Belgien: Chef von Missbrauchskommission zurückgetreten

Der belgische Psychiater Peter Adriaenssens ist als Präsident der unabhängigen Untersuchungskommission von Missbrauchsfällen zurückgetreten. Die Kommission wolle nun darüber entscheiden, ob sie ihre Arbeit überhaupt fortführt. Das berichten belgische Medien an diesem Montag. Der Rücktritts Adriaenssens steht im Zusammenhang mit dem Vorgehen der staatlichen Justiz am vergangenen Donnerstag. Im Zuge der Ermittlungen zu Missbrauchsfällen in der Kirche hatte die Polizei die in Brüssel versammelten Bischöfe für neun Stunden festgesetzt. Adriaenssens bezeichnete dieses Vorgehen als „eklatanten Akt des Misstrauens". Unter diesen Umständen sei eine Fortsetzung seiner Arbeit weder sinnvoll noch möglich.
Der Vorsitzende der Belgischen Bischofskonferenz, Erzbischof André-Joseph Léonard, ist auch Tage nach der Polizeiaktion der belgischen Behörden entsetzt. Gegenüber Radio Vatikan sagt er:
„Hier in Belgien scheint es so, als ob das polizeiliche Vorgehen normal gewesen sei. In einem anderen Land hätten solche Ermittlungsmaßnahmen einen großen Aufschrei ausgelöst. Doch in Belgien hat das zu keinem nennenswerten Aufsehen geführt. Nicht einmal der Aufbruch der Gräber zweier Kardinäle gilt als Schande. Sicher, wir Bischöfe respektieren die Arbeit der Justizbehörden. Wir kritisieren aber scharf, wie vorgegangen wurde."
Am Sonntag hatte der Papst den belgischen Bischöfen seine Solidarität angesichts des „verwunderlichen und beklagenswerten" Vorgehens der staatlichen Justiz bekundet. In einer Botschaft an den Brüsseler Erzbischof André-Joseph Léonard vom Sonntag bezeichnete er die Untersuchungen in der Kathedrale von Mechelen und am Sitz der zur Vollversammlung zusammengetreten Bischofskonferenz als „traurigen Moment". Zugleich stellte er klar, dass die Kirche mit aller Entschiedenheit für eine Aufklärung aller Missbrauchsvergehen eintrete. (rv)

Lesen Sie hier den Papst-Brief im Wortlaut
Dem hochgeschätzten Mitbruder
Mons. Mgr André-Joseph Léonard
Erzbischof von Mechelen-Brüssel
Vorsitzender der Belgischen Bischofskonferenz

In diesem traurigen Moment möchte ich meine besondere Nähe und Solidarität mit Ihnen, lieber Bruder im Episkopat, sowie allen Bischöfen der Kirche in Belgien bekunden für die verwunderlichen und beklagenswerten Vorgehen, wie die Ermittlungen in der Kathedrale von Mechelen und beim Sitz der Belgischen Bischofskonferenz durchgeführt wurden. An jenem Ort, wo die Bischöfe gerade ihre Vollversammlung abhielten, bei der es u.a. auch um Aspekte im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche ging. Viele Male habe ich selbst unterstrichen, dass solche schweren Vorfälle von der zivilen und von der kirchlichen Ordnung behandelt werden müssen – im Respekt der gegenseitigen Besonderheiten und der Autonomie. In dem Sinne erwarte ich, dass die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt, in Garantie der fundamentalen Rechte der Personen und Institutionen, im Respekt gegenüber den Opfern, und in einer vorurteilsfreien Anerkennung aller, die hier zusammenarbeiten. Und unter Verzicht auf alles, was die ihnen zugewiesenen ehrenwerten Aufgaben verdunkelt.

Ich versichere mein tägliches Gebet für den Weg euerer Kirche und gerne sende ich Ihnen meinen herzlichen Apostolischen Segen.

Vatikanstadt, 27. Juni 2010

BENEDICTUS PP. XVI

Vatikan/Belgien: Papst bestärkt Bischöfe

Papst Benedikt XVI. hat den belgischen Bischöfen seine Nähe und Solidarität bekundet. An diesem Sonntag sendete das katholische Kirchenoberhaupt einen Brief an den Vorsitzenden der belgischen Bischofskonferenz, Erzbischof André-Joseph Léonard. Mit klaren Worten ging Benedikt XVI. auf die jüngsten Vorgänge in Brüssel ein. Dort hatte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag im Zuge von Ermittlungen in Missbrauchsfällen die in Brüssel versammelten Bischöfe für neun Stunden festgesetzt, ihre Handys und vertrauliche Unterlagen beschlagnahmt und zudem die Gräber von zwei Kardinälen aufgebrochen. Der Papst verurteile den Missbrauch von Minderjährigen durch Kirchenmitarbeiter aufs Schärfste. Die Kirche sei bei der Aufklärung zur Zusammenarbeit mit der staatlichen Justiz bereit, betonte der Papst in dem Brief vom Sonntag. Die Form der Untersuchung und insbesondere die Zerstörung von Gräbern seien jedoch schwerwiegend. – Der belgische Botschafter beim Heiligen Stuhl war am gleichen Tag – also bereits am Donnerstag – in den Vatikan einbestellt worden. (rv) 

Vatikan/Belgien: Protest gegen Polizeiaktion

Das vatikanische Staatssekretariat hat die gestrige Polizeiaktion in Brüssel scharf kritisiert. Damit sei ein Vertrauensbruch entstanden, schreibt das Staatssekretariat in einer Note an diesem Freitag. Dem belgischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Charles Ghislain, wurde die „tiefe Verwunderung“ des Vatikan auch persönlich mitgeteilt. Die katholische Kirche verurteile jegliche Missbrauchsfall und versichere ihre Zusammenarbeit mit der Justiz, hieß es in der Note. Jedoch sei man tief verwundert über die Art einiger Massnahmen sowie die Verletzung der Gräber der früheren Brüsseler Kardinäle Jozef-Ernest Van Roey und Leon-Joseph Suenens. Bei der Razzia sind unter anderem vertrauliche Akten beschlagnahmt worden, die eigentlich der Aufklärung und damit für die Opfer eingesetzt werden sollten.
 Der Vorsitzende der unabhängigen Kommission zur Untersuchung der Missbrauchsfälle in Belgiens Kirche, Peter Adriaenssens, protestierte ebenfalls gegen die Polizeiaktion. Bei Ermittlungen wegen Kindermissbrauchs durchsuchte die Polizei am Donnerstag Büros im bischöflichen Palast des Erzbistums Brüssel-Mechelen. Adriaenssens erklärte, es gebe mit der Staatsanwaltschaft eine Absprache über die Vertraulichkeit der Unterlagen. Der Kommissionsvorsitzende wurde von Belgiens Kirche als unabhängiger Aufklärer der Fälle eingesetzt. Das Erzbistum Mechelen-Brüssel ist Zentrum der katholischen Kirchenprovinz Belgien. Erzbischof André-Joseph Léonard ist seit Januar Oberhirte des Bistums und auch Vorsitzender der belgischen Bischofskonferenz. Er ist der Nachfolger von Godfried Danneels. (rv)

Belgien: Protest gegen Polizeiaktion

Der Vorsitzende der unabhängigen Kommission zur Untersuchung der Missbrauchsfälle in Belgiens Kirche, Peter Adriaenssens, hat gegen die Polizeiaktion in Brüssel protestiert. Bei Ermittlungen wegen Kindermissbrauchs durchsuchte die Polizei am Donnerstag Büros im bischöflichen Palast des Erzbistums Brüssel-Mechelen. Adriaenssens erklärte, es gebe mit der Staatsanwaltschaft eine Absprache über die Vertraulichkeit der Unterlagen. Der Kommissionsvorsitzende wurde von Belgiens Kirche als unabhängiger Aufklärer der Fälle eingesetzt. Das Erzbistum Mechelen-Brüssel ist Zentrum der katholischen Kirchenprovinz Belgien. Erzbischof André-Joseph Léonard ist seit Januar Oberhirte des Bistums und auch Vorsitzender der belgischen Bischofskonferenz. Er ist der Nachfolger von Godfried Danneels. (rv) 

Papst: „Belgiens Kirche ist von Sünden geprüft“

Benedikt XVI. hat die Bischöfe Belgiens dazu ermuntert, sich gegenseitig besser zu unterstützen. Das gelte insbesondere in der gegenwärtigen schwierigen Zeit, so der Papst in einer Rede an die belgischen Oberhirten. Diese besuchten an diesem Samstagmittag das katholische Kirchenoberhaupt anlässlich ihres Ad Limina-Besuchs im Vatikan. Die katholische Kirche in Belgien sei durch die Sünden der Missbrauchsfälle beschädigt, so der Papst. Benedikt XVI. rief deshalb die belgischen Bischöfe und die gesamte Kirche des Landes zu Mut und Geschlossenheit in der aktuellen schwierigen Situation auf.

„Eure Kirche ist von Sünden geprüft. Nur Christus kann wieder die Ruhe nach dem Sturm herbeiführen. Nur Er kann wieder Mut und Kraft spenden. Ich bitte deshalb die Bischöfe darum, dass sie den Priester und Ordensleuten, aber auch den Laien meine Ermutigung weiterreichen."

Beim Treffen wurden auch andere Probleme angesprochen, wie der Rückgang an Taufen und der Mangel an Priesterberufungen. Die Kirche Belgiens stehe derzeit vor einer Vielzahl von Herausforderungen, führte Benedikt XVI. in seiner Ansprache aus.

„Der Rückgang an Priestern sollte aber nicht als unausweichlicher Prozess angesehen werden. Das Zweite Vatikanische Konzil hat ganz klar und bewusst festgehalten, dass die Kirche ohne die Priester nicht auskommen kann. Deshalb ist es wichtig und dringend notwendig, dass dem Priester seine wahre Stellung und seine sakramentale Bedeutung zuerkannt wird."

In seiner Grußadresse an den Papst verwies Erzbischof Andre-Joseph Leonard von Brüssel ausdrücklich auf die Missbrauchsfälle durch katholische Priester, an denen die Kirche Belgiens leide. Besonders gravierend sei der nach einem schweren Skandal erzwungene Rücktritt eines Mitbischofs, hob er hervor. Damit meinte er den Bischof von Brügge, der den Missbrauch eines Jugendlichen zugegeben hat. Die Kirche Belgiens leide, aber sie sei zugleich entschlossen, diese Probleme entschieden und in Klarheit zu lösen, so Leonard. (rv)

Vatikan: Belgische Bischöfe sprechen mit Papst über Missbrauch

Ausgerechnet während der größten Krise ihrer Ortskirche haben die belgischen Bischöfe mit ihrem ad-limina-Besuch im Vatikan begonnen. In den nächsten Tagen wollen sie mit der Kurienspitze und dem Papst u.a. über die Missbrauchsfälle in der belgischen Kirche reden. Der Bischof von Brügge, Roger Vangheluwe, war vor zehn Tagen wegen des Missbrauchs eines Jugendlichen von seinem Amt zurückgetreten. Bis Samstag dauern die Gespräche der belgischen Bischöfe im Vatikan an; die Papst-Audienz ist am Freitag.
„Mit Sicherheit werden wir über die schmerzlichen Fragen sprechen, die sich in unserem Land nach dem Rücktritt des Bischofs von Brügge ergeben“, sagt der belgische Primas, Erzbischof Andre-Joseph Leonard von Malines-Brüssel, im Gespräch mit uns. „Es ist unvermeidlich, über dieses Thema zu reden und über die Maßnahmen, die wir ergreifen müssen, um mit dieser Lage fertig zu werden… Wir sind nur eine kleine Bischofskonferenz, und unter uns herrscht große Solidarität. Das erfahre ich auch in diesen Tagen wieder: Wir stehen in sehr engem Kontakt untereinander, stützen uns gegenseitig, sind gut aufeinander eingespielt.“
Dieses Zusammenspiel können Belgiens Bischöfe jetzt auch gut gebrauchen. Vangheluwe, der noch vor wenigen Wochen fest auf der Liste der nach Rom Eingeladenen stand, ist jetzt nicht mehr dabei: Der Mann, der nach eigenem Eingeständnis auch als Bischof noch einen jungen Mann sexuell missbrauchte, hat sich in ein Kloster zurückgezogen. (rv)