Lehmann: Papst wollte großer ökumenischer Geste nicht vorgreifen

Papst Benedikt wollte den konfessionsübergreifenden Arbeiten zum Reformationsjubiläum nicht vorgreifen, deshalb hielt er sich zurück mit ausdrücklichem Lob für Martin Luther. Das denkt der Mainzer Bischof Karl Lehmann, den der Papst in seiner Rede im Erfurter Augustinerkloster für sein ökumenisches Engagement lobend erwähnte.

„Papst Benedikt war natürlich sparsam mit Worten mit Blick auf das Lob, aber dass er hierhergekommen ist, dass er den Schritt über die Schwelle des Augustinerklosters getan hat, Luther hat immerhin hier 20 Jahre gewohnt, das ist schon sehr viel. Ich denke, er ist auch ein wenig zurückhaltend, weil er weiß, dass auf vielen Ebenen bis zum 500. Reformationsjubiläum jetzt gearbeitet wird und man eine gemeinsame Wertung versucht. Und der will er auch nicht einfach vorgreifen. Deswegen verstehe ich die Geduld, die er da praktiziert."

Denoch ein historischer Moment?

„Mit so großen Worten bin ich sparsam. Es ist sicher geschichtlich bedeutsam. Ob es sich so groß historisch sich zeigen wird, das entscheidet eigentlich die Zeit nach uns. Wenn man immer wieder darauf zurückkommt, damit ettwas anfängt, damit Impulse setzt, undsofort, dann ja." (rv)

D: Lehmann spricht von Verleumdung

Der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, weist Vorwürfe zurück, dass die Kirche in der Vergangenheit Missbrauchsfälle systematisch vertuscht habe. In einem Kommentar nennt der Mainzer Bischof dies eine – so wörtlich – „ganz und gar unberechtigte Unterstellung“ und eine „Verleumdung“. Zwar habe es früher sicher auch in einzelnen Fällen eine gewisse „Verharmlosung“ gegeben; doch sei die Kirche schon lange entschieden auf Aufklärung umgeschwenkt. Wer behaupte, dass die Kirche nicht wirklich aufklären wolle, verbreite „Unsinn“.
Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat derweil die Sexualmoral der katholischen Kirche als verlogen kritisiert. „Das Sexualleben steht bei ihr unter dem Verdacht, etwas potenziell Schlechtes zu sein“, sagte der 80-Jährigte in einem Interview der „Frankfurter Rundschau“. Zugleich habe die Kirche in Sexualfragen stets strenge Maßstäbe an sich und ihre Mitglieder angelegt. Die inzwischen bekanntgewordenen Missbrauchsfälle zeigten jedoch, dass Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklafften. Um ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, müsse die Kirche „von ihrem hohen Ross herunter“. Der ehemalige Jesuitenschüler bedauerte zugleich, dass der gesamte Jesuitenorden wegen des Fehlverhaltens Einzelner an den Pranger gestellt werde. Durch den Missbrauchsskandal an den Gymnasien des Ordens werde „die sehr gute Bildungs- und Erziehungsarbeit der Jesuiten diskreditiert“. Geißler wörtlich: „Das stimmt mich traurig.“
Die deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger denkt weiter über eine Verlängerung der zivilrechtlichen Verjährungsfrist nach. Das sagte die FDP-Politikerin der „Berliner Zeitung“. Zwar sei eine solche Verlängerung nur schwer zu bewerkstelligen, was die strafrechtliche Seite betreffe. Doch sei es möglich, die Fristen für den Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz zu verlängern. Leutheusser-Schnarrenberger war kürzlich von den deutschen Bischöfen scharf kritisiert worden, nachdem sie den kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen kritisiert hatte. (rv)

D: „Schwere Stunden“ für die Kirche

Die katholische Kirche in Deutschland durchlebt derzeit „schwere Stunden“. Das sagte der Münchner Erzbischof Reinhard Marx am Sonntag beim Gottesdienst zur Weihe eines neuen Weihbischofs im Münchner Liebfrauendom. Marx äußerte sich damit erstmals zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland. Mit „Bestürzung und Scham“ müsse er feststellen, dass in den vergangenen Wochen in der Mitte der Kirche vieles geschehen sei, „was wir nur mit Schrecken wahrnehmen“.
Marx: „Aufruf zur Umkehr“
Erzbischof Reinhard Marx appellierte an die Gläubigen, in der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals den Aufruf Jesu Christi zur Umkehr zu erkennen. Dazu gehöre es, nichts zu verschweigen und zu vertuschen, sondern der Wahrheit ins Auge zu sehen. Im Erzbistum München-Freising steht im Zuge des Skandals derzeit das oberbayerische Benediktinerkloster Ettal im Brennpunkt.
Genn: „Erschüttert“
Auch der Bischof von Münster, Felix Genn, sei „erschüttert“ über die Missbrauchsfälle durch Priester und Ordensleute: Das unsägliche Leid, das von kirchlichen Verantwortlichen wehrlosen Kindern zugefügt worden sei, beschäme in zutiefst, schreibt Genn in einer aktuellen Ergänzung seines Fastenhirtenbriefs, der am Sonntag in den Gemeinden verlesen wurde. Genn entschuldigt sich darin „bei allen Opfern dieser verabscheuungswürdigen Taten, ermutige sie, uns Übergriffe mitzuteilen und versichere sie unserer Hilfe.“ Eine schonungslose Aufklärung liege ihm „wegen der Leiden der Opfer“ am Herzen, betont Genn. Dies sei die Kirche aber auch der weit überwiegenden Zahl von Priestern und Ordensleuten schuldig, die „untadelig und beharrlich“ ihren Dienst in der Kirche leisten.
Lehmann: „Priester sind unersetzlich“
Priester sind nach Worten des Mainzer Kardinals Karl Lehmann für das Sein und Wirken der Kirche unersetzlich. Das verringere nicht die Bedeutung aller anderen amtlichen und ehrenamtlichen Dienste in der Kirche, aber Priester könnten nur durch Priester ersetzt werden, betont Lehmann in seinem am Wochenende in Mainz vorgelegten Fastenhirtenbrief. Er hebt zugleich hervor, dass der Priester heutzutage in ganz besonderer Weise zur geschwisterlichen Kommunikation fähig sein müsse. Die allermeisten von ihnen seien „allen Enttäuschungen und Verdächtigungen unserer Tage zum Trotz für die Menschen in einem hohen Maß Diener und Mitarbeiter der Freude“. (rv)