II. war. Und er fuhr fort: „Überlassen wir die Antwort unserem Volk!" Jedenfalls sei „das ganze Volk heute hier versammelt" bzw. am Fernseher, um Benedikts Wort zu hören und sienen Segen zu empfangen, so der Kardinal. „Sie haben sich als Papstnamen Benedikt gewählt – das heißt übersetzt: hochgelebt, gesegnet. Und genauso ist auch Ihr Pontifikat: das eines Papstes, der die Sanftheit und das Erbarmen Gottes allen übermittelt und alle zur Versöhnung untereinander ermutigt."

In seiner Predigt forderte der Papst erneut mehr Freiheiten für die katholische Kirche auf Kuba. Diese würden es den Gläubigen ermöglichen, einen Beitrag zum Aufbau der Gesellschaft, zu Frieden und zu harmonischer Entwicklung zu leisten. Dazu gehöre das Recht, die christliche Botschaft öffentlich verkünden und feiern zu können. Wörtlich meinte Benedikt XVI.: „Kuba und die Welt brauchen Veränderungen!" Die werde es aber nur geben, wenn Menschen sich frei dazu entschliessen könnten, Versöhnung und Brüderlichkeit zu leben. Die Kirche trage mit ihrem Einsatz im Schul- und Universitätswesen weltweit zur Charakterbildung der Menschen bei. Es sei zu hoffen, dass dies „auch bald" in Kuba möglich würde, so der Papst. Mit der Religionsfreiheit, die sowohl für den Einzelnen als auch für die Kirche gelten müsse, beanspruche er „kein Privileg", sondern weise auf ein Recht hin. „Mit Freude"" erkenne er an, dass Kuba bereits Schritte unternommen habe. Es gelte nun, „das Erreichte festzumachen", sagte der Papst. (rv)

Kuba: Erstes Priesterseminar seit 50 Jahren

In Kuba ist seit 50 Jahren erstmals wieder ein Priesterseminar eröffnet worden. Kardinal Jaime Ortega weihte das Seminar im Beisein des Staatspräsidenten Raúl Castro am Mittwoch in der Nähe der Hauptstadt Havanna ein. Der nun ehemalige Präsident Fidel Castro habe mit dem Bau des Seminars ein Versprechen eingelöst, das er Papst Johannes Paul II. bei dessen Kuba-Besuch 1998 gegeben hatte, sagte Ortega bei der Zeremonie. Papst Benedikt XVI. übermittelte einen besonderen apostolischen Segen den neuen Seminaristen und Teilnehmern der Eröffnungsfeier und denjenigen, die „so großzügig zum Bau des neuen Gebäudes beigetragen haben". Möglich wurde der Bau durch Spenden aus der Lateinamerikakommission des Heiligen Stuhls, der Bischofskonferenzen sowie aus den USA und Europa. Unter den Teilnehmern war auch eine hochrangige Delegation der US-amerikanischen Kirche. (rv) 

Kuba: Kardinal ist optimistisch

Kardinal Jaime Ortega ist vorsichtig optimistisch über die Zukunft Kubas. Die Freilassung der ersten zwanzig von insgesamt 52 politischen Gefangenen sei ein Hoffnungszeichen für das Land. Das sagte er am Dienstag bei einem Besuch in der US-Hauptstadt Washington. Die Geste guten Willens, die das Regime von Raul Castro auch auf Bitten der kubanischen Kirche geleistet habe, sei auf Kuba sehr populär; vor allem aber habe sie der Außendarstellung des Regimes genützt. Ortega wörtlich: „Für das innere Leben Kubas sind diese Freilassung nicht sehr wichtig – aber für die auswärtigen Beziehungen doch sehr wichtig." Die Menschen auf Kuba seien der Kirche sehr dankbar, dass sie sich für die Häftlinge eingesetzt habe: Viele hätten ihn „auf der Straße angesprochen, um zu sagen: Danke, Herr Kardinal." – Der Kardinal war in Washington, um einen Preis der Columbus-Ritter entgegenzunehmen. Die größte Frustration der Kubaner, so meinte er, sei die desaströse wirtschaftliche Lage. An zweiter Stelle stünden die Einschränkungen bei Kommunikation und Reisefreiheit: „Einfach mit ihren Verwandten zu sprechen und in die USA hin- und zurückreisen – das ist es, was die Leute wollen." Nach Angaben der Nachrichtenagentur efe plant Kardinal Ortega in Washington auch ein Gespräch mit dem Verantwortlichen für Lateinamerika-Politik im Weißen Haus. Ortega ist dieses Jahr schon zum zweiten Mal in der US-Hauptstadt. (rv)

Kuba: Kardinal zufrieden mit Besuch aus dem Vatikan

Kardinal Jaime Ortega von Havanna ist sehr zufrieden mit dem Besuch des vatikanischen Außenministers. Das Treffen von Erzbischof Dominique Mamberti mit dem kubanischen Außenminister sei „sehr vielversprechend verlaufen", meinte der Kardinal im Gespräch mit uns: „Das kann nur gut sein für die Kirche von Kuba." Ortega deutete auch an, dass die Kirche sich weiter für Freilassung oder Hafterleichterung der politischen Gefangenen auf Kuba einsetzen wird; am letzten Wochenende hatte sie bei diesen Verhandlungen mit der Regierung einen ersten Erfolg verzeichnen können.
„Ich glaube, das geht gut voran. Es ist ein Prozess, der hoffnungsvoll verläuft – er wird in den nächsten Tagen weitergehen. Ein Prozess, der erst vor kurzem angefangen hat, aber der wirklich zu begründeten Erwartungen berechtigt. Man darf darauf vertrauen, dass er noch viele Erleichterungen für Häftlinge erbringt."
Die kubanische Kirche veranstaltet in diesen Tagen zum zehnten Mal ihre „Soziale Woche" – das war auch der eigentliche Anlass für den Besuch von Erzbischof Mamberti aus dem Vatikan.
„Die Soziale Woche hat großen Wert für alle Bistümer, die sich daran beteiligen. Dieses Jahr haben wir kubanische Experten aus dem US-Exil dazu eingeladen und Experten aus Lateinamerika; sie können uns in der Lage, in der Kuba im Moment ist, manchen guten Rat geben. Vor allem, weil es auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet auf kurz oder lang zu einigen Neuerungen auf Kuba kommen soll… da brauchen alle, die sich in der Sozialpastoral unserer Kirche engagieren, Rückendeckung." (rv)

Kuba: Präsident Castro trifft Bischöfe

Seit fast 75 Jahren stehen der Vatikan und Kuba diplomatisch in Kontakt: Die ununterbrochenen diplomatischen Beziehungen werden auch in einem Monat offiziell gefeiert. Doch schon jetzt konnte Kardinal Jaime Ortega Alamino von Havanna einen wichtigen Schritt tun: Er traf sich, begleitet von einigen weiteren Bischöfen, mit Präsident Raul Castro. Dabei ging es vor allem um die Frage der politischen Gefangenen, auf deren Freilassung die Kirche drängt.
„Das kommunistische Regime auf Kuba hat die katholische Kirche erstmals seit einem halben Jahrhundert als Gesprächspartner anerkannt." Auf diese Formel bringt es der regierungsnahe Sender Radio Martì aus Havanna. Es sei in den vier Stunden Gespräch fast nur um die Frage der politischen Gefangenen gegangen; eigene Sorgen der Kirche um ihren Platz in der Gesellschaft hätten „keine Rolle gespielt".
„Das Treffen hat zunächst einmal den Wert, dass die Kirche als Vermittlerin anerkannt wird", sagt Kardinal Ortega auf einer Pressekonferenz. „Das bedeutet auch eine Anerkennung für die Rolle der Kirche, dass sie sich um eine Überwindung tiefer Gräben bemüht."
Dass die Gräben tief sind, ist keine Übertreibung. Der Dissident Guillermo Farinas ist im Hungerstreik – er will die Freilassung von fast dreißig kranken politischen Gefangenen erreichen. Orlando Zapata, ein solcher Häftling, ist Ende Februar im Gefängnis gestorben. Ortega hat Farinas gebeten, seinen Hungerstreik abzubrechen – ohne Erfolg. Der Oppositionelle dankte dem Kardinal für seinen Einsatz, äußerte sich aber schockiert, dass Ortega zwar für einen kranken Fidel Castro die Messe gefeiert habe, nicht aber für den in Haft gestorbenen Dissidenten Zapata.
„Die Kirche will eine Erleichterung der Lage der Gefangenen erreichen", sagt der Kardinal nach dem Gespräch mit Raul Castro: „Wir denken etwa an die Freilassung von einigen von ihnen, und darüber sprechen wir direkt."
1998 hatte der damalige Präsident Fidel Castro 300 Häftlinge amnestiert – kurz nachdem Papst Johannes Paul II. die Insel besucht hatte. In der zweiten Junihälfte wird nun der vatikanische „Außenminister", Erzbischof Dominique Mamberti, auf Kuba erwartet.
„Ich glaube, der Dialog, der am Mittwoch begonnen hat, ist nötig und überfällig. Es war ein sehr positiver Dialog – mein Eindruck ist, dass er einen Prozess eröffnet hat!"
Auch die Parteizeitung „Granma" spricht an diesem Donnerstag von einer „positiven Entwicklung in den Kirche-Staat-Beziehungen"; manche Kubaner, etwa im US-Exil, sind allerdings skeptisch, sprechen von einem „Manöver" des Regimes, das durchaus folgenlos bleiben könnte.
„Man muss jetzt abwarten und sehen, was in den nächsten Tagen oder auch Wochen passiert", sagt Radio Vatikans Lateinamerika-Experte Luis Badilla. „Wir dürfen nicht vergessen, ein Gefangener ist weiter im Hungerstreik und schwebt in Lebensgefahr. Auch wenn wir keine genauen Informationen haben, glaube ich, dass die Kirche in der Lage sein könnte, einen Weg zu finden, der aus dieser Situation herausführt. Es geht um die Freiheit für die politischen Häftlinge – es sind heute etwa 200 bis 240 Menschen."
Kardinal Ortega hatte im April das Regime deutlich wie selten zuvor kritisiert: Kuba sei in einer „sehr schwierigen Lage", und das Ausbleiben wirtschaftlicher Reformen und Freiheiten „führt zu Ungeduld und Unbehagen im Volk". Deutlich hatte der Erzbischof von Havanna die Aufnahme direkter Gespräche des Regimes mit den USA gewünscht. Kurz nach seiner Wortmeldung machte er es den so genannten „Damas de Blanco", den Familienangehörigen von politischen Gefangenen, möglich, nach der Sonntagsmesse als stille Demonstration durch die Hauptstadt zu marschieren.
„Das Problem von Kubas Gesellschaft ist vor allem, dass es keine Kommunikation gibt zwischen den einzelnen sozialen Bereichen – innerhalb der Gesellschaft, im Volk, mit den Behörden", so Badilla. „Das ist offensichtlich die Hauptsorge des Kardinals: Wie bekommt man sie alle miteinander ins Gespräch? So, dass jeder dem anderen sagt, was er denkt, wie er die Zukunft des Landes sieht. Ortega weiß: Man riskiert, erst dann zu Lösungen zu kommen, wenn sie eigentlich schon längst zu spät sind und nicht mehr greifen können."
Fernsehbilder zeigen Castro in Uniform, der in einem sehr einfachen Raum mit Kardinal Castro und dem Erzbischof von Santiago, Dionisio Garcia, an einem Holztisch sitzt. Neben ihm die Leiterin des staatlichen Religionsbüros. Castro blickt etwas besorgt, Ortega – in Schwarz – zeigt ein breites Lächeln. In einem knappen Monat landet der vatikanische Mann fürs Äußere in Havanna; dann werden wir wohl den nächsten Akt erleben. Hoffentlich ist es dann für den Dissidenten im Hungerstreik, Guillermo Farinas, nicht zu spät… (rv)

Kuba: Kirche und Regierung sprechen über politische Gefangene

Bei den Gesprächen zwischen Regierung und Kirche auf Kuba ging es auch um die Frage der politischen Gefangenen. Das bestätigte Kardinal Jaime Ortega Alamino am Donnerstag nach einem Treffen mit Staatspräsident Raul Castro am Vortag. In dieser Frage habe man jedoch keine konkreten Ergebnisse erzielt, so der Kardinal weiter. An dem mehr als vierstündigen Treffen nahmen neben Ortega und Castro auch die Religionsbeauftragte der Regierung, Caridad Diego Bello, und der Vorsitzende der Kubanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Dionisio Garcia Ibanez, teil. Ortega sprach anschließend von einem guten Beginn, der fortgesetzt werden solle. Der Dialog zeige die Rolle der Kirche als Mittler. Die Castro-Regierung werde womöglich einige der zurzeit hungerstreikenden Gefangenen freilassen, wenn der vatikanische Außenminister Erzbischof Dominique Mamberti zur Sozialwoche nach Kuba kommt. Diese findet vom 16. bis 20. Juni statt. – Nach einer Intervention von Kardinal Ortega Anfang Mai hatte Kubas Regierung den Angehörigen inhaftierter Oppositioneller wieder erlaubt, für die Freilassung politischer Gefangener zu demonstrieren. (rv)

Kuba: Kardinal schlägt Einladung Castros aus

Kardinal Jaime Ortega von Havanna verteidigt seine Entscheidung, einer Konferenz mit Präsident Raul Castro fernzubleiben. Er sei zwar zu dem Ereignis, zu dem viele Vertreter anderer Kirchen kamen, eingeladen gewesen. Aber es sei bei der Veranstaltung gar nicht strikt um Belange gegangen, die die katholische Kirche beträfen. Mit der Konferenz wurde an die Einrichtung eines kubanischen Kirchenrates vor zwanzig Jahren erinnert, dem die katholische Kirche der Insel aber nicht angehört. Kardinal Ortega kritisierte in einem Interview auch das Büro für Religionsfragen, das von der regierenden Kommunistischen Partei Kubas abhängt und die Konferenz organisiert hatte. „Dieses Büro ist nicht eine Art Überbau, dem die verschiedenen religiösen Gruppen untergeordnet wären“, so der Kardinal. Scharf wandte sich Ortega auch gegen Worte des früheren Präsidenten Fidel Castro, die von einer „strategischen Allianz“ zwischen Kirche und Marxisten zur Bekämpfung der Armut in Lateinamerika sprachen. Die Arbeit der Kirche in der Gesellschaft sei „ein Recht“ und werde „klar in der Verfassung anerkannt“: Darauf stütze sie sich, nicht auf Allianzen. Kuba sei im Moment „mit wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten“ konfrontiert: „Ich glaube, es ist eine Art nationaler Konsens, dass Kuba Wechsel braucht, um diese Lage zu verbessern.“ Ein Dialog zwischen Kuba und den USA „wäre der erste Schritt, den wir brauchen, um unseren Teufelskreis zu durchbrechen“. (rv)