Kardinal Bo: „Myanmar hat viel Respekt vor Religionsführern“

Papst Franziskus besucht in zehn Tagen Myanmar und anschließend Bangladesch. Diese Reise wird nicht nur die Katholiken stärken, die in beiden Ländern eine Minderheit bilden. Vor allem in Myanmar wird der Papstbesuch auch das „eigene Selbstbewusstsein“ fördern. Davon ist der Erzbischof von Yangon, Kardinal Charles Maung Bo, überzeugt. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt er, der Besuch des Papstes werde vor allem das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften betreffen. Seit Jahren sind die Verhältnisse dort nicht immer einfach.

„Es gab vor vier und fünf Jahren diese Hassreden, als buddhistische Mönche, die Extremisten waren, gegen Muslime im ganzen Land vorgingen. Dies kam erst vor etwa eineinhalb Jahren zu einem Ende, nun erleben wir umgekehrt in jüngster Zeit vermehrt Attacken von Muslime im Bundesstaat Rakhine gegen buddhistische Einrichtungen. Buddhistische Mönche haben nun verkündet, es sei nicht schlimm, einen Nicht-Buddhisten zu töten und das nahmen dann viele zum Anlass, um Gewalt gegen Muslime anzuwenden.“

Dies führe unweigerlich zu einer Eskalation, so Kardinal Bo. Der Papstbesuch komme deshalb gerade zur richtigen Zeit, denn Franziskus könne dabei helfen, die Gewaltspirale aufzulösen.

„Die Menschen in Myanmar haben einen großen Respekt vor Religionsführern. Das beweist ja gerade die Tatsache, dass man auf jene extremistischen buddhistischen Mönche hört. Deshalb tragen Vertreter der Religionsgemeinschaften eine enorme Verantwortung. … Dieser Besuch des Papstes stellt uns allen hier aber die große Frage, wie wir gemeinsam eine Nation bilden können, trotz unserer Unterschiede. Bildung und Friedensförderungen werden wohl die zentralen Botschaften des Papstes diesbezüglich sein. Auch der Schutz von Frauen und Kinder gehört dazu, denn obwohl wir Katholiken eine Minderheit sind, können wir mit dem Papstbesuch genau diese Bereiche auf nationaler Ebene besprechen.“

Papst Franziskus wird auf seiner knapp einwöchigen Staats- und Pastoralreise vom 26. November bis 2. Dezember 2017 zehn Ansprachen und eine Predigt halten und auch buddhistische Mönche treffen. Geplant ist auch ein interreligiös-ökumenisches Friedenstreffen. Zudem sind Begegnungen mit Staats- und Regierungschefs geplant. Ein Treffen mit den muslimischen Rohingya oder ein Besuch der Region Rakhine ist in dem offiziellen Programm nicht vorgesehen. (rv)

Myanmar: Kardinal betet für friedliche Demokratisierung

Kardinal BoKardinal Charles Maung Bo zeigt sich bewegt von der Demokratisierung seines Landes. Nach Jahrzehnten der Militärdiktatur ist in Myanmar am vergangenen Montag erstmals ein frei gewähltes Parlament zusammengetreten. Im Gespräch mit Radio Vatikan würdigte Bo die „innerliche Öffnung“ der Nation.

„Es war etwas überraschend, dass in Myanmar nach fünfzig Jahren Militärregime am letzten 8. November demokratisch eine Regierung gewählt werden konnte. Ein neunzigprozentiger Sieg, ein Erdrutsch-Sieg der Demokratie. Natürlich müssen wir viel dafür beten, dass der Übergangsprozess Schritt für Schritt und friedlich über die Bühne gehen kann. Die Militärs waren ein halbes Jahrhundert an der Macht, und für sie ist es schwierig, die Macht abzugeben. Aber Aung San Suu Kyi sucht hier viel Ausgleich, so dass es keine aggressiven Vorgänge gibt. Es wird hart daran gearbeitet, dass der Übergang sanft vonstatten geht.“

Papst Franziskus hat den Erzbischof von Yangon 2014 als ersten Bischof Myanmars in der Geschichte in den Kardinalsrang erhoben. Bo vertrat den Papst beim Eucharistischen Weltkongress in Cebu auf den Philippinen, der am Sonntag zu Ende gegangen ist. In seiner Eröffnungspredigt hatte der Kardinal aus Myanmar von einem „Dritten Weltkrieg gegen die Armut“ gesprochen, den die gesamte internationale Gemeinschaft führen müsse. Radio Vatikan gegenüber präzisierte Bo diese Forderung, die etwas missverständlich klingt.

„Was ich meine: Die ganze Welt, das globale Volk sollte teilnehmen an dieser Herausforderung, Armut auszurotten. Wir können das lösen! Eine gerechte Verteilung ist möglich! Auf der Welt gibt es Reichtum und Armut, nicht weil nicht genug Bodenschätze und Naturreserven vorhanden wären oder es nicht genug Essen gäbe. Armut gibt es wegen der armseligen, ungenügenden Verteilung! Es sollte ein System in allen Religionen, in allen Kirchen, in allen Ländern mit ihren Regierungen entwickelt werden, ein System, das auf Teilen beruht. Wir haben das Beispiel des Papstes. Nicht nur die katholische Welt schaut auf ihn, sondern auch alle anderen Religionen.“ (rv)