Vatikanreform: Neue Statuten für das Pastoral-Dikasterium

Seit zwei Jahren hat der Vatikan ein Dikasterium – so etwas wie ein Ministerium – für Laien, Familie und das Leben. Am 15. August 2016 hatte Papst Franziskus die bisherigen Institutionen, die sich mit diesen Themen befassen, zusammengelegt. An diesem Dienstag wurden nun die leicht veränderten Statuten des Dikasteriums vorgelegt.

Am 1. September 2016 hatte die Institution mit der Arbeit begonnen, der US-Kardinal Kevin Farrell wurde mit der Leitung beauftragt.

Die ersten Statuten für die Institution stammen ebenfalls aus dem Jahr 2016, die jetzt veröffentlichten ersetzen diese. Das Dikasterium soll „nach den Prinzipien der Kollegialität, Synodalität und Subsidiarität“ mit den Bischofskonferenzen, den Ortskirchen und anderen kirchlichen Organisationen auf dem Feld der Jugend, der Familie und der Laien zusammen arbeiten, gibt der erste Artikel der neuen Statuten den Zweck der Organisation an.

Das Konzil gibt den Rahmen

Wie bereits 2016 festgelegt, kann der Sekretär des Dikasteriums auch ein Laie sein, auch wenn der erste Sekretär Alexandre Awi Mello ein Priester ist. Die Untersekretäre sollen hingegen Laien sein, dazu hat der Papst bereits Gabriella Gambino und Linda Ghisoni ernannt.

Die Statuten geben auch den Aufgabenbereich des Dikasteriums genau an, die beiden Konzilsdokumente Lumen Gentium und Gaudium et Spes bilden dazu den Rahmen. Das Dikasterium übernimmt von seinen Vorgängerorganisationen die Förderung des Laienapostolats, die Organisation von Weltjugendtagen und Weltfamilientreffen, den Lebensschutz und die Regelungen der rechtlichen Form von geistlichen Bewegungen. Ein weiteres Aufgabengebiet sind die Studien, welche der Vertiefung der Themen dienen, und das Organisieren von internationalen Treffen und Konferenzen. Neben dem Thema Familie wird hier das Thema Bioethik genannt. Die Betonung der Rolle der Frau in der Kirche wird eigens erwähnt, außerdem die Familienpastoral.

Kleinere Neuerungen

Mann und Frau „in ihrer jeweiligen Besonderheit, Bezogenheit, ihrer gegenseitigen Ergänzung und gleicher Würde“. Außerdem gibt es einige kleinere Änderungen in der Leitungsstruktur, die bisherigen drei Unterabteilungen werden nicht mehr erwähnt, es bleibt eine einzige Struktur. (vatican news)

Papst: „Kirche muss überall präsent sein

Die Kirche muss „überall dort präsent sein, wo die Menschen leben: in ihren Städten, ihren Häusern, an ihren Arbeitsplätzen“.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt.

Auf immer neue Weise soll sie versuchen, „Gottes Segen an seine ganze Schöpfung zu übermitteln“. Das schreibt Papst Franziskus in einem Brief an das Päpstliche Theologische Institut für Ehe und Familie.

Das Institut, das an der Päpstlichen Lateranunversität angesiedelt ist und von Franziskus vor kurzem neu eingerichtet wurde, hat einen neuen Lehrstuhl geschaffen. Er ist nach der Konzilserklärung Gaudium et Spes benannt, dem herausragenden Text zum Thema Kirche in der Welt von heute. Das gibt dem Papst die Gelegenheit, Gaudium et Spes ausführlich zu würdigen. Sein „wertvolles Erbe“ bestehe in einem „missionarischen Impuls“, der auch nach Jahrzehnten noch spürbar sei. Auch mit seiner Aufmerksamkeit für das „Evangelium der Familie“ bleibe Gaudium et Spes bahnbrechend.

“ Räume zu Begegnung und Dialog schaffen ”

Während des synodalen Wegs, der 2016 zu Franziskus Schreiben „Amoris Laetitia“ über eine Neuausrichtung der Ehe- und Familienpastoral führte, hat das Institut kaum eine Rolle gespielt. Manche sahen es als Gralshüter der Lehren Johannes Pauls II., der es einst gegründet hat, und beschrieben es als eine Art Gegenspieler zu der von Franziskus gewollten Neujustierung.

Franziskus erinnert in seinem Brief kurz an den synodalen Weg und an „Amoris Laetitia“, hält sich dabei aber nicht lange auf. Er sei „zuversichtlich“, dass das Institut „angesichts der neuen pastoralen Herausforderungen, auf die die christliche Gemeinschaft antworten muss, in vorderster Linie stehen“ werde.

Dem Bund zwischen Mann und Frau kommt in der Darstellung des Papstes weiterhin „eine außerordentliche anthropologische und soziale Relevanz“ zu. Besonders wichtig sei es, dass die Kirche „Räume zu Begegnung und Dialog“ schaffe, um ihre Lehre zu Ehe und Familie in der heutigen Lebenswirklichkeit der Menschen wirklich präsent zu machen. (vatican news)

Kardinal Kasper erwartet Ende der Kontroverse um Amoris Laetitia

VATIKANSTADT – Ist die Kontroverse um Amoris Laetitia und die widersprüchlichen Interpretationen des Lehrschreibens nun geklärt und beendet? Diese Erwartung äußert Kardinal Walter Kasper in einem Gastkommentar für die deutschsprachige Sektion von Radio Vatikan.

Durch die Veröffentlichung des Briefes von Papst Franziskus an die Bischöfe von Buenos Aires im Amtsblatt des Vatikans sei „die leidige Auseinandersetzung“ nun „hoffentlich beendet“, schreibt darin der emeritierte Kurienkardinal.

Die „große Mehrheit des Volkes Gottes hat dieses Schreiben schon bisher mit Freude dankbar aufgenommen und darf sich jetzt bestätigt fühlen“, schreibt Kardinal Kasper.

Die mit dem – auf den 5. September 2016 datierten – Papstbrief verknüpfte Interpretation einer Zulassung von wiederverheiratet Geschiedenen zu den Sakramenten in Einzelfällen sei in der Lehre der Tradition begründet, so Kasper weiter.

„Der Kardinalfehler der teilweise heftigen Kritik war, dass sie sich an einer einzigen Anmerkung festgebissen und diese aus dem Gesamtzusammenhang herausgerissen hat.“

Den „Kritikern von Amoris Laetitia“ wirft Kardinal Kasper einen „einseitigen moralischen Objektivismus“ vor, der „die Bedeutung des persönlichen Gewissens beim sittlichen Akt“ unterbewerte.

Damit sei nicht geleugnet, dass das Gewissen auf die objektiven Gebote Gottes achten müsse, so Kasper. „Aber allgemeingültige objektive Gebote (…) können nicht mechanisch oder rein logisch deduktiv auf konkrete, oft komplexe und perplexe, Situationen angewandt werden“.

Ohne im Detail auf die Fragen der Dubia einzugehen, betont Kardinal Kasper, es sei vielmehr zu fragen, „welches in der konkreten Situation die rechte und billige Anwendung des Gebots“ sei.

„Das hat nichts mit einer Situationsethik zu tun, welche keine allgemeingültigen Gebote kennt, es geht auch nicht um Ausnahmen vom Gebot, sondern um die Frage der als Situationsgewissen verstandenen Kardinaltugend der Klugheit“.

Ein solche „Anwendung eines Gesetzes“ kenne der weltliche Rechtsbereich in der Unterscheidung von Mord und Totschlag im Fall einer Tötung eines Menschen, argumentiert Kardinal Kasper weiter.

Zudem stehe Papst Franziskus damit „klar auf dem Boden des II. Vatikanischen Konzils, das gelehrt hat, dass das Gewissen die verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen ist, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist (Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 16)“. (CNA Deutsch)

K-9: „Drei Viertel der Kurienreform sind fertig geplant“

Die Reform rollt: Zum 21. Mal trifft sich in diesen Tagen der Kardinalsrat von Papst Franziskus, wegen seiner neun Mitglieder K-9 genannt, auch wenn einer von ihnen, der australische Kardinal George Pell, bis auf weiteres wegen eines längeren Aufenthalts in seiner Heimat nicht mehr daran teilnimmt. Bis Mittwoch berät der Rat über den Fortgang der Neuformulierung eines vatikanischen Grundgesetzes; es soll an die Stelle der bisher gültigen Apostolischen Konstitution „Pastor bonus“ treten.

Ende September 2013, sechs Monate nach seiner Wahl ins römische Bischofsamt, hatte Franziskus den Kardinalsrat eingerichtet. „Der Papst fühlt sich eigentlich nicht als Reformer“, sagt der Sekretär des Kardinalsrates, Bischof Marcello Semeraro von Albano, in einem Interview mit Radio Vatikan. „Diese Kurienreform hat der Papst auf den Weg gebracht, weil vor allem in den Kardinalssitzungen vor dem Konklave entsprechende Vorschläge eine Rolle gespielt hatten. Wie wir sehen, hat er zumindest anfangs als Mitglieder Kardinäle ausgesucht, die an der Spitze von Bistümern, von Ortskirchen auf den verschiedenen Kontinenten stehen. Es geht also darum, die Stimmen der einzelnen Kirchen zu hören, um in der Reform der Römischen Kurie voranzugehen.“

Anregung aus dem Vorkonklave

Wie ist das nun, wenn da der Papst und seine Berater in einem Saal der Vatikanresidenz Santa Marta zusammensitzen? Chaotisch? Oder eher bürokratisch? „Ich würde die Arbeitsmethode mit einigen Verben umschreiben“, sagt Semeraro. „Vor allem: zuhören. Alles begann im Oktober 2013 mit dem Anhören verschiedener Beiträge, die von Bischofskonferenzen kamen, den Einrichtungen der Römischen Kurie und auch vielen Einzelnen. Zweites Verb: nachdenken. Der Rat denkt über die Vorschläge und das Prozedere nach. Drittes Verb: verifizieren. Und schließlich: vorschlagen. Der Kardinalsrat entscheidet nichts, sondern er macht dem Papst Vorschläge.“

Der Bischof von Albano betont, dass der Rat eine „synodale Struktur“ sei; da er aus Bischöfen bestehe, gehe es hier um die vom Konzil bekräftigte Kollegialität der Bischöfe. Übrigens stehe der K-9 „nicht nur im Dienst des Papstes, sondern auch der einzelnen Ortskirchen“. Und er beschäftige sich auch nicht nur mit der Kurienreform: Wenn diese Arbeit einmal fertiggestellt sei, werde es zur wichtigsten Aufgabe des Rates werden, „dem Papst Ratschläge und Meinungen zu allen Themen, die der Papst ihm unterbreitet, zu geben“.

Vorschläge an den Papst

„Es ist ja zum Beispiel bekannt, dass der Kardinalsrat sehr oft diese schmerzhafte Realität des Kindesmissbrauchs behandelt hat. Und das ist ja per se nichts, was die Reform der Römischen Kurie betrifft; der Papst wollte eben den Rat auch in dieser Angelegenheit anhören.“

Nach so vielen Begegnungen im Vatikan sei die Atmosphäre im Rat mittlerweile eine „sehr familiäre“, verrät Bischof Semeraro. Das merke man in den Kaffeepausen. Immer wieder mache einer der Kardinäle auch einen Witz, dann lachten sie alle „brüderlich“. „Der Papst ist in der Regel präsent und hört vor allem zu. Manchmal sagt er auch etwas; das sind dann meistens persönliche Erfahrungen aus der Zeit, als er noch Erzbischof von Buenos Aires war, oder Bemerkungen zu aktuellen Situationen im Leben der Kirche.“

Wie weit ist der K-9 denn nun mit der Kurienreform gekommen? „Ich würde sagen, er hat etwa drei Viertel des Weges geschafft. Bald ist das fertig. Bald kann jedenfalls dem Papst der fertige Vorschlag vorgelegt werden. Wir wissen, dass er sehr schnell einige Zusammenlegungen von Päpstlichen Räten beschlossen hat. Bei Laien, Familien und Leben gibt es einen gewissen, thematischen Zusammenhang; das neue Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen nimmt nicht einfach nur frühere Strukturen in sich auf, sondern drückt auf neue, einheitliche Weise den Willen des Konzilsdokuments „Gaudium et Spes“ aus.“

Reformbrocken Kommunikation und Medien

Ein ganz schön dicker Reformbrocken ist auch das neue Sekretariat für Kommunikation, in das u.a. der frühere Päpstliche Medienrat und Radio Vatikan eingegangen sind. „Das Sekretariat für Kommunikation hat wegen seiner Größe auch eine enorme, administrative Verantwortung. Außerdem ist auch das Thema der Kommunikation sehr wichtig. Das macht dieses Dikasterium zentral für das Projekt der Kurienreform.“

Der Bischof wiederholt: Aus seiner Sicht seien drei Viertel der Kurienreform fertig durchdacht. Jetzt werde es wohl nur noch „ein paar Monate“ dauern. „Dann hat der Papst die Vorschläge auf dem Tisch, die alle Dikasterien betreffen, und kann entscheiden, wie und wann er sie umsetzen will. Im Augenblick hat der Papst eine graduelle Umsetzung vorgezogen und hat dann auch in einigen Fällen noch einmal nachgebessert, wenn sich zeigte, dass beim Übergang von der Theorie zur Praxis doch noch mal Korrekturbedarf aufkam.“ (rv)