Nigeria: Kardinal Onaiyekan fordert demokratische Wahlen

Kardinal OnaiyekanDie Regierung in Nigeria soll freie und faire Wahlen gewährleisten, das forderte Kardinal John Onaiyekan bei einem Mittagessen mit dem nigerianischen Präsidenten. Eine glaubwürdige Abstimmung verhindere weitere Spannungen. Aktuell sorgt vor allem die Terrorgruppe Boko Haram für Destabilisierung in dem afrikanischen Land.

Kardinal Onaiyekan nimmt vor allem die Regierungspartei PDP in die Pflicht, durch demokratische Wahlen für mehr Stabilität zu sorgen. Die politischen Führer müssten vor allem bereit sein, die Wahlergebnisse zu akzeptieren. Nach einer Niederlage müsste der Wahlverlierer geduldig sein und auf die nächste Wahl warten, statt eine Krise auszulösen. Diese Grundregel der Demokratie sei nach wie vor nicht in den Köpfen Nigerias verankert, sagte der Erzbischof von Abja. Der Grund dafür liege in einer falschen Vorstellung von Politik und Macht. Politische Macht dürfe nicht als Fähigkeit, Menschen zu beherrschen, gesehen werden, sondern als Dienstleistung für die Menschen.

(rv)

Nigeria: Boko Haram schickt Mädchen als Attentäterinnen vor

Kardinal Onaiyekan Im Nordosten Nigerias ist es in den letzten Wochen abermals zu blutigen Anschlägen gekommen. Besonders besorgniserregend dabei ist, dass die Terrororganisation Boko Haram inzwischen Mädchen als Selbstmordattentäter vorschickt. Der schwerste dieser Anschläge ereignete sich am 27. Juli, als ein Mädchen vor einer Kirche der Gemeinde San Carlo eine Bombe zündete und vier Menschen mit in den Tod riss. Die junge Frau trug die Bombe unter ihren langen Gewändern. Der Erzbischof von Abuja, Kardinal John Onaiyekan, äußerte sich zu diesem Vorfall gegenüber Radio Vatikan:

„Angriffe von Boko Haram mit Autobomben haben wir schon immer gekannt. Aber derartige Attacken, bei denen minderjährige Mädchen die Bomben unter ihren langen Kleidern tragen, gibt es zum ersten Mal“.

Dies sei deshalb ein enormes Problem, weil die meisten Menschen in Nigeria lange Kleidung tragen. Der Erzbischof betonte in dem Interview, dass dies neue Formen der Kontrolle an Passanten erforderlich mache, auch wenn damit Unannehmlichkeiten verbunden seien.

„Wir hätten uns nie vorstellen können, dass ein Mädchen vor einer Kirche Sprengstoff mit sich tragen könnte. Jetzt wissen wir es und werden neue Maßnahmen ergreifen müssen, mit allen Personen, die vorbeikommen“.

Jedoch, so der Erzbischof weiter, würden die Terrorangriffe keineswegs nur Kirchen betreffen, sondern auch Märkte oder öffentliche Einrichtungen. Ihm zufolge würde allerdings die Regierung zu wenig unternehmen, um Widerstand zu leisten und die Bevölkerung zu schützen.

„Die Regierung betont immer wieder, sie werde den Kampf gegen Boko Haram gewinnen, aber schaut man auf die Resultate, scheint dies nicht zu gelingen: Boko Haram-Terroristen haben ja offenbar nach wie vor die Möglichkeit, zuzuschlagen. Alle wissen, dass man Notiz davon nimmt, wenn eine Kirche von derartigen Anschlägen betroffen ist. Keine Aufmerksamkeit mehr erweckt aber, wenn sie in den Dörfern im Nordosten zuschlagen.“

Stattdessen würden sich Politiker und Journalisten in Nigeria mit anderen Angelegenheiten befassen, wie den anstehenden Wahlen im nächsten Jahr.

„Wir müssen sicher sein können, dass die Regierung sich die Tragweiter dieser Situation bewusst macht, allerdings scheint es, sie habe andere Sorgen auf ihrer politischen Agenda. Auch in den Zeitungen stehen immer nur ein paar Zeilen über Boko Haram, während die Titelseiten immer anderen politischen Themen gelten.“

Im Nordosten Nigerias seien inzwischen so gut wie alle Gebiete von den Boko Haram Terroristen kontrolliert, bestätigt Kardinal Onaiyekan. Viele Menschen würden in Richtung Kamerun fliehen, da sie sich dort mehr Schutz erhoffen. In Nigerias abgelegenen Dörfern im Norden sei die Polizei nicht in der Lage oder willens, Anschläge zu verhindern. (rv)

Nigeria: „Jemand muss mit Boko Haram reden“

OnaiyekanEs ist Terror unter dem Deckmantel der Religion: Seit Monaten eskaliert die Gewalt in Nigeria, immer wieder kommen Menschen bei Überfällen ums Leben, die der islamistischen Gruppe Boko Haram zugeschrieben werden. In den vergangenen Wochen wurde Nigeria erneut von Gewalt erschüttert. Neben den Kämpfen in Baga kam es Anfang der Woche in Bama im Nordosten des Landes zu einer Befreiungsaktion durch Boko-Haram-Mitglieder in einem Gefängnis. Außerdem wurden Polizeistationen und Militärkasernen attackiert. Nach Militärangaben starben dabei 55 Menschen. Für Kardinal John Olorunfemi Onaiyekan, den Bischof der Hauptstadt Abuja, zeigt sich in diesen Angriffen immer mehr der rein destruktive Impuls der Gruppe.

„Was mir Sorge bereitet ist, dass die Angriffe dieser Gruppe zuzunehmen scheinen. Sie haben ein Militärcamp angegriffen, so was hat es zuvor nicht gegeben. Das zeigt, dass wir von Anfang an richtig lagen, weil wir gesagt haben, dass hier nicht einfach Muslime Christen töten, sondern dass diese Gruppe den nigerianischen Staat zerstören will. Die Opfer der jüngsten Angriffe sind nicht per se Christen, es sind arme Menschen und es sind Polizisten."

Der Rat für muslimische Angelegenheiten in Nigeria hat sich derweil dagegen gewandt, für die Gewaltwelle im Norden ausschließlich Muslime verantwortlich zu machen. Unter dem Deckmantel der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram agierten auch Nicht-Muslime, sagte der Generalsekretär des Rates, Is-Haq Oloyede, laut nigerianischen Presseberichten. Kardinal Onaiyekan weist darauf hin, dass auch Muslime selbst zu Opfern werden, nämlich dann, wenn sie sich für Frieden einsetzen.

„Vor zwei Tagen ist etwas Fürchterliches passiert, Boko Haram hat zwei muslimische Prediger geköpft, weil sie gegen die Gruppe gepredigt haben. Auch solche Dinge passieren, und das dürfen wir nicht vergessen."

Wenn die Regierung keine besseren Wege finde, mit dem Problem umzugehen, würde die Gewalt auch weiterhin wachsen, so Kardinal Onaiyekan. Aber die Lösung könne nicht in der gewaltsamen Gegenwehr liegen. So sind in der nordnigerianischen Kleinstadt Baga bei Kämpfen zwischen Boko Haram und staatlichen Truppen seit Mitte April nach Medienberichten mindestens 185 Menschen ums Leben gekommen.

„Es ist offensichtlich, dass die Lösung nicht nur militärisch sein kann, es muss auch ein Weg zum Dialog gefunden werden, wenn schon nicht mit diesen Gruppen selbst dann wenigstens mit denen, die das Problem verstehen. Mit denen können wir anfangen, eine friedliche und politische Lösung zu finden."

Das Angebot einer Amnestie, unlängst von Nigerias Präsident Goodluck Jonathan ins Gespräch gebracht, könne und dürfe nur Menschen betreffen, die bereit sein, die Waffen abzulegen und eine friedliche Lösung zu suchen, nicht aber generell die Gewalttäter, so Kardinal Onaiyekan.

„Es muss ihnen klar sein, dass ihr politisches Ziel – nämlich einen islamistischen Staat zu gründen – nicht möglich ist. Wir müssen jemanden finden, der ihnen das klar macht. Und das muss möglichst schnell geschehen." (rv)