Zollitsch: „In Sachen Missbrauch mit dem Papst einig“

Wenn der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, nächste Woche zur Audienz beim Papst aufbricht, reist er mit schwerem Gepäck: Zollitsch wird dabei den Papst vor allem über die Ergebnisse der intensiven Versammlung der Deutschen Bischöfe in Freiburg informieren. Bei der Audienz wird aber vor allem das Thema sexueller Missbrauch eine Rolle spielen.
„Ich werde vor allem dem Heiligen Vater die Grüße der Vollversammlung überbringen und auch ihm unsere Solidarität versichern. Und ich werde ihm dann auch persönlich sagen, wie wir uns der Frage der Missbrauchsfälle angenommen haben, was wir beschlossen haben, wie wir nach vorne schauen, um das aufzuarbeiten. Und ich werde ihn auch informieren über das, was uns sehr beschäftigt hat: nämlich wie gehen wir um mit der alternden Gesellschaft? Welche Zeichen wollen wir setzen für diese Menschen? Und auch, wie wir in die Zukunft blicken im Blick auf die Präsenz der Kirche in der Gesellschaft bei uns. Das sind Schwerpunktthemen. Aber ich werde auch über die große Sorge des Priesternachwuchses mit dem Heiligen Vater sprechen, um einfach ihn wissen zu lassen, welche Themen uns in Deutschland besonders bewegen.“
Schon vor seiner Reise nach Rom sieht Zollitsch im Vatikan die nötige Sensibilität für das Thema „Missbrauch“. Der Papst habe es auch bei Fällen in anderen Ländern bezüglich seiner Haltung nicht an Deutlichkeit fehlen lassen.
„Papst Benedikt hat sich selber ja der Situation in den USA angenommen, auch jetzt in Irland. Ich bin überzeugt, dass das, was wir beschlossen haben, in die richtige Richtung weist und dass wir ganz klar sagen, dass das ein furchtbares Verbrechen ist. Da sind wir uns mit dem Heiligen Vater einig. Ich bin überzeugt, das, was wir nun beschlossen haben, wird nicht nur seine Zustimmung finden, sondern es wird ihm auch seine Situation erleichtern.“ (rv)

Ackermann: „Wir arbeiten mit Experten zusammen“

Die deutschen Bischöfe bekommen Beistand in Sachen „Missbrauchskandal“. Wie Bischof Stephan Ackermann in einem Interview mit uns sagt, hat er als Beauftragter der Bischofskonferenz für die Missbrauchsfällen bereits mehrere Unterstützungsangebote von außen erhalten. Ackermann befürwortet auch einen bundesweiten Runden Tisch zu diesem Thema, nichtsdestotrotz werden die Bischöfe auch andere Initiativen unterstützen wie beispielsweise die Begleitung von Opfern und den Kinderschutz.
„Manchmal klang es in der Öffentlichkeit so, als ob wir Bischöfe Befürchtungen oder Vorbehalte hätten, mit externen Fachleuten zu kooperieren. Das haben wir keinesfalls: Wir werden weiterhin mit Experten zusammenarbeiten. Wo es noch juristische Fragen zu klären gibt, da werden wir selbstverständlich juristischen Fachverstand von außen hinzuziehen. Natürlich sind wir bereit, an einem Runden Tisch mitzuarbeiten, wenn alle gesellschaftsrelevanten Gruppen mitmachen, die mit Jugend, Bildung oder Erziehung zu tun haben. Wir wollen aber nicht, wie Erzbischof Robert Zollitsch betont hat, einfach nur von der Justizministerin vorgeladen werden.“
Zur Erinnerung: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erzbischof Robert Zollitsch, hatte während der DBK-Frühjahrsvollversammlung die Justizministerin und FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger scharf kritisiert. Sie halte der Kirche wahrheitswidrig vor, bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen nicht mit der staatlichen Justiz zusammenzuarbeiten. Darüber soll es demnächst ein Gespräch zwischen Zollitsch und Leutheusser-Schnarrenberger geben. (rv)

D: Raue kritisiert Missbrauchs-Beschluss

Die Missbrauchs-Beauftragte der Jesuiten, Ursula Raue, hat den Vier-Punkte-Plan der Deutschen Bischofskonferenz kritisiert. Der Beschluss zur Aufdeckung und Verhinderung von sexuellen Übergriffen sei in einigen Passagen nicht entschieden genug, sagte die Berliner Rechtsanwältin am Donnerstag auf Anfrage. So hätten die Bischöfe anordnen müssen, dass die Ansprechpartner für Missbrauchsopfer nicht der Kirchenhierarchie angehören dürften, betonte Raue. Zudem müsse klarer zum Ausdruck kommen, dass mutmaßliche Täter nicht in der Jugendarbeit eingesetzt werden dürften.
Kernstück des Missbrauch-Beschlusses der Deutschen Bischofskonferenz sei die Ernennung eines bundesweiten Ansprechpartners für alle „Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich", wie der Bischofskonferenz-Vorsitzende Robert Zollitsch am Donnerstag in Freiburg mitteilte. Das neue Amt übernimmt der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Zollitsch:
„Ihn unterstützt das Büro, das wir im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn einrichten werden. Es wird die Zusammenarbeit zwischen den Bistümern und Orten mit allen relevanten Fragen ausbauen. Auch wird dieses Büro die Verbindung mit der zivilgesellschaftlichen Initiativen und staatlichen Aktivitäten sorgen. Wir starten zudem eine bundesweite Hotline zur Information in Fragen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich."
Die Bischofskonferenz hat bisher auf die Äußerungen Raues nicht geantwortet. (rv)

DBK: Vier-Punkte-Plan zum Missbrauch

 

Die Deutsche Bischofskonferenz hat ihre Abschlusserklärung in Freiburg vorgestellt. Einer der zentralen Punkte: Das künftige Vorgehen bei Missbrauchsfällen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat dazu einen Vier-Punkte-Plan beschlossen.
Mit dem neuen Plan soll sexueller Missbrauch in der Kirche konsequent aufgedeckt und künftig verhindert werden. Der Plan gilt als zentraler Bestandteil einer Erklärung, welche die Bischöfe bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Freiburg einstimmig verabschiedeten. Das sagte Erzbischof Robert Zollitsch bei der Abschlusspressekonferenz in Freiburg.
Ehrliche Aufklärung
Die Bischöfe wollen zunächst eine „ehrliche Aufklärung" auch lange zurückliegender Fälle. Diese solle „frei von falscher Rücksichtsnahme" erfolgen. Als zweiten Punkt beschlossen die Bischöfe, ihre Missbrauchrichtlinien von 2002 mit Unterstützung externer Berater in den kommenden Monaten zu überarbeiten und ihre Umsetzung zu überprüfen. Sie wollen klären, ob die Auswahl der Sonderbeauftragten in den Bistümern verbessert und durch „weitere Personen und Ombudsleute" ergänzt werden sollen. Zudem sichern die Kirchenführer den Strafverfolgungsbehörden ihre „aktive Unterstützung" zu. Die Staatsanwaltschaft werde „frühzeitig eingeschaltet".
Prävention stärken
Die Stärkung der Prävention ist der dritte Punkt. Künftig wird in der katholischen Kirche vor der „Entscheidung über die berufliche Zukunft eines Täters" die Begutachtung durch anerkannte Spezialgutachter verpflichtend. Bislang war dies zwar gängige Praxis, sie war aber nicht lückenlos. Ferner wollen die Bischöfe in den Schulen und in der Jugendarbeit eine „Kultur des Hinschauens" fördern und eine Pädagogik unterstützen, die Kinder und Jugendliche stärkt.
Reife Seminaristen
Für die Priesterausbildung wird ein Bericht in Auftrag gegeben, der klären soll, ob weitere Hilfen zur „Stärkung der psychosexuellen Reife" der Priesteramtskandidaten nötig sind. Die wichtigste Neuerung ist der vierte Punkt des Plans. Er sieht die Einrichtung eines bundesweiten Büros für Missbrauchfragen in Bonn vor. Zugleich wird eine bundesweite Telefon-Hotline eingerichtet.
Offensiver auf Priestermangel reagieren
Die katholische Kirche will neue Konzepte erarbeiten, um wieder mehr junge Männer für den Priesterberuf zu gewinnen. Das Werben um Priesternachwuchs solle künftig stärker in alle Bereiche der kirchlichen Seelsorge eingebunden werden, heißt es weiter in der Abschlusserklärung der Frühjahrsvollversammlung der katholischen Bischöfe vom Donnerstag.

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Ackermann wird Missbrauchs-Beauftragter
 

Die katholische Kirche setzt den Trierer Bischof Stephan Ackermann als Sonderbeauftragten für sexuelle Missbrauchsfälle ein. Er ist ab sofort bundesweiter Ansprechpartner für alle „Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich". Dies teilte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung am Donnerstag in Freiburg mit. Damit hat die katholische Kirche in Deutschland erstmals eine zentrale Anlaufstelle für diesen Bereich. Unterstützt wird Ackermann von einem neuen zentralen Büro, das die Kirche im Sekretariat der Bischofskonferenz in Bonn einrichtet.

Kein Fonds für Missbrauchsopfer

Die Deutsche Bischofskonferenz lehnt die Einrichtung eines nationalen Fonds für Opfer sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Mitarbeiter ab. Die Entschädigung sei Sache der jeweils betroffenen Bistümer und Ordensgemeinschaften, erklärte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Donnerstag in Freiburg. Man werde außerdem über Unterstützungen der Opfer von Fall zu Fall entscheiden müssen. Finanzielle Hilfe sei schon, zum Beispiel in Form von Therapiefinanzierungen, geleistet worden, fügte Zollitsch an.

„Fairer Umgang"

Zollitsch bat die Öffentlichkeit weiterhin um einen „fairen Umgang" mit der Kirche. Dabei ging er insbesondere auf die jüngste Kritik der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ein. Sie hatte den Umgang der Kirche mit Missbrauch kritisiert. Leutheusser-Schnarrenberger habe die Rechtstreue der katholischen Kirche in Zweifel gezogen, so Zollitsch. Jedoch, gab der Erzbischof an, habe sie inzwischen auf seine Entgegnung vom Dienstag geantwortet und Haltung und – anders als in ihrer ursprünglichen Kritik – öffentliche Äußerungen der Kirche zu den Missbrauchsfällen gewürdigt. Ebenso habe sie das Bemühen der Kirche anerkannt, bei Aufklärung der Fälle mit staatlichen Behörden zusammenzuarbeiten. Zollitsch begrüßte dies ausdrücklich und verwies in diesem Zusammenhang nochmals darauf, dass die Leitlinien der DBK zum Thema zu überprüfen seien. Demnächst werde man ein Gespräch mit der Ministerin führen.

Vorerst keine weiteren Rücktritte

Forderungen nach dem Rücktritt einzelner Bischöfe wies der Erzbischof zurück. Er sehe unter seinen Amtsbrüdern keinen, der seine Pflichten im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen nicht erfüllt habe, so Zollitsch. Den jüngsten Rücktritt des Ettaler Benediktinerabtes Barnabas Bögle wegen verschleppter Anzeige von Missbrauchsfällen in jüngerer Zeit halte er aber für richtig. Der Abt habe die Meldepflicht nicht erfüllt, wie sie in den Missbrauchsrichtlinien der Bischofskonferenz von 2002 vorgesehen sei. (rv)

Zollitsch: Ultimatum an Leutheusser-Schnarrenberg

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) falsche Tatsachenbehauptungen vorgeworfen. Zugleich stellte er der Ministerin ein Ultimatum, ihre Interviewäußerungen von Montagabend zum kirchlichen Missbrauchsskandal zu korrigieren. Niemals zuvor habe ein Mitglied der Bundesregierung eine „ähnlich schwerwiegende Attacke“ gegen die katholische Kirche geführt, sagte Zollitsch am Dienstag vor Journalisten in Freiburg. Er wolle seinen Protest am Dienstag auch in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausdrücken. (rv)