Vatikan: Dokument der Priesterbruderschaft an Ecclesia Dei

Die Piusbruderschaft hat der Kommission Ecclesia Dei in den vergangenen Tagen eine Dokumentation übergeben. Das teilte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi Journalisten auf Nachfrage mit. Diese Dokumentation werde im Augenblick von der Kommission geprüft, die dann entscheide, wie weiter vorzugehen sei. Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, hatte dem Oberen der Priesterbruderschaft Bernard Fellay bei einem Treffen am 14. September im Vatikan eine Lehrmäßige Präambel überreicht und deren Akzeptierung verlangt. Der Text beinhalte einige Prinzipien und Interpretationskriterien der katholischen Lehre, die notwendig seien, um die Treue zum Lehramt der Kirche zu garantieren, hieß es damals aus dem Vatikan. Vorausgegangen war eine Dialogrunde von Vertretern des Vatikan und der Piusbrüder. (rv)

Internationale Theologenkommission berät über Soziallehre

Die katholische Soziallehre ist ein Thema der diesjährigen Vollversammlung der Internationalen Theologenkommission. Wie der Vatikan am Montag mitteilte, tagt das Beratergremium der Glaubenskongregation vom 28. November bis zum 2. Dezember im Vatikan. Den Vorsitz führt der Präfekt der Kongregation, Kardinal William Joseph Levada.

Es gehe insbesondere um die Stellung der katholischen Soziallehre innerhalb des kirchlichen Lehramtes, heißt es in der Mitteilung. Weitere Themen seien methodische Fragen der gegenwärtigen Theologie sowie der Monotheismus. Die 1969 von Papst Paul VI. gegründete Internationale Theologenkommission ist eine Art „Denkfabrik" der vatikanischen Glaubenskongregation. Generalsekretär des Gremiums ist gegenwärtig der vor knapp drei Wochen zum Bischof von Lausanne-Genf-Freiburg berufene Schweizer Dominikanerpater Charles Morerod. (rv)

Vatikan legt den Piusbrüdern Forderungskatalog vor

Die Verhandlungen zwischen Heiligem Stuhl und der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. sind an einen kritischen Punkt gelangt. Der Vatikan knüpft eine eventuelle Wiederaufnahme der Lefebvrianer in die katholische Kirche an klare Bedingungen. Der Forderungskatalog wurde an diesem Mittwoch an der Glaubenskongregation dem Leiter der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, ausgehändigt. Das steht in einer Mitteilung des vatikanischen Presseamtes von diesem Mittwoch.

Acht Treffen hat es zwischen Vertretern der Piusbruderschaft und des Heiligen Stuhles zwischen Oktober 2009 und April 2011 gegeben. Über die Inhalte wurde jeweils Stillschweigen vereinbart. In der Mitteilung von diesem Mittwoch heißt es aber, die Gespräche hätten ihr Ziel erreicht, nämlich „die wechselseitigen Positionen und Begründungen zu klären". Es ging darum, „die grundlegenden lehramtlichen Schwierigkeiten über umstrittene Themen" zu vertiefen. Um welche Themen es sich handelt, bleibt in der Mitteilung offen, ist aber Beobachtern aus zahlreichen Stellungnahmen u.a. der Piusbruderschaft selbst klar. So geht es beispielsweise um die Gültigkeit der Messe nach den neuen Büchern oder die Anerkennung der katholischen Lehre zu Ökumene und Religionsfreiheit.

Selbst wenn man „die Sorgen und Eingaben" der Bruderschaft bezüglich der Einheit des katholischen Glaubens berücksichtige, so halte die Glaubenskongregation für die volle Aussöhnung mit dem Apostolischen Stuhl es doch für unerlässlich, dass die Piusbruderschaft sich bestimmte theologische Standpunkte zu eigen macht. Die Vatikanmitteilung spricht wörtlich von der „Akzeptanz des Textes der Doktrinalen Präambel, die bei dem Treffen am 14. September 2011 übergeben wurde. Diese Präambel formuliert einige lehramtliche Prinzipien und Interpretationskriterien der katholischen Lehre, die notwendig sind, um die Treue zum Lehramt der Kirche … zu garantieren". Gleichzeitig lasse die Präambel aber die theologische Erklärung einzelner Ausdrücke oder Formulierungen aus den Dokumenten des II. Vatikanischen Konzils und des nachfolgenden Lehramtes für eine „legitime Diskussion" offen. Das bedeutet, dass die Traditionalisten aus Sicht des Heiligen Stuhles den unverhandelbaren Lehren der katholischen Kirche grundsätzlich zustimmen müssen, begriffliche Fragen aber zweitrangig sind.

Kommt es zu einer „eventuellen und erwünschten Versöhnung", dann können die Lefebvrianer zur Einheit mit Rom zurückkehren. Für den Fall nämlich, dass die Piusbruderschaft den vatikanischen Forderungskatalog unterschreibt, stellt die Glaubenskongregation ihr einen rechtlichen Status innerhalb der katholischen Kirche in Aussicht. Welche Lösung das konkret ist, bleibt in der Mitteilung offen. Beobachter hielten in der Vergangenheit die rechtliche Form einer Personalprälatur nach dem Modell „Opus Dei" oder die Errichtung eines Ordinariats für möglich, wie der Heilige Stuhl es jüngst für anglikanische Gläubige eingerichtet hatte.

Die Antwort der Piusbruderschaft auf den vatikanischen Forderungskatalog wird in wenigen Monaten erwartet, erklärte Vatikansprecher P. Federico Lombardi vor Journalisten. Zu dem Gespräch an der Glaubenskongregation waren neben Fellay seine zwei wichtigsten Mitarbeiter geladen, Niklaus Pfluger und Alain-Marc Nely. Von vatikanischer Seite nahmen der Präfekt und der Sekretär der Kongregation, Kardinal William Levada und Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer teil, außerdem der Sekretär der zuständigen Kommission „Ecclesia Dei", Guido Pozzo. (rv)

Das Vatikan-Rundschreiben im vollen Wortlaut

Rundschreiben um den Bischofskonferenzen zu helfen, Leitlinien für die Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker zu erstellen

Zu den wichtigen Verantwortlichkeiten des Diözesanbischofs im Hinblick auf die Sicherung des Gemeinwohls der Gläubigen und insbesondere auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen gehört es, auf eventuelle Fälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker in seiner Diözese angemessen zu reagieren. Dies beinhaltet sowohl die Festsetzung von geeigneten Verfahren, um den Opfern derartiger Missbräuche beizustehen, als auch die Bewusstseinsbildung der kirchlichen Gemeinschaft im Blick auf den Schutz Minderjähriger. Dabei ist für die rechte Anwendung des einschlägigen kanonischen Rechts zu sorgen; zugleich sind die entsprechenden staatlichen Rechtsvorschriften zu beachten.

I. Allgemeine Aspekte

Die Opfer sexuellen Missbrauchs

Die Kirche muss, in der Person des Bischofs oder eines von ihm Beauftragten, die Bereitschaft zeigen, die Opfer und ihre Angehörigen anzuhören und für deren seelsorgerlichen und psychologischen Beistand zu sorgen. Im Verlauf seiner Apostolischen Reisen hat Papst Benedikt XVI. durch seine Bereitschaft, Opfer sexuellen Missbrauchs zu treffen und anzuhören, ein besonders wichtiges Beispiel gegeben. Anlässlich dieser Begegnungen hat sich der Heilige Vater mit einfühlsamen und aufbauenden Worten an die Opfer gewandt, so auch in seinem Hirtenbrief an die Katholiken in Irland (Nr. 6): „Ihr habt schrecklich gelitten, und das tut mir aufrichtig leid. Ich weiß, dass nichts das von Euch Erlittene ungeschehen machen kann. Euer Vertrauen wurde missbraucht und eure Würde wurde verletzt."

Der Schutz Minderjähriger

In einigen Ländern wurden im kirchlichen Bereich Erziehungsprogramme zur Prävention gestartet, die „geschützte Räume" für Minderjährige gewährleisten sollen. Diese Programme versuchen sowohl den Eltern als auch den in Pastoral und Schule Tätigen zu helfen, Anzeichen sexuellen Missbrauchs zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Oftmals haben die genannten Programme Anerkennung gefunden als Modelle dafür, wie der sexuelle Missbrauch Minderjähriger in der heutigen Gesellschaft wirkungsvoll eingegrenzt werden kann.

Die Ausbildung zukünftiger Priester und Ordensleute

Im Jahr 2002 sagte Papst Johannes Paul II.: „Im Priestertum und Ordensleben ist kein Platz für jemanden, der jungen Menschen Böses tun könnte." Diese Worte erinnern an die spezifische Verantwortung der Bischöfe, der höheren Oberen und derer, die für die Ausbildung der zukünftigen Priester und Ordensleute Sorge tragen. Die einschlägigen Hinweise im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Pastores dabo vobis sowie die Instruktionen der zuständigen Dikasterien des Heiligen Stuhls lenken in zunehmendem Maß den Blick auf die Wichtigkeit einer korrekten Berufungsklärung und einer gesunden menschlichen und spirituellen Ausbildung der Kandidaten. Dabei geht es insbesondere darum, dass die Kandidaten die Keuschheit und den Zölibat der Kleriker sowie deren Verantwortung in der geistlichen Vaterschaft wertschätzen und ihr Wissen um die diesbezügliche Ordnung der Kirche vertiefen können. Genauere Angaben können in die Ausbildungsprogramme der Seminare und der Ausbildungshäuser in jedem Land, jedem Institut des geweihten Lebens und jeder Gesellschaft des apostolischen Lebens mittels der jeweiligen Ratio institutionis sacerdotalis eingefügt werden.
Darüber hinaus muss besondere Aufmerksamkeit auf den gebotenen Informationsaustausch gerichtet werden, vor allem im Zusammenhang mit Priesteramts- oder Ordenskandidaten, die von einem Seminar zu einem anderen, zwischen verschiedenen Diözesen oder zwischen Ordensgemeinschaften und Diözesen wechseln.

Die Begleitung der Priester

1. Der Bischof hat die Pflicht, alle seine Priester wie ein Vater und Bruder zu behandeln. Auch soll der Bischof sich mit besonderer Aufmerksamkeit um die ständige Weiterbildung des Klerus sorgen, vor allem in den ersten Jahren nach der Priesterweihe, und dabei auf die Wichtigkeit des Gebets und der gegenseitigen Unterstützung in der priesterlichen Gemeinschaft hinweisen. Die Priester sollen über den Schaden, den ein Kleriker bei Opfern sexuellen Missbrauchs anrichtet, und über die eigene Verantwortung vor dem kirchlichen und staatlichen Recht informiert werden. Auch sollte ihnen geholfen werden, Anzeichen für einen eventuellen Missbrauch Minderjähriger erkennen zu können, von wem auch immer dieser begangen wurde.
2. Die Bischöfe müssen in der Behandlung von möglichen Fällen sexuellen Missbrauchs, die ihnen gemeldet wurden, jeden erdenklichen Einsatz, unter Beachtung der kanonischen und staatlichen Vorschriften und unter Wahrung der Rechte aller Parteien, zeigen.
3. Bis zum Erweis des Gegenteils steht der angeklagte Kleriker unter Unschuldsvermutung. Als Vorsichtsmaßnahme kann der Bischof aber die Ausübung des Weiheamtes bis zur Klärung der Anschuldigungen einschränken. Für den Fall, dass ein Kleriker zu Unrecht beschuldigt wurde, soll man alles unternehmen, um seinen guten Ruf wieder herzustellen.

Die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden

Der sexuelle Missbrauch Minderjähriger ist nicht nur eine Straftat nach kanonischem Recht, sondern stellt auch ein Verbrechen dar, das staatlicherseits verfolgt wird. Wenngleich sich die Beziehungen zu staatlichen Behörden in den einzelnen Ländern unterschiedlich gestalten, ist es doch wichtig, mit den zuständigen Stellen unter Beachtung der jeweiligen Kompetenzen zusammenzuarbeiten. Insbesondere sind die staatlichen Rechtsvorschriften bezüglich einer Anzeigepflicht für solche Verbrechen immer zu beachten, freilich ohne das Forum internum des Bußsakraments zu verletzten. Selbstverständlich beschränkt sich diese Zusammenarbeit nicht nur auf die von Klerikern begangenen Missbrauchstaten, sondern erfolgt auch bei Delikten, die Ordensleute oder in kirchlichen Einrichtungen tätige Laien betreffen.

II. Eine kurze Zusammenfassung zur geltenden kirchlichen Gesetzgebung bezüglich der Straftat des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker

Am 30. April 2001 hat Papst Johannes Paul II. das Motu proprio Sacramentorum sanctitatis tutela [SST] promulgiert, durch das der von einem Kleriker begangene sexuelle Missbrauch eines Minderjährigen unter 18 Jahren in die Liste der delicta graviora aufgenommen wurde, die der Kongregation für die Glaubenslehre vorbehalten sind. Die Verjährungsfrist für dieses Delikt wurde auf 10 Jahre festgesetzt, beginnend mit der Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers. Die Bestimmungen des Motu proprio gelten für Kleriker der Lateinischen Kirche wie auch für jene der Orientalischen Kirchen, für den Weltklerus wie auch für den Ordensklerus.
Im Jahr 2003 erteilte Papst Johannes Paul II. dem damalige Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, einige Sondervollmachten, um eine größere Flexibilität in der Durchführung von Strafprozessen bei diesen delicta graviora zu ermöglichen. So wurde etwa die Möglichkeit geschaffen, Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen, oder in besonders schweren Fällen um Entlassung aus dem Klerikerstand ex officio zu ersuchen. Diese Vollmachten wurden in die von Papst Benedikt XVI. am 21. Mai 2010 approbierte überarbeitete Fassung des Motu proprio aufgenommen. In den neuen Normen wurde im Fall des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger die Verjährungsfrist, die mit der Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers zu laufen beginnt, auf 20 Jahre festgesetzt. In besonderen Fällen kann die Glaubenskongregation gegebenenfalls von der Verjährung derogieren. In der revidierten Fassung des Motu proprio wurde auch ausdrücklich Kauf, Besitz und Verbreitung kinderpornografischen Materials als Straftatbestand des kanonischen Rechts spezifiziert.

Für die Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger sind an erster Stelle die Bischöfe und höheren Oberen verantwortlich. Sofern eine Anzeige nicht völlig abwegig erscheint, muss der Bischof, der höhere Obere oder ein von ihnen Beauftragter eine kanonische Voruntersuchung gemäß can. 1717 CIC bzw. can. 1468 CCEO sowie Art. 16 SST durchführen.

Wenn sich die Anschuldigung als glaubwürdig erweist, muss der Fall an die Glaubenskongregation übermittelt werden. Nach Studium der Angelegenheit wird die Glaubenskongregation den Bischof oder höheren Oberen anweisen, wie weiter zu verfahren ist. Zugleich wird sie Hilfestellung leisten, um zu gewährleisten, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Dabei wird sowohl für ein gerechtes Verfahren für die beschuldigten Kleriker gesorgt, in dem ihr fundamentales Verteidigungsrecht gewahrt wird, als auch das Wohl der Kirche, einschließlich des Wohls der Opfer, sichergestellt. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Verhängung einer unbefristeten Strafe, wie etwa die Entlassung aus dem Klerikerstand, normalerweise ein gerichtliches Strafverfahren erfordert. Nach kanonischem Recht (vgl. can. 1342 CIC) können die Ordinarien unbefristete Strafen nicht durch außergerichtliches Dekret verhängen. Zu diesem Zweck müssen sie sich an die Glaubenskongregation wenden, der es zukommt, ein endgültiges Urteil über die Schuld und über eine eventuelle Ungeeignetheit des Klerikers für den pastoralen Dienst zu fällen und die entsprechende unbefristete Strafe zu verhängen (SST Art. 21 § 2).

Die kanonischen Maßnahmen, die gegenüber einem Kleriker Anwendung finden, der des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig befunden wurde, sind grundsätzlich zweifacher Art:
1.) Auflagen, die die öffentliche Ausübung des geistlichen Amtes vollständig oder zumindest insoweit einschränken, dass ein Kontakt mit Minderjährigen ausgeschlossen wird. Diese Auflagen können mit einem Strafgebot (praeceptum poenale) versehen werden.
2.) Kirchliche Strafen, unter denen die schwerste die Entlassung aus dem Klerikerstand ist. In einigen Fällen kann auf Antrag des Klerikers selbst die Dispens von den Verpflichtungen des klerikalen Standes, einschließlich der Zölibatspflicht, pro bono Ecclesiae gewährt werden.

Die Voruntersuchung und das gesamte Verfahren müssen so durchgeführt werden, dass die Privatsphäre der beteiligten Personen geschützt und ihrem guten Ruf die gebotene Aufmerksamkeit zuteil wird.

Sofern nicht gewichtige Gründe entgegenstehen, muss ein beschuldigter Kleriker über die gegen ihn erhobene Anklage informiert werden, um ihm die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu geben, ehe der Fall der Glaubenskongregation gemeldet wird. Der Klugheit des Bischofs oder des höheren Oberen obliegt es, zu entscheiden, welche Informationen während der Voruntersuchung an den Beschuldigten weitergegeben werden.

Es kommt dem Bischof oder dem höheren Oberen zu, für das Gemeinwohl zu sorgen und festzulegen, welche der in can. 1722 CIC bzw. can. 1473 CCEO genannten Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Nach Art. 19 SST kann dies geschehen, sobald die Voruntersuchung begonnen wurde.

Schließlich ist festzuhalten: Wenn eine Bischofskonferenz beabsichtigt, Spezialnormen zu erlassen, müssen diese Partikularnormen, unbeschadet der notwendigen Approbation durch den Heiligen Stuhl, stets als Ergänzung, nicht jedoch als Ersatz der universalkirchlichen Gesetzgebung verstanden werden. Deshalb müssen Partikularnormen sowohl mit dem CIC bzw. CCEO als auch mit dem Motu proprio Sacramentorum sanctitatis tutela (30. April 2001) in seiner überarbeiteten Fassung vom 21. Mai 2010 übereinstimmen. Im Fall, dass eine Bischofskonferenz sich entscheiden sollte, verbindliche Normen zu erlassen, ist es notwendig, bei den zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie um die recognitio anzusuchen.

III. Hinweise für die Ordinarien zum Verfahrensablauf

Die von der Bischofskonferenz erarbeiteten Leitlinien sollten den Diözesanbischöfen und höheren Oberen Orientierungshilfen bieten für den Fall, dass diese von möglichen Taten sexuellen Missbrauchs Minderjähriger Kenntnis erlangen, die von Klerikern auf dem Gebiet ihrer Jurisdiktion begangen wurden. Solche Leitlinien sollten daher folgende Gesichtspunkte berücksichtigen:

Der Gebrauch des Begriffs „sexueller Missbrauch Minderjähriger" muss mit der Definition in Art. 6 SST („Die von einem Kleriker begangene Straftat gegen das sechste Gebot mit einem Minderjährigen unter achtzehn Jahren") und mit der Auslegungspraxis und der Rechtsprechung der Kongregation für die Glaubenslehre übereinstimmen und auch die gesetzlichen Regelungen des jeweiligen Landes berücksichtigen.
Die Person, die eine Straftat anzeigt, muss mit Respekt behandelt werden. In den Fällen, bei denen sexueller Missbrauch mit einer Straftat gegen die Heiligkeit des Bußsakramentes (Art. 4 SST) verbunden ist, hat diese Person das Recht zu fordern, dass ihr Name nicht dem beschuldigten Priester mitgeteilt wird (Art. 24 SST).
Die kirchlichen Autoritäten sollten sich dazu verpflichten, den Opfern seelsorgerliche und psychologische Hilfe anzubieten.
Die Ermittlungen zu den Beschuldigungen sind unter gebührender Wahrung des Grundsatzes der Vertraulichkeit und des guten Rufs der beteiligten Personen durchzuführen.
Sofern nicht schwerwiegende Gründe dem entgegenstehen, sollte der beschuldigte Kleriker schon in der Phase der Voruntersuchung über die Anschuldigungen informiert werden und ihm dabei auch die Gelegenheit gegeben werden, dazu Stellung zu nehmen.
Die mancherorts vorgesehenen Beratungsorgane und -kommissionen zur Überprüfung und Bewertung einzelner Fälle dürfen nicht das Urteil und die potestas regiminis der einzelnen Bischöfe ersetzen.
Die Leitlinien müssen die staatliche Gesetzgebung im Konferenzgebiet beachten, insbesondere was eine eventuelle Unterrichtungspflicht staatlicher Behörden anbelangt.
In jedem Moment des Disziplinar- oder Strafverfahrens ist für den beschuldigten Kleriker ein gerechter und ausreichender Unterhalt sicher zu stellen.
Die Rückkehr eines Klerikers in den öffentlichen Seelsorgsdienst ist auszuschließen, wenn dieser Dienst eine Gefahr für Minderjährige darstellt oder ein Ärgernis in der Gemeinde hervorruft.

Schluss

Die von den Bischofskonferenzen erarbeiteten Leitlinien haben zum Ziel, Minderjährige zu schützen und den Opfern zu helfen, Unterstützung und Versöhnung zu finden. Sie müssen darüber hinaus deutlich machen, dass in erster Linie der zuständige Diözesanbischof bzw. höhere Obere für die Behandlung von Straftaten sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker zuständig ist. Schließlich werden die Leitlinien innerhalb einer Bischofskonferenz zu einem einheitlichen Vorgehen führen, das dazu beiträgt, die Bemühungen der einzelnen Bischöfe zum Schutz Minderjähriger besser aufeinander abzustimmen.

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre am 3. Mai 2011.

William Kardinal Levada
Präfekt

Luis F. Ladaria, S.I.
Titularerzbischof von Thibica
Sekretär

Nahost-Synode: „Im Irak auch Zeichen der Hoffnung“

Vom Leben der Christen im Irak gibt es nicht nur alarmierende Nachrichten, sondern durchaus auch Zeichen der Hoffnung. Das machte der chaldäische Weihbischof von Bagdad, Jacques Ishaq, deutlich: Er berichtete den Synodenvätern am Freitag Abend vom „Babel College", dessen Rektor er ist. Das „Babel College" ist eine theologisch-philosophische Fakultät im Irak, die mit der vatikanischen Missions-Universität Urbania zusammenarbeitet. „Diese Fakultät wird von Seminaristen aller Kirchen im Irak besucht, auch von den orthodoxen", so Ishaq; seit 1991 hätten fast vierhundert Studenten dort ihr Diplom in Theologie oder Philosophie gemacht; dazu kämen fast 350, die eine dreijährige Ausbildung in Religionswissenschaften durchlaufen hätten. „Babel College hat also 735 Arbeiter für den Weinberg des Herrn ausgebildet." Er wolle mit „dieser kleinen Statistik" zeigen, dass „die Schwierigkeiten und Massaker" die Kirche im Irak nicht zerstört hätten, so der Weihbischof. „Stellen Sie sich vor, dass wir allein dieses Jahr 12 Priesterweihen von Absolventen des Babel College haben! Ich würde sogar sagen, dass die Schwierigkeiten und Massaker ein Stimulus für Berufungen sind, denn die Zahl der chaldäischen Priesteramtskandidaten ist dieses Jahr gestiegen." Einige Anwärter seien auch aus dem Ausland gekommen, darunter auch einer aus Deutschland.
 Hier ist ein Überblick über weitere wichtige Wortmeldungen auf der Nahost-Synode der Bischöfe im Vatikan am Freitag Abend:
Kardinal William Levada von der Glaubenskongregation: „Mehrere Synodenväter haben sich auf die Enzyklika Ut unum sint bezogen, in der dieser 1985 zum Nachdenken über eine neue und ökumenisch akzeptable Form der Ausübung des Petrusdienstes einlud… Wir denken über die Einberufung der Kommissionen zu Glaubensfragen der Synoden und Bischofskonferenzen der östlichen und orientalischen Kirchen eigenen Rechts nach – dabei denke ich auch an ein Studium und einen Gedankenaustausch über das Petrusamt in dieser Hinsicht…"
Patriarchalvikar Mikael Moradian aus dem Libanon: „Wir haben im Nahen Osten eine Berufungskrise; der können wir nur über neue Anstrengungen in der Familienpastoral begegnen."
Der melkitische Weihbischof Joseph Absi aus Damaskus: „Die Bischofskonferenzen der einzelnen Länder sollten sich von Zeit zu Zeit gemeinsam treffen. Man sollte den Bi-Ritualismus erlauben, so dass keine Pfarrei ohne Gottesdienst bleibt, ganz gleich zu welcher Kirche sie gehört."
Der melkitische Weihbischof Georges Bakar aus Ägypten: „Ich wünsche mir die Einberufung eines panarabischen Generalkongresses: Dazu sollten Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe aller Kirchen des Nahen Ostens kommen und über die Ausbildung der künftigen christlichen Generationen beraten."
Der libanesische Bischof Simon Atallah, ein Maronit: „Christus hat uns nicht gesagt: Ihr seid eine Minderheit!, sondern: Ihr seid Sauerteig."
Der melkitische Erzbischof Jean-Clément Jeanbart aus Aleppo in Syrien: „Ich schlage (angesichts der Emigration von Christen) vor, Optimismus unter unseren Gläubigen zu verbreiten, was ihre Zukunft im Land betrifft. Unsere Länder sind doch auch nicht ganz ohne Ressourcen und Werte! Lernen wir doch, Freunde unserer muslimischen Brüder zu sein; helfen wir ihnen, sich uns gegenüber zu öffnen!"
Der melkitische Erzbischof Michel Abrass aus Syrien: „Sind wir überhaupt dazu in der Lage, die Probleme all unserer Kirchen zu lösen? Ich bezweifle es! Nehmen wir doch zum Beispiel die Probleme der christlichen Kirchen im Irak – die sind doch politischer Natur und können daher nur politisch gelöst werden… Viele Laien fragen sich, wie man sie behandeln wird, wenn sie sich als Christen bekennen – darum geben sie sich einen Schuss Laizität, je nachdem wie emanzipiert ihr (häufig muslimischer) Gesprächspartner ist. Wir sollten diesen Laien einen gewissen Liberalismus zugestehen…"
Der Schweizer Erzbischof Kurt Koch, neuer Leiter des Päpstlichen Einheitsrates: „Die Ostkirchen sind besonders dazu aufgerufen, mit zwei Lungen zu atmen… Helft uns und der ganzen Weltkirche, so zu atmen – auf ökumenische Weise!"
Der armenische Erzbischof von Bagdad im Irak, Emmanuel Dabbaghian: „Das Heilige Land ist ein Pilgerziel – der Herr will, dass man ihn besucht. Im Vatikan gibt es ja auch keine Einwohner, und trotzdem sind das ganze Jahr über Pilger da. (Lachen im Auditorium, darunter Papst Benedikt.) Umso mehr sollte auch das Heilige Land immer von Pilgern übervölkert sein! Die Synode sollte über den Papst alle Bischöfe in West und Ost auffordern, jedes Jahr zu einer genau festgesetzen Zeit auf Wallfahrt ins Heilige Land zu kommen: So wären dann alle Tage im Jahr mit Pilgerfahrten besetzt… und das würde auch die Emigrierten davon überzeugen, wieder in ihr Land zurückzukommen!"
Der syrisch-katholische Erzbischof Denys Antoine Chahda aus Aleppo: „Ich glaube, was uns von unseren orthodoxen Brüdern trennt, ist der Primat des Petrus. Da sollten die Theologen bald eine neue Interpretation finden! Warum nicht zu einer Einheit im Glauben, aber in der Verschiedenheit kommen?"
Der maronitische Bischof Michel Aoun aus dem Libanon (diese und die folgenden drei Stellungnahmen stammen noch vom Freitag Vormittag: „Ich hoffe, dass diese Synode die Kirchen im Nahen Osten ermutigt, die neuen geistlichen Bewegungen als einen neuen Frühling der Kirche willkommen zu heißen!"
Der Leiter der neuen „Domus Galilaeae" auf dem Berg der Seligpreisungen in Israel, Rino Rossi: „Seit der Eröffnung unseres Zentrums kommen viele Juden zu uns – allein im letzten Jahr mehr als 100.000! Sie werden angezogen von der Aufnahmebereitschaft und der Ästhetik des Hauses. Viele von ihnen kennen weder die Kirche noch Jesus Christus. Sie stellen uns viele Fragen über unseren Glauben."
Der Palästinenser Husan Wahhab: „Wir sollten nicht nur auf Kirchenspaltung und Emigration achten, sondern auch auf die Gefahr, dass die Christen in der palästinensischen Gesellschaft immer mehr an den Rand gedrängt werden!" (rv)

Vatikan: Neue Apologetik

Die katholische Kirche benötigt eine neue Apologetik. Das sagt am Donnerstag der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, an einem Kongress in Rom. Die Apologetik ist die Verteidigung und Begründung des Katholischen Glaubens. Diese neue Einstellung müsse im 21. Jahrhundert vor allem einen Schwerpunkt auf die Schönheit der Schöpfung legen, so Levada. Es gehe nun darum, dass sich die katholische Kirche noch stärker als bisher der Bewahrung der Schöpfung ausrichte. Damit verbunden sei auch die Förderung von Frieden und Gerechtigkeit unter den Menschen. (rv)

Kardinal Levada: „Höheren Maßstab an uns selbst anlegen“

Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation verteidigt den Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen. In einem Interview mit dem US-Fernsehen meinte Kardinal William Joseph Levada, es würde ihn nicht überraschen, wenn noch mehr Bischöfe weltweit wegen dieses Themas um ihren Rücktritt bäten. Bei der Auswahl von Bischöfen gebe es jetzt angesichts der Krise zwar „keinen neuen Standard, aber der bisherige wird vielleicht noch rigoroser angewandt als in der Vergangenheit."
„Es ist eine große Krise: Niemand sollte versuchen, sie herunterzureden. Sie ist meiner Ansicht nach besonders schwer, weil Priester eigentlich gute Hirten sein sollten – und sie werden zum genauen Gegenteil, wenn sie Kinder missbrauchen und ihre Unschuld verletzen. Der Ausbruch dieser Krise hat die meisten von uns wohl überrascht; ein Bischof sagte mir: Das ist eigentlich nicht der Verein, dem ich beigetreten bin… Doch der Papst scheint mir der richtige Mann, um die Kirche in diesem Moment zu führen."
Der Amerikaner Levada kann sich noch gut an die Missbrauchsskandale in der US-Kirche zu Beginn des Jahrhunderts erinnern. Trotzdem ist die jetzige Krise für ihn kein déja-vu.
„Bei der derzeitigen medialen Spannung spielen zwei Elemente eine Rolle: Zum einen die Lage in Irland, wo der Bericht über das Erzbistum Dublin über Irland hinaus viel Entsetzen ausgelöst hat. Und zweitens will ich doch offen sagen: Es gibt zwar keine Verschwörung der Medien oder etwas in der Art, aber ich denke doch, dass die US-Medien sich zu sehr auf den Versuch eingelassen haben, den Papst irgendwie in die Sache hineinzuziehen, sogar in Gerichtsprozesse… Das ist zwar zum Scheitern verurteilt, aber es hat doch einen Teil der Medienberichterstattung bestimmt… Die Medien wollen natürlich eine gute Story – aber ich glaube, nach vernünftigen Maßstäben haben sie nicht unbedingt ein ausgeglichenes Bild gezeichnet, ein Bild mit Kontext."
Der Kardinal, der nur sehr selten Interviews gibt, nennt auch ein Beispiel, was für ihn zu einem „Bild mit Kontext" gehört:
„Ich habe in den Berichten nicht viel davon wiedergefunden, was die US-Kirche getan hat. Die Bischöfe haben 2002 – durchaus unter Druck der Medien, das ist richtig – sehr konkret gehandelt. Wenn Sie die Erziehungsprogramme für Eltern, für Kinder sehen, die ausgearbeitet wurden – auch für alle Kirchenmitarbeiter, für Priester und Lehrer –, das ist eine wirkliche Erfolgsstory! Das kann ein Modell sein für öffentliche Schulen oder Pfadfinder, auch wenn die in Sachen Missbrauch bei weitem nicht so unter Medienbeobachtung stehen wie die Kirche – das ist sicher ein Aspekt."
Dass die Medien die Kirche so genau beobachten, kann Levada aber irgendwie auch verstehen.
„Wir sollten einen höheren Maßstab an uns selbst anlegen. Ich glaube, die Gründe für die Missbrauchsfälle gehen zurück auf Änderungen in der Gesellschaft, auf die die Kirche und Priester nicht vorbereitet waren. Etwa: Wie kann man in Zeiten der sexuellen Revolution zölibatär leben? Das ist einer der Gründe, würde ich sagen."
Frage an Kardinal Levada: Hat die Kirche in der Vergangenheit Missbrauchsfälle vertuscht?
„Ich glaube, da darf man einen Aspekt nicht vergessen, der die Kirche betrifft, aber auch die ganze Gesellschaft: dass das nämlich ein Lernprozess war. Und dieser Prozess ist auch noch nicht zu Ende! Ich wurde 1993 zum Bischof ernannt; in dieser Zeit hatte ich noch nie auch nur von einem Fall gehört, in dem ein Priester ein Kind missbraucht hätte. Dabei fand das hinter verschlossenen Türen längst statt, wie wir heute wissen – keiner meldete das. Wir haben viel Zeit gebraucht, zu verstehen, wie man damit umzugehen hat. Und Zeit, zu verstehen, wieviel Schaden durch diese Taten den Opfern, den Kindern, angetan wird… Wenn man zum ersten Mal von so einem Fall hört, dann denkt man: Das ist ein Einzelfall, dann realisiert man nicht, dass da alle sechs Monate neue Fälle gemeldet werden. Das mussten wir erst lernen, und auch, wie man damit effektiver umgeht."
Zu den Angriffen auf Papst Benedikt für den Umgang mit Missbrauchsfällen hat sich Levada vor einem Monat schon ausführlich geäußert – schließlich war der jetzige Papst an der Spitze der Glaubenskongregation sein Vorgänger.
„Diese Kritik war im wesentlichen unfair; die Fälle lagen alle Jahrzehnte zurück, es ging nicht um aktuelle Fälle… ich glaube nicht, dass der Papst in diesen Fällen zu Recht kritisiert werden kann."
Italienische Medien spekulieren in den letzten Tagen über ein öffentliches Mea Culpa des Papstes – etwa zum Abschluss des Priesterjahres im Juni. Levada dazu:
„Ich bin kein guter Prophet – er ist der Papst, ich leite diese Behörde. Ich sage ihm, was ich mache, aber er sagt mir nicht, was er plant. Wir müssen abwarten, was er tun wird… aber ich wäre nicht überrascht." (rv)

Vatikan: Levada verteidigt den Papst

 

Der Präfekt der Glaubenskongregation weist Vorwürfe der „New York Times" gegen den Papst zurück. In einem ausführlichen Statement „zieht" – wie die Nachrichtenagentur Reuters formuliert – der US-Kardinal William Levada „die Samthandschuhe aus" und geht im Detail auf den Fall des pädophilen Priesters Lawrence Murphy ein. Die „New York Times" hatte den Umgang des heutigen Papstes, damals Kardinal Joseph Ratzinger, mit diesem Fall aus den fünfziger und sechziger Jahren scharf kritisiert. Levada, der bis 2005 Erzbischof von San Francisco war, urteilt, der Artikel und ein Kommentar des Blattes „lassen jedwede Fairness vermissen"; keiner habe so viel wie der heutige Papst gegen eine Vertuschung und Verschleppung von kirchlichen Missbrauchsfällen getan. Vom Fall Murphy sei der Vatikan erst in den neunziger Jahren informiert worden – lange, nachdem auch polizeiliche Ermittlungen gegen den Priester eingestellt worden seien. „Der Kernfehler des Artikels besteht darin, dem heutigen Papst und nicht den Entscheidungsträgern im Erzbistum Milwaukee vorzuwerfen, dass der Priester nicht suspendiert wurde." Gleichzeitig erwähne der Artikel der „New York Times" nicht, dass der heutige Papst sich vehement für das Erstellen von Richtlinien für den Umgang mit Missbrauchsfällen eingesetzt habe.

Die Glaubenskongregation unter Kardinal Ratzinger habe sich gleich, als sie Mitte der Neunziger vom Fall Murphy informiert wurde, für einen kanonischen Prozess gegen den Priester ausgesprochen. Erst als sie erfuhr, dass Murphy im Sterben lag, habe sie zum Suspendieren des Prozesses geraten. Das bedeute aber keine „Nachsicht" gegenüber Murphy, so Levada: „Meine Lesart ist vielmehr, dass die Kongregation verstanden hatte, dass ein komplexer kanonischer Prozess unnütz ist, wenn der Beschuldigte im Sterben liegt." Übrigens sei der Prozess damals tatsächlich nicht ausgesetzt worden, sondern bis zu Murphys bald darauf folgendem Tod weitergegangen. Als Christ, schreibt Kardinal Levada, habe er keinen Zweifel daran, „dass Murphy jetzt vor seinem Richter steht".

Der oberste Glaubenshüter des Vatikans geht auch auf Vorwürfe gegen den jetzigen Papst aus der Zeit ein, als Ratzinger Erzbischof von München war. Es sei „anachronistisch, wenn die New York Times so tut, als müssten die, die 1980 Verantwortung trugen, irgendwie schon das, was wir 2010 über Missbrauch wissen, intuitiv gefühlt haben".

Die Zeitung lasse es dem Papst gegenüber an „Gerechtigkeit" fehlen und wärme nur Vorurteile auf, so Levada in seinem langen Schreiben. Er bitte sie, „ihren Angriff auf Papst Benedikt XVI. noch einmal zu überdenken und der Welt ein ausgewogeneres Bild von einem Führer zu bieten, auf den man zählen sollte". (rv)

Levada: „ Wie in einer Sinfonie“

Kardinal William Joseph Levada begrüßt den möglichen Eintritt von Anglikanern in die katholische Kirche. „Die Klänge harmonieren wie in einer Sinfonie“, sagte der Präfekt der Glaubenskongregation bei einem Besuch im Newman Center der Queens Universität in Kingston (Kanada). Die „Anglican Church in America“ (ACA) mit ihren 100 Pfarreien und 5.200 Gläubigen sucht die Gemeinschaft mit der katholischen Kirche. Die Bischöfe der ACA hätten sich bei ihrer jüngsten Versammlung in Orlando für einen kollektiven Übertritt nach Maßgabe des päpstlichen Dekrets „Anglicanorum coetibus“ ausgesprochen, meldet die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ (Donnerstag). (rv)