Pressespiegel aus Manila

Philippine Sunday Inquirer„Tränen und Segen im Regen“ – so lautet die Schlagzeile des ‚Philippine Sunday Inquirer‘. Der schöne Untertitel ist ein Papstzitat: „Ich gehe mit euch in der Stille meines Herzens.“ Vom Titelblatt winkt Papst Franziskus im gelben Regencape, das er am Samstag bei seinem Besuch im Taifungebiet auf der Insel Leyte trug. Die Zeitung spricht in bewegenden Worten von den stürmischen Stunden des Papstes am – wie sie formuliert – ‚Ground Zero‘ von Tacloban, da wo Ende 2013 der Taifun ‚Yolanda‘ Tausende in den Tod riss; sein Gottesdienst dort sei „die bewegendste Messe unserer Generation“ gewesen. Das Blatt berichtet aber auch ausführlich darüber, wie ein Aktivisten-Priester, der sich sehr offensiv für die ‚Yolanda‘-Überlebenden einsetzt, am Zutritt zur Papstmesse gehindert werden sollte. Und sie gibt der nicht gehaltenen Predigt des Papstes breiten Raum, in der er Korruption, Schiebereien und Veruntreuungen bei der Hilfe für die Katastrophenopfer anprangern wollte.

Das Nein zur Korruption, das Franziskus schon im Beisein des Präsidenten am ersten vollen Besuchstag ausgesprochen hatte, nennen Menschen von der Straße in einem ganzseitigen Artikel des ‚Inquirer‘ einen „Weckruf“ und „überfällig“. „Ich bin ein armer Mann, ein Straßenhändler, und immer wieder zwingen mich Polizisten, ihnen ein Schmiergeld von zwanzig oder sogar fünfzig Pesos zu geben, damit ich meine Waren auf dem Roxas Boulevard anbieten kann“, erzählt ein 51-Jähriger aus der Provinz der Zeitung. Eine Hausfrau fügt hinzu, noch mehr als ein Jahr nach dem Taifun warteten viele Opfer in Tacloban auf die versprochenen Hilfen der Behörden. „Warum? Ich glaube, jeder kennt die Antwort.“ Leute in der Regierung lenkten die Gelder in die eigenen Taschen. Die Interviews wurden in der Menschenmenge geführt, die dem Papst in den Straßen von Manila zujubelte.

Ausführlich berichtet der ‚Inquirer‘ über die komplexe Organisation für die Abschlussmesse des Papstes im Zentrum von Manila an diesem Sonntag. Er nennt viele Zahlen: Zweieinhalb Millionen Hostien seien für die Gottesdienstbesucher vorbereitet; 200 Bischöfe und 2.500 Priester nähmen teil, 5.000 Laien sollten die Kommunion austeilen, aus 1.000 Stimmen bestehe der Hauptchor, der von einem 200-köpfigen Orchester begleitet werde. Weil das 58 Hektar große Gelände des Rizal-Parks nur 1,2 Millionen Menschen aufnehme, würden 18 Video-Leinwände das Geschehen an die übrigen Millionen weiterübertragen. Trotz der erwarteten Rekordmenge an Gottesdienstbesuchern soll jeder einzelne ausführlich durchsucht werden, Sicherheitsmaßnahmen wie auf einem Flughafen. Nach Angaben der Zeitung hat Präsident Aquino dem Papst, um ihn auf die Menschenmassen vorzubereiten, Bilder vom Weltjugendtag in Manila mit Johannes Paul II. vor zwanzig Jahren gezeigt. Dazu habe Aquino dem Papst sinngemäß gesagt: ‚Damals kamen vier Millionen, dabei gab es 1995 erst 67 Millionen Filipinos. Zu Ihrer Messe werden aber viel mehr kommen, denn mittlerweile sind wir über 100 Millionen Filipinos.‘ Das klingt etwas boshaft aus dem Mund eines Präsidenten, der gegen den heftigen Widerstand der Kirche erst kürzlich ein Gesetz zur Geburtenkontrolle durchgesetzt hat, zu dem auch das kostenlose Verteilen von Kondomen an Arme gehört.

Bei der Messe im Rizal-Park am Sonntag Nachmittag werden nach Angaben des ‚Inquirer‘ Gesänge in vielen regionalen Sprachen der Philippinen vorgetragen, die ein Jesuit im Auftrag der Bischofskonferenz komponiert hat. „Mir ging es darum, einen Sinn für stärkeren nationalen Zusammenhalt zu schaffen“, so Father Manoling Francisco. Einige der Songs seien Klagegesänge, sie sollten den Opfern und Überlebenden der vielen Naturkatastrophen auf den Philippinen „eine Stimme geben“. Der ‚Philippine Star‘ hat übrigens einem der Organisatoren des Papstbesuchs von 1995 einige interessante Details entlockt: Danach habe er dafür gesorgt, dass Johannes Paul II. durch ein Loch im Boden des Podiums per Aufzug nach oben stieg, so dass der Papst auf einmal mitten auf der Bühne erschien. Die Idee dazu sei ihm, dem Organisator, bei einem Michael-Jackson-Konzert gekommen. Darum hat der ‚Star‘ diesem Artikel die Überschrift gegeben: „The Michael-Jackson-Entrance“.

Übrigens: Die ‚Lifestyle‘-Beilage des ‚Inquirer‘ beschäftigt sich auch diesmal mit dem Papst. Sie analysiert die Kleider und Anzüge, die ‚man‘ so trug bei der Begrüßung des Papstes im Präsidentenpalast, vergißt auch nicht die Cocktails zu erwähnen, die gereicht wurden, und rühmt die gerührte Atmosphäre, etwa als Franziskus auf das Drängen des Präsidenten Aquinos im Rollstuhl sitzende Tante begrüßte. Die Lifestyle-Plauderei lässt befürchten, dass tatsächlich eintreten könnte, was eine Vertreterin der ‚Women in Development‘-Stiftung auf der Meinungsseite voraussagt: „Die Präsenz des Papstes wird die Menschen noch eine Weile inspirieren, aber dann wird alles vergessen werden. Es braucht einfach Zeit, um neue Haltungen einzuüben, eine Haltung der Ehrlichkeit und der Nächstenliebe zum Beispiel.“

Einen in diesen Tagen der Papst-Begeisterung durchaus mutigen Artikel hat hingegen der ‚Philippine Star‘ in seiner Lifestile-Beilage: „Das ist Aberglaube, nicht Religion“, so eine Überschrift macht gleich neugierig. Der Autor geißelt zunächst die aus seiner Sicht übertrieben expressive Volksfrömmigkeit der Filipinos, um dann bündig zu urteilen: „Wenn wir wirklich religiös wären, dann wäre unser Land nicht so ein Chaos, dann wären wir nämlich ein anständiges und moralisches Volk.“ Er hoffe, „dass dieser Papst, der schon Rom durchgerüttelt hat, jetzt auch dasselbe mit unseren pompösen Bischöfen tut“. Diese Bischöfe hätten „vergessen, wer Jesus war“. Und der Papst solle erst recht „den verkommenen Politikern und den teuren katholischen Schulen, die solche Führer hervorgebracht haben, und allen Scharlatanen, die aus dem Nichts plötzlich zu märchenhaftem Reichtum gelangt“ seien, mal ordentlich die Meinung sagen. (rv)

Kardinal Tagle: Papstbesuch im Zeichen der Einfachheit

Kardinal TaglePapst Franziskus will in Asien vor allem den Armen und Bedürftigen begegnen – und das verträgt sich nicht so richtig mit Pomp und Spendierhosen. Darum wünscht er sich, dass möglichst wenig Geld in die Vorbereitungen seiner Visite auf die Philippinen gesteckt wird. Das erzählt der Erzbischof von Manila, Kardinal Luis Antonio Tagle, im Gespräch mit Radio Vatikan. „Die koreanischen Bischöfe haben uns darauf angesprochen, als wir Filipinos (vor fünf Monaten) zum Papstbesuch in Korea waren. Sie sagten, der Papst wird nicht zufrieden sein, wenn er teure Vorbereitungen bemerkt. Auch das Design des Altars muss nüchtern sein, wie das diesem Papst und seiner Einfachheit entspricht.“

Keine ganz einfache Vorgabe. Denn Geldausgeben ist Ehrensache, wenn ein Papst in Asiens einziges großes Land mit katholischer Bevölkerungsmehrheit kommt. Tagle gibt zu, es sei schwierig, seine Landsleute von aufwendigen Vorbereitungen abzuhalten. „Wir haben den Leuten erklärt, dass das nicht nur ein Wunsch des Papstes ist, sondern auch ein Zeichen der Zeit. Wir wollen keinen Anstoß erregen! Jeder kann ja trotzdem auf seine Art dem Papst einen herzlichen Empfang bereiten, aber wir sollten schon daran denken, wieviele Menschen wir auch im Alltag ebenso freundlich aufnehmen sollten: die Armen und die Hungrigen nämlich. Was wir bei diesem Papstbesuch an Einsparungen hinkriegen, wird an die Caritas gehen, an die Armen. Der Papst fordert das sehr ausdrücklich.“

„Der ganz alltägliche Taifun“

In die Schlagzeilen geraten die Philippinen immer wieder, wenn eine Naturkatastrophe das Land der 7107 Inseln heimsucht. Haiyan zum Beispiel: So hieß der Taifun, der Ende 2013 eine Schneise der Verwüstung über die Insel Leyte zog. Franziskus wird am Samstag die Menschen im Katastrophengebiet besuchen. „Ja, wir sind an Taifune gewöhnt, wir haben zwischen 20 und 22 davon jedes Jahr. Auch an Erdbeben mussten wir uns gewöhnen. Aber vergessen wir auch nicht den ganz alltäglichen Taifun, das ganz alltägliche Erdbeben, die von Armut, von Korruption, von unfairen Handelspraktiken und Geschäften ausgelöst werden! Selbst wenn die Sonne scheint, bleibt es im Leben so vieler Menschen dunkel.“ Vor allem Familien seien von Armut betroffen, sie schneide – so formuliert Kardinal Tagle – „mitten durch die Familie durch“ wie ein Messer. „Ich war mal in einem Heim für Straßenkinder, und da wurde mir auf einmal klar: Die Eltern dulden das. Weil ihre Kinder in diesen Heimen wenigstens einen Schlafplatz und etwas zu essen kriegen. Das sind nicht etwa Rabeneltern: Das sind Eltern, die nichts zu essen für ihre Kinder haben!“

Solche und ähnliche Geschichten wird auch Papst Franziskus in Manila und Tacloban zu hören bekommen. „Geschichten von Familien in Schwierigkeiten, Geschichten von Menschen, die in ihrem Leben schon mehrere Taifune überlebt haben. Dann das, was unsere jungen Leute erzählen. Der Papst wird zuhören und Trost spenden, aber ich erwarte mir noch mehr davon: Ich hoffe, dass er – der Papst – in seinem eigenen Glauben gestärkt wird durch diese armen Menschen!“ Denn die christliche Botschaft, davon ist der smarte Kardinal überzeugt, „endet nicht mit dem Leiden“. „Es gibt immer eine Auferstehung! Und ich hoffe, das wird der Heilige Vater inmitten dieser leidenden Menschen sehen.“ (rv)