D: Ansturm auf kirchliche Missbrauchs-Hotline

Die seit letztem Dienstag frei geschaltete Beratungs-Hotline der katholischen Kirche zu sexuellem Missbrauch hat bisher einen regelrechten Ansturm erlebt. Insgesamt 13 293 Anrufsversuche seien in der vergangenen Woche registriert worden. Das gab der Sprecher des Bistums Trier, Stephan Kronenburg, im Interview mit dem Kölner Domradio an. Die zuständigen Psychologen und Sozialpädagogen hätten Dienstag, Mittwoch und Donnerstag allein 394 Beratungsgespräche geführt, die zwischen fünf Minuten und einer Stunde gedauert hätten. Dass es sich um ein kirchliches Angebot handelt, sei für die Menschen anscheinend kein Problem. Kronenburg:

„Wir sind überrascht, dass so viele Menschen anrufen. Es gab im Vorfeld ja Befürchtungen oder teilweise sogar Kritik sowie die Frage: Kann die Kirche ein solches Angebot überhaupt machen? Werden sich Menschen, die von Mitarbeitern der Kirche missbraucht wurden, überhaupt an ein solches kirchliches Angebot wenden? Da sieht man jetzt doch schon nach den ersten Tagen deutlich, dass diese Befürchtung oder Kritik so nicht zutreffend ist. Es gibt offensichtlich viele Menschen, die fast auf dieses Angebot gewartet haben. Mit einem Ansturm in dieser Größenordnung haben wir so nicht gerechnet."

Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens, die Berliner Rechtsanwältin Ursula Raue, hatte nach der DBK-Sitzung zum Thema Missbrauch Beratungsangebote gefordert, die von der Kirche unabhängig sind. Auch sie erhält seit Wochen Anrufe von hunderten Missbrauchsopfern. Bei der Hotline der deutschen Bischofskonferenz bemühe man sich um einen differenzierten Zugang, so Kronenberg. So unterscheide man zwischen Beratungen zu sexuellem Missbrauch und körperlicher Gewalt.

„Es sind im Wesentlichen Missbrauchsopfer, aber auch Angehörige von Opfern, die dann aus der familiären Situation berichten. Was wir ebenfalls festgestellt haben, ist, dass es nicht nur Missbrauchsopfer sind, die sich melden, sondern dass sich auch Opfer von Misshandlungen an die Hotline wenden. Da geht es um Misshandlungen im Heimbereich und in Internaten. Wir verweisen dann allerdings an die eigene Hotline, die es seit einiger Zeit dafür gibt. Die Grenzen sind da natürlich fließend oder können nicht immer genau definiert werden. Aber unsere Berater versuchen einzuschätzen, ob sie oder die anderen Kollegen die richtigen Ansprechpartner sind."

Kronenburg bat um Verständnis dafür, dass aufgrund der Vielzahl der Anrufe nicht jeder durchgekommen sei. Wer seine Telefonnummer hinterlasse, werde aber auf jeden Fall zurückgerufen. Aufgrund des Andrangs habe man die Zahl der Berater aufgestockt, so der Bistumssprecher. Viele verschiedene Formen von Missbrauch seien aufzuarbeiten. So berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" an diesem Donnerstag, dass an der Odenwaldschule in Südhessen offenbar bis in die neunziger Jahre hinein auch Schüler durch Schüler sexuell misshandelt oder in brutalen Ritualen gedemütigt worden seien. Ein ehemaliger Lehrer der Schule soll dabei in mindestens einem Fall nicht eingegriffen haben. Durch die neuen Fälle sei die Zahl der Missbrauchsfälle an der Schule von 33 auf etwa 40 gestiegen, so das Blatt. – Die kostenlose Hotline ist dienstags, mittwochs und donnerstags von 13.00 bis 20.30 Uhr unter der Nummer 0800 / 120 1000 erreichbar. Auch Täter können sich dort melden. Im Internet wird Beratung unter hilfe-missbrauch.de angeboten. (rv)

D: Hotline für Missbrauchsopfer

 

Ab diesem Dienstag gibt es eine Beratungshotline für Opfer sexuellen Missbrauchs in katholischen Einrichtungen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sie an diesem Morgen vorgestellt. Bischof Stephan Ackermann, ihr Missbrauchs-Beauftragter, sagte in seiner Bischofsstadt Trier: „Wir wollen mit diesem Angebot die Opfer ermutigen, sich bei uns zu melden, gleich ob es sich um verjährte oder um aktuelle Fälle handelt. Wir wollen ansprechbar sein, wollen wissen, was erlitten wurde und den Betroffenen bei der Aufarbeitung beistehen. Das Thema sexueller Missbrauch darf nicht länger als gesellschaftliches Tabu behandelt werden – wir alle müssen lernen, offener darüber zu sprechen und die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen." Die Hotline wird in Trägerschaft der Deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit der Lebensberatung im Bistum Trier realisiert.
Bischof Ackermann dankte den Opfern, die bisher den Mut gefunden haben, zu erzählen, was ihnen angetan wurde: „Sie tragen damit wesentlich dazu bei, dass wir als Kirche in Zukunft aufmerksamer hinschauen werden, was in unseren Einrichtungen, in unseren Schulen, Jugendgruppen und Kindergärten passiert. Ich sage ganz deutlich: Wir werden alles uns Mögliche dafür tun, dass sich sexueller Missbrauch in Einrichtungen der katholischen Kirche nicht wiederholen wird!"
Weiter appellierte der Bischof an „diejenigen, die als Täter schuldig geworden sind, sich zu ihren Taten zu bekennen. Nur so öffnet sich der Weg zu Wahrheit und Versöhnung."
Andreas Zimmer ist der Leiter des Arbeitsbereichs Beratungsdienste beim Bistum Trier. Er betonte vor den Journalisten: „Die Beratungen folgen dem Grundsatz, dass die Kontrolle über das Vorgehen bei den Anrufern bleibt. Wem sexuelle Gewalt durch sexuellen Missbrauch zugefügt wurde, der musste erleben, dass ein anderer ihm die Kontrolle genommen hat, als er ihn zum Opfer machte. Unsere Berater werden darauf achten, dass nur die Anrufer entscheiden, wie die weiteren Schritte aussehen. Wir wollen Türöffner sein und die Anrufer ermutigen, den nächsten Schritt zu gehen."
Die kostenlose Hotline ist dienstags, mittwochs und donnerstags von 13.00 Uhr bis 20.30 Uhr unter 0800-120 1000 erreichbar. (rv)